Protocol of the Session on June 20, 2019

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Richtig an Ihrer Betrachtungsweise ist, dass die Bankenrettung auf Kosten der Sparer betrieben wurde

Der Rest war auch richtig.

und dass die Nullzinspolitik zu einer Enteignung der Sparer, insbesondere der älteren Menschen geführt hat, die ihre Altersvorsorge betreiben und auch bei den Altersvorsorgesparverträgen wesentlich weniger Zinsgewinne als früher haben. Das ist das eine. Das hat sehr wohl etwas mit dem Land Sachsen-Anhalt zu tun; denn bei uns gibt es sehr viele ärmere Menschen, die auf ihre Ersparnisse am Ende auch angewiesen sind.

Der zweite Punkt ist die Notwendigkeit, dass wir, wenn wir unseren Wohlstand sichern wollen, dafür sorgen müssen, dass die Target-Salden nicht stetig weiter ansteigen, sondern gegenseitig ausgeglichen sind. Das heißt, die anderen EU-Länder müssen auch nach Deutschland ihre Produkte liefern können. Von denen kommt aber viel zu wenig. Und wir schreiben dann an, wie in einem normalen Laden. Wir finanzieren über unser eigenes Geld in Deutschland Fabriken, Infrastrukturen usw. in den anderen Ländern der EU, die dafür aber nicht bezahlen müssen, sondern dafür Geld von der Europäischen Zentralbank drucken lassen. Dieses System steuert in nächster Zukunft - das wird nicht mehr lange dauern - in eine katastrophale Situation.

Aber bei Ihnen ist wahrscheinlich überhaupt noch nicht angekommen, wie dramatisch sich die wirtschaftliche Situation in den nächsten Jahren entwickeln wird. Das ist das Problem, über das man wirklich diskutieren muss. - Ich weiß, die Redezeit ist wieder um.

Herr Knöchel, Sie haben jetzt die Möglichkeit, darauf zu antworten.

Blicken wir zuerst auf die Spareinlagen im LandSachsen-Anhalt. Der Zinssatz hat immer nach zwei Seiten Auswirkungen, nämlich auf den Gläubiger und auf den Schuldner.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Es ist tatsächlich ein Problem, das wir in Sachsen-Anhalt trotz der Niedrigzinsphase noch immer einen relativ hohen Dispozinssatz haben. Wir haben in Sachsen-Anhalt sehr viele Schuldner, Herr Farle.

Zu Ihrer Empfehlung, Herr Farle, dass man durch das Drehen an der Währungsschraube etwas zum Besseren bewirken könne, möchte ich nur an Folgendes erinnern: In der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 sind die Pensionsfonds von Millionen Amerikanern geplatzt, wozu sich übrigens die Frage stellt, wie man hierfür Vorsorge treffen kann.

Zu den Target-Konten. Was war das Problem von Deutschland? - Deutschland hat - GRÜNE, SPD, CDU im Verbund - einen massiven Sozialabbau betrieben. Sie haben die Bevölkerung entreichert. Sie haben den Binnenkonsum, die Binnennachfrage mit der Agenda 2010 nachhaltig ruiniert.

(Zuruf von Siegfried Borgwardt, CDU)

Sodann haben Sie die deutsche Wirtschaft mit Niedriglöhnen auf den Export ausgerichtet und diese Disparität zwischen Deutschland und anderen europäischen Ländern produziert. Wir haben diesen mit unserer Billigkonkurrenz einfach die Märkte kaputtgemacht. Wir haben sie in die Staatsverschuldung getrieben. Statt den Binnenkonsum in Deutschland zu ermöglichen, statt hier für bessere Löhne, für bessere Sozialleistungen zu sorgen, haben wir versucht, unsere europäischen Partner in die Schuldensituation zu treiben, in der sie zum Teil sind.

(Robert Farle, AfD: Das rächt sich jetzt!)

Das Problem sind also nicht die Target-Konten, sondern das Problem, das wir in Deutschland lösen müssen, ist: Wir müssen raus aus dem noch immer vorhandenen Niedriglohnsektor. Wir müssen die Voraussetzungen für faire Löhne schaffen. Wir müssen den Binnenkonsum ankurbeln, und wir müssen tatsächlich dafür sorgen, dass das Verhältnis - -

(Robert Farle, AfD: Und die anderen Länder müssen zurückzahlen!)

Herr Knöchel, versuchen Sie sich kurz zu fassen.

Sie haben es doch gesehen: Wir haben Griechenland geholfen, damit uns geholfen ist.

(Robert Farle, AfD: Ja, aber die haben uns nichts bezahlt!)

