Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur ganz kurz: Inhaltlich kann man zu Herrn Lehmann jetzt nichts anderes sagen, als wir bei den Debatten im Dezember auch schon gesagt haben. Ich weise wirklich darauf hin, dass man diese beiden Geschichten einmal nebeneinanderlegen müsste usw.
Ich will nur noch einmal daran erinnern, dass ich gesagt habe, dass seit Ende November unsere gesamte Synopse mit allen inhaltlichen Änderungen online ist und dass wir am 4. Dezember zu allen Inhalten, die jetzt hier auf dem Tisch liegen - nicht erst Ende Dezember -, eine Fachtagung durchgeführt haben.
Vielleicht nur zum Schluss als kleine Replik: Diese Geschichte mit den 10 000 Unterschriften für eine Volksinitiative - Herr Lehmann, Sie können es zwar hinterher nachlesen, aber ich spreche Sie ausnahmsweise einmal an - steht, und zwar mit den 10 000 Unterzeichnern, in unserem Wahlprogramm. Nun würde ich zum Beispiel nicht so weit gehen, der AfD unterstellen zu wollen, sie hätte bei ihren 10 000 bei uns im Wahlprogramm abgeschrieben. Man muss hier einfach einmal zur Kenntnis nehmen: Es gibt halt gelegentlich einmal Themen, zum Beispiel dieses, bei denen man aus unterschiedlicher Sicht einfach einmal in seinem Arbeitsprozess zu einem übereinstimmenden Ergebnis kommt; die Sache mit der Abschreiberei usw.
Ich habe ja vorher schon gesagt, dass ich die Genese erzählt habe, um diesem sinnlosen, zeitfressenden Hase-und-Igel-Spiel, das Sie da immer betreiben, vorzubauen. Das bringt an dieser Stelle nichts, aber muss ja auch einmal gesagt werden.
Als viel schlimmer empfand ich und doch ein bisschen erschrockener war ich über die Rede von Herrn Minister Stahlknecht, einfach aus dem Grund, weil es mich erschreckt, wie doch unglaublich unreflektiert ich Ihre Sicht
auf die Wirkungen und die Qualität, so sage ich einmal, unseres Volksabstimmungsgesetzes sehe. Wir dürfen uns den Blick nicht durch das verschleiern lassen, was wir gestern Vormittag erlebt haben, also diese positive Auswirkung, dass eine große - und, wie wir alle ja zu Recht sagen: die
erfolgreichste - Volksinitiative in Sachsen-Anhalt - aber dies eben auch mit weitem Abstand - tatsächlich ganz zum Schluss zu einem Ergebnis geführt hat.
Ansonsten sind die tatsächlichen Einwirkungen des Volkes als Ergänzung zum zentralen Instrument der parlamentarischen Demokratie praktisch null. Es gibt kein abrechenbares Ergebnis. Es gab einige Versuche, die allesamt regelmäßig an den hohen Hürden gescheitert sind, und auch keine Reflexion über die bundesweite Diskussion, dass wir selbstverständlich Synopsen und Analysen auf dem Tisch hatten.
Ich hoffe, dass es die Debatte darüber dann trotzdem geben wird und dass wir uns alle ernsthaft um dieses Thema bemühen, möglicherweise über den Rahmen dessen hinaus, was heute in Aussicht gestellt wurde, dass wir uns noch einmal sehr gründlich anschauen, was es denn schon alles gibt. Das Allerwenigste von dem, was auf dem Tisch liegt, ist in der Tat eine eigene Erfindung, sondern in der Tat gibt es fast alles, was jetzt hier auf dem Tisch liegt, in Deutschland, in den Ländern schon.
Es ist im Übrigen trotzdem nicht die Rosinenpickerei, dass wir uns sozusagen überall die Spitze herausgesucht haben. Vielmehr habe ich auch Folgendes gesagt: Diese Abwägungsprozesse, die natürlich geführt werden müssen und bei denen man natürlich unterschiedlicher Auffassung sein kann - das unterstellen wir selbstverständlich -, haben wir selber auch geführt. Deswegen haben wir ja auch ein Jahr dafür gebraucht. Dass wir da möglicherweise am Ende zu einem etwas anderen Ergebnis gekommen sind, als ein Diskussionsprozess in den Ausschüssen und hier im Parlament als Ergebnis erbrächte, ist doch selbstverständlich.
Aber sich so weit zurückzulehnen und im Prinzip zu signalisieren, bis auf ein paar marginale Geschichten, die wir vielleicht machen, gebe es keinen Handlungsbedarf - da werbe ich nur einfach dafür, sich das alles doch noch einmal genauer anzugucken.
Es geht uns nicht darum, die parlamentarische Demokratie auszuhöhlen oder infrage zu stellen. Das weise ich zurück, Herr Stahlknecht, weil Sie es ausgesprochen haben. Ich sage also noch einmal, der Abwägungsprozess ist auch bei uns erfolgt. Man kann zu unterschiedlichen Auffassungen kommen. Wir sind selbstverständlich in dem Bereich, wie alle anderen hier im Hause, denke ich, auch, der Auffassung, dass die Volksgesetzgebung ein ergänzendes Element ist.
