Protocol of the Session on September 27, 2019

(Zuruf von Silke Schindler, SPD)

Nun zu dem, was Sie darüber hinaus gesagt haben. Sie haben gesagt, dass es Quatsch sei, dass die Baukosten exorbitant gestiegen seien. Ich will Ihnen sagen, was der Kollege Büttner mit seinem Antrag meint, mit der Effizienz. Wenn Sie nach EnEV neu sanieren, müssen Sie immer Effizienzklasse A+++ verbauen. Vor ungefähr fünf Jahren - das kann ich aus eigener Erfahrung berichten -

haben wir ein Haus mit einer Fläche von 330 m² saniert. Die Heizungsanlage ohne Leitung, also nur die Therme an sich und der Brenner, hat damals 7 800 € gekostet. Es gab dafür auch eine Förderung von der KfW - das ist richtig - in Höhe von 10 %.

In diesem Jahr haben wir wieder ein Haus mit nahezu der gleichen Grundfläche saniert. Heute kostet dieselbe Heizungsanlage vom selben Hersteller aber 11 800 €. Der Punkt ist doch, dass die Technik von 2014 oder 2015 nur unwesentlich schlechter war als die von heute. Das Gerät von heute ist nicht wirklich effizienter, der Preis aber ist exorbitant gestiegen.

(Zuruf von Silke Schindler, SPD)

Das liegt nicht an der verstärkten Nachfrage oder daran, dass die Leute mehr produzieren müssen,

sondern es liegt einfach daran, dass die Vorschriften immer komplizierter werden.

Sie haben gesagt, Sie wollten klimaneutraler bauen. Na klar, es gibt die Möglichkeit, passive Häuser mit Erdwärme, Solarkollektoren, Heizungen auf dem Dach mit Warmwasseraufbereitungen usw. zu bauen. Dadurch hat man sehr geringe Nebenkosten; das ist richtig. Aber wenn die Baukosten für solche Häuser im Neubaubereich zwischen 3 000 und 3 500 €/m² umbauten Raum betragen, ohne Außenflächen und Weiteres, dann ist es natürlich fraglich, wie Sie Mieten erreichen wollen, die sich die Leute hier im Land leisten können. Wenn sie so etwas anfassen, dann müssen Sie Mieten von 10 €/m² und mehr verlangen. Schauen Sie sich das Domviertel an, dann wissen Sie, was dort an Mieten verlangt wird. So etwas ist beim Neubau im ländlichen Raum nur schwer zu finanzieren. Deswegen würde eine solche Richtlinie helfen, die Kosten zu reduzieren.

Sie haben gesagt, wenn man neu baue, dann baue man sich zwingend auch eine Fußbodenheizung ein. Ich weiß nicht, mit wie vielen Bauunternehmen, die Einfamilienhäuser bauen, Sie gesprochen haben. Weil wir jedoch mit denen zusammenarbeiten, weiß ich ganz genau, dass die Baukosten je Quadratmeter von 1 300 auf 1 700 € gestiegen sind.

Herr Abg. Rausch, Sie haben Ihre Redezeit von zwei Minuten bereits weit überschritten. Ich möchte Sie bitten - -

Ich wollte nur sagen, dass das Argument so natürlich nicht gilt.

(Zurufe von der SPD)

Nein, Herr Rausch, wenn Sie eine Kurzintervention machen, haben Sie die Möglichkeit, bis zu zwei Minuten zu sprechen.

(Zuruf von der AfD)

Aber sie können nicht eine Kurzintervention machen und dann nach zwei Minuten noch eine Frage formulieren. Das funktioniert nicht. Weder eine Kurzintervention noch eine Frage darf eine Redezeit von zwei Minuten überschreiten.

Bevor ich Ihnen jetzt das Wort erteile, Herr Dr. Grube, habe ich eine Aufgabe zu erfüllen, die ich sehr gerne wahrnehme. Sehr geehrte Damen und Herren! Die Abg. Frau Christina Buchheim hat heute Geburtstag und ich möchte ihr herzlich, auch im Namen des Hohen Hauses, gratulieren. Ich wünsche Ihnen alles Gute.

(Beifall im ganzen Hause)

Ich habe weiterhin die ehrenvolle Aufgabe, Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Wilhelm Weitling in Magdeburg recht herzlich im Hohen Hause begrüßen zu dürfen. Herzlich willkommen im Hohen Hause!

(Beifall im ganzen Hause)

So, Herr Kollege, jetzt dürfen Sie antworten. Bitte.

Auch von mir herzlichen Glückwunsch; man hat nicht so oft die Gelegenheit zu gratulieren. Alles Gute zum Geburtstag. - Ich will jetzt, weil die Ausführungen tatsächlich relativ lang waren, versuchen, die Fragen, die bei mir hängen geblieben sind, einfach einmal zu ordnen.

