Protocol of the Session on August 29, 2019

Frau Zoschke hat sich noch zu Wort gemeldet. - Frau Zoschke, Sie haben das Wort.

Es ist aber hoffentlich eine Frage, die ich beantworten kann, Frau Zoschke.

Herr Minister, ich will an die Frage meines Kollegen Knöchel anknüpfen. Er hat sich nun auf die Frist im Jahr 2029 bezogen. Sie haben jetzt versucht - wie haben Sie gesagt? -, salomonisch zu antworten. Das ist das Erste.

Das Zweite ist, dass Sie noch nicht mitgeteilt haben, woher wir die Ausbildungskräfte denn tatsächlich bekommen. Wir haben nirgendwo eine solche Ausbildungseinrichtung. Irgendwann müssen aber in Anbetracht des Altersdurchschnitts der jetzt Tätigen neue Kräfte kommen. Wo wollen wir diese denn ausbilden lassen?

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Also: Wir haben gesagt, dass wir mit Absolventen der Bachelorqualifikation arbeiten wollen. Herr Knöchel hat darauf hingewiesen, dass wir bisher eine hohe Qualität an den Schulen hatten. Wir erfinden das Fahrrad ja nicht neu, sondern wir fügen Dinge hinzu.

(Oliver Kirchner, AfD: Das wird bloß nicht funktionieren!)

Aufgrund meiner früheren Verwendung als Staatssekretär im Wissenschaftsministerium bin ich noch ziemlich gut vertraut mit dem Aspekt, dass gerade die medizinische Fakultät der MartinLuther-Universität beim Thema Pflege und der Akademisierung der Pflegeausbildung, glaube ich, deutschlandweit Vorreiter ist - so will ich es einmal formulieren -; und das schon seit Jahrzehnten und nicht erst seit einigen Jahren. Deswegen wird es, glaube ich, Aufgabe sein, die Fachkräftebereitstel

lung und die Möglichkeiten der Qualifizierung gemeinsam mit dem gerade nicht anwesenden Kollegen Willingmann so zu organisieren, dass es ein Gesetz geben wird, in dem dieser Anspruch formuliert wird.

Ich betone noch einmal: Der Anspruch ist uns vom Bund übertragen worden; diesen müssen wir jetzt erfüllen.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: 2029! Sie ver- unsichern die Leute!)

- Herr Knöchel, wir können jetzt hier noch zwei Stunden über die Frage philosophieren, ob das Jahr 2025 oder das Jahr 2029 realistisch oder verschreckend sind. Ich glaube, durch die Verordnungsermächtigung haben wir eine Flexibilisierung hineingebracht. Hätten wir das Jahr 2029 hineingeschrieben, dann hätten Sie mir vermutlich mangelnden Ehrgeiz vorgeworfen.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Käse!)

Und so ist es nun einmal andersherum. Das kann man doch in einem Ausschuss noch einmal fach- und sachkundig hinterfragen. Dann werden wir eine Lösung finden. An diesem Punkt sollte die Gesetzgebung nun ausdrücklich nicht scheitern - für das Protokoll: an anderen Punkten übrigens auch nicht.

Ich bitte darum, dass das Hohe Haus diesem Gesetzentwurf eine hohe Sympathie entgegenbringt.

Dann danke ich Herrn Minister Tullner für die Einbringung des Gesetzentwurfes. - In der Debatte ist eine Redezeit von drei Minuten je Fraktion vorgesehen. Für die AfD spricht der Abg. Herr Siegmund. Herr Siegmund, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Wir haben uns bereits häufiger positiv zu dem Pflegeberufegesetz geäußert. Das möchte ich natürlich auch jetzt tun. Ich möchte trotzdem ein paar Worte dazu sagen.

Die duale Pflegeausbildung komplett neu zu formen, qualitativ anzuheben und ihr somit auch ein neues Image zu verpassen ist unserer Meinung nach ein guter und richtiger Schritt, um junge Menschen positiv hinsichtlich der Pflegeausbildung als solche anzusprechen und damit auch den Beruf als solchen attraktiver zu gestalten.