Die Frage ist nur: Was gestehe ich ihr zu? - Wir sind im Moment ziemlich an der Nulllinie. Wir haben einen anderen Horizont aufgemacht, und
zwar einen, der sich durchaus einordnet in das, was in anderen Bundesländern bereits da ist und was dort die parlamentarische Demokratie auch nicht gefährdet hat.
Also, ich werbe einfach nur dafür, in der Diskussion diese, na ja, schon ein Stückchen Verdächtigungsdebatte wirklich hinten anzustellen, ich sage einmal, auch mit offenem Visier die Debatten auszutragen und zu verfassunggebenden Mehrheiten an der einen oder anderen Stelle zu kommen, die einfach ein Signal nach draußen sind, dass wir eben nicht das sind, was in Kabarettprogrammen gern gesagt wird: Die Leute geben einmal in fünf Jahren ihre Stimme ab und dann haben sie keine mehr. Das ist doch ein Teil von Politikverdrossenheit. So souverän sollten wir doch als Souverän sein, dass wir uns nicht sofort bedrängt fühlen,
Herr Lippmann, einen Moment bitte. Frau Gorr hat sich noch zu Wort gemeldet. - Frau Gorr, Sie haben das Wort.
Ich denke, Herr Lippmann, es ist einfach einmal auszuhalten, dass man eben unterschiedliche Auffassungen hat. Und ich möchte an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass wir ja gerade gestern mit der Volksinitiative eine sehr positive Einflussnahme durch die Meinung von Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land zu einem bestimmten Sachverhalt hier erleben konnten, sodass ich denke, hier in Sachsen-Anhalt ist zumindest an der Stelle gerade gestern lebendige Demokratie deutlich geworden.
Das habe ich ja selbst auch angesprochen. Ich war ja nicht ganz unbeteiligt daran. Ich sage aber aus der Erfahrung heraus, ja, das ist aber fast das Einzige in fast 27 Jahren sachsen-anhaltischer parlamentarischer Demokratie, und das ist einfach zu wenig. - So.
Ich kann an der Stelle noch einmal ganz kurz auf Herrn Borchert eingehen. Was soll daran schlimm sein, wenn sich ein Fachausschuss mit einem Anliegen beschäftigt - mehr macht er ja nicht -, das ihm 1 000 Bürgerinnen und Bürger auf den Tisch gelegt haben?
und dann mal wirklich maßgeblich etwas ändere, muss ich nicht gleich über die Flut reden, sondern dann muss ich erst einmal froh sein, wenn überhaupt etwas ankommt.
Es gibt keine weiteren Fragen. Dann danke ich Herrn Lippmann für die Ausführungen. - Meine Frage an das Hohe Haus: Ich habe nicht wahrnehmen können, inwieweit eine Überweisung in einen Ausschuss zu erfolgen hat. Herr Lippmann, hatten Sie?
Ja, klar. Also, wir beantragen natürlich für den Gesetzentwurf die Überweisung in den Ausschuss für Recht und Verfassung und mitberatend in den Innenausschuss.
Sie haben es wahrgenommen: Von Herrn Lippmann kam der Vorschlag, den Antrag - es war ja die erste Beratung - in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung und zur Mitberatung in den Innenausschuss zu überweisen.
Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Das sind die Regierungskoalition und die AfD. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist der fraktionslose Mitarbeiter.
- Abgeordnete. - Herr Lippmann, hatten Sie sich noch einmal zu Wort gemeldet? - Herr Lippmann, Sie haben das Wort.
Danke. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte zumindest einen Teil der Debattenbeiträge, wenn ich, sage ich einmal, von dem der Landesregierung absehe, aber doch so verstanden, und ich denke, ich nehme auch in anderen Wahlprogrammen und Koalitionsverträgen usw. wahr, dass es hier sehr wohl einen Diskussionsbedarf gibt, dem man natürlich nicht nachkommen kann, wenn man zwar jetzt hier einen Meinungsaus
tausch macht, aber an den Dingen nicht arbeitet. Gearbeitet wird natürlich im Wesentlichen in den Ausschüssen.
Die Nichtüberweisung eines 30-seitigen Gesetzentwurfs mit allen Begründungen in den Ausschuss ist natürlich schon etwas, was uns ein bisschen überrascht, weshalb die Frage im Raum steht, ob damit sozusagen die Verweigerung der Debatte verbunden ist.
Die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Sie werden auch weiterhin auf dem Tisch liegen. Es ist ja ein Dreilesungsprinzip. Ich hoffe, dass die Debatte heute auch mit den gegenseitigen Darstellungen der Argumente in den Koalitionsfraktionen die eine oder andere Diskussion noch bewegt und dass mit dieser Entscheidung jetzt hier für die Entwicklung der direkten Demokratie in SachsenAnhalt noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. - Danke.
Danke noch einmal, Herr Lippmann. - Also, die Überweisung hat keine Zustimmung erhalten. Wir kommen dann zum Tagesordnungspunkt 20.
Bevor ich diesen Tagesordnungspunkt aufrufe, habe ich die ehrenvolle, Aufgabe, Seniorinnen und Senioren aus Magdeburg auf unserer Nordtribüne im Hohen Hause begrüßen zu dürfen. Seien Sie herzlich willkommen!