Protocol of the Session on November 21, 2019

Ministerin Dalbert ruft danach den Abgeordneten des Parlaments zu, sie sollten nun endlich das Heft des Handelns in die Hand nehmen und einen Gesetzentwurf vorstellen, um dem Ausverkauf des Landes einen Riegel vorzuschieben.

Am 16. und 17. Oktober 2019 wird die Lage laut der „Mitteldeutschen Zeitung“ noch bedrohlicher; denn eine Studie der Martin-Luther-Universität erklärt detailliert, welche negativen Auswirkungen auf das dörfliche Leben nicht in der Region verwurzelte Landwirtschaftsinvestoren bisher haben. Es wird umfassend dargestellt, welche Leistungen der im Dorf ansässige Bauer erbringt: dass er zum Beispiel das Vereinsleben fördert, den Winterdienst stellt oder auch im Gemeinderat eine große, wichtige und entscheidende Rolle spielt.

Die Stiftung und ein Leipziger Autohausbesitzer werden nun auch zu den neuen Großgrundbesitzern hier in Sachsen-Anhalt gezählt. Noch einmal zitiert die “Mitteldeutsche Zeitung“ dazu Landwirtschaftsministerin Dalbert - kurioserweise auch aus dem genannten Interview aus der „Volksstimme“ -: Die Abgeordneten müssten hoffentlich bald einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem der Verkauf von Ackerland geregelt wird.

Wir haben das vernommen, Frau Ministerin, daher heute unser Antrag an das Parlament, das nun eigentlich fertige Gesetz doch bitte auch endlich einmal vorzustellen, am besten als Weihnachtsgeschenk für unsere Bauern im Dezemberplenum.

Werte Herren und Damen! Es wurde bereits genug diskutiert. Der Ausverkauf des Bodens geht immer weiter. Bekennen Sie sich zu unseren Landwirten und zu unserem ländlichen Raum sowie zu den - natürlich - regionalen, selbstständigen Bauern. Werden Sie aktiv und lösen Sie das Problem. Ich bin auf Ihre Vorschläge und auf den Zeitplan, den Sie hier vorlegen werden, gespannt. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Loth für die Einbringung des Antrags. - Für die Debatte

ist eine Redezeit von drei Minuten je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht Ministerin Frau Prof. Dr. Dalbert. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Antrag der AfD wird die Landesregierung aufgefordert, einen Entwurf für ein Agrarstrukturgesetz zu erarbeiten und dem Landtag zeitnah vorzulegen. DIE LINKE fordert mit ihrem Alternativantrag eine nachhaltige und gerechte Agrarpolitik sowie gerechte Bodenbesitzverhältnisse.

Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen versichern: Auch die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass der Grund und Boden in die Hand ortsansässiger Landwirte und Landwirtinnen gehört.

(Zuruf von der AfD: Das stimmt aber nicht!)

Der Wettbewerb auf dem Bodenmarkt hat in den letzten Jahren - auch aufgrund der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank - erheblich zugenommen. Landwirtschaftliche Flächen sind in hohem Maße Spekulations- und Investitionsobjekte branchenfremder Unternehmen.

Für Sachsen-Anhalt ist dabei festzustellen, dass sich die Bodenpreise für Ackerflächen in den letzten zehn Jahren verdreifacht haben. Eine große Rolle spielen dabei die sogenannten Sharedeals. Durch den Ankauf von lediglich Geschäftsanteilen an landwirtschaftlichen Betrieben werden Investoren zugleich auch wirtschaftliche Eigentümer landwirtschaftlicher Flächen und können in der Folge die Pachtpreise diktieren. Grunderwerbsteuer fällt bei diesen Sharedeals in der Regel nicht an. Insbesondere auch aus diesem Grund ist dieses Investitionsmodell für branchenfremde Unternehmen attraktiv ist.

Zugleich wird hierdurch auch das Vorkaufsrecht der Siedlungsgesellschaften, wie zum Beispiel unserer Landgesellschaft, konterkariert; denn dieses Vorkaufsrecht wurde seinerzeit implementiert, um gerade agrarstrukturell unerwünschte Entwicklungen zu stoppen. Allerdings fällt sowohl beim Flächenankauf durch die Siedlungsgesellschaft als auch bei der Weiterveräußerung durch die gemeinnützige Siedlungsgesellschaft an die Landwirte Grunderwerbsteuer an. Dies verteuert in der Konsequenz für Landwirte den Erwerb von Flächen. Diese doppelte Besteuerung halte ich für nicht länger hinnehmbar.

Um dem entgegenzuwirken und um eine zukunftsfähige Entwicklung unserer Agrarstruktur zu sichern, beabsichtigen die Regierungsfraktionen, noch in dieser Legislaturperiode ein konsensuales Agrarstrukturgesetz einzubringen. Hierzu hat sich

eine Lenkungsgruppe der fachpolitischen Sprecher und Sprecherinnen der Regierungsfraktionen gebildet, die von meinem Haus fachlich unterstützt wird. Darüber hinaus hat die Landesregierung auf mein Betreiben hin eine Bundesratsinitiative für Verbesserungen auf dem Bodenmarkt auf den Weg gebracht.

