Protocol of the Session on November 21, 2018

Mit unserem Änderungsantrag wollen wir die Polizeistrukturreform nicht verhindern, sondern lediglich auf einen Zeitpunkt verschieben, der der Polizei und der Verwaltung zumindest eine Restchance auf eine ordnungsgemäße Umsetzung lässt.

Das Jahr 2019 soll genutzt werden, um den notwendigen Personalaufwuchs in der Personalverwaltung durchzuführen oder zumindest die derzeit vakanten Dienstposten zu besetzen, damit wir nicht in eine Situation kommen, in der die Verwaltung über den Rand der Arbeitsfähigkeit hinaus geführt wird und welche die geordnete Durchsetzung der Polizeistrukturreform unmöglich macht.

Diesem Zweck soll unser Änderungsantrag dienen. Daher appelliere ich an Sie, sehr geehrte

Damen und Herren Abgeordnete, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Abg. Kohl. Ich sehe auch hierzu keine Fragen. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt der Abg. Herr Striegel. Sie haben das Wort, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nein, Herr Kohl, wir werden Ihrem Antrag nicht zustimmen. Wir werden ihm deshalb nicht zustimmen, weil er das Problem nicht löst.

Wir haben in Sachsen-Anhalt ein paar Herausforderungen. Ich glaube, der Minister hat es sehr deutlich gemacht. Diese werden nicht dadurch weniger, dass man die Strukturreform einfach verschiebt, vielmehr wir müssen sie jetzt angehen.

(Zustimmung von Minister Holger Stahl- knecht)

Unser Konzept als Koalitionsfraktionen haben wir sehr deutlich gemacht. Das ist das Wunderbare an diesem Konzept, dass wir das Ganze sozusagen hineinwachsend gestalten können, dass wir dafür sorgen, dass es nicht einen Stichtag gibt und ab dann muss alles laufen, sondern dass diese Inspektion in Stendal im ländlichen Raum sozusagen sukzessive aufwachsend gestaltet werden kann. Das negieren Sie völlig. Sie machen Politik an den Interessen der Polizistinnen und Polizisten im Land vorbei.

Wir sorgen stattdessen dafür, dass wir die Grundlage für eine wirklich effiziente und zukunftsfeste Organisation und Ausstattung der Polizei haben. Die Strukturreform ist wirklich nur ein Element. Das viel Wichtigere ist, dass wir zu Beginn dieser Legislaturperiode dafür gesorgt haben, dass es endlich wieder einen Aufwuchs an Polizeibeamtinnen und -beamten gibt und dass dieser Aufwuchs tatsächlich in dieser Legislaturperiode realisiert wird.

Wir werden am Ende der Legislatur mit mehr Beamtinnen und Beamten herauskommen, als wir hineingegangen sind. Das ist ein wichtiger Erfolg. Das ist auch ein wichtiger grüner Erfolg, für den wir gekämpft haben,

(Unruhe bei der AfD)

weil wir gesagt haben, damit kommt tatsächlich Sicherheit bei den Bürgerinnen und Bürgern an.

Die Anhörungen im Innenausschuss haben uns allen noch einmal vor Augen geführt, dass die

Herausforderungen für die Polizei in SachsenAnhalt gewaltig sind. Herr Kollege Erben hat völlig zu Recht auf den Investitionsstau verwiesen, den wir seit Jahrzehnten haben.

Das Thema IT in der Polizei ist angesprochen worden. Das Thema Unterbringungssituation ist angesprochen worden. All das sind Aufgaben, denen wir uns weiter stellen müssen und werden.

Wir werden dafür sorgen, dass wir nicht nur eine angepasste Polizeistruktur haben, sondern dass tatsächlich die Ausstattungslage bei unserer Polizei besser wird und dass dafür gesorgt wird, dass die Beamtinnen und Beamten besser untergebracht sind.

Es muss vor allem auch Wert darauf gelegt werden, dass wir künftig weiter qualifiziertes, gutes Personal in einer ausreichenden Menge finden. Das ist keine einfache Aufgabe, weil alle Polizeien in der Bundesrepublik Deutschland derzeit auf Personalrekrutierung aus sind. Dazu sollten wir uns hier auch weiter verständigen, dass wir dafür sorgen.

