Es gibt keine Fragen. Ich danke Frau Eisenreich für die Ausführungen. - Für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Aldag. Herr Aldag, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Zum wiederholten Mal beschäftigen wir uns mit dem Thema Abfall, und das ist gut so. Wir alle kennen die Probleme, die die Abfallbeseitigung mit sich bringt. Wir alle kennen die Proteste der Bürgerinnen und Bürger, wenn Deponien an Orten errichtet werden, die in unmittelbarer Nähe von Wohngebieten entstehen. Aber wir müssen auch andere Sachverhalte als nur auf die Entsorgung in Betracht ziehen und auf die Deponiekapazitäten zu schauen.
Auch die Große Anfrage der SPD-Fraktion beschäftigt sich ausschließlich mit der Entsorgungsfrage. Wieder wird die Chance verpasst, das Thema, das ganz oben auf der Abfallhierarchie steht, in den Fokus zu rücken und gezielt danach zu fragen, wie es denn beim Thema Abfallvermeidung aussieht. Denn Abfall, der nicht entsteht, muss auch nicht entsorgt werden.
Auch das Thema Recycling wird nicht thematisiert. Gerade erst haben wir über das Thema ökologisches Bauen debattiert. Ein signifikanter Teil des Abfalls auf Deponien stammt vom Bauen.
Gerade bei der Zertifizierung, aber vor allen Dingen bei der Ausschreibung und Verwendung von Recyclingbaustoffen ist noch gewaltig Luft nach oben. Lediglich 12,3 % des Gesamtbedarfs an Gesteinskörnungen wird durch Recyclingbaustoffe abgedeckt.
Meine Damen und Herren! Mir macht es jedoch Hoffnung, dass beide Themen, sowohl die Abfallvermeidung als auch die Verwendung von Recyclingstoffen, immer mehr Aufmerksamkeit in der Gesellschaft bekommen. Es wird Zeit, dass wir bei dieser Bewegung aus der Politik heraus Unterstützung geben. Das spart Energie, das spart Geld und führt zu weniger Deponien. Nebenbei gesagt: Weniger Abfall führt auch zu
Es gibt keine Fragen. Ich danke Herrn Aldag für die Ausführungen. - Für die SPD-Fraktion spricht noch einmal der Abg. Herr Dr. Grube. Herr Dr. Grube, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich wollte ich nicht noch einmal sprechen. Aber nachdem jetzt alle Redner - das betrifft auch die Zwischenfrager von der AfD - etwas diametral anderes erzählt haben, vor allem etwas diametral anderes als gestern, muss ich nun doch noch einmal sprechen.
Herr Olenicak hat gesagt: Die AfD ist für eine Entsorgung des Mülls aus Sachsen-Anhalt in Sachsen-Anhalt. Da er der Redner der Fraktion war, nehme ich das einmal als Ausgangsbasis der Diskussion und als Gesetz.
Wer den Müll aus Sachsen-Anhalt in Sachsen-Anhalt entsorgen will, muss dafür sorgen, dass die Deponiekapazitäten ausreichen. Herr Olenicak hat gesagt: Ja, die Entsorgungswirtschaft hat recht, das reicht nicht. Das sieht Herr Lieschke irgendwie anders. Das müssen Sie einmal innerhalb der Fraktion klären.
Wenn das so ist, heißt das: Wenn wir den Müll aus Sachsen-Anhalt in Sachsen-Anhalt entsorgen wollen, brauchen wir neue Kapazitäten für Deponien. Formallogisch ist das nicht anders möglich.
Wenn Sie, wie Sie sagen, gegen alle Müllimporte und gegen alle Müllexporte sind, dann sagen Sie den Leuten hier in Magdeburg, die ihre Müllverbrennungsanlage mit Sicherheit nicht lieben, dies aber total cool finden, dass wir hier bezahlbare Fernwärme haben, dass wir hier bezahlbaren Strom haben, dass wir auch im Ranking von Sachsen-Anhalt sehr günstigen Strom haben, dass sie den nicht mehr haben dürfen, weil Sie die Importe aus dem Ausland, die die Wirtschaftlichkeit der Anlage herstellen, verbieten wollen. Dann sagen Sie auch, dass die Müllgebühren steigen.
Wir wollen das nicht sagen. Deswegen ist die Frage Importe und Exporte tatsächlich etwas differenzierter zu betrachten.
Wenn Sie den Müll aus Sachsen-Anhalt in Sachsen-Anhalt entsorgen wollen, dann sagen Sie bitte einmal, wo wir hier in Sachsen-Anhalt DK3- und DK4-Deponien aufmachen wollen. Sie haben hier gestern wieder einmal eine Debatte zum Thema Brüchau losgetreten. Herr Siegmund hat gesagt: Das werden wir immer auf die Tagesordnung
setzen. Wenn Sie das auf die Tagesordnung setzen, fragen wir Sie heute: Wo soll der Müll in Sachsen-Anhalt hin? - Wir haben keine DK3-, wir haben keine DK4-Deponien.
Wenn das, was Herr Harms gestern vorgetragen hat, von dem wir wissen, dass es drin ist - nicht in der Quantität, aber in der Qualität -, in SachsenAnhalt entsorgt werden soll: Wollen Sie dann hier in Sachsen-Anhalt eine Giftmülldeponie aufmachen und für die strahlenden Abfälle auch noch ein Endlager oder was? - Das kann doch nicht sein. Wir werben landespolitisch seit Jahren dafür, dass die Bundesrepublik Sachsen-Anhalt von der Endlagersuche ausspart. Das soll auch so bleiben. Sie kommen jetzt aber hierher und sagen: Wir wollen hier atomare Endlager haben. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
- Herr Loth, wissen Sie, was das Schöne an Mikros ist? Ich kann Sie gar nicht hören. Ich sehe, dass Sie reden, aber ich höre nicht, was Sie sagen. Wahrscheinlich ist das auch wirklich besser so.
