Ja, er ist notwendig und er ist auch dringend. Was die Dringlichkeit angeht, möchte ich wegen des Eigenlobs der Koalition ein wenig Wasser in den Wein gießen. Es war meine Fraktionskollegin Doreen Hildebrandt, die schon im Oktober mit ihrer Anfrage darauf hingewiesen hat. In der Antwort in der Drs. 7/2155 im November hat man sie noch auf die Vorlage des Landeshaushaltes vertröstet. - Das nur einmal so als Hinweis.
Jetzt hat die ganze Sache eine Entwicklung genommen, die für die langfristige Finanzierung unter anderem des kommunalen Straßenbaus auch notwendig ist; daran sollten wir arbeiten.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, es ist ein seltsam eingeschränkter Regelungsgegenstand, den Sie hier mit Ihrem Antrag vorlegen. Es geht eben nur um kommunale Straßen und Radwege. Zurzeit stehen wir vor den Beratungen zur Neuaufstellung des ÖPVN-Plans. Die Entflechtungsmittel und die Nachfolgefinanzierungsregelungen sind ein wichtiger Teil des Finanzierungsrahmens. Warum werden dann jetzt nur diese Teile angesprochen?
Ja, das haben wir hier schon mehrfach gehört: Wir brauchen einen Ersatz, eine Nachfolgeregelung für die Entflechtungsmittel, für die wegfallenden Kompensationszahlungen des Landes, die momentan als Zuweisungen insgesamt dem Landeshaushalt zufließen.
Aber: Diese Entflechtungsmittel sind für noch sehr viel mehr gebraucht worden, und zwar - ich darf einmal daran erinnern - für den Aus- und Neubau von Hochschulen einschließlich Hochschulkliniken, die Bildungsplanung, die Wohnraumförderung - allein 47 Millionen € pro Jahr - und die Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden - allein 51 Millionen € pro Jahr. Also, der Regelungsbedarf, den wir hier vor uns haben, ist deutlich größer als nur der für den kommunalen Straßenbau mit 30 Millionen € und für die kommunalen Radwege.
Dass diese Mittel seit dem Jahr 2014 ohnehin nur noch investiv verwendet werden dürfen, habe ich schon in der letzten Wahlperiode kritisiert. Dass sie nicht mehr zweckgebunden verwendet werden können, ist ein anderes Thema. Sie fließen eben dem Haushalt zur Gesamtdeckung zu.
Noch einmal eine Frage an die Koalition. Ihr eigener Koalitionsvertrag besagt auf der Seite 123, dass es für die Nachfolgefinanzierung entweder eine Einzelregelung in Einzelgesetzen oder ein Gesamtförderungsgesetz geben soll.
Ich möchte auf unsere Debatte am 19. Dezember, vor genau einem Monat, an dieser Stelle zurückkommen, als wir uns über die ÖPNV-Novelle in der Drs. 7/2157 unterhalten haben. Damals hat mir Herr Dr. Grube noch entgegengehalten, dass es die Koalition nicht so gut fände, der - so nannten Sie es - „Töpfchenlogik“ des Haushaltes zu folgen und hierzu immer eine Finanzierungsregelung in Einzelgesetzen vorzunehmen. Sie sagten, das müsse eine Regelung als Bestandteil der Haushaltsaufstellung werden. Was denn nun? - Das war im Dezember. Damals hieß es: Töpfchenlogik - keine einzelgesetzliche Regelung.
Im Januar 2018 haben wir uns im Fachausschuss verständigt. Dabei hat die Koalition zugesagt, in der Beratung der ÖPNV-Novelle etwas vorzulegen. - Sehr schön. Wir, die Opposition, waren freudig erregt und wollten sehen, was kommt. Jetzt kommt das, was Sie vorlegen. Darum ist die Frage: Was wird denn nun ganz genau kommen? Gibt es ein Landesförderungsgesetz für alles? Wie sieht es weiter aus, Herr Minister, mit der Finanzierung der Wohnraumförderung? - Sie werden es mir nicht übel nehmen, wenn ich diese Frage stelle.
Nun zum Thema selbst. Punkt 2 des Antrages ist in Ordnung. Sie heben darin auf Entfristung, angemessene Erhöhung und Dynamisierung ab - bei all dem gehen wir mit. Aber wie Sie aus der Umbenennung des Finanzierungstatbestandes bei gleichzeitiger Beibehaltung der Inhalte der fünf anderen Tatbestände in Verbindung mit einer achtprozentigen Sollregelung nun die Radwegeinfrastrukturentwicklung spürbar voranbringen
Denn ganz nebenbei: Im Haushaltsjahr 2017 ist allein für den Tatbestand Radwegebau nur die Hälfte der veranschlagten Mittel abgeflossen. Von geplanten Mitteln in Höhe von 4,8 Millionen € waren das lediglich Mittel in Höhe von 2,3 Millionen €. Woran liegt das? - Das ist die Frage, der wir nachgehen müssen. Liegt das vielleicht daran, dass die Kommunen große Probleme haben und nicht einmal ihren kreislichen und ihren gemeindlichen Straßenbau stemmen können und möglicherweise deshalb nicht auf die Mittel zurückgreifen?
