Protocol of the Session on June 2, 2016

(Gabriele Brakebusch, CDU: Unserem Än- derungsantrag!)

- Ja. Liebe Kolleginnen und Kollegen, unserem Änderungsantrag stimmen wir zu und dem dann geänderten Antrag werden wir zustimmen. Genau. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Striegel, es gibt erwartungsgemäß mehrere Wortmeldungen. Dann beginnen wir einmal. Ich nenne folgende Reihenfolge - so wurde es mir angesagt -: Herr Poggenburg, Herr Schmidt, Herr Lehmann, Herr Tillschneider. Ich würde sagen, wir nehmen eine Begrenzung auf drei Fragesteller vor.

Ich nehme Herrn Poggenburg als Ersten dran und dann Herrn Schmidt. Danach überlegen Sie, wer dann noch an die Reihe kommen soll. - Herr Poggenburg, Sie haben das Wort.

Jawohl. Ich danke sehr. - Ich nehme einmal an, dass das Thema dem Abg. Striegel jetzt sehr unangenehm sein wird. Aber ja, auch die AfD ist tatsächlich gegen Hass - stimmt Ihnen also zu - und auch gegen tatsächlichen Rassismus. Es ist nur die Frage - wir haben das vorhin im Plenum

bemerkt -, es gibt zur Definition dieses Begriffes scheinbar - das war mir überhaupt nicht bewusst - völlig andere Ansichten.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜ- NEN: Ja! - Unruhe)

Wenn ich jetzt einmal den Duden aufschlage, nur beispielsweise, dann habe ich dort zwei Punkte, zwei Definitionen. Da steht zweimal drinne:

(Rüdiger Erben, SPD: Drinne!)

biologische Merkmale. Es tut mir leid.

Jetzt ist die Frage, die ich gleich an Sie richte: Stimmt diese Definition laut Duden dann nicht? - Das ist meine erste Frage.

Dann noch eine Erkenntnis für uns: Wenn wir über einen Antrag abstimmen sollen und noch nicht einmal die Begriffsdefinition im Plenum geklärt ist, dann können wir natürlich als AfD beim besten Willen nicht dafür stimmen.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der SPD: Bei Ihnen nicht!)

Jetzt sind schon drei Minuten herum, und Herr Striegel hat die Chance, zu antworten.

Herr Poggenburg, die Verantwortung für die intellektuellen Fähigkeiten von Mitgliedern des Hauses liegt nun nicht bei anderen Fraktionen. Die Begriffsklärung für sich selbst müssen Sie auch selbst vornehmen. Aber ich will Ihnen etwas sagen: Es gibt unterschiedliche Rassismus-Definitionen. Sie können eine biologistische nutzen, Sie können aber auch Definitionen nutzen, die aus der Soziologie, aus der Politikwissenschaft usw. kommen. Dabei kann sich jeder frei entscheiden.

Da ist klar, was dann alles darunter fällt.

Ich bin Politikwissenschaftler. Im Übrigen bin ich geprägt davon, dass ich mich in meinem Leben schon ein Stück mit Konzepten von Critical Whiteness auseinandergesetzt habe. Ich empfehle Ihnen diesbezüglich gern das eine oder andere Seminar. Vielleicht sorgt das auch bei Ihnen für ein Umdenken. - Herzlichen Dank.

(Zuruf von der AfD)

Herr Schmidt, Sie haben das Wort.

Herr Striegel, ich habe zwei Fragen, und zwar erstens: Wie können Sie gegen Ausgrenzung sein, wenn jeder, der nicht Ihre politische Meinung vertritt, von Ihnen gleich als Rassist bezeichnet wird? - Das ist die erste Frage.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Die zweite Frage. Ich werde mich sicherlich bei Ihrer Rede eben verhört haben. Aber haben Sie wirklich der Antifa gedankt, die mir meine Autoreifen im Wahlkampf zerstochen hat und sicherlich einigen anderen unserer Abgeordneten Schaden zugefügt hat? Haben Sie denen gerade gedankt? - Das ist linksextreme Gewalt.

(Beifall bei der AfD - André Poggenburg, AfD: Die mein Haus verwüstet hat! Meinen Hund umgebracht hat!)

Herr Striegel, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Fangen wir einmal von hinten an. Ja, ich habe der Antifa gedankt. Aber ich weiß nicht, ob die Ihre Autoreifen zerstochen hat. Dazu kann ich nichts sagen, sondern ich kann nur sagen, ich lehne Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung ab.

(Zuruf von der AfD: Das tun wir auch!)

Ich glaube aber, dass es wichtig ist, in diesem Land klar antifaschistisch Position zu beziehen und Pogrome zu verhindern, bevor sie entstehen. Ich bin dankbar, dass es antifaschistische Initiativen seit den 90er-Jahren gegeben hat, die dafür gesorgt haben und sich zum Beispiel in Quedlinburg schützend vor Heime gestellt haben, damit diese von Nazis nicht angegriffen werden konnten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Beifall bei der LINKEN)

Zur Frage der politischen Unterschiede. Nein, nicht jeder, der mit mir im politischen Unterschied lebt, ist ein Rassist. Ich habe vor mir unter anderem die Fraktion der CDU, ich habe vor mir die Fraktion der SPD, vor mir die Fraktion der LINKEN. Mit allen weise ich nachhaltige, bisweilen heftige politische Unterschiede auf, und es würde mir im Regelfall nicht einfallen, sie als Rassisten zu bezeichnen.