- Na ja. Herr Farle, wie gesagt: Ihre Küchenökonomie hilft hier nicht weiter. Das muss man schon ein wenig komplexer sehen.

Herr Knöchel, sind Sie jetzt - -

Ja, das Wasser ist alle.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN - Zu- stimmung bei der SPD)

Dann danke ich für den Redebeitrag. - Wir fahren in der Debatte fort. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Meister. Bitte, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Jetzt kommt zunächst das Wasser, das Herr Knöchel ausgetrunken hat.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Währungspolitische Debatten in Landesparlamenten sind mangels entsprechender Zuständigkeit - die Einführung des sachsen-anhaltinischen Talers ist aktuell nicht geplant - schon etwas speziell.

(Zuruf von der CDU: Das machen wir beim nächsten Mal!)

- Ja, ich befürchte das. - Die AfD-Fraktion sieht in dem Antrag den Euro in seinen Zielen als gescheitert. Das ist fast wie in alten Zeiten. Ich fühle mich ein wenig an Herrn Lucke erinnert. Nach 20 Jahren Euro kann man sagen, dass sich bestimmte bei der Einführung des Euros und später geäußerte Befürchtungen gerade nicht bewahrheitet haben. Der Euro hat sich als harte Währung erwiesen. Die aktuelle Inflation von 1,2 % liegt tiefer, als wir sie zu D-Mark-Zeiten in weiten Teilen hatten. Damals stand immer in Rede: harte D-Mark - weicher Euro. Das hat sich nicht bewahrheitet.

Für die Bundesrepublik als einem exportstarken Land zahlt sich die Zugehörigkeit zur Eurozone im Übrigen jeden Tag aus. Die Sorge geht eher dahin, dass andere europäische Regionen nicht ebenfalls profitieren und sich von den wirtschaftlich stärkeren Regionen Europas letztlich abgehängt sehen. Dies birgt tatsächlich erheblichen Sprengstoff.

Hauptgegenstand des Antrages sind die Niedrigzinspolitik der EZB und der Wunsch, dass das Land Sachsen-Anhalt da jetzt einmal einschreitet, natürlich unter Zuhilfenahme der Bundesregierung. Ich erlaube mir dazu, wie auch mehrere

meiner Vorredner, den schüchternen Hinweis auf die Unabhängigkeit der EZB. Auch wenn man in Frankfurt am Main jetzt sicherlich gespannt und atemlos an den Bildschirmen sitzt: Das Land Sachsen-Anhalt ist gar nicht so richtig zum Eingreifen berechtigt.

Herr Dr. Schmidt hatte schon darauf hingewiesen, dass es erstaunlich ist, dass gerade die AfD-Fraktion jetzt diesem südländischen Temperament frönt und dem Gedanken der Unabhängigkeit der Zentralbanken nicht mehr folgen will. Das hat mich tatsächlich etwas überrascht; denn dass ist eine Sache, die insbesondere aus deutscher Sicht immer sehr stark betont wurde. Dass Sie das jetzt per Antrag angreifen, ist überraschend.

Die Niedrigzinspolitik, von der wir als verschuldetes Land, wie faktisch alle öffentlichen Haushalte, in erheblichem Umfang profitieren, bringt tatsächlich auch ernste Probleme mit sich. Das ist übrigens kein rein europäisches Problem. Der USDollar hat im Jahr 2009 die Nullzinspolitik erfahren, die Schweiz im Jahr 2011, der Yen bereits seit dem Jahr 1999. Das ist also durchaus ein globales Problem.

Ich verzichte darauf, mich in den verbleibenden 46 Sekunden meiner Redezeit an einer Analyse der ernsten wirtschaftlichen Auswirkungen der langen Niedrigzinsphase, aber auch der Vor- und Nachteile einer deutlichen Zinserhöhung zu versuchen. Aufgrund meiner Redezeit verzichte ich auch darauf, auf Fragen der ESM-Reform, das Eurozonen-Budget und dergleichen einzugehen.

Ich will noch eines zu der Diskussion über das Bargeld sagen. Diese Diskussion hatten wir auch schon. Die Frage, ob das Bargeld abgeschafft wird oder nicht, entscheidet sich letztlich an der Frage, wie die Bürgerinnen und Bürger das nutzen. Wir haben dazu schon eine längere Diskussion gehabt. Wenn es bequemer ist, das Bargeld loszuwerden, dann wird sich das durchsetzen. Wenn es weiterhin den Wunsch nach Bargeld gibt, dann wird das auch so bleiben. - Danke schön.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Fragen hierzu sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Meister für den Redebeitrag. - Für die CDUFraktion spricht der Abg. Herr Szarata. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Ich bewundere ein wenig Ihre Nerven, das sage ich ganz ehrlich. Gerade Herr Dr. Schmidt, Herr Meister und selbst Herr Knöchel. Wir haben spätestens nach der Sommerpause einen riesigen Haus

halt zu bewältigen. Zumindest wir als CDU-Fraktion sagen immer, dass wir Prioritäten setzen müssen, damit das Geld überhaupt reicht. Ich wäre dafür, wir würden auch hier einmal Prioritäten setzen und uns nur mit den Dingen beschäftigen, die wir auch tatsächlich beeinflussen können.

