Protocol of the Session on August 30, 2019

Die AfD will uns allen Ernstes eine Diskussion darüber aufzwingen, dass Grundschüler, wenn sie in der Schule stören, von der Schulleitung ohne Beteiligung der Klassenkonferenzen, sozusagen stehenden Fußes, bis zu 14 Tage von der Schule entfernt werden sollen

(Eva von Angern, DIE LINKE: Unfassbar!)

und, wenn sie sich dann noch nicht fügen, den Eltern entzogen und in eine zentrale Zuchtanstalt verbracht werden sollen. Ich weiß nicht, welchem seiner braunen Handbücher Herr Tillschneider diese Vorstellungen entnommen hat,

(Beifall bei der LINKEN - Lachen und Un- ruhe bei der AfD)

aber es zeigt einmal mehr, welcher kranke Geist sich da Bahn bricht.

Sie unterstellen Achtjährigen eine Einstellung von Verbrechern und reden Prügeleien auf dem Schulhof das Wort, weil sie ein notwendiger Beitrag gegen die allgemeine Verweichlichung wären.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Ja!)

Es ist für mich als Pädagoge wirklich nur schwer zu ertragen, dass Ihnen die Möglichkeit geboten wird, solche pseudopädagogischen und sozialdarwinistischen Ergüsse hier im Parlament und in der Öffentlichkeit auszubreiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber ich vermute ja, dass wir demnächst noch mehr Kostproben Ihrer Rohrstockpädagogik auf den Tisch bekommen. Wahrscheinlich werden Sie beim nächsten Mal die Wiedereinführung der Prügelstrafe beantragen.

(Zuruf von der AfD: Wohl kaum!)

Wir werden jedenfalls mit Ihnen heute und auch in Zukunft über einen solchen unsäglichen Mist nicht diskutieren, sondern ihn ablehnen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ihre Pläne, wie Sie mit Kindern umgehen wollen und wie Sie Pädagogik und Demokratie in den Schulen mit Füßen treten wollen, sind für uns einfach widerlich.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wenn Kinder und Jugendliche Entwicklungsprobleme zeigen, brauchen sie Hilfe. Es ist übrigens völlig normal, dass solche Probleme in den Schulen und auch in den Kita und Horten auftreten. Damit umzugehen gehört zur täglichen Arbeit der Pädagogen. Dafür gibt es eine pädagogische Ausbildung auf universitärem Niveau. Das ist unser Job. Wir können uns die Kinder nicht aussuchen und immer wieder aussortieren, wenn uns irgendetwas an ihnen nicht passt.

Natürlich brauchen die Lehrkräfte dafür Unterstützungssysteme und dürfen dabei nicht allein gelassen werden. Dieser Aufgabe wenden wir uns nach wie vor noch recht stiefmütterlich zu. Aber Kinder einfach aus- und wegzusperren, wenn wir mit ihnen nicht klarkommen, ist nichts anderes als der Versuch eines modernen Ablasshandels für unser gesamtes gesellschaftliches Versagen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen! Lassen Sie uns endlich konkret darüber reden, wie die ESF-Programme zur Schulsozialarbeit und zum produktiven Lernen dauerhaft fortgesetzt und bedarfsgerecht erweitert werden können,

(Beifall bei der LINKEN)

und lassen Sie diese Projekte nicht in den Haushaltsberatungen untergehen. Lassen Sie uns darüber reden, wie wir zu mehr Schulpsychologen und zu einem breiteren Angebot für die Familien- und Suchtberatung kommen. Lassen Sie uns darüber reden, wie die Zusammenarbeit zwischen den Schulen und den Jugendämtern verbessert werden kann, und über vieles andere mehr.

Es gibt viele Baustellen, die es den Schulen natürlich schwer machen, ihre Aufgaben zu erfüllen und nicht an den Herausforderungen im pädagogischen Alltag zu scheitern. Darauf müssen wir unsere gemeinsame Kraft konzentrieren, statt unsere Zeit mit fruchtlosen Debatten zu solchen AfD-Anträgen zu verschwenden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Raue, Sie haben das Wort.

Herr Lippmann, Ihr Statement für DIE LINKE ist einfach eine Zumutung für die Gesellschaft.

(Thomas Lippmann, DIE LINKE: Sie sind eine Zumutung!)

Sie schützen mit Ihrer Argumentation nicht kleine Kinderseelen, Sie schützen damit Mehrfachtäter und zukünftige Hartz-IV-Karrieren.

(Widerspruch von Doreen Hildebrandt, DIE LINKE)

Sie haben von Pädagogik keine Ahnung. Sie sind für mich kein Pädagoge, Sie sind ein Scheinpädagoge. Schämen Sie sich für Ihre Aussagen!

