Protocol of the Session on June 22, 2018

auf den ganzen Organismus wirken und dies im E-Sport nicht so ist, sollten wir als Landtag vor

sichtig sein, einen solchen Beschluss zu fassen. Ich selbst werde aus diesem Grund dagegen stimmen.

Herr Raue, bitte Ihre Fragestellung.

Vielleicht ist die Frage angekommen.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE, lacht)

Sie haben das Wort, Herr Dr. Grube.

Herr Raue, mir geht es ein bisschen wie dem Innenminister. Als ich angefangen habe, mich mit dem Thema E-Sport zu befassen, habe ich die klassische Reaktion gezeigt: Es ist doch nur daddeln. Das habe ich früher auch gemacht, das ist kein Thema.

Wenn man sich aber damit auseinandersetzt - auf der Tribüne sitzen Vertreterinnen und Vertreter -, dann sieht man das etwas anders. Ich glaube, dass die Chance für Eltern eher darin liegt, Ansprechpartner für die Kinder zu haben, auf die sie hören. Wenn Sie zu Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter gehen und sagen, hör auf zu daddeln, dann wird er oder sie sagen, hau ab, Alter. Wenn es aber Leute gibt, die man im realen Leben treffen kann - -

Der E-Sport hat an einem Wochenende eine zertifizierte Ausbildung für Coaches angeboten. Ich selbst habe einen Trainerschein. Das habe ich alles gemacht. Ich fand es hoch spannend, dass es dort so etwas wie Trainingssteuerung gibt. Wenn man sich damit beschäftigt, dann, glaube ich, ist die Chance auch für Fragen der Suchtberatung und Suchtprävention größer, wenn dies in einem Verein stattfinden kann und man das tatsächlich auch als gemeinnützig anerkennt.

Dass man nicht all diejenigen, die HardcoreBallerspiele spielen und die nur im Keller sitzen, also die klassische Chips-und-Cola-Generation, damit herausbekommt, ist klar. Aber ich glaube, dass das tatsächlich eine altersadäquate Ansprache an Jugendliche ist und somit auch eine Hilfe für Eltern, wenn wir das machen.

Deswegen bin ich sehr davon überzeugt, dass wir den E-Sport gemeinnützig machen sollten, wenn die Diskussion mit dem Sport so ist, und als Sport im Einkommensteuerrecht verankern sollten. Eine Hilfsvariante wäre die Gemeinnützigkeit in Form von Jugendhilfe. Ich glaube aber tatsächlich, dies ist eher eine Chance.

Letzte Anmerkung. Sie müssen dieses Spielen am Computer, diese Beschäftigung nicht legitimieren, das machen die Kids sowieso. Die Frage ist tatsächlich, ob man sie adäquat ansprechen kann oder nicht.

Vielen Dank, Herr Dr. Grube. Ich sehe keine weiteren Anfragen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abg. Herr Lippmann. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was nun im engeren oder im weiteren Sinne Sport ist, darüber kann man je nach Betrachtung durchaus zu unterschiedlichen Erkenntnissen kommen. Das zeigt uns die Debatte heute Morgen hautnah.

Es sind vor allem die Sportbünde, die die Begriffsbestimmungen vorgeben. Der Sportbegriff findet sich, wie wir schon gehört haben, in Bezug auf die Gemeinnützigkeit in der Abgabenordnung. Neben diesen formalen Definitionen, die keine allgemeingültigen Definitionen sind, gibt es aber auch die Verwendung in der Alltagssprache.

Diejenigen, die E-Sport betreiben, also das wettbewerbliche Spielen von Computerspielen, oder dem als Zuschauerinnen und Zuschauer folgen, reden ganz selbstverständlich in den Begriffen des Sports. Es ist also schlicht eine gesellschaftliche Realität, unabhängig davon, wie wir uns in den inhaltlichen Bewertungen dazu positionieren.