In diesem Antrag spiegelt sich ein großes Problem der AfD-Fraktion schamlos wider, auch wenn Herr Farle dazu viel erzählt hat. Herr Farle, Sie und Ihre gesamte Partei denken die Dinge immer nicht bis zum Schluss. Sie machen es im Prinzip wie der eine oder andere Youtuber: Sie picken sich das heraus, was Ihnen passt, und ignorieren gekonnt alle weiteren Fakten. Ich bin mir nicht sicher, ob das eine Masche der AfDFraktion ist oder ob Sie tatsächlich nicht weiter denken als von der Tapete bis zur Wand.

(Oliver Kirchner, AfD: Mit Youtubern ken- nen Sie sich ja aus!)

- Damit kennen wir uns in der Tat aus. - In diesem Fall ist es sogar noch schlimmer. Denn die Währungs- und Zinsexperten unter Ihnen hätten nicht einmal denken müssen, sondern hätten einfach nur verstehendes Lesen praktizieren sollen. Dann wäre man nämlich spätestens beim Schreiben Ihrer Begründung darauf gekommen, dass es neben dem Artikel 127 Abs. 1 AEUV, den Sie anführen, eben noch weitere Artikel gibt, unter anderem Artikel 130, der - ich übersetze das einmal; die anderen haben es auch schon gesagt - jegliche Einflussnahme von Regierungen auf die Entscheidungen der EZB untersagt.

Wenn ich mir vorstelle, dass Sie vielleicht irgendwann einmal in eine Regierungsverantwortung kommen - davon träumen Sie ja -, dann bin ich froh und glücklich, dass die Gründungsväter der EZB diesen Riegel vor Ihre Einflussnahme geschoben haben. Damit möchte ich es beenden. Und weil wir es nicht beeinflussen können, möchte ich auch keine Fragen dazu beantworten.

Herr Szarata, Herr Farle hat sich aber noch zu Wort gemeldet.

Er kann gern etwas sagen, aber ich habe gesagt, dass ich nicht weiter darauf eingehen werde.

(Oliver Kirchner, AfD: Kannst nur schreien! - Zustimmung bei der AfD)

Ach so. - Herr Farle, dann haben Sie die Möglichkeit, eine Intervention zu tätigen. Ich erteile Ihnen das Wort.

Jawohl, danke. - Hinter allem steckt das Kernproblem, dass wir mit der Wirtschaftspolitik kaum noch Wirtschaftsbetriebe ansiedeln, bei denen Gewinne entstehen, die man tatsächlich ausschütten kann, sodass man Fremdkapitalzinsen auch bezahlen kann.

Ich zeige Ihnen das an einem einfachen Beispiel. Die gesamten Anlagen erneuerbarer Energien, die in unserem Land aufgebaut werden, arbeiten völlig unrentabel. Wenn dort Gelder als Zinsen bezahlt werden sollen, dann werden die über ein Schröpfen der Bevölkerung durch fünffach überteuerte Strompreise abkassiert. Das heißt, die Gesetze der Marktwirtschaft sind bei den Ansiedlungen, die wir mittlerweile betreiben, fast vollständig ausgesetzt. Marktwirtschaft ist etwas anderes.

Wenn man von der Nullzinspolitik wegkommen will, dann muss man rentable Produktionen im Land aufbauen. Und genau die Ansiedlung, die zum Beispiel der Wirtschaftsminister genannt hat, bei der ein Batteriehersteller oder wer weiß ich von der öffentlichen Hand Riesensubventionen erhält, ist der Weg, der zu gar nichts führt. Denn hierbei muss die öffentliche Hand die Investitionen bezahlen. Das sind Steuereinnahmen, die wir vorher weggesteuert haben. Das ist keine rentable betriebswirtschaftliche Produktion.

Wenn es uns nicht gelingt, wieder produktive Betriebe in dieses Land zu bringen, dann werden wir mit Herrn Haseloff - ich weiß nicht, welche Kompetenz der Herr Stahlknecht dabei haben sollte;