Meine Damen und Herren! Trotz der geschilderten Schwierigkeiten ist der Gesetzentwurf zur Polizeistrukturreform ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung. Unser aller Aufgabe wird es sein, diesen schwierigen Reformprozess in den kommenden Jahren konstruktiv zu begleiten. - Ich darf Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit danken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Striegel. Ich habe eine Wortmeldung gesehen, und zwar hat der Abg. Herr Kohl eine Frage. - Bitte.

Ich weiß noch gar nicht, ob es eine Frage oder eine Kurzintervention wird. - Folgendes, Herr Striegel: Sie sagten, wir würden Politik gegen die Interessen der Polizisten machen. Unser Antrag bezieht sich darauf, die Strukturreform um ein Jahr zu verschieben. Wenn das gegen die Interessen der Polizisten sein soll, dann frage ich mich, ob auch die Gewerkschaften gegen die Interessen der Polizisten handeln, weil es nämlich auch eine Forderung der Gewerkschaften ist, die Polizeistrukturreform zu verschieben oder zumindest jetzt noch nicht in Angriff zu nehmen, weil das Personal fehlt.

Herr Kohl, ich will Ihnen sagen: Wenn Sie mir zugehört hätten, dann hätten Sie auch dieses Problem sozusagen für sich klar bekommen können.

Der schöne Effekt bei dieser Reform ist, dass wir tatsächlich ein Hineinwachsen in die Strukturen haben. Wir haben nicht eine Situation, in der wir sozusagen einen Schalter umlegen und dann ist alles so. Vielmehr setzen wir die Struktur um, und diese wird dann gefüllt. Das ist sozusagen die äußere Hülle. Deswegen ist eine bloße Verschiebung überhaupt nicht notwendig. Wir fangen am 1. Januar 2019 an, füllen dann die Struktur und werden sie so füllen, dass die Arbeitsfähigkeit dann tatsächlich auch gegeben ist.

Vielen Dank. - Es gibt noch eine Nachfrage, Herr Kohl? - Ja. Bitte.

Ich möchte kurz darauf reagieren. Wir haben jetzt schon den Umstand, wie gesagt, dass Dienstposten in der Polizei unbesetzt sind. Man muss es sich so vorstellen: Die Polizei läuft jetzt in Schuhen, die ihr drei Nummern zu groß sind. Jetzt kommen Sie und verpassen ihr Schuhe, die nicht nur drei Nummern, sondern vier Nummern zu groß sind und dann noch Absätze von 20 cm haben. So eiert der Personalkörper dann übers Land.

Herr Striegel.

Herr Kohl, ich darf Ihnen versichern, dass die sachsen-anhaltische Polizei nicht in Stöckelschuhen, sondern in angepasstem, adäquatem Schuhwerk unterwegs ist. Wir als Koalitionsfraktionen sorgen dafür. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sehe keine weiteren Anfragen. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Schulenburg. Sie haben das Wort, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie es bei Gesetzentwürfen üblich ist, haben wir verschiedene Interessenvertreter im Fachausschuss angehört: die Gewerkschaft der Polizei, die Bezirksgruppe TPA, die Deutsche Polizeigewerkschaft und den Bund Deutscher Kriminalbeamter.

Nahezu einhellig waren alle der Auffassung, dass eine Polizeistrukturreform an sich sehr sinnvoll

und auch notwendig ist. Hinterfragt wurde lediglich der Zeitpunkt der Umsetzung vor dem Hintergrund der allgemeinen Probleme im Polizeiapparat, wie die noch angespannte Personalsituation, die Umstellungen im IT-Bereich und die Qualität der Liegenschaften.

Ja, wir durchschreiten gerade die Talsohle, was die Anzahl unserer Polizisten angeht, aber wir erhöhen die Einstellungszahlen auch kontinuierlich. So ist vereinbart, bis zum Ende dieser Wahlperiode eine Sollstärke von 6 400 Polizeivollzugsbeamten zu erreichen. Bereits im Jahr 2016 wurde der Einstellungskorridor auf 350 erhöht. Für das Jahr 2017 lag die Zielsetzung für die Einstellungen bei 700 Anwärtern. Erst in der vergangenen Woche wurden 521 neue Polizeidienstanwärter vereidigt.