(Zustimmung von Dorothea Frederking, GRÜNE)

Dabei geht es vor allem um zwei Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz, nämlich zum einen darum, die bestehende Grenze zur Erhebung der Grunderwerbsteuer beim Verkauf von Anteilen, also bei Sharedeals, deutlich abzusenken, und zum anderen darum, die doppelte Grunderwerbsteuer beim Wiederverkauf im Rahmen des Vollzugs des Grundstücksverkehrsgesetzes durch gemeinnützige Siedlungsunternehmen abzuschaffen.

Diese Bundesratsinitiative hat eine Mehrheit gefunden. Unsere Initiative wurde in die Ausschüsse überwiesen: in den Ausschuss für Finanzen, in den Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz, in den Ausschuss für innere Angelegenheiten sowie in den Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung. Der Fortgang ist abzuwarten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Ministerin für die Stellungnahme der Landesregierung. - Für die CDU-Fraktion hat der Abg. Herr Daldrup das Wort. Herr Daldrup, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Loth, Ihres Vortrages hätte es nicht bedurft; denn das, was Sie gesagt haben, die Analyse, ist seit Jahren hier im Haus Konsens. Man konnte das auch in meinen Beiträgen, seit ich im Landtag vertreten bin, immer wieder hören. Ich darf darauf hinweisen, dass ich bereits im Jahr 1998 vor dem Bundestag in einem Ausschuss die Entwicklung schon einmal vorhergesagt habe.

Auch in dem Ziel sind wir uns völlig einig. Wir könnten jetzt mal eben ganz schnell ein Gesetz schreiben, das all unsere Wünsche enthält, und würden das hier verabschieden. Das würde dann nach einem halben Jahr wieder einkassiert werden, weil es nicht rechtssicher ist und wir vieles nicht bedacht haben. Denn das ist eine sehr komplexe Materie, eine Frage der ausgewogenen und verantwortlichen Abwägung.

Deshalb haben wir uns entschieden, alle Möglichkeiten der Beratung und der Inanspruchnahme

von Hinweisen zu nutzen. Das haben wir bis jetzt in dieser Lenkungsgruppe sehr verantwortlich getan. Wir haben mit Wissenschaftlern gesprochen, mit Verfassungsrechtlern, mit Gesellschaftsrechtlern. Ich bin dem Bundeslandwirtschaftsministerium in Berlin außerordentlich dankbar für die hervorragende und qualitativ wirklich hochwertige Betreuung und Beratung, die es uns zukommen ließ, auch ausgehend vom Koalitionsvertrag des Bundes, in dem diese Beratung verankert worden ist.

Dies alles waren Dinge, die wir bereits im Vorfeld geleistet haben. Und wir haben nicht irgendwann mal getagt, sondern wir haben so getagt, wie es die Termine dieser - so kann man es sagen - Koryphäen hergegeben haben. Wir sind jetzt auf einem Stand, auf dem wir, glaube ich, sagen können, dass wir über den Antrag, den Sie jetzt hier gestellt haben, zusammen mit dem Gesetzentwurf, den wir einbringen werden, im Ausschuss beraten können. Deshalb plädiere ich für eine Überweisung in den Ausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Daldrup für den Redebeitrag. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Eisenreich. Frau Eisenreich, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Boden als Rendite- und Spekulationsobjekt steht schon lange im Fokus. Finanzkräftige, vor allem nicht landwirtschaftliche Investoren kaufen Land. Hinzu kommt, dass diese oft nicht in Sachsen-Anhalt ansässig sind. Sie nutzen das Land als sichere Anlagequelle; denn anders als die andauernde Niedrigzinspolitik oder Aktienanlagen sind Bodenflächen nun einmal beständig.

Doch die Auswirkungen der enorm gestiegenen Boden- und Pachtpreise, die den Landwirtinnen und Landwirten in Sachsen-Anhalt seit Jahren zu schaffen machen, sind einfach immens. Die Preissteigerungen der letzten zehn Jahre führten dazu, dass sich in der aktuellen Preissituation ein Kauf von landwirtschaftlicher Nutzfläche für Landwirtinnen und Landwirte in 150 Jahren amortisieren würde. Das ist absurd.

Darüber haben wir bereits im März 2019 im Plenum debattiert. Damals hatte übrigens die antragstellende Fraktion in der Rede zu ihrem Alternativantrag angegeben, einen Gesetzentwurf quasi in der Pipeline zu haben. Ich zitiere Herrn Loth:

„Unser AfD-Gesetzentwurf ist zurzeit beim GBD und wird dort quergelesen und geprüft [...]“

Es bleibt die Frage: Wo ist denn nun, fast neun Monate später, ein solcher Gesetzentwurf?