Wir haben im Rahmen unserer Pflegekampagne in diesem Jahr schon mehrere Anträge sowie konstruktive Lösungs- und Verbesserungsvorschläge für die Branche eingebracht. Nicht selten ging es hierbei auch um die positive Außenwirkung des so wichtigen Berufsbildes. Durch das neue Gesetz wird unserer Meinung nach auch die

Außenwirkung positiv beeinflusst. Das ist ein Argument, das jetzt noch nicht zur Sprache kam. Das möchte ich ganz deutlich unterstreichen.

Auf die vielen einzelnen Facetten, über die wir im Ausschuss bereits ausgiebig diskutiert haben, möchte ich jetzt nicht im Detail eingehen. Ich möchte trotzdem die Chance nutzen, um wieder einmal das Kernproblem anzusprechen: Solange es in unserem gesamten System eine demografische Schieflage gibt, können wir Pflegeberufegesetze ändern, neu strukturieren und an kleinen Stellschrauben drehen, wie wir wollen - an dem großen gesamten Problem wird sich nichts ändern. Das Grundproblem bleibt.

Ich garantiere Ihnen, dass wir trotz dieses Gesetzentwurfes die drohende Katastrophe innerhalb der Pflege nicht abfedern werden. Sie wird in den nächsten Jahrzehnten mit voller Wucht zuschlagen. Die Gründe dafür wurden in den vergangenen Jahrzehnten einfach verpennt, das muss man ganz klar so sagen.

Zurückkommend zum Gesetzentwurf muss man sich die Frage nach der optimalen Umsetzung, der optimalen Realisierung stellen. Bei der Umsetzung der neuen Pflegeausbildung kommt den Pflegeschulen eine zentrale Rolle zu. Denn sie tragen die fachliche Gesamtverantwortung für die Koordination des Unterrichts mit der praktischen Ausbildung.

Unserer Meinung nach ist daher zu erwarten, dass die Umstellung auf die generalistische Pflegeausbildung ab dem Jahr 2020 und die stufenweise Einführung der Mindestanforderungen bis zum Jahr 2029 - wir hatten das gerade - zu Mehraufwendungen führen werden. Das trifft insbesondere auf die schulinternen Curricula zu, die völlig neu erarbeitet und mit entsprechenden neuen didaktischen Konzepten versehen werden müssen. Das muss auch noch einmal besprochen werden.

Diese und weitere Aspekte müssen bei der Umsetzung vor Ort unbedingt berücksichtigt werden. Die Umsetzung ist es, die uns noch die großen Fragezeichen beschert.

Liebe Kollegen, ich bin gespannt auf die spätere praktische Umsetzung und plädiere für eine regelmäßige Berichterstattung, vor allem natürlich bei uns im Sozialausschuss.

Wir stehen diesem Gesetzentwurf nicht im Wege und stimmen ihm selbst verständlich zu. - Ich danke Ihnen ganz herzlich.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Siegmund für den Redebeitrag. - Für die SPD

spricht die Abg. Frau Dr. Späthe. Frau Dr. Späthe, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Diskussion vor den eigentlichen Redebeiträgen hat schon gezeigt, dass es sich hierbei um ein außerordentlich komplexes Vorhaben handelt. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass die sogenannte Generalisierung für alle Beteiligten eine gigantische Herausforderung ist, wenn sie schließlich in Kraft getreten ist. Umso wichtiger ist es, dass dazu umfassende Regelungen unter Einbeziehung aller Betroffenen getroffen werden.

Ich möchte wegen der Kürze der Redezeit von drei Minuten aus diesem umfangreichen Paket nur zwei Aspekte herausgreifen. Einer ist bereits genannt worden. Das zeigt nur, dass er die Vertreter aller Fraktion umtreibt: nämlich § 9 des Pflegeberufegesetzes, in dem Vorgaben zur Qualifikation des Lehrerpersonals gemacht werden. Das heißt, es geht um die Personen, die den theoretischen Unterricht in den Pflegeschulen erteilen.

