Protocol of the Session on March 1, 2019

Wir alle wissen, dass sich die Medienwelt rasant ändert. Durch die Möglichkeiten des Internets werden immer mehr Inhalte von Privatpersonen generiert, die wiederum von anderen Personen konsumiert werden. So erreichen YouTubeKanäle, Instagram-Seiten oder der Streamingdienst Twitch Millionen an Zuschauern. Mit der Reform müssen nun die Personen, die den Plattformen Leben einhauchen, gegenüber den Plattformbetreibern nachweisen, dass sie für jedes Bild, jeden Musiktitel, jeden Soundeffekt, den sie verwenden, eine Lizenz haben. Im schlimmsten Fall müssen die Lizenzen beim Plattformbetreiber hochgeladen werden. Nicht nur, dass das mit erheblichem Aufwand verbunden ist, die Kosten für die Lizenzen sind auch extrem hoch.

An dieser Stelle haben wir die jungen Leute dann nämlich alle auf den Plan, selbst die eigenen Kinder. Fragliche Bilder oder Dateien wurden früher einfach aus dem Netz genommen. Mit der neuen Richtlinie würde der Betreiber haften, wenn ein nicht lizensiertes Produkt verwendet wird. Dagegen werden sich Betreiber natürlich wehren und das wird zu einem Mehraufwand für den Ersteller des Inhalts führen. Kritiker prophezeien, dass die Betreiber dann die umstrittenen Uploadfilter einsetzen werden, um die gigantischen Datenmengen überhaupt überprüfen zu können.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das müssen sie! - Tobias Rausch, AfD: Geht ja nicht an- ders!)

Das könne dann zum Overblocking führen und am Ende könnte das ganze Internet lahmgelegt werden.

(Tobias Rausch, AfD: Zensur!)

- Ja, sicher. - Schon heute bedeutet es ein großes Hin und Her, wenn man einen Videomitschnitt einer Schulaufführung auf YouTube hochladen möchte. Das bezeichnet Marco Langhof, Vorstandsvorsitzender des IT-Verbandes in SachsenAnhalt, als Vorgeschmack auf das, was uns erwartet, wenn Artikel 13 wie geplant in Kraft tritt. Er spricht in diesem Zusammenhang von einer Bremse der Digitalisierung, und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, sollte ernst genommen werden.

Wir reden immer sehr viel über Politikverdrossenheit und darüber, dass wir auch junge Menschen an die Politik heranführen wollen. Wenn wir das so umsetzen, haben wir alle Schülerinnen und Schüler, die sich im Digitalen bewegen, gegen uns. Das darf uns nicht passieren, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kurze. Es gibt eine Wortmeldung des Abg. Herrn Gallert.

Frau Präsidentin, ich bin noch nicht ganz fertig.

Ach so. Entschuldigung!

Es hörte sich zwar an wie ein schönes Schlusswort, aber es war noch nicht ganz so weit.

Herr Gallert, ich kann Sie nur bitten, sich noch ein wenig zu gedulden.

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Ich bleibe hier stehen!)

Sie dürfen natürlich fortfahren, Herr Kurze.

Nur keine Hast. - Grundsätzlich ist es richtig, dass der Gesetzgeber versucht, eine Balance zwischen dem Urheberrecht und der Vergütung geistigen Eigentums herzustellen. Geleistete Arbeit soll fair

vergütet werden, meine sehr verehrten Damen und Herren, vor allem dann, wenn ein Dritter von dieser Arbeit profitiert.

Die Umsetzung bzw. die Klärung der Frage nach dem Wie scheint momentan aber nur unzureichend beantwortet zu sein. Letztendlich haben die EU-Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, nur mit knapper Mehrheit für den ausgehandelten Kompromiss votiert. Endgültig - das haben wir heute schon gehört - soll die Abstimmung im Europaparlament Ende März erfolgen. Es bleibt also nur zu hoffen, dass man die mittlerweile bekanntgewordenen Bedenken ernst nimmt, vielleicht das eine oder andere noch nachbessert - das ist möglich -; denn wenn Artikel 13 so kommt, wie es vorgesehen ist, dann verändert er das Internet und wahrscheinlich nicht zum Besseren. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Dann sage ich noch einmal herzlichen Dank, Herr Abg. Kurze. Aber das hörte sich vorhin tatsächlich wie das Schlusswort an. - Herr Gallert, Sie haben jetzt die Möglichkeit, Ihre Frage zu stellen.