Nein, ich habe nicht behauptet, es sei Quatsch, dass die Baukosten sehr stark gestiegen seien. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass das Auseinanderfallen der Zahlen, die Sie in Ihrem Antrag nennen - also zwischen 33 % und 6 % -, nicht so stark ist. Es sind zwischen 36 % und 17 %. Das ist noch immer viel, aber nicht ganz so viel - dies einfach nur, um die Faktenlage zu klären.

Bei den Baukostensteigerungen - das ist das Beispiel mit der Fußbodenheizung, das ich angesprochen habe - müssen Sie immer zwischen dem unterscheiden, was tatsächlich gesetzliche Normierung ist, und dem, was Bauherren für sich entscheiden. Das Thema Smarthome gehört dazu. Ein Smarthome ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Die meisten integrieren es aber trotz

dem, weil es selbst bei den Baukostensteigerungen am Ende für die Investitionssumme tatsächlich nicht mehr die Riesenrolle spielt, ob ich dafür auch noch Geld ausgebe oder nicht. Aber das spielt natürlich in die gesamten Baukosten mit hinein.

Die Frage ist auch: Was ist baukonjunktureller Preisanstieg und welcher Preisanstieg ist tatsächlich auf die Vorschriften zurückzuführen? - Wenn Sie die gleiche Anlage fünf Jahre später verbauen und sie 5 000 € teurer ist, dann ist das einfach eine Frage von Angebot und Nachfrage. Wenn in der Anlage nichts anderes enthalten ist, dann ist das eine Frage von Angebot und Nachfrage, weil die Firma einfach mehr verkaufen kann und fünf Jahre später 5 000 € mehr nimmt. Dagegen können Sie mit einer Bauvorschrift nichts tun.

Womit Sie recht haben: Wenn Sie in Sachsen-Anhalt im ländlichen Bereich bauen - das ist in Magdeburg übrigens nicht völlig anders -, dann können Sie mit Blick auf den sozialen Wohnungsbau bei den geltenden KdU-Sätzen keinen sozialverträglichen Neubau realisieren. Das ist richtig. Man kann das aber auch in Magdeburg und übrigens noch viel mehr im ländlichen Bereich - für Halle kann ich es nicht sagen - über die Sanierung realisieren.

Die großen Wohnungsbaugenossenschaften und die kommunalen Wohnungsbauunternehmen realisieren ihren sozialen Wohnungsbau. Was das betrifft, ist der Leerstand einfach ein Glücksfall. Finanziell ist das für die Unternehmen kein Glücksfall. Aber es gibt noch genügend Leerstand, den man reaktivieren kann und den man zu sozialverträglichen Mieten vernünftig sanieren kann. Auch das passiert.

Bezüglich des Neubaus haben Sie recht. In den Ballungszentren mag das etwas anders sein. Dort kann man den Gap mit sozialer Wohnraumförderung schließen. Aber dort sind sowohl die KdUSätze als auch die Gesamtmieten ein Stück weit höher.

Deswegen denke ich nicht, dass man die Standards heruntersetzen sollte. Was die Frage des sozialen Wohnungsbaus betrifft, brauchen wir neue Instrumente. Auslaufende Sozialraumbindungen sind tatsächlich ein Problem. Es muss ein Instrument geben, damit man die Sozialraumbindungen sozusagen zurückkaufen kann. Dazu hat die SPD-Bundestagsfraktion, wie ich finde, eine Reihe von sehr guten Vorschlägen unterbreitet. Darüber muss man tatsächlich diskutieren. Aber ich finde, wir sollten tatsächlich nicht irgendwann einmal zu dem Punkt kommen, an dem wir sagen: Ärmere Leute bekommen schlechtere Häuser. - Ich überspitze das jetzt einmal; das haben Sie nicht gesagt.

Das heißt, wir müssen schauen, wie wir den bestehenden Leerstand sozial vernünftig nutzen und wie wir Neubau - dort haben Sie die Anforderung nicht, aber wir - tatsächlich so realisieren, dass er der Bewältigung des Klimawandels dient. Für uns ist das eine Aufgabe, für Sie nicht. Aber an der Stelle kommen wir nicht zusammen.

Vielen Dank, Herr Grube. Es gibt noch zwei weitere Wortmeldungen: von Herrn Büttner und von Herrn Harms. - Herr Harms zieht zurück, danke schön. - Herr Büttner, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Abg. Grube, was Sie gesagt haben, ist teilweise richtig, teilweise aber eben leider nicht. Sie haben vorhin wirklich die Behauptung aufgestellt, die Baukosten seien einzig und allein wegen der Niedrigzinsen gestiegen. - Das ist einfach nicht der Fall.

Die Vorschriften, die man heutzutage einhalten muss und die jeder Bauherr einhält, der ein Haus saniert - weil er das für die Zukunft tut und nicht für heute und für morgen, sondern für die nächsten 20, 30, 40 Jahre -, sind viel, viel strenger geworden. Was man vor einigen Jahren nach den Vorschriften noch mit einer 100er-Dämmung an einem Haus dämmen konnte, das muss man heute zum Beispiel mit einer 200er-Dämmung machen. Das impliziert, dass es dann auf einmal doppelt so teuer wird.