Der Minister erwähnte schon, dass dies nur noch Personen mit Masterabschluss, vorzugsweise in Pflegepädagogik, sein dürfen. Diese Qualifikation besitzen zurzeit nicht nur nicht alle Lehrkräfte, die jetzt tätig sind, sondern

(Siegfried Borgwardt, CDU: Keiner!)

es besitzt sie eigentlich fast niemand. Deshalb ist es auch richtig, dass im Gesetzentwurf eine Übergangsregelung verankert wird. Darin ist die Rede von dem Jahr 2025; das wurde bereits kritisiert. Ich möchte auch betonen, dass uns diese Übergangsfrist aber überhaupt nicht hilft, wenn wir es als Land nicht schaffen, den aktuellen Lehrkräften zu ermöglichen, sich entsprechend weiter zu qualifizieren und die neuen Standards zu erfüllen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Der zweite Aspekt ist, dass die Landesregierung mit diesem Gesetzentwurf nicht weniger als 22 Verordnungsermächtigungen erteilt. Das ist eine ganze Menge. Diese Festlegungen betreffen den theoretischen und den praktischen Unterricht, die Finanzierung sowie andere Regelungen, welche für die Planungssicherheit und für die Vorbereitung der Pflegeschulen und vor allen Dingen der Träger der Ausbildung notwendig sind. wir

Deshalb ist es aus meiner Sicht sehr notwendig, dass sich die drei zuständigen Ministerien - das Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium ist wegen der Akademisierung auch betroffen -

(Zustimmung bei der LINKEN)

auch in Bezug auf die Verordnungen permanent untereinander abstimmen. Nicht dass am Ende eine Verordnung der anderen entgegensteht.

Ein weiterer Punkt ist: Bitte beginnen Sie - wenn nicht schon passiert, was ich eigentlich sehr hoffe - bereits jetzt mit der Erarbeitung dieser Verordnung, damit sich die Pflegeschulen rechtzeitig auf die neuen Regeln vorbereiten können.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, bitte prüfen Sie, ob diese relevanten Verordnungsentwürfe nicht doch im federführenden Bildungsausschuss vorgestellt werden. Denn wir haben oftmals erlebt, dass es die Verordnungen sind, die in der Praxis Probleme bereiten.

Ich freue mich auf eine konstruktive Beratung, auch im Sozialausschuss, und bitte Sie um eine Überweisung dieses Gesetzentwurfs zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Bildung und Kultur sowie zur Mitberatung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration.

(Zustimmung bei der SPD - Swen Knöchel, DIE LINKE: Wissenschaft! Wissenschaft haben wir auch noch!)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Dr. Späthe für den Redebeitrag. - Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt Frau Zoschke das Wort. Frau Zoschke, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Nach langem Warten liegt jetzt der Entwurf eines Ausführungsgesetzes vor, das das Nötige zur Umsetzung der generalisierten Ausbildung in den Pflegeberufen, also die einheitliche Ausbildung zur Pflegefachfrau bzw. zum Pflegefachmann in unserem Land regeln soll.

Dieses sehr späte Ausführungsgesetz hat Folgen für die ab dem 1. Januar 2020 notwendigen Kooperationsverträge zwischen den Anbietern theoretischer und praktischer Ausbildung, für die Praxisanleiter, für die Pflegeschulen und nicht zuletzt auch für die Auszubildenden.

Ziel war und ist es, die Attraktivität des Pflegeberufes durch eine fundierte, klare und an den Ergebnissen wissenschaftlicher Arbeit orientierte Ausbildung zu garantieren. Wir haben so unsere Zweifel daran, dass durch diese Basis Klarheit hergestellt wird. Der wirklich große Wurf also - wie er von vielen erwartet und von einigen auch herbeigeredet wurde - ist ausgeblieben.

Praktikerinnen und Praktiker haben in verschiedenen Arbeitskreisen gemeinsam mit den Ministerien an Umsetzungsstrategien und machbaren Verfahrensweisen zur Umsetzung des Bundesgesetzes gearbeitet. Darüber ist unter anderem im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration sowie in der Enquete-Kommission zur zukünftigen Gesundheitsversorgung berichtet und diskutiert worden. Hierin lagen und liegen nicht nur Chancen, sondern auch ein erhebliches Potential für dieses Ausführungsgesetz.