Ich vermute einmal, wenn es morgen zu welcher Art von Kundgebung auch immer kommen wird, dann wird niemand verhaftet werden. Aber es wird am Ende über die Frage zu befinden sein, ob der Schüler im Unterricht war bzw. wo er dann war. Dann gibt es das bewährte Instrumentarium, dass dort am Ende steht: „unentschuldigt gefehlt“. - So ist der Fall an sich.
(Zustimmung bei der CDU - Ulrich Thomas, CDU: Richtig! - Oliver Kirchner, AfD: Rich- tig! So ist es!)
Ich muss Ihnen an dieser Stelle wirklich einmal sagen, wenn wir dazu kommen, dass wir so etwas demnächst alle toll finden, dann wird es dazu führen, dass Schüler, weil in der Schule eine Bioarbeit ansteht und sie keinen Bock darauf haben, mal eben zum Happening gehen.
Wenn wir diese Debatte einmal zu Ende führen, dann kann ich nur an Sie appellieren, bedenken Sie bei allem, was Sie öffentlich verlautbaren lassen, welche Folgen Sie damit anrichten. Ich kann nur sagen, seien Sie sensibel und bedenken Sie die Dinge bis zum Ende. Bewerten Sie sie nicht immer nur aus einem Bauchgefühl heraus, weil man etwas schön findet. Das hilft keinem weiter. Deswegen wird man sehen, was morgen passiert.
Herr Tullner, ich bin jetzt doch ein bisschen interessiert, weil mehrfach von Ihnen die Aussage gekommen ist: Stellen Sie sich doch einmal vor, was passieren würde. Sie haben mehrfach ein Szenario geschildert, bei dem wir im Grunde genommen in Zukunft damit rechnen müssen, dass jeder zweite Schüler jeden Tag während des Unterrichts an irgendeiner Demonstration teilnimmt.
Deswegen frage ich Sie, weil ich es echt nicht weiß: Wie viele solcher Demonstrationen während des Unterrichts haben Sie denn bisher in Ihrer Amtszeit zur Kenntnis genommen, wenn es jetzt so inflationär kommt?
(Lars-Jörn Zimmer, CDU: Darum geht es doch gar nicht! - Lydia Funke, AfD: Darum geht es doch gar nicht! - Unruhe bei der CDU und bei der AfD)
Ich kann Ihnen gern einmal den Brief, den wir den Schulen geschrieben haben, oder besser gesagt, meine Staatssekretärin, zur Verfügung stellen,
in dem wir es ein bisschen reflektiert haben. Ich lese heute von „Machtprobe“ und „Kraftprobe“ und von solchem Zeug.
Es ist der Anfang einer Bewegung, die offenbar um sich greift. Wir wissen nicht, was daraus wird. Ich muss doch aber mit dem Fakt umgehen, der da ist. Wir haben Regeln, und Regeln sind einzuhalten, meine Damen und Herren. Das wollen wir in anderen Lebensbereichen auch. Deswegen wollen wir sensibel mit der Frage umgehen.
Wenn Sie die Frage genau stellen, dann würde ich sagen: Es ist jetzt die dritte Demonstration, die ich in meiner Amtszeit erlebt habe. Eine war in Halle, dann war letzte Woche eine und jetzt ist es die dritte.
Weil ich das jetzt akustisch nicht richtig verstanden habe: Es ist nach Ihrer Erinnerung in Ihrer Amtszeit jetzt die Dritte. Die beiden anderen waren irgendwie lokale Schülerdemonstrationen während der Unterrichtsstunden.
Nein, Herr Gallert. Damit wir uns nicht missverstehen: Es gab vor drei Wochen die erste Demonstration, dann gab es letzte Woche eine, die war am Samstag, und es wäre jetzt die dritte, die aufgrund eines Aufrufes und einer Verbreitung in den sozialen Medien sozusagen aktiviert worden ist.
Da wir wissen, dass soziale Medien in diesen Tagen, Wochen und Monaten eine hohe Bedeutung auch für die politische Meinungsbildung haben, bin ich gehalten, bei Entwicklungen, die neu sind und zum ersten Mal über uns kommen, ein Stück weit dagegenzuhalten und auf Regeln hinzuweisen. Ich erwarte, dass die Schulen damit sensibel umgehen. Aber dass Regeln einzuhalten sind, das steht für mich außer Frage.
Vielen Dank, Herr Minister. - Wir haben jetzt noch zwei weitere Fragesteller, Frau Hohmann und dann Herr Abg. Farle. Frau Hohmann, bitte.
Sehr geehrter Herr Minister, meine Frage lautet: Hätten Sie Probleme damit, wenn Lehrerinnen und Lehrer eine Unterrichtsverlagerung machen mit ihren Schülerinnen und Schülern,
(Ulrich Thomas, CDU: An jeder Demo! - Unruhe bei der CDU - Minister Holger Stahlknecht: Das ist eine weltanschauliche Frage!)
Frau Hohmann, damit habe ich deswegen ein Problem, weil wir einer gewissen Subjektivität Tür und Tor öffnen. Heute ist es der Klimaschutz. Den finden Sie alle gut. Morgen ist es eine Bewegung, die sich gegen Kopftücher für Frauen richtet. Dabei haben wir schon Differenzierungsbedarf. Übermorgen ist es etwas anderes. Wo grenzen wir es denn ab?
Wir können doch an Schulen, weil wir es gerade gut finden oder ein Thema für wichtig erachten, nicht unsere Regeln außer Kraft setzen. Deswegen gibt es Regeln an der Stelle, die maßvoll und tolerant angewendet werden. Diese Regeln müssen wir aber beachten oder wir müssen die Regeln ändern. Aber Regeln zu haben und das Gegenteil davon zu machen, das ist, glaube ich, das Schlimmste, was man an der Stelle machen kann.
Herr Minister, ich sprach von einer Unterrichtsverlagerung. Über eine Unterrichtsverlagerung entscheiden Lehrerinnen und Lehrer in Abstimmung mit den Gesamtkonferenzen usw., wie es auch bei anderen Projekten möglich sein kann. Meine
Frage zielte wirklich auf eine Unterrichtsverlagerung, die von Lehrerinnen und Lehrern ausgeht, um gemeinsam mit ihren Schülerinnen und Schülern an solchen Aktionen teilnehmen zu können.
Also, wir haben ja ein hohes Maß an Flexibilität im Unterricht. Es gibt Projekttage und andere Tage. Wenn Sie es in dieser Richtung meinen, dann, würde ich sagen, kann man im Einzelfall über Dinge nachdenken. Wenn es am Ende aber eine verkappte Teilnahme an einer Demonstration wird, dann wird, glaube ich, etwas missbraucht. Das will ich ausdrücklich nicht.
Es geht nicht darum, politisches Engagement, politische Willensbildung oder irgendwelche Meinungsbekundungen zu behindern. Aber die öffentliche Debatte geht ja schon so weit, dass ich lesen darf, dass die Menschen im Jahr 1989 auch auf die Straße gegangen sind und die Obrigkeit dagegen war. Diese Leute waren übrigens nach der Arbeitszeit auf der Demonstration, wie wir uns alle noch erinnern können.
Deswegen sage ich: Schule ist Schule und sie soll bitteschön stattfinden. Und am Wochenende oder in den Ferien - übernächste Woche sind Winterferien - kann man sich für alles engagieren, was einem wichtig ist, auch für Klimaschutz. Vielleicht fahren ein paar Schüler nicht Ski, sondern engagieren sich für den Klimaschutz. Das wäre auch ein Beitrag. Das kann man alles machen. Aber Schulpflicht ist Schulpflicht, und ich stehe dafür, dass sie einzuhalten ist.
Vielen Dank, Herr Minister. - Jetzt habe ich ein Problem, und zwar ist unsere Fragestunde auf 60 Minuten begrenzt. Wir haben jetzt noch 40 Sekunden Zeit. Sie können Ihre Frage stellen, aber der Minister wird sicherlich nicht mehr antworten können. Deswegen würde ich jetzt die Frage stellen, wollen wir diese Fragestunde verlängern oder bleiben wir bei 60 Minuten.
(Ulrich Thomas, CDU: Nein! - Lars-Jörn Zimmer, CDU: Nein! - Weitere Zurufe von der CDU: Nein! - Unruhe)
Herr Minister Tullner - abgesehen von dieser unfairen Behandlungsweise -, nur eine Frage: Stimmen Sie mit mir darin überein, dass es eine unerträgliche Instrumentalisierung der Schüler darstellt, wenn ausgerechnet nur von linken Leuten, von linken Lehrern dazu aufgerufen wird, während der Unterrichtszeit zu demonstrieren?