Diesbezüglich besteht also auch eine große inhaltliche Fehlstelle in ihrem Beauftragungsantrag an die Regierung. In diesem Zusammenhang hätte ich gern etwas mehr Inhalt gesehen. Aber gut, wir werden es sehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch eine letzte Anmerkung zu Punkt 3 Ihrer Vorlage. Ja, es ist gute Übung hier im Lande, dass derlei Themen in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden beraten werden. Aber dass Sie es nötig haben, in Punkt 3 nun auch noch zu schreiben, dass eine Gesetzesberatung unter Beteiligung der Ausschüsse des Landtages erfolgen soll, ist nicht nachvollziehbar, liebe Damen und Herren. Wenn Sie das brauchen, um Ihren Antrag für den Prioritätenblock ein bisschen vollständiger aussehen zu lassen, dann sage ich: Das ist nun wirklich nicht nötig. Solche Selbstverständigkeiten sollten wir uns ersparen.
Kurz und gut: Sie stellen also fest, meine Fraktion unterstützt Ihren Antrag. Wir sehen noch mehr Regelungsbedarf und freuen uns auf das, was die Landesregierung vorlegen wird und worüber wir uns dann austauschen können.
Vielen Dank, Herr Henke. Es gibt eine Nachfrage des Abg. Herrn Dr. Grube. - Sie haben das Wort, Herr Dr. Grube.
Herr Henke, wenn Sie das Handeln der Koalition so freudig erregt, dann will ich gern weiter dazu weiter beitragen. Ist Ihnen bewusst, dass Sie die Debatte im Dezember möglicherweise nur partiell verfolgt haben? - Denn ich hatte für die Koalition angekündigt, dass wir, damit wir nicht noch eine Lesung brauchen, wenn wir diesen Änderungsantrag stellen, dann auch die ÖPNVFinanzierung tatsächlich gesetzlich regeln wollen. Das heißt, das, was Sie jetzt negiert haben, haben wir ausweislich des Protokolls tatsächlich gesagt. Das weiß ich deshalb, weil ich es selbst gesagt habe. Auch der Kollege Scheurell hat es wiederholt.
Das heißt, das, was wir beim letzten Mal im Ausschuss vereinbart haben, nämlich das ÖPNV-Gesetz zu schieben, was daran liegt, dass wir uns als Koalition noch nicht ganz über die Summe, die wir hineinschreiben wollen, einig sind und das nicht coram publico vor Ihnen diskutieren möchten, ist der Grund dafür, dass wir das getan haben, nicht aber, dass wir es nicht gesetzlich regeln wollen.
Herr Dr. Grube, es geht nicht darum, dass Sie das nicht gesetzlich regeln wollen. Sie können davon ausgehen, dass ich mich zur Vorbereitung der heutigen Debatte auch mit den Unterlagen beschäftigt habe.
Meine Frage war: Was soll nun kommen? Gibt es ein Landesförderungsgesetz, in dem die gesamte Folgefinanzierung der wegfallenden Entflechtungsmittel geregelt wird? Oder gibt es jeweils Einzelgesetze dafür? - Das war der Punkt. Dazu haben Sie vor einem Monat gesagt: Sie wollen der „Töpfchenlogik“ des Haushaltes nicht folgen und das nicht in Einzelgesetzen vornehmen. Nun habe ich das hier vorgelegt bekommen und sehe: Aha, für das andere Thema gibt es nun auch wieder ein Einzelgesetz.
Nur das war meine Frage. Ob das prinzipiell die bessere oder die schlechtere Regelungssystematik ist, das will ich gar nicht bewerten. Es war nur die Frage für mich: Was kommt denn nun?
Aber die Haushaltsberatungen sind ja in der Schwebe. Sie haben selbst gesagt: Bevor Sie etwas vorlegen, werden Sie das erörtern. Aber das werden Sie nicht alles vor den Ohren und Augen der Opposition besprechen. Darum sind wir gespannt, was kommt, und werden konstruktiv mitarbeiten.
Vielen Dank, Herr Henke. Ich sehe keine weiteren Anfragen. - Die nächste Debattenrednerin ist für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abg. Frau Lüddemann. Sie haben das Wort. Bitte, Frau Lüddemann.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Verkehrsmittel des 21. Jahrhunderts ist das Fahrrad im Zusammenspiel und im Einklang mit gutem ÖPNV.