Sicherlich - das macht die heutige Debatte deutlich; das war zu erwarten - ist E-Sport ein Grenzfall, das wird möglicherweise sogar quer durch die Fraktionsreihen hinweg so gesehen. Vor allem weil es nicht so offensichtlich wie in anderen Bereichen des Sports eine körperliche Betätigung ist, auch wenn es auf Wettkampfniveau erhebliche motorische Fähigkeiten erfordert, körperlich belastet und dies natürlich auch trainiert wird und diejenigen, die dort Spitzenergebnisse erreichen, Trainingserfolge haben, die sich mit Sicherheit im körperlichen Bereich abspielen. Aber es ist eben nicht so offensichtlich wie in anderen Fällen.

Solche Grenzfälle, die zu solchen Diskussionen führen, gibt es aber schon. Der Motorsport ist angesprochen worden. Es gibt Leute, die sagen, im Kreis herumfahren ist kein Sport. Schach ist in der Abgabenordnung besonders aufgeführt. Die Debatte ist nicht neu. Dies hat in der heutigen Debatte schon eine Rolle gespielt.

Eine grundlegende Frage ist allerdings, wozu Sport eigentlich dient oder warum der Sport staatlich gefördert wird. Dabei spielen der Unterhal

tungswert von Sportveranstaltungen ebenso eine Rolle wie vor allem der Wert für die Gestaltung der Freizeit und die damit in der Regel verbundene körperliche Ertüchtigung. Es geht aber auch um den Beitrag des Sports zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und zur Vermittlung von Werten.

Der E-Sport steht gesellschaftlich auf einer breiten Basis und erreicht viele, die die klassischen Strukturen des Sports nicht erreichen. Diese Potenziale sollte man nicht verschenken und entsprechend unterstützen.

Die Strukturen des E-Sports sind nicht oder noch nicht vergleichbar mit der traditionellen Vereinslandschaft. Vieles ist hochgradig kommerzialisiert, auch durch die Beteiligung der Spielehersteller. Gerade deshalb sollten aber ehrenamtliche Arbeit gefördert und die entstehenden Strukturen in dieser Richtung unterstützt werden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Mit unserem Änderungsantrag machen wir aber auch nachdrücklich auf die andere Seite dieser Medaille aufmerksam. Es sind die erheblichen Probleme, die wir gerade im Bereich der Computerspiele mit dem Kinder- und Jugendschutz haben.

Computerspielsucht ist mittlerweile von der WHO als psychische Erkrankung anerkannt worden. Auch Art und Inhalt von Computerspielen sind oftmals Gegenstand grundlegender Kritik. Davor sollten wir nicht die Augen verschließen und uns bewusst sein, dass diesbezüglich - ganz unabhängig von der Entwicklung von Verbandsstrukturen - im E-Sport ein größeres Engagement erforderlich ist.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Außerdem gibt es eine starke Verunsicherung bei den Jugendämtern und Ordnungsbehörden bezüglich der Alterseinstufungen öffentlicher E-Sport-Veranstaltungen. An dieser Stelle fehlen rechtliche Grundlagen, die wir als Parlament wegen der neuen Entwicklung dringend nachbessern müssen. Wir haben gerade nach diesem Antrag noch Hausaufgaben zu erledigen.

Wir finden es aber richtig, ehrenamtliche Arbeit zu würdigen und den begonnenen Dialog zwischen dem E-Sport und den Strukturen des traditionellen Sports zu begleiten und zu unterstützen.

Ich will darauf hinweisen, dass es in diesem Antrag, anders als die Debatte es zum Teil suggeriert, eben nicht darum geht, wie wir den Inhalt dessen finden, was dort gemacht wird. Diesbezüglich gehen die Meinungen natürlich auseinander. Ich will sagen - das Autorennen habe ich schon erwähnt -, dass es aber auch Menschen gibt, die dem Boxsport nichts abgewinnen kön

nen. Trotzdem würde niemand bestreiten, dass es Sport ist.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Es geht also nicht um den Inhalt. Es geht auch nicht darum, dass wir eine Definition von Sport setzen, sondern darum, dass wir uns einer gesellschaftlichen Realität und einer gesellschaftlichen Relevanz stellen, diese zur Kenntnis nehmen und im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützen. Wenn dabei das Anliegen unseres Änderungsantrags aufgenommen wird, dann können wir den vorgetragenen Anliegen soweit folgen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. Es gibt eine Wortmeldung von Herrn Raue, Herr Lippmann.