Eine Verschiebung des Beginns der Umsetzung der Polizeistrukturreform, wie sie von einigen gefordert wird, halte ich nicht für sinnvoll. Die Vorbereitungen sind so weit vorangeschritten, dass dies nur für unnötige Unruhe im Personalapparat sorgen würde.

Die Gewerkschaften werden regelmäßig über den Abarbeitungsstand der Arbeitspakete im Projektmanagement informiert. Im Übrigen sind die Verbesserung der IT-Struktur und die Liegenschaftsproblematik kaum ein Thema der Polizeistrukturreform.

Zudem hat niemand behauptet, dass zum 1. Januar 2019 alles sofort umgesetzt wird. Das wurde von Anfang an immer wieder kommuniziert. Eine Strukturreform ist ein sich entwickelnder Prozess. Um diesen überhaupt in Gang zu setzen, ist es jedoch erforderlich, die materiellen, also die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen. Das geschieht mit diesem Gesetzentwurf.

Die Umsetzung erfolgt dann in den nächsten Monaten und Jahren. Während der Umsetzung müssen auch die Polizeibeamten einbezogen werden. Parallel dazu laufen dann die weiteren Baustellen, wie Liegenschaften, IT-Umstellung und Beförderungsstau, die ebenfalls angegangen werden. Das schaffen wir nicht von heute auf morgen, aber lassen Sie uns gemeinsam heute diesen Grundstein für die Reform legen.

Eine Priorität ist für die CDU in den Haushaltsverhandlungen ein Sonderbeförderungsbudget für die Polizei, um den Beförderungsstau im Jahr 2019 stärker als bisher geplant abzubauen. Beförderungen sind nun einmal ein Mittel der Motivation, damit werden hervorragende Leistungen der Beamten gewürdigt. Bei den Verhandlungen sind wir, wie ich gehört habe, zusammen mit unseren Koalitionspartnern auf der Zielgeraden. Mehr Beförderungen für die Polizei sind auch zwingend notwendig. Deshalb bitte ich heute um

Zustimmung zu dem Gesetzentwurf. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Silke Schindler, SPD)

Vielen Dank, Herr Abg. Schulenburg. Ich sehe keine Anfragen. - Wir kommen nun zu der letzten Debattenrednerin. Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Quade. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Die entscheidende Frage mit Blick auf den vorliegenden Gesetzentwurf ist ja wohl, woran sich eine erfolgreiche Polizeistrukturreform messen lassen muss. Geht es darum, zum wiederholten Mal polizeiliche Strukturen zu verändern und die Teile eines voneinander abhängigen Gefüges neu zu sortieren? Geht es darum, Personal von A nach B zu verschieben oder den Dienststellen neue Namen zu geben? Oder geht es darum, dass jeder ordentliche Innenminister eine Polizeistrukturreform gemacht haben muss, um als solcher zu gelten? - Nein.

Ziele einer solchen Reform, einer sinnvollen Reform, müssen die spürbare Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Polizeibeamtinnen im täglichen Dienst einerseits und die nach menschlichem Ermessen besten Voraussetzungen für die Sicherheit und die Ahndung von Straftaten andererseits sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Daran wird sich der Erfolg messen lassen müssen, und nicht an den Worten, die wir heute finden. Denn ohne die bereits vorhandenen notwendigen Rahmenbedingungen ist eine jede Strukturreform von vornherein nicht umsetzbar und ihr angestrebter Erfolg muss gen null laufen.

An dieser Stelle sind wir bereits beim zentralen Problem der Polizei, dem Personalnotstand, der auch durch diese Reform nicht umfassend gelöst werden wird. Ja, wir alle wissen - und alle Innenpolitiker in diesem Hause sind froh darüber -, dass die angestrebten Zahlen mittlerweile nach oben korrigiert worden sind. Wir alle wissen aber auch, wie lange es gedauert hat, bis Sie diesen Fehler Ihrer bisherigen Personalplanung eingesehen haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn es reicht eben nicht aus, Personal örtlich und strukturell nur umzusortieren, wenn zu wenige Leute da sind.

Hinzu kommt, dass auch die baulichen und materiell-technischen Ausstattungen auf dem neuesten Stand sein müssten, erst recht, wenn man das