(Beifall bei der LINKEN)

Vollmundige Ankündigung und nichts dahinter. Meine Damen und Herren! Das Plenum ist doch kein Showroom, hier wird gearbeitet. Wir lehnen diesen Antrag ab.

(Zurufe von der AfD: Oh! - Wie immer!)

Doch die Öffentlichkeit und offenbar auch Teile des Parlaments werden immer dann wieder aufgeschreckt, wenn wie vor zwei Wochen riesige Flächen den Eigentümer wechseln, zumal wenn, wie in diesem Fall, sehr berühmte Menschen betroffen sind: Erben des Aldi-Konzerns. Ein tatsächliches Interesse an landwirtschaftlicher Tätigkeit kann bei solchen Investoren verneint werden. Sie verdienen aus unserer Sicht deshalb auch die Bezeichnung „Landwirt“ nicht. Das ist lächerlich. Denn Bodenerhalt, Fruchtbarkeit, regionale Entwicklung und Daseinsvorsorge im ländlichen Raum sowie der soziale Zusammenhalt sind dabei nicht die Interessengebiete dieser Investoren, sondern es geht allein um die Anlage ihres Vermögens. Korrekt wäre es aus unserer Sicht, von einer neuen Art Großgrundbesitzer zu sprechen.

Bei allen Forderungen nach einem Agrarstrukturgesetz zur Regelung darf jedoch auch nicht vergessen werden, dass mit den bestehenden Regelungen zum Bodenmarkt durchaus strenge Regeln existieren und die Verantwortung für die Umsetzung - auch das haben wir hier schon besprochen - seit 2006 bei den Ländern liegt. Immerhin hätte die von uns im März 2019 eingebrachte Bodenpreisbremse Linderung bringen können; sie stieß hier aber nicht auf Zustimmung.

Wir freuen uns, dass die Bundesratsinitiative - Frau Ministerin hat es noch einmal gesagt - eingebracht worden ist und mehrheitlich auf Interesse und Zustimmung gestoßen ist, sodass wir hoffen können, eine bundesweite Lösung zu finden. Wir denken trotzdem - deshalb auch dieser Punkt in unserem Alternativantrag -, dass wir hier im Land einen Genehmigungsvorbehalt für die Landesregierung in Erwägung ziehen sollten, sodass sie damit bei Verkäufen aktiv werden könnte. - Ich bitte deshalb um Zustimmung zu unserem Alternativantrag.

(Beifall bei der LINKEN)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Eisenreich für den Redebeitrag. - Für die SPD spricht der Abg. Herr Barth. Herr Barth, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Loth, Sie haben zu Recht auf den Koalitionsvertrag hingewiesen. Wir haben das seinerzeit nicht umsonst in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben; denn wie Sie sicherlich wissen, sitzen hier für die Koalition einige Kollegen, die auch schon in der vergangenen Legislaturperiode an diesem Thema gearbeitet haben. Aus den Erfahrungen daraus haben wir natürlich gelernt, und wir haben den Weg so gewählt, dass wir mit dieser Lenkungsgruppe einen Gesetzentwurf erarbeiten.

Wir haben unter uns vereinbart, dies möglichst still und leise zu tun, weil wir - auch aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit - wussten, dass die berufsständischen Vertretungen sicherlich mit Recht dieses und jenes zu kritisieren haben. Wir wollten uns aber unsere Arbeit nicht im Vorfeld zerreden lassen.

Ich denke - Herr Daldrup hat darauf hingewiesen -, es ist sehr wichtig, dass dieses Gesetz rechtssicher erarbeitet wird. Sie kennen sich in der Thematik anscheinend aus; dann wissen Sie, dass wir uns bei den Sharedeals auch mit Kartellrecht befassen müssen und dass das Grundgesetz eine Rolle spielt. Es sind tausend Dinge zu beachten. Diese müssen wir im Vorfeld bedenken, damit uns dieses Gesetz nicht vor Gericht durch die Anwälte der großen Firmen zerpflückt wird.

Vor diesem Hintergrund sage ich: Lassen Sie uns noch ein paar Tage Zeit. Herr Daldrup hat darauf hingewiesen, dass wir einen entsprechenden Entwurf einbringen werden. Wir tagen zum Beispiel auch morgen wieder - damit Sie beruhigt sind und sehen, dass wir arbeiten. Vor diesem Hintergrund ist mir nicht bange.

Vielleicht noch einen Satz zum Abschluss: Sachsen-Anhalt ist das einzige ostdeutsche Bundesland, das sich ernsthaft mit diesem Thema befasst. Die anderen trauen sich an dieses Thema überhaupt nicht heran. Das muss man auch einmal deutlich sagen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU - Dorothea Frederking, GRÜNE: Doch, Brandenburg!)

- Brandenburg ist jetzt aufgewacht, jawohl, aber ansonsten - -

(Dorothea Frederking, GRÜNE: Dank der GRÜNEN! - Guido Heuer, CDU: Das muss- te jetzt sein!)

- Ja, ja, dank der GRÜNEN jetzt, aber ansonsten passiert dort nichts Ernsthaftes.