Im Übrigen würde ich auch sozusagen nicht die AfD in ihrer Gesamtheit über alle Mitglieder hinweg als solche bezeichnen. Ich kann aber sagen, die Programmatik der AfD ist rassistisch und viele ihrer Mitglieder äußern sich rassistisch. Ich denke, das ist ohne Zweifel so. Darin bin

ich mir auch mit vielen Mitgliedern hier im Hause einig.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der SPD - André Poggenburg, AfD: Nach welcher Definition?)

So, jetzt hätte noch einer die Chance. Haben Sie sich geeinigt? - Gut, der Kollege Lehmann noch. Bitte.

Herr Striegel, als verfechtende Lichtgestalt und Kämpfer gegen Rassismus und gegen Faschismus möchte ich Sie fragen: Wie ist Ihre Position, wenn das Opfer von Rassismus Klaus, Dieter, Katrin und Inge heißt und als „deutsche Kartoffel“, „dumme deutsche Sau“, „deutsche Schlampe“ und weiß der Kuckuck was betitelt wird und dann Opfer einer Straftat wird? - Aus dieser Sparte möchte ich auch gern einmal eine Position von Ihnen hören.

Opfer von Straftaten verdienen generell unsere Unterstützung, ganz unabhängig davon, welcher Hautfarbe, welcher Nation oder wie auch immer sie unterwegs sind.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Beifall bei der SPD)

Insofern hätten die auch Unterstützung verdient. Im Übrigen hoffe ich, dass der Rechtsstaat dabei keinen Unterschied macht, sondern fragt „Besteht ein Straftatbestand?“ und dann entsprechend das Verfahren eingehalten wird.

Ich kann sozusagen nicht erkennen, was das mit Lichtgestalten und Antifaschismus zu tun hat, sondern ich kann nur sagen: Ich hoffe, dass Opfern von Straftaten geholfen wird. Aber es ist deutlich erkennbar in diesem Land: In Sachsen-Anhalt haben wir ein massives Problem mit rechter Gewalt, und zwar nicht erst seit gestern, nicht erst seit vorgestern, sondern seit den 90er-Jahren.

Hier werden Menschen auf der Straße gejagt, hier werden Menschen auf der Straße von Nazis zusammengeschlagen, hier werden Menschen rassistisch beleidigt, und das ist ein Problem. Dagegen will diese Koalition ankämpfen. Dafür sind wir miteinander auch politisch am Start. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Beifall bei der LINKEN)

Dann hätten wir nunmehr die Chance, in der Debatte fortzufahren, und zwar mit der Vertreterin

der CDU-Fraktion, der Abg. Frau Gorr. Frau Gorr, bitte. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Selbstverständnis dieses Parlaments hat sich innerhalb kürzester Zeit verändert. Die Begriffe Toleranz, Respekt und Demokratieverständnis werden hinterfragt und inhaltlich neu definiert.

Dieses stellt uns alle vor neue und möglicherweise folgenreiche Herausforderungen für die nächsten fünf Jahre. Aus diesem Grund halte ich es als langjährige Vorsitzende des Kuratoriums der Landeszentrale für politische Bildung für wichtig, dass der Landtag von Sachsen-Anhalt noch vor der Sommerpause ein klares Bekenntnis gegenüber allen von Rassismus, Hetze, Bedrohung und Gewalt Betroffenen sowie den Opfern von politisch motivierter Kriminalität dazu abgibt, dass wir auf ihrer Seite stehen.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Natürlich stehen wir auch auf der Seite aller anderen Opfer.

Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen in der Drs. 7/57 geht insbesondere in den hinzugefügten Punkten 3 und 6 über den ursprünglichen Antrag der LINKEN hinaus. Die Erweiterung des Sachsen-Anhalt-Monitors um eine Einstellungsuntersuchung zu Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit ist in den Kuratoriumssitzungen der Landeszentrale für politische Bildung schon mehrfach diskutiert worden und daher sinnvoll und notwendig.

Punkt 6 bezieht sich auf politisch motivierte Gewalt, insbesondere rechts und links motivierte Straftaten sowie auf Straftaten gegen den Staat und die Polizei. Dieses halten wir für besonders wichtig, da letztere nicht zuletzt die freiheitlichdemokratische Grundordnung infrage stellen.

Die Punkte 1, 2 und 4 halte ich für selbstverständlich und gehe von daher gar nicht näher darauf ein.

Ich möchte abschließend eine Bemerkung des Ministerpräsidenten aus seiner heutigen Regierungserklärung aufgreifen und etwas abwandeln - ich zitiere -: Der Reifegrad der Gesellschaft zeigt sich darin, wie wir mit unseren Flüchtlingen umgehen.