Vielen Dank, Frau Abg. Dr. Pähle. - Bevor wir in die Fünfminutendebatte der Fraktionen eintreten, wird der Minister Herr Stahlknecht für die Landesregierung sprechen. Sie haben das Wort, Herr Minister.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Pähle, die Fachhochschule in Aschersleben dient der Pflege und Entwicklung der