Jetzt zu der Frage Müllheizkraftwerke. Müllheizkraftwerke sind eben nicht nur die Entsorgungsorte für Müll, sie sind auch integraler Bestandteil für das Erneuerbare-Energien-Konzept. Sie produzieren nämlich ungefähr 50 % biogenen Strom.
Es ist gut, dass wir in Sachsen-Anhalt Müllheizkraftwerke haben. Diese haben nämlich noch eine zweite Funktion. Sie sorgen für Netzsicherheit und Netzstabilität. Wenn der Wind nicht weht, gibt es von da Strom, und wenn der Wind zu heftig weht, kann man sie runterregeln, sodass wir hier eine Netzstabilität haben.
Wir wollen unsere Müllkraftwerke behalten. Wir wollen weiter günstige Abwärme, günstigen Strom und sichere Netze. Das, was Sie wollen, wollen wir nicht.
Ich sehe keine Nachfragen. Ich danke dem Abg. Herrn Dr. Grube für die Ausführungen. - Die Aussprache zu der Großen Anfrage ist damit beendet und der Tagesordnungspunkt 11 somit erledigt.
Wie gestern vereinbart wurde, fügen wir nach TOP 11 jetzt den Tagesordnungspunkt 27 von gestern ein.
Einbringerin ist die Abg. Frau Prof. Dr. KolbJanssen. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Dass Sachsen-Anhalt ein Kulturland ist, darüber besteht kein Zweifel. Martin Luther und die Reformation sind allen ein Begriff, ebenso Walter Gropius und das Bauhaus oder Otto der Große und der Magdeburger Dom oder Johann Winckelmann und Georg Philipp Telemann, Georg Friedrich Händel und noch viele andere mehr.
Wir sind stolz auf unser kulturelles Erbe und haben in den letzten Jahren sehr viel Geld in die Sanierung, in Bildungsangebote und in die touristische Vermarktung investiert. Sachsen-Anhalt ist aber auch seit Jahrhunderten untrennbar mit der Förderung von Kalisalz, Kohle, Kupfer sowie mit der Chemie- und Stahlindustrie verbunden.
Kennen Sie den fast 300 Jahre alten Elsterfloßgraben an der Weißen Elster, der bis nach Leipzig führte und heute zum immateriellen Kulturerbe gehört? Haben Sie schon einmal von der Magdeburger Rakete gehört? Am 29. Juni 1933 startete auf dem Gut in Mose bei Wolmirstedt die Magdeburger Pilotenrakete von Rudolf Nebel. Der Pilot Kurt Heinrich wollte in einer Höhe von fast 1 000 m mit dem Fallschirm aussteigen. Leider war das Wetter zu schlecht und man verzichtete auf den ersten bemannten Raumflug. Aber dies war hier in Sachsen-Anhalt der erste funktionstüchtige Raketenantrieb und damit ein Meilenstein zur bemannten Raumfahrt.
Natürlich wissen Sie, dass in Sachsen-Anhalt der Farbfilm erfunden wurde. Bereits 1895 eröffnete die Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation eine Filiale zwischen Wolfen und Bitterfeld, die sich rasant zur damals weltweit größten Zellulose- und Chemiefabrik entwickelt hat.
- Zum Beispiel. - Später wurde das Unternehmen als Orwo bekannt und ist vielen, die in der DDR aufgewachsen sind, vertraut. Hier arbeiteten bis zu 15 000 Menschen, hauptsächlich Frauen. Es ist nämlich einer der Frauenorte in Sachsen-Anhalt.
Heute ist die zweitgrößte Filmfabrik der Welt weltweit das einzige Museum, welches in einem originalen Produktionsgebäude anhand von originalen Maschinen die Herstellung von Kino- und Fotofilmen zeigt.
Ein weiterer Meilenstein der mitteldeutschen Industriegeschichte ist das Deutsche Chemiemuseum in Merseburg. Es besitzt mehr als 5 000 Objekte zur chemischen Industrie, zur Mess-, Steuer- und Regeltechnik. Hier können Besucher viel über die Chemieindustrie der Region lernen.
Oder denken Sie an Ferropolis, die Stadt aus Eisen, das frühere Tagebaugebiet, wo ab 1964 Braunkohle in großem Maßstab gefördert wurde. Bis zu 100 Millionen t Kohle wurden jährlich von fast 60 000 Bergleuten gefördert und in den Kraftwerken, Brikettfabriken und Schwelereien verwertet. Wie für viele Industriestandorte war nach der Wende Schluss mit dem Abbau. Es blieb eine zerklüftete Landschaft mit tiefen Löchern und Menschen, die ihre Arbeit verloren, die sich neu orientieren mussten. Heute ist Ferropolis Museum, Industriedenkmal, Stahlskulptur und ein Veranstaltungsort, der jedes Jahr von Tausenden Besuchern besucht wird in einer Region, die ansonsten wenige Besucher anlockt.
Oder nehmen Sie Hugo Junkers und die berühmte Tante Ju. Als Hugo Junkers seine Werften nicht auf Rüstungsproduktion umstellen wollte, wurde er 1933 von den Nationalsozialisten enteignet - ein Lehrstück für die Frage von Ethik und Wirtschaft, bis heute aktuell.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mein kleiner, leider sehr unvollständiger Ausflug in die Industrie- und Technikgeschichte unseres Landes soll deutlich machen, welche noch viel zu wenig bekannten Kulturschätze wir haben.