Protocol of the Session on January 25, 2018

Das haben Sie unterschrieben und im Landtag haben Sie einen Fraktionsvorsitzenden, der von „Wucherungen am deutschen Volkskörper“ faselt,

(Zuruf von der AfD)

von Ihren dauernden Hetztiraden gegen Geflüchtete ganz zu schweigen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Zuruf von André Poggenburg, AfD - Weitere Zurufe)

Sie haben unterschrieben: Magdeburg ist ein Ort, an dem Menschen unabhängig von Herkunft, Religion, Aufenthaltsstatus, sexueller Orientierung oder anderen Merkmalen verschieden sein und friedlich zusammenleben können.

(Zuruf von der AfD: Ja!)

Hier im Landtag sagen Sie, dass Homosexualität abnormal ist, und Sie klatschen Beifall, wenn davon die Rede ist, Homosexuelle ins Gefängnis zu stecken.

(Beifall bei der SPD - Unruhe bei der AfD)

Dass vor diesem Hintergrund Vereine und Institutionen, die noch dazu Gegenstand der dauerhaften Diffamierung durch die AfD sind, der Meile fernbleiben, bedauere ich, aber ich habe dafür großes Verständnis.

Noch eine Anmerkung zum Verein Miteinander. Sie haben die Ministerin in Ihrer Begründung ja zitiert, die sagt: Ich werde mich immer vor den Verein stellen. Für mich und meine Fraktion gilt das selbstverständlich auch und vorbehaltlos.

(Beifall bei der SPD - Oh! bei der AfD)

Was wir hier heute hier erleben, meine Damen und Herren, ist kein Zufall, sondern Teil einer langfristigen, vorsätzlichen Strategie.

Die AfD will eine andere Erinnerungskultur. Was heißt das eigentlich? - Sie wollen die, wie Sie in Ihrem Grundsatzprogramm sagen, 1 200 Jahre deutscher Geschichte nicht auf zwölf Jahre verengen.

(André Poggenburg, AfD: Den Blick auf- machen! - Robert Farle, AfD: Das ist eine Lüge! - Oliver Kirchner, AfD: Das ist Un- sinn!)

Sie sprechen hier im Landtag aber von „Schuldkult“. Sie wollen ein Gedenken an die Opfer ohne einen Hinweis auf die Täter.

(Zuruf von Minister Marco Tullner)

Sie wollen die Gedenkstättenstiftung für beide Diktaturen abschaffen und sie zu normalen Museen machen.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Das heißt im Klartext: Sie wollen die Zeit des Dritten Reiches abhaken und weitermachen, als sei nichts passiert. Wir wollen das nicht und wir werden das nicht. Ich sage Ihnen auch, warum.

(Beifall bei der SPD - Robert Farle, AfD: Das ist einfach nur eine Lüge!)

Ja, wir Deutschen haben eine reiche Kulturgeschichte. Die Belege, auch in unserem Bundesland

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

sind ebenso eindrücklich wie vielfältig. Ja, wir sind das Volk von Bach, Telemann und Händel,

(Zuruf: Was soll denn das?)

von Kant, Hegel und Nietzsche, von Goethe, Schiller und Heine, von Stein, Scharnhorst und Fichte, von Scheidemann, Rathenau und Ebert,

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

von Hildegard von Bingen, Marie Juchacz und Sophie Scholl.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Aber trotz dieser Blüte in Kultur und Zivilisation sind 1 000 Jahre deutscher Geschichte und Kultur im letzten Jahrhundert in zwölf Jahre Barbarei gemündet, sind in einen Weltkrieg mit einem deutschen Überfall auf ganz Europa gemündet, sind in Millionen Toten gemündet, sind in Vernichtungslager gemündet, sind in Schlachthöfe für Menschen, in Völkermord gemündet.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Diese zwölf Jahre sind auch in die Zerstörung vieler Städte, auch deutscher, gemündet.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Am Ende dieser zwölf Jahre standen eine Frage und ein Versprechen. Die Frage lautet: Wie konnte aus der Ode an die Freude die Gaskammer werden? - Die Antwort ist so einfach wie erschreckend: weil zu viele geschwiegen haben. Wir, meine Damen und Herren, werden nicht schweigen.

(Starker Beifall bei der SPD - Zurufe von der AfD)

Das Versprechen lautet: Nie wieder! Nie wieder Rassenwahn und Antisemitismus! Nie wieder Faschismus und Barbarei!

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Nie wieder Krieg und Völkermord!

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Für aufrechte Demokratinnen und Demokraten gilt dieses Versprechen.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Es ist tief eingeschrieben in die DNA dieser Republik. Es ist eine moralische Verpflichtung und es ist Ausdruck zivilisatorischer Vernunft.

Wenn 1 000 Jahre Kulturgeschichte zwölf Jahre Barbarei nicht verhindert haben, sind auch 70 Jahre Demokratie keine Garantie. Es bedarf des tätigen Handelns und des mahnenden Erinnerns. Die Toten mahnen uns. Hören Sie zu!

(Beifall der SPD)

Ich habe eine Wortmeldung von Herrn Farle; die kann er jetzt auch wahrnehmen.

Ich kann Ihnen in allen Punkten beipflichten, nur in einem einzigen Punkt eben nicht, in der Unterstellung, dass wir die Ursachen dieses Holocaust und dieses Zweiten Weltkriegs unter den Teppich kehren wollen und dass wir - -

(Zurufe von der CDU und von der SPD)

- Wenn Sie zugehört hätten, was mein Kollege Kirchner gesagt hat, und wenn Sie sich von Ihrem ideologischen Brett vor dem Kopf verabschieden würden, dann hätten Sie mitgekriegt, dass es uns mit dem Antrag für dieses Denkmal nicht darum geht, die Geschichte zu fälschen, sie zurechtzubiegen und daran herumzuklittern. Das ist Ihre Lüge und Ihre Unterstellung.

(Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE)

Es geht uns allein darum, dass man diesen vielen Menschen, die hier in einer kurzen Zeitspanne in einem wahnsinnigen Bombenteppich umgekommen sind, auf eine ehrenvolle und anständige Art und Weise begegnet und sie ehrt, ohne auszuklammern, warum dieser ganze Krieg zustande kam. Darum hat mein Kollege gesagt, dass man nicht das eine Unrecht mit dem anderen Unrecht rechtfertigen könne.

Wir wollen ein Denkmal für die vielen zivilen Opfer, die in dieser Nacht oder an diesem Tag völlig sinnlos sterben mussten. Mehr war nicht das Anliegen dieses Antrags und mehr Anliegen haben wir auch nicht.