(Beifall bei der AfD - Zuruf von Prof. Dr. An- gela Kolb-Janssen, SPD)

Dazu gibt es jetzt offensichtlich wenig zu sagen, deshalb fahren wir in der Rednerliste fort. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Aldag. Herr Aldag, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Ich habe mich im Vorfeld sehr intensiv mit diesem Antrag befasst. Eigentlich wollte ich Ihnen jetzt in fünf Minuten unsere Sichtweise dazu erklären und erläutern, wie wir das Thema anpacken wollen.

Aber nach Ihrer Rede, Herr Tillschneider, habe ich mich umentschieden, weil mich Ihr Auftreten und Ihre Ausführungen mich wirklich anwidern.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und bei der SPD)

Es ist eklig, wie Sie hier auftreten, und ich habe wirklich keine Lust, weder hier im Hause noch im Ausschuss, über diesen Schwachsinn, den Sie hier verzapfen, in irgendeiner Weise mit Ihnen zu reden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN - Zuruf von der LINKEN: Bravo!)

Vielleicht noch eines zu unserem geschätzten Koalitionspartner: Nach dieser Debatte - Ihr Redner kommt ja auch noch - verstehe ich nicht, wie wir diesen Antrag, diesen Schwachsinn in den Ausschuss überweisen können. So etwas müssen wir in Zukunft ablehnen. - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und bei der SPD)

Für die Fraktion der CDU spricht der Abg. Herr Borchert. - Während er auf dem Weg nach vorn ist, können wir auf unserer Besuchertribüne herzlich Schülerinnen und Schüler der Freien Gesamtschule Lützen begrüßen. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Borchert, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe AfD, es ist immer schön, wenn man als Letzter reden darf. Wir wurden ja eben konkret darauf angesprochen, wie wir Ihren Antrag „Gewaltbereite Schüler in ihre Schranken weisen“ behandeln. Ich denke, darin sind wir uns alle einig. Das wollen wir doch alle.

Wir als CDU stehen zu 100 % hinter allem, was unsere Lehrer draußen täglich tun, nicht nur in Bezug auf Unterricht vermitteln, sondern auch in Bezug auf Erziehung. Das wird immer wichtiger; darüber sind wir uns ebenfalls einig. Darüber müssen wir auch nicht diskutieren.

Eigentlich wäre es die Aufgabe der Eltern, ihre Kinder so zu erziehen, dass sie, wenn sie dann in die Welt hinausgehen oder in die Schule kommen, sich so benehmen, wie es der Umgang erfordert. Das klappt auch in vielen Fällen. Deshalb kann man auch nicht sagen, es sei alles schlecht. Aber es klappt leider nicht immer.

(Matthias Büttner, AfD: Richtig, vollkommen richtig!)

Wir haben ein Schulgesetz in unserem Bundesland, darin gibt es den § 44, der auch als „Ordnungsmaßnahmen-Paragraf“ bekannt ist. Das wissen Sie inzwischen; denn Sie haben es ja studiert.

Für die Kollegen, die es nicht wissen: Ich finde es Wahnsinn, was Sie hier teilweise tun. Sie stellen sich hierhin und denken, die Welt ist so, wie Sie es den Menschen draußen vermitteln wollen. Ich habe das Schulgesetz dabei, das können Sie sich nachher alle einmal durchlesen. Denn es gibt einige, die reden über etwas und wissen überhaupt nicht, um was es geht.

Dieser „Ordnungsmaßnahmen-Paragraf“ ist wichtig und wird auch angewendet. Dazu haben wir auch noch unsere Erziehungsmaßnahmen. Sie wissen sicherlich auch, dass es dazu seit vielen Jahren einen entsprechenden Erlass gibt.

Ich komme nun zu Ihrem Antrag. Erstens. Wir als Landtag sollen die Lehrer des Landes dazu ermutigen, in Erfüllung des Bildungs- und Erzie

hungsauftrags die Möglichkeiten, Erziehungsmittel und Ordnungsmaßnahmen konsequent anzuwenden. Glauben Sie im Ernst, das machen wir nicht?

Stellen Sie tatsächlich fest, dass wir Lehrer - ich war ja bis vor drei Jahren auch einer von ihnen - nicht in der Lage sind, diese Maßnahmen konsequent anzuwenden? Glauben Sie, dass Sie uns hier auffordern müssen, dass der Landtag beschließen muss, dass wir das endlich machen sollen? - Ich verstehe nicht, welche Ideen Sie haben, wenn Sie so etwas fordern.

Zweitens. Wenn jemand in diesem Staat einem anderen körperliche Gewalt zufügt - es ist völlig egal, ob es in der Schule ist oder nicht -, dann muss er bestraft werden; darin sind wir uns alle einig. Das hat aber mit der Schule nichts zu tun, sondern dafür gibt es andere Gesetze und Möglichkeiten; das hat der Minister vorhin auch gesagt. Dort würde der Rechtsstaat eingreifen und er greift auch ein. So schlecht, wie Sie die Lehrer draußen machen, sind sie nicht. Es stimmt nicht, dass sie unfähig sind.