(Zuruf von Lydia Funke, AfD)

Dasselbe gilt für Heiztechnik, für Solarkollektoren. Fenster, die noch vor ein paar Jahren zweifach verglast sein durften, müssen jetzt schon dreifach verglast sein. Das sind wirklich exorbitant hohe Kostensteigerungen. Durch diese Kostensteigerungen wird es in Zukunft nicht mehr möglich sein, sozialverträglichen Wohnraum zu schaffen.

Darum haben wir heute diesen Antrag gestellt. Denn wir wollen mit Weitblick agieren und nicht erst reagieren, wenn es zu spät ist.

Sie sind aus Magdeburg. Sie wissen, dass der Wohnraum bei Neubauten hier teilweise mit einer Kaltmiete von 12 €/m² angeboten wird. Sie waren auch in Schönebeck dabei, wo die Dame sagte: Wenn von der Wohnungsbaugesellschaft anständig saniert wird, dann kann man nicht mehr unter 8 €/m² vermieten. Dabei sind wir sehr weit von den KdU-Sätzen entfernt, die Sie gerade genannt haben.

Darum haben wir diesen Antrag gestellt. Wir wollen spezifisch für Sachsen-Anhalt überprüfen, was in der Kommission auf der Bundesebene erreicht wurde, ob das für Sachsen-Anhalt anwendbar ist und ob wir eventuell noch weitere Maßnahmen

treffen können, um die Baukosten zu senken. Denn das wird für die Zukunft unheimlich wichtig sein. - Danke.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Büttner. - Herr Dr. Grube, Sie dürfen natürlich darauf antworten.

Ich fange einmal in der Mitte an. - Das hat die Dame in Schönebeck ausdrücklich nicht gesagt. Sie hat gesagt: Bauen bei einer Vermietung unter 8 €/m² ist nicht möglich. Sie hat ausdrücklich nicht von Sanierung gesprochen. Sie hat das beschrieben, was ich soeben auch beschrieben habe: dass es die Sanierung überhaupt noch möglich macht, bei sozialverträglichen Mieten neuen Wohnraum bzw. besseren Wohnraum zu schaffen. Sie hat bei den 8 €/m² ausdrücklich von Neubau gesprochen, nicht von Sanierung. Darin muss ich Ihnen widersprechen.

Ich möchte nur noch auf den wirtschaftstheoretisch falschen Zusammenhang eingehen, den Sie genannt haben. Sie haben gesagt: Trotz der geringen Zinsen sind die Baukosten gestiegen. Der wirtschaftstheoretisch richtige Zusammenhang ist: Wegen der niedrigen Zinsen sind die Baukosten gestiegen, weil die Nachfrage einfach größer ist.

(Zustimmung von Robert Farle, AfD)

- Herr Farle nickt; an der Stelle sind wir uns einig. - Darauf wollte ich hinweisen, das bleibt auch so. Ich habe nichts Falsches gesagt.

Ansonsten bleibe ich dabei: Was zu sozialverträglichen Mieten tatsächlich an besserem Wohnraum geschaffen wird - ich kenne das aus der Wobau, dort bin ich im Aufsichtsrat -, wird über die Sanierung realisiert, nicht über den Neubau. Das stimmt. Insofern besteht aber im Hinblick auf die Frage, ob wir genügend sozialen Wohnraum haben - bezogen auf die gesamten Gebietskörperschaften, also auf Gesamtmagdeburg bzw. auf die gesamten Landkreise in Sachsen-Anhalt -, Gott sei Dank nicht das Problem, das wir in Berlin haben. Denn dort gibt es einfach keine Leerstände, es gibt nichts Reaktivierbares; man muss neuen Wohnraum tatsächlich über Neubau schaffen. Dort ist das Problem, das zu einem sozialverträglichen Standard zu erreichen, tatsächlich groß.

Hier werden wir in den nächsten Jahren - die regionalisierte Bevölkerungsprognose kennen Sie - weiter Leerstände haben. Wahrscheinlich werden die Leerstände im ländlichen Bereich zunehmen. Das heißt, das, was wir in den Ballungszentren diskutieren - einen massiven Wohnungsneubau -,

muss hier nach wie vor mit Abriss und Umfeldaufwertung einhergehen. Denn sonst gehen uns irgendwann einmal die Genossenschaften und die kommunalen Wohnungsgesellschaften krachen; das kann man nicht zulassen.

Es klingt total absurd und pervers: Dort fehlen Wohnungen und hier reißen wir welche ab. Aber auch das werden wir den nächsten Jahren leider weiter tun müssen. Aber trotzdem steht dort genügend Wohnraum zur Verfügung, den man zu vernünftigen Preisen vermieten kann. Deswegen muss man an den Bauvorschriften aus unserer Sicht nur bedingt etwas ändern. Wenn man etwas entschlacken kann, dann natürlich immer gern.