Aber man sollte nicht so tun - das habe ich vorhin gesagt -, als ob man eine Auseinandersetzung mit der Geschichte vornimmt. Nach unseren Erkenntnissen ist die Zahl der zu beklagenden Opfer jedenfalls bei etwa 2 000 gewesen; die würdigen wir auch.
- Herr Abg. Kurze, es gibt hier sowohl belegbare Zahlen in historischen Archiven als auch belegte Zahlen eines Heimatforschers aus Magdeburg, der das sehr wohl belegen kann.
Es ist immer schwierig, wenn man sich sozusagen etwas wünscht, was dargestellt werden soll, wenn das aber nicht dem entspricht, was historisch wirklich passiert ist.
(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und von der Regierungsbank - Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das ist eine quantitative Diskussion!)
- Ja, das kommt hinzu: Man sollte keine quantitative Diskussion führen. In dem Punkt hat Frau Lüddemann völlig recht. Opfer ist Opfer. Ich denke, ich habe das bei diesem Antrag ausführlich begründet.
Gut. - Jetzt hat Herr Kirchner noch eine Frage. Dann bitte eine etwas kürzere Antwort von Frau Grimm-Benne.
Frau Ministerin, es wäre natürlich schön gewesen, wenn Sie über die sieben Minuten, die ich dort vorn gesprochen hätte, zugehört hätten. Ihren Aussagen entnehme ich, dass Sie das nicht getan haben. Ich sehe es Ihnen auch nach, dass Sie nicht aus Sachsen-Anhalt kommen und diese Stadt hier wahrscheinlich nicht richtig kennen. Das muss man wahrscheinlich auch nicht, wenn man dazu spricht und Ministerin ist.
Fakt ist, dass ich in dieser Rede alles dargelegt habe, was es dazu darzulegen gibt. Man kann nicht Unrecht mit Unrecht und Krieg mit Krieg vergelten. Diese Bombardierung als Flächenbombardierung nicht nur einer Stadt, sondern mehrerer Städte war kriegsvölkerrechtswidrig. Ich bitte darum, das hier einmal zur Kenntnis zunehmen.
Darum habe ich in meiner Rede gesagt: Lassen Sie uns von mehreren Tausend Opfern sprechen, weil wir hier nämlich mit Füßen auf den Seelen der Toten herumtreten. - Auch Sie, Frau Ministerin, tun das mit Ihrer Aussage.
Dann sage ich Ihnen noch eines: Vielleicht tun Sie es sich mal an und gehen am 16. Januar nächsten Jahres auf diesen Gedenkfriedhof und hoffen, dass es nicht regnet; denn dann müssten Sie Gummistiefel anziehen, um dort überhaupt ordentlich einen Kranz niederlegen zu können. Das ist keine ordentliche Art und Weise, wie man solcher Opfer gedenkt.
Deswegen fordern wir nicht nur ein Denkmal auf dem Friedhof - wo unser Kranz übrigens, nachdem wir ihn hingelegt hatten, gleich geschändet wurde; aber das nur am Rande -, sondern wir fordern eines in der Öffentlichkeit für alle Ziele, die es in Sachsen-Anhalt gab. Ich weiß nicht, ob Sie unseren Antrag nicht gelesen haben oder ob Sie ihn nicht lesen wollten. So steht es nämlich in unserem Antrag.
Es geht hier nicht nur um die Bombardierung von Magdeburg, sondern auch die von Zerbst, von Dessau, von Halle, von allen möglichen Städten, die komplett weggebombt wurden. Darum geht es, nicht nur um Magdeburg.