Das gilt vor allem und zuerst für die Städte, aber auch für den ländlichen Raum, wenn man Anstrengungen unternimmt.
Bisher hat der Bund - das ist bereits ausgeführt worden - durch das Entflechtungsgesetz klare Mittel für klare Aufgaben zur Verfügung gestellt. Diese Mittel fallen künftig weg. Sie werden aber ersetzt und durch einen höheren Landesanteil an der Umsatzsteuer kompensiert.
Heute wird der erste Schritt unternommen, um sehr klar für das Land zu sagen: Wir wollen diese Mittel auch für die bisherigen Zwecke ausgeben. Wir machen den ersten Schritt, um den kommunalen Straßenbau zu sichern und die Radinfrastruktur zu stärken.
Nun ist klar, dass nicht alle in diesem Hohen Hause, wenn ich hier immer wieder über Radwege und Radfahren rede, gleichermaßen interessiert und fahrradbegeistert sind wie ich und - das darf ich sagen - meine Kollegen in der Fraktion.
Aber auch für mehr oder weniger leidenschaftliche Autofahrerinnen und Autofahrer unter Ihnen kann ich sagen: Eine bessere Radinfrastruktur hat auch für Sie Vorteile. Eine bessere Radinfrastruktur sorgt dafür, dass mehr Menschen grundsätzlich umsatteln und zum Teil sogar komplett auf das eigene Auto verzichten.
Jetzt raten Sie einmal: Wer steht dann nicht mehr vor Ihnen im Stau? Wer steht nicht mehr an der roten Ampel und wer nimmt Ihnen nicht mehr den Parkplatz weg? Um es überspitzt zu sagen: Wenn wir - das tun wir heute - mehr für den Radwegebau tun, tun wir etwas gegen den hohen Blutdruck der Autofahrerinnen und Autofahrer.
Deswegen ist uns Fahrradförderung aus verschiedenen Gründen sehr wichtig. Viele Herausforderungen der modernen Mobilitätspolitik sind eben mit dem Fahrrad lösbar. In aller Munde sind die Stickoxidbelastungen in den Städten in besonders verkehrsreichen Regionen Deutschlands; Halle ist eine davon.
„Hätte“ ist in der Politik ein besonders belastbares Wort. Aber an der Stelle muss man sagen: Hätte man vor zehn oder auch vor fünf Jahren konsequent fahrradfreundliche Politik betrieben, müssten wir uns heute über solche gerichtlich anzuordnenden Fahrverbote möglicherweise nicht unterhalten; dem wollen wir ganz klar vorbeugen.
Auf zivilgesellschaftlicher Ebene - das darf ich berichten - passiert schon einiges zu diesem Thema. Als Schirmherrin durfte ich vor zwei Wochen in Dessau gemeinsam mit dem ADFC Geld für Transporträder sammeln. Diese werden frei ausleihbar zur Verfügung gestellt. Das ist etwas - das konnten wir bei der sehr gut besuchten Veranstaltung feststellen -, das nicht nur private Nutzer interessiert, sondern tatsächlich auch Gewerbetreibende. Sie können dann nämlich sehr einfach und ohne die eben beschriebenen Probleme die sogenannte letzte Meile absolvieren, also vom Großhandel zu ihrem Laden und von ihrem Laden
zum Endverbraucher. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung; den wollen wir als GRÜNE gern unterstützen.
Mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen nutzen wir den Anlass der Neustrukturierung der Finanzierung, um auch einen Fahrradschwerpunkt zu setzen. Die Radwege in Landesverantwortung - das wurde berichtet; auch der Minister ist darauf eingegangen - haben wir bereits gestärkt. Nun fordern wir die Kommunen auf, mindestens 8 % der Mittel für den Straßenverkehr dem Fahrrad zugutekommen zu lassen. Das wäre immerhin eine Vervierfachung des bisherigen Finanzvolumens.
Natürlich - das tun wir ja über die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen und den Landesradverkehrskoordinator - müssen wir den Kommunen dabei noch mehr zur Seite stehen, damit die Mittel dort auch tatsächlich an den Endverbraucher und auf die Straße kommen. Diese Herausforderung sehe ich, Kollege Henke, und der Herausforderung werden wir uns auch gern stellen.
Wir sehen das auch. Deswegen haben wir an der Stelle den Finanzierungszweck geöffnet. Denn manchmal ist tatsächlich ein Radweg vorhanden, vielleicht auch gar nicht in so schlechtem Zustand, aber es fehlen vielleicht Abstellanlagen. Das ist jetzt möglich. Darauf wird explizit noch einmal hingewiesen, genauso wie darauf hingewiesen wird, dass selbstverständlich gültige Qualitätsstandards eingehalten werden müssen. Deswegen der Hinweis auf die Empfehlung für Radverkehrsanlagen in der jeweils aktuell gültigen Fassung.