Herr Kollege Kurze, ich kann das Kompliment nur zurückgeben. Auch das, was Sie hier sagten, trifft im Wesentlichen die Intention, die ich am Anfang zum Ausdruck gebracht habe. Nun haben wir allerdings noch stärker als bei Herrn Grube das Problem, dass die Abgeordneten der CDU/CSU im September geschlossen für diesen auch von Ihnen gerade kritisierten Artikel 13 und für diese Uploadfilter gestimmt haben und der Kollege Schulze aus Sachsen-Anhalt geradezu die Speerspitze des Artikels 13 ist. Mich würde einmal die Debatte innerhalb des Landesverbandes interessieren. Gibt es darüber noch eine kritische Auseinandersetzung, oder wird der Kollege Schulze aus Sachsen-Anhalt Ende März gegen die Intention Ihres Vortrages stimmen?

Wie Herr Kollege Schulze am Ende im Europäischen Parlament dazu stimmt, kann ich nicht voraussagen. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass wir uns hier im Landesparlament befinden, im Landtag von Sachsen-Anhalt, in dem wir als Fraktion versucht haben, uns eine Meinung zu bilden. Diese unterscheidet sich ein Stück weit von dem, was im Europäischen Parlament diskutiert und verabschiedet wurde. Aber es ist ja auch richtig, dass wir uns in den Parlamenten, in denen wir arbeiten, zu den Themen äußern können. Dabei ist es ganz normal, dass man am Ende auch einmal

eine andere Meinung hat. Wir sind eine große Volkspartei, Herr Gallert; noch sind wir das als Union.

(Lachen bei den GRÜNEN)

Ich hoffe, wir bleiben es auch noch eine ganze Weile. - Dass ihr GRÜNEN mit euren 5 % da lacht, verstehe ich gar nicht, ganz ehrlich.

(Beifall bei der AfD)

Von daher, glaube ich, ist es in der heutigen Demokratie ganz normal, dass man unterschiedliche Meinungen hat. Das macht eine Demokratie ja auch aus, dass man sich um den besten Weg zum Ziel streitet. Dabei gibt es nicht immer nur Konsens, sondern auch Kontroverse.

Vielen Dank, Herr Kurze. - Sie können gern noch einmal Platz nehmen, Herr Striegel. Sie sind noch nicht an der Reihe. Wir haben zuvor noch zwei weitere Wortmeldungen, und zwar die des Abg. Herrn Raue und danach die des Abg. Herrn Tobias Rausch. - Herr Raue, bitte.

Lieber Herr Kurze, ich gehe davon aus, dass Sie jetzt für die Fraktion der CDU gesprochen haben und dass diese Ihren Redebeitrag auch teilt. Ich würde damit nämlich feststellen, dass wir hier im Haus einen Konsens zumindest zum Artikel 13 haben. Das würde danach rufen, dass das gesamte Haus darauf reagiert - was weiß ich, mit einer Resolution oder mit einem Antrag, wie auch immer -, dass wir auf die zukünftige Abstimmung im EU-Parlament Einfluss nehmen und Ihre Vertreter bei der Europäischen Volkspartei, die Vertreter der Sozialdemokraten und unsere Vertreter dazu aufrufen, bei der Abstimmung des Gesetzes Einzelabstimmung durchzuführen, dem Artikel 13 nicht zuzustimmen und damit das Problem lösen, das Sie vor zwei Wochen mit Ihrer Tochter hatten. Die wird ja nicht nur fragen: „Papa, was denkst du darüber?“ Die wird vielmehr in zwei Wochen kommen und sagen: „Papa, was habt ihr gemacht und was macht ihr jetzt?“ Sie hat ja ein echtes Problem geäußert. Auf das Problem können wir jetzt Einfluss nehmen. Das können wir alle gemeinsam machen. Wie wollen wir da weitermachen, Herr Kurze?

Wissen Sie, Herr Raue - -

Bevor Herr Kurze aber das Wort von mir erhält, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Schülerinnen

und Schüler der Clausewitz-Sekundarschule aus Burg recht herzlich hier bei uns im Hohen Haus zu begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Abg. Kurze, Sie haben jetzt das Wort.

Danke schön, Frau Präsidentin. - Herr Raue, ich habe meinen Kindern natürlich erklärt, wie sich die Gremien unterscheiden und welchen Einfluss wir in dem Gremium haben, in dem ich selbst mitarbeiten kann. Von daher wäre das sicherlich ein Ansatz, aber es würde über den Entscheidungsrahmen, den wir haben, hinausgehen, eine riesengroße Resolution auf den Weg zu bringen. Sie wissen ja selber, wie das mit Resolutionen ist. Davon gibt es manchmal viele. Ob die am Ende wirken, sei einmal dahingestellt. Das ist ein Mittel, das man nutzen kann. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass man innerhalb der eigenen Partei ganz klar sagt, wir sehen das so oder wir sehen das so. Wir hoffen schon, dass das ein Stück weit zur Entscheidungsfindung beiträgt, aber am Ende ist jeder in seiner Entscheidung autark. Ich kann den Bundestagsabgeordneten doch auch nicht vorschreiben, ihr habt das so oder so zu machen, obwohl ich das manchmal gern tun würde. Genauso verhält sich das mit den Europaabgeordneten.

Vielen Dank. - Herr Raue, bitte kurz. Sie haben immer eine sehr lange Wortfindung. Damit sind die zwei Minuten meist schon ausgeschöpft; also bitte ganz kurz.

Aber es geht gerade nicht um Entscheidungen, sondern um Einflussnahme. Diese können wir tatsächlich ausüben. Wie wollen wir jetzt Einfluss auf die Entscheidung nehmen, die dort souverän getroffen wird? Wir können jetzt Einfluss nehmen, Sie in Ihrer Fraktion. Wie gehen wir denn nun vor, Herr Kurze?

Herr Kurze, bitte.

Danke, Frau Präsidentin. - Herr Raue, ich gehe einmal davon aus, dass die Medienvertreterinnen und -vertreter über diese Aktuelle Debatte in unserem Land berichten werden. Ich glaube, es wird den Kollegen in Brüssel nicht verborgen bleiben, wie wir uns heute positioniert haben.

Vielen Dank. - Ich habe noch zwei weitere Wortmeldungen. - Herr Abg. Tobias Rausch zieht zurück, aber Herr Abg. Striegel hat noch eine Wortmeldung. Bitte, Herr Striegel.

Herr Kollege Kurze, würden Sie denn auch in Erwägung ziehen, dem Abg. Herrn Schulze aus Ihrem Landesverband einen Brief zu diesem Thema zu schreiben? Wenn er trotzdem für Artikel 13 stimmt, halten Sie es dann für richtig, ihn zur Wahl am 26. Mai trotzdem mit einer Stimme zu unterstützen, oder sollte man davon Abstand nehmen?

(Zurufe von der CDU)

Herr Kurze.

Danke, Frau Präsidentin. - Jetzt muss ich überlegen, ob ich ernsthaft antworte oder ob ich versuche, es etwas lustiger darzustellen. Zum Ersten reden wir bei uns in der Union miteinander, auch wenn wir deutlich größer sind als Ihre Partei. Wir greifen zum Telefon oder treffen uns persönlich. Ich brauche keine E-Mails oder Briefe zu schreiben. Das kann man auch auf dem kurzen Dienstweg hinbekommen. Ich habe gestern mit ihm tatsächlich auch über dieses Thema gesprochen und habe ihm schon gesagt, dass ich nicht ganz auf seiner Wellenlänge bin und dass das in der Fraktion kritisch gesehen wird.

Zum Zweiten: Ich glaube, es gibt viele Themen, bei denen man dieser oder jener Meinung sein kann. Wir stehen vor einer Europawahl. Schön, dass Sie noch einmal darauf hingewiesen haben. Aber ich glaube, wir überlassen es den Wählerinnen und Wählern,

(Zuruf von Guido Heuer, CDU)

genau zu schauen, wen man wählt. Da wir als Union - damit will ich die Antwort beenden - als Stabilitätsanker nicht nur hier in der Koalition gelten, ist die Stimme bei der Union immer gut angelegt, sehr geehrter Kollege Striegel.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Abg. Kurze. Jetzt sehe ich keine weiteren Wortmeldungen mehr. - Jetzt hat der Herr Kollege Striegel für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort und kann seinen Redebeitrag halten. Bitte, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Bots! Wir haben jetzt eine Menge gehört und vom Küchentisch von Herrn Kurze mitbekommen, dass die Debatte um Artikel 13 der EU-Richtlinie zu einer Politisierung von jungen Leuten führt. Das ist definitiv positiv. Auf allen Plattformen sozialer Medien, in Foren, in Chatgruppen von Twitter bis Twitch wird unter jungen Menschen und den Digital Natives die Urheberrechtsreform diskutiert. Ich glaube, allen im Raum ist aufgefallen: Zustimmung ist bisher eher nicht zu erkennen.

Die Debatte zum Urheberrecht unterstreicht die Bedeutung der kommenden Europawahlen am 26. Mai 2019; denn anhand der vorliegenden EUUrheberrechtsreform und ihrer Unterstützer kann sich jede Wählerin und jeder Wähler ein Bild machen, dass die europäische Wahlentscheidung sehr konkrete Auswirkungen auf eigene lebenspraktische Bereiche hat, hier die Freiheit des Internets. Suchen Sie doch einmal Hashtags, zum Beispiel „nie mehr CDU“, oder schaudern Sie mit mir - das Beispiel wurde heute schon angeführt - über die offensichtliche Ahnungslosigkeit zum Beispiel eines CDU-Generalsekretärs, wenn er Post aus dem Neuland bekommt.