Einen Versuch.

Einen Versuch. - Bitte, Herr Raue.

Herr Lippmann, Sie als ehemaligen Lehrer möchte ich fragen, wie hilfreich es wäre, wenn die Schüler nach der Schule nach Hause gehen und drei, vier Stunden E-Sport zocken, um den Stoff, den sie zuvor in der Schule vermittelt bekommen haben, im Nachgang zu verarbeiten? Wie sehen Sie das als Lehrer?

Herr Lippmann, bitte.

Sie sind nicht bereit, sich auf unseren Diskurs einzulassen; denn ob wir das jetzt hier beschließen oder nicht, ändert nichts an der bereits entstandenen Realität.

Ich habe bereits gesagt, dass wir in unserem Änderungsantrag auf das Problem hinweisen - das ist die andere Seite der Medaille -, dass insgesamt von vielen Jugendlichen sehr viel gespielt wird. Das ist aber kein Gegenargument; denn wenn sich Vereinsstrukturen entwickeln, dann sind sie in der Lage, solche Entwicklungen auf ihre Art und Weise zu beeinflussen. Dies tun sie ganz anders, nämlich im positiven Sinne.

Sie unterschätzen die positiven Einflüsse von Vereinsstrukturen, gerade auch im Sportbereich. Dies betrifft ebenso die anderen Sportarten; denn

dort kann man ganz anders mit den Jugendlichen diskutieren, zum Beispiel über die Inhalte von Computerspielen und über den Umfang.

Es spielt keine Rolle, ob wir dem Antrag zustimmen oder nicht; denn diese Entwicklung gibt es. Wir müssen versuchen, Strukturen, die sich begleitend damit auseinandersetzen, aufzubauen, in denen sich Ehrenamtliche engagieren können, die sich Gedanken darüber machen. Wir sprechen ihnen nicht ab, dass sie sich Gedanken machen. Sie haben durchaus auf dem Schirm, was im Umfeld passiert. Mit denen kann man reden. Sie haben sich deswegen auf den Weg gemacht.

Es geht darum, diese Strukturen zu unterstützen, und nicht darum zu sagen, E-Sports ist ein Sport oder nicht. Das Argument, dass ein Kind nach Hause geht und sagt, Mutti, der Landtag hat gesagt, dass es E-Sport ist, und deshalb treffen deine Argumente nicht mehr zu, ist ein bisschen billig und überhöht auch unsere Bedeutung.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Anfragen. - Der nächste Debattenredner ist für die CDUFraktion der Abg. Herr Szarata. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! E-Sport ist eindeutig ein aufregender und wachsender Sektor, in dem sich Millionen junge Menschen weltweit regelmäßig bewegen. „Die olympische Bewegung kann ein solches Phänomen auf keinen Fall ignorieren“,

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

das sagte nicht ich, sondern das sagte IOCPräsident Thomas Bach im Mai dieses Jahres.

Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen hat das Land Sachsen-Anhalt eine Chance, die sich ihm in den letzten Jahrzehnten nicht so oft geboten hat. Wir haben nämlich die Chance, endlich einmal Vorreiter zu sein, Vorreiter für ganz Deutschland in einer Sache, die sich, genau wie das Internet, nicht aufhalten lässt und über kurz oder lang nicht mehr aus der Gesellschaft wegzudenken sein wird.

Schon immer hatten Menschen den ihnen innewohnenden Drang, sich im Wettkampf zu messen; denn darum geht es, um den fairen Wettkampf gegeneinander in Zeiten der Digitalisierung.