Da es keine Frage war, müssen Sie nicht antworten, Frau Grimm-Benne. - Damit sind wir auch mit diesem Debattenbeitrag durch. Wir kommen nunmehr zu den Debattenbeiträgen der Fraktionen. Für die SPD hat als erster Redner der Abg. Herr Dr. Grube das Wort. Bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Am 16. Januar 1945 um 21:28 Uhr brach ein Feuersturm über Magdeburg herein. Die Menschen er
lebten einen Bombenangriff - nicht den ersten oder letzten in diesem Weltkrieg, aber den verheerendsten. Viele Menschen verloren ihr Leben, noch mehr verloren ihr Hab und Gut, verloren ihr Dach über dem Kopf, verloren ihre Heimat. Es muss ein gespenstischer Anblick gewesen sein. Kalt war die Nacht, aber große Teile der Stadt brannten lichterloh. Das Feuer und die Explosionen ließen in der Innenstadt kaum einen Stein auf dem anderen. Der von Deutschland ausgegangene Krieg war auch nach Magdeburg mit unvorstellbarer Zerstörung und unermesslichem Leid zurückgekehrt.
Zur Trauer um die Toten und zur Erinnerung an das Leid gedenken wir in der Stadt in jedem Jahr der Opfer dieser und anderer Nächte in Magdeburg und der Opfer dieses sechs Jahre währenden Krieges auf der ganzen Welt. Seit dem Jahr 1995 tun wir das am Mahnmal auf dem Westfriedhof.
Dabei mussten die Magdeburgerinnen und Magdeburger seit dem Jahr 2001 immer wieder erleben, wie diese Erinnerung geschändet und missbraucht wurde von einem braunen Ungeist, der nicht aussterben will, der mit Fackeln durch die Stadt ziehend jene unseligen Bilder heraufbeschwören wollte, die wir aus dem Januar 1933 kennen, der die Opferzahlen aus der Bombennacht potenzierte und den Krieg als Schuld der Alliierten darstellte. Wer dies tut, wer die Wirkung nennt, aber die Ursachen verschweigt, wer ignoriert, dass es ohne Angriff der Deutschen auf ihre friedlichen Nachbarn keine deutschen Opfer gegeben hätte, wer dies tut, verharmlost die Verbrechen des Nationalsozialismus.
Gegen diesen braunen Ungeist gab und gibt es seit dem Jahr 2009 Widerspruch und Widerstand mit der Meile der Demokratie. Ein breites Bündnis aus allen Teilen der Gesellschaft zeigt seitdem in der Innenstadt von Magdeburg ein buntes und vielfältiges Miteinander als Gegensatz zu Rassismus und Krieg.
Die, die den Nationalsozialismus verharmlosen, sollten nicht auf dem Boden marschieren dürfen, dem der braune Ungeist ihrer geistigen Vorväter Tod und Zerstörung gebracht hatte. Das war das Ziel der Meile. Die Märsche gibt es nicht mehr, den Ungeist schon. Dieser Ungeist ist heute blau.
Lesen kann man das schwarz auf weiß im Antrag der AfD. Dieser Ungeist, meine Damen und Herren von der AfD, passt nicht zum Geist der Meile. Sie passen nicht auf die Meile.
Dass Sie den Ausruf unterschrieben haben, zeugt von Ihrer Skrupellosigkeit und ist der Gipfel der Heuchelei.
Sie haben unterschrieben: Die Erinnerung an den 16. Januar 1945 zeigt uns, wohin Ausgrenzung und Nationalismus führen.
Sie mahnt uns zu Frieden und Verständigung, Respekt und Wertschätzung und zur Achtung der Menschenrechte für alle Menschen in unserer Stadt.
Wir wenden uns entschieden gegen alle Versuche, Menschen oder Gruppen von Menschen zu diskriminieren oder ihnen die Menschenrechte zu verweigern.
Und Sie sagen hier im Landtag: Wenn wir über Demokratie sprechen, dann sprechen wir über Bürgerrechte, nicht über Menschenrechte.
Sie haben unterschrieben: Gerade in der heutigen Zeit, wo populistische Vereinfachung, rassistische Hetze, Ausgrenzung und Bedrohung in vielen Bereichen der Gesellschaft sichtbar werden, müssen wir deutlich machen, dass dies keinen Platz hat in unserer Stadt.
(André Poggenburg, AfD: Sie stellen sich vor Linksextremisten! - Weiterer Zuruf von der AfD: Richtig!)