Protocol of the Session on October 24, 2019

An der Berliner Mauer starben mindestens 140 Menschen. Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich deutlich höher.

Die knapp 1 400 km lange Grenze umfasste eine 5 km breite Sperrzone, gefolgt von einem 500 m breiten Schutzstreifen und einem Kontrollstreifen bis zum Grenzzaun. Gesichert wurden diese Anlagen mit Landminen und Selbstschussanlagen.

Man hat also unter dem Begriff „Antifaschistischer Schutzwall“ die eigene Bevölkerung eingesperrt, bespitzelt und Andersdenkende drangsaliert und weggesperrt. 35 000 politische Gefangene gab es in den 40 Jahren der DDR. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich von Freunden berichten, welche wegen versuchter Republikflucht über drei Jahre in DDR-Gefängnissen einsaßen. Später hat man die politischen Gefangenen für harte Devisen in den Westen verkauft, also schlichtweg Menschenhandel im großen Stil betrieben.

Jetzt ist es an der Zeit, Orte der Erinnerungen zu schaffen und Orte der politischen und geschichtlichen Bildung zu etablieren. Deshalb ist die Trägerschaft der Staatskanzlei für die Erinnerungskultur und die Trägerschaft des MULE für den Umwelt- und Artenschutz angemessen.

Dass in den 30 Jahren nach der friedlichen Revolution ein Streifen von unberührter Natur entstanden ist, ist wunderbar, er ist schützenswert. Dennoch haben wir von Anfang an darauf gedrängt, keine neue grüne Grenze entstehen zu lassen, sondern dieses wunderbare Projekt gemeinsam mit den Bewohnern und Betroffenen zu gestalten.

Es ist begrüßenswert, dass es Menschen vor Ort gibt, die ihr Eigentum dem Grünen Band für den Naturschutz zur Verfügung stellen. Genauso wichtig ist es, dass das Eigentum durch das Gesetz geschützt ist und es nicht zu Enteignungen kommen wird.

(Beifall bei der CDU)

Das Grüne Band ist neben der wunderbaren Natur auch ein Ort der politischen Bildung. Es wird deutlich aufzeigen, dass die DDR ein Unrechtsstaat war.

(Beifall bei der CDU)

Anderslautende Äußerungen von Spitzenpolitikerinnen und -politikern aus unseren Nachbarbundesländern sind für mich vollkommen unverständlich. Es ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer - so will ich es sagen -, es ist schlichtweg Geschichtsklitterung.

(Beifall bei der CDU)

Ein Besuch im Gefängnis in Hohenschönhausen, das von einem ehemaligen Insassen geführt wird - das durfte ich selbst erleben -, oder ein Besuch der Gedenkstätten entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze könnten an dieser Stelle für Aufklärung sorgen.

Jetzt kann man mit den Zeitzeugen noch persönlich sprechen. Jetzt ist es Zeit für dieses Grüne Band, ein Band der Bildung in den Bereichen Politik, Geschichte und Natur. Und es zeigt eines: Wir sind dankbar für die deutsche Einheit. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Schumann, es gibt eine Frage von Herrn Farle. - Herr Farle, Sie haben das Wort.

Es ist eine sehr kurze Kurzintervention. - Ich kann an die Adresse der CDU eigentlich nur Folgendes sagen: Je mehr ihr selbst die grüne Politik übernehmt, je mehr werdet ihr in diesem Land auf Widerspruch stoßen und Stimmen verlieren. Das fängt bei den Bauern an.

Ihr übernehmt alles, was von den GRÜNEN kommt, als Koalitionsvereinbarung. Es ist wunderbar, dass ihr das macht, aber es ist für die Menschen nicht gut.

Natürlich sind wir für die Erinnerungskultur und all diese Dinge zu haben, aber hierbei geht es darum, dass ihr Einschränkungen vornehmt und die Leute bestimmte Dinge nicht mehr machen können.

(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Das ist doch Quatsch!)

Das hat Herr Loth ausgeführt. Das tragen wir nicht mit.

Herr Schumann, Sie haben die Möglichkeit zu reagieren, wenn Sie möchten.

Ich gehe nur kurz darauf ein. Wir sind sehr froh, dass die Menschen in der Region an dem Projekt beteiligt werden und dass wir heute in einem

deutschen Land leben, in dem sich jeder frei beteiligen kann. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Schumann für den Redebeitrag. - Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt Frau Eisenreich das Wort. Frau Eisenreich, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vom Todesstreifen zur Lebenslinie - unter diesem treffenden Titel soll heute das Gesetz zum Grünen Band verabschiedet werden.

Das ist ja gerade noch einmal gut gegangen, möchte man ausrufen; denn bis zum

30. Jahrestag des Mauerfalls am 9. November sind es nur noch etwas mehr als zwei Wochen. Dass es knapp werden würde, war bereits bei der Einbringung im Juni absehbar, auch weil sich von Anfang an abzeichnete, dass es innerhalb der Regierungskoalition doch einige Kontroversen gab.

Da stand insbesondere - ich möchte es einmal so bezeichnen - die Panikmache seitens der CDU vor Enteignung und Nutzungseinschränkungen im Mittelpunkt. Herr Schumann, das bleibt angesichts eines solch bedeutungsvollen Monuments deutscher und europäischer Geschichte nach wie vor unverständlich; denn es gibt gesetzliche Regelungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit dem Grünen Band wird die Erinnerung an die deutsche Teilung und die Teilung Europas wachgehalten. Dieses Ansinnen ist gerade auch angesichts der aktuellen Ereignisse, wie europäische Abschottung und Brexit, wichtig. Daher sind die Zeugnisse entlang der ehemaligen Grenze ein schützenswertes Gut.

Sie erinnern an die Menschen, die erschossen wurden, weil sie ihr Land verlassen wollten. Sie erinnern an die Verletzung von Menschenrechten, aber sie erinnern auch an die friedliche Revolution, mit der vor nunmehr 30 Jahren Freiheit und auch Freizügigkeit in einem vereinten Europa möglich wurden.

Die Zeugnisse des ehemaligen Todesstreifens mahnen jedoch zugleich, dass wir auf dem europäischen Kontinent solch tödliche Grenzen nie wieder zulassen dürfen,

(Beifall bei der LINKEN)

weder innerhalb Europas noch an den Außengrenzen. Sie führen zum Tod von Tausenden Menschen im Mittelmeer, zu schmutzigen und

verantwortungslosen Deals mit Diktatoren wie Erdoğan. Das muss endlich aufhören!

(Beifall bei der LINKEN)

Dass die ehemalige Grenze ein einzigartiger und daher schützenswerter Natur- und Lebensraum ist, hat bereits seit der Grenzöffnung 1989 zahlreiche Befürworterinnen und Befürworter gefunden. Mein Kollege Hendrik Lange hat in seiner Rede im Juni auf die Idee des berühmten Naturkundlers Heinz Sielmann verwiesen, einen Naturpark von der Ostsee bis zum Bayrischen Wald einzurichten.

Dieser Idee sind wir mit dem vorliegenden Gesetz in Sachsen-Anhalt etwas nähergekommen. Denn an das bereits bestehende Grüne Band in Thüringen schließt sich nun Sachsen-Anhalt an.

Das betrifft sicherlich auch die neu eingeführte Schutzkategorie Naturmonument, die zwar der Kombination aus Erinnern und Schützen gerecht wird, jedoch ungewohnt ist und teilweise zu Verwirrungen und Irritationen führt, da es für viele nicht gut nachvollziehbar bleibt. Aber man kann mit Bildung und Information einiges bewerkstelligen.

Wichtig ist, dass der Naturschutz im ehemaligen Grenzgebiet richtig vorangebracht wird. Da bleiben bei den zahlreichen Ausnahmetatbeständen durchaus noch berechtigte Zweifel. Die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt, die sich dort entwickelt hat, unterstreicht die Bedeutung der Lebenslinie im Titel des Gesetzes.

Durch seine zusammenhängende Ausdehnung ist das Grüne Band sehr bedeutsam als Biotopverbund in einer heute längst zersiedelten Landschaft. Dies erhöht auch die Chancen, selten gewordene und daher besonders schützenswerte Biotope wie Moore zu bewahren.

Dieser Biotopverbund ist Rückzugsort für Pflanzen und Tiere. Er ermöglicht es den Arten, zu wandern und sich dem Klimawandel anzupassen. Auch der Austausch von Populationen und die genetische Vielfalt werden gefördert.

Dieses Gesetz zum Grünen Band kann jedoch aus unserer Sicht nur ein erster Schritt sein. Wir sollten die europäische Idee eines Grünen Bandes durch Europa entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs unterstützen und umsetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu sollten wir unbedingt die Potenziale nutzen, die die Diskussionen um Klima- und Naturschutz bieten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, betrachten Sie unsere heutige Enthaltung zum Gesetzentwurf einmal als Lob. - Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Eisenreich, es gibt zwei Fragen. - Als Erster stellt Herr Thomas seine Frage. Herr Thomas, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Kollegin, es ist klar und das weiß auch jeder, dass gerade Ihre Vorgängerparteien, wie sie auch alle hießen,

(Ah! bei der LINKEN)