Protocol of the Session on December 19, 2018

keit und Schwäche und die so viele Folgeprobleme zeitigt, dass dann der Schulsozialarbeiter an jeder Schule in der Tat unentbehrlich zu sein scheint?

Schlussendlich bleibt wie bei allen sozialstaatlichen Maßnahmen immer der Einwand, dass ein solches Angebot seine Nachfrage erst schafft und dadurch Abhängigkeiten erzeugt, die es vorher gar nicht gegeben hat. Heute mag es an vielen Schulen ohne Schulsozialarbeit gehen. Ist sie erst einmal als Regelaufgabe etabliert, ist sie auf einmal nicht mehr wegzudenken.

Damit ergibt sich als erste Anforderung an das zu erstellende Programm: Schulsozialarbeit darf nur als Notmaßnahme punktuell finanziert werden. Sie darf nicht flächendeckend eingerichtet und den Schulen schmackhaft gemacht werden. Die Schulen, die sie brauchen und das auch begründen können, sollen sie bekommen - mehr nicht.

Diesen Kompromiss mit einer durch die Politik der Altparteien verpfuschten Wirklichkeit würde die AfD-Fraktion mittragen. Die große Aufgabe, das Übel an der Wurzel zu kurieren und mit den kultur- und gesellschaftspolitischen Fehlentscheidungen der letzten Jahre und Jahrzehnte gründlich aufzuräumen, bleibt aber unabhängig davon bestehen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Dr. Tillschneider. Ich sehe keine Wortmeldung. - Die nächste Debattenrednerin ist die Abg. Frau Gorr von der CDU-Fraktion. Sie haben das Wort, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bedeutung der Schulsozialarbeit drückt sich sowohl in dem heutigen Antrag der Koalitionsfraktionen wie auch in den Verpflichtungsermächtigungen aus, die wir mit dem gestrigen Haushalt beschlossen haben. Mitte dieses Jahres haben wir die Schulsozialarbeit im Schulgesetz als feste Größe verankert.

Eigentlich muss ich an dieser Stelle nicht ausdrücklich erwähnen, dass wir als CDU-Bildungs- und Sozialpolitiker seit Jahren mit den Akteuren vor Ort und im Land im Gespräch sind. Uns ist daher bewusst, dass in der heutigen Schulsituation, in der viele gesellschaftliche Probleme quasi über den Lehrerinnen und Lehrern ausgekippt werden und es oft schwer ist, an die eigentlich verantwortlichen Eltern heranzukommen, eine Instanz nötig ist, die sich dieser Probleme annehmen kann.

Dies sollte jemand sein, zu dem Schülerinnen und Schüler wie auch Eltern Vertrauen fassen können, den sie um Rat fragen können, jenseits aller schulischen Benotung, jemand, der zwischen der Schule und den an Schule Beteiligten wie auch darüber hinaus vermitteln kann.

Die derzeit in Sachsen-Anhalt tätigen Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter sind gut ausgebildete Fachkräfte, die wir als solche wertschätzen und natürlich nicht verlieren wollen. Wir bitten daher die Landesregierung, mit einem langfristigen Landesprogramm die Fortführung der Schulsozialarbeit nach dem Schuljahr 2019/2020 finanziell und inhaltlich sicherzustellen.

Die Beteiligung der freien und kommunalen Träger, der landesweiten Koordinierungsstelle, der 14 regionalen Netzwerkstellen und natürlich an erster Stelle auch der Kommunen und kreisfreien Städte ist für uns unabdingbar.

Ich kann für die CDU-Fraktion versichern, dass wir uns für alle Ansätze, die mithelfen, Schulversagen und Schulverweigerung zu verhindern und möglichst frühzeitig präventiv tätig zu werden, offensiv einsetzen. Dazu gehört für mich ebenfalls die Sicherung der Unterrichtsversorgung wie auch die Neueinstellung pädagogischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Dafür, dass ich das in dieser Wahlperiode tatsächlich erleben darf, nämlich die Neueinstellung von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, gilt mein Dank insbesondere Herrn Bildungsminister Tullner und der gesamten Landesregierung.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich bitte um Zustimmung zu dem Antrag der Koalitionsfraktionen, mit dem die Landesregierung unter Punkt 4 aufgefordert wird, im zweiten Quartal 2019 einen Zeitplan zur Weiterführung der Schulsozialarbeit vorzulegen, und zwar in den Ausschüssen für Arbeit, Soziales und Integration sowie für Bildung und Kultur. Ich erhoffe mir im Interesse der CDU-Fraktion einen positiven Ausgang dieser Diskussionsprozesse. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Es gibt eine Wortmeldung von Frau Heiß. - Sie haben das Wort, Frau Heiß.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Gorr, mich verwundert es - wir wissen bereits seit dem Jahr 2014, dass die Förderperiode der EU im Jahr 2020 auslaufen wird -, dass die Landesregierung

erst so spät, nämlich im Dezember 2018, damit beauftragt wird, ein Konzept zu erarbeiten.

Ich würde sagen, dass die Beauftragung dieses Konzeptes ein deutliches Signal vor Weihnachten im Jahr 2018 ist, dass die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen im Prozess der Lösung dieses Problems miteinander stehen. Sie sind leider nicht Mitglied des Bildungsausschusses, aber ich kann Ihnen versichern, dass über dieses Thema mindestens alle zwei Monate diskutiert wird. Wir wollten - Herr Aldag wird dies bestätigen - damit nach außen hin kundtun, dass wir mitten in diesem Prozess stehen.

Vielen Dank, Frau Gorr. - Wir kommen zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Hohmann. Sie haben das Wort, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Schulsozialarbeit ist heute aus den Schulen gar nicht mehr wegzudenken. Das haben mittlerweile alle im Landtag vertretenen Fraktionen außer der AfD erkannt.

Damit dies so bleibt und erweitert werden kann, ist meine Fraktion in den letzten Jahren mehrfach parlamentarisch tätig geworden. Neben Anträgen und einer Großen Anfrage haben wir schon rechtzeitig auf die Notwendigkeit einer Konzeption, wie wir die Schulsozialarbeit nach dem Auslaufen der EU-Mittel verstetigen können, hingewiesen und diese eingefordert.

(Beifall bei der LINKEN)

So stellten wir gleich nach dem Beginn der Legislaturperiode in der Sitzung im September 2016 einen Antrag mit dem Titel „Sozialpädagogische Arbeit an Schulen langfristig sichern“. Dieser Antrag - jetzt muss ich der Vorrednerin widersprechen - war der Koalition zu schmal gestrickt, weil er sich nur auf Schulsozialarbeit bezog. Deshalb stellte die Koalition einen Alternativantrag. Man meinte, dass man mit dem Konzept zur Multiprofessionalität gute Voraussetzungen schaffen

könne, um die Schulsozialarbeit in Sachsen-Anhalt weiterhin zu sichern und sie ebenfalls kontinuierlich fortführen und weiterentwickeln zu können.

Danach wurde uns im Juli 2017 ein Eckpunktepapier mit dem Titel „Eckpunkte der Konzeptvorstellungen zur Sicherstellung und Fortführung von Schulsozialarbeit“ vorgelegt. Lieber Herr Minister, das war zu Ihrer Zeit.

(Minister Marco Tullner spricht mit dem Abg. Jens Kolze)

Herr Tullner,

(Heiterkeit bei der LINKEN - Eva von An- gern, DIE LINKE: Hören Sie der Aus- schussvorsitzenden doch bitte zu!)

In diesem Papier - jetzt hören Sie bitte gut zu - kam das Bildungsministerium zu der Auffassung, dass man zunächst die eigenen Ressourcen effizient nutzen wolle. Das war das Ergebnis des Papiers.

Daraufhin wurde meine Fraktion nochmals tätig und stellte im September 2017 in Verbindung mit der Aussprache zu unserer Großen Anfrage zur Situation von Schulsozialarbeit einen weiteren Antrag. Darin forderten wir, die Schulsozialarbeit als Regelaufgabe zu etablieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auf dieser Grundlage versuchen wir seit mehr als zwei Jahren die Landesregierung im Bildungsausschuss dazu zu bewegen, sich konzeptionell zu diesen Fragen zu positionieren. Es ist und blieb bisher weitgehend ergebnislos.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die Aussagen waren immer die gleichen; sie hießen: Wir bemühen uns um eine Fortsetzung der EU-Förderung, und wenn wir die erreichen können, machen wir in diesem Rahmen weiter. Ansonsten ist bisher niemand bereit gewesen, eine Aussage dazu zu treffen, in welchem Umfang das Programm fortgesetzt werden kann, wenn es dafür kein EU-Geld mehr gibt, wovon die meisten Akteure - wir eingeschlossen - ausgehen.

Selbst im Sozialausschuss konnten wir im September 2018 vernehmen, dass es in dieser Sache Schwierigkeiten in der Kommunikation zwischen dem Bildungs- und dem Sozialministerium gibt. An dieser Stelle kann ich nur an beide Minister appellieren, diese Befindlichkeiten im Interesse der Schulsozialarbeit schleunigst abzulegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sehr geehrte Damen und Herren! Zurzeit arbeiten wir verstärkt an einem Antrag, der ein Konzept zur Multiprofessionalität an den Schulen zum Inhalt hat. Dazu haben wir in der letzten Sitzung des Bildungsausschusses - das wurde bereits ausgeführt - gemeinsam mit dem Sozialausschuss, der eingeladen war, ein sehr intensives Fachgespräch geführt.

Alle Fachleute waren sich darin einig, dass es sich bei dem derzeitigen Konzept um einen - ich sage es einmal in Anführungsstrichen - hervorragenden Aufsatz handelt, der die Multiprofessionalität dem Grunde nach zutreffend beschreibt, aber dass es keinerlei konzeptionellen Ansatz enthält,

wie es mit der Schulsozialarbeit in Sachsen-Anhalt ab dem Jahr 2020 weitergehen soll.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb wird dieses Konzept mit Unterstützung der Fachexpertinnen derzeit überarbeitet. Das heißt also, die DKJS arbeitet gemeinsam mit dem Bildungsministerium an der Verbesserung des Konzepts.

Wir haben uns im Ausschuss darauf verständigt, dass dem Ausschuss dieses Konzept bis zur Sommerpause erneut vorzulegen ist. Dabei sind die Fragen nach der Bedarfsermittlung, nach der bedarfsabhängigen Steuerung des Personaleinsatzes und natürlich auch nach der Finanzierung aus Landesmitteln und möglicherweise auch als gemeinsame Aufgabe von Land und Landkreisen zu beantworten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit Blick auf den von mir soeben vorgestellten kurzen Abriss sind wir der Auffassung, dass es keines erneuten Antrags bedarf; denn dieser bringt gegenüber den schon gefassten Beschlüssen und gestellten Anträgen keine neuen Impulse. Deshalb haben wir unseren Alternativantrag eingebracht und bitten Sie um Zustimmung dazu. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Abg. Hohmann. Es gibt eine Wortmeldung. - Herr Abg. Tullner.

Frau Kollegin Hohmann, sind Sie mit mir einer Meinung - so möchte ich meinen kurzen Beitrag eröffnen -, dass die Fragen, die Sie aufgeworfen haben, aus der Sicht einer Oppositionsfraktion richtig sind? Sie müssen den Finger in Wunden legen, von denen Sie meinen, dass es Wunden sind. Ich will Ihnen zumindest noch einmal unsere Position und unsere Überlegungen mitgeben. Herr Aldag hat bereits dafür geworben, die Dinge vielleicht doch gemeinsam voranzubringen.

Was haben wir in dieser Wahlperiode an dieser Stelle gemacht? - Wir haben eine Schulsozialarbeit vorgefunden, die nicht ausfinanziert war. Die Koalition hat gemeinsam mit der Regierung die Ausfinanzierung bis zum Jahr 2020 hinbekommen, weil wir die Versprechungen und Erwartungen erfüllen wollten und weil der Bedarf vorhanden ist.

Dass wir mit den Kollegen des Sozialministeriums fachlich darum ringen, gehört dazu. Wir streiten doch nicht, weil wir uns streiten wollen, sondern weil es unterschiedliche Ansätze gibt, wie wir die Schulsozialarbeit implementieren wollen. Es soll

eben ausdrücklich keine Aufgabe sein, die nur in der Schule verortet ist; denn dann stellten sich die ganzen Fragen der Hierarchie usw. Das wissen Sie genau. Deshalb brauchen wir eine Implementierung und man muss fachlich um eine gute Lösung ringen.

Daneben hat die Koalition klar und deutlich dokumentiert, dass es weitergehen soll und dass wir die Finanzierung hinbekommen. Das ist das Normalste der Welt. Jetzt Unruhe im Land zu verbreiten und Ängste zu schüren, wie Sie es machen, hilft niemandem weiter. Das wird Ihnen nicht helfen, weil es Ihnen am Ende keine Wählerstimmen bringen wird, aber es wird auch der Schule nicht helfen. Deshalb kann ich nur eindringlich an Sie appellieren: Lassen Sie uns in der Sache gemeinsam fachlich ringen, aber lassen Sie uns nicht die Menschen in diesem Land an einer Stelle wuschig machen, an der es nicht nötig ist und bei der ich sogar zu der Auffassung komme, dass es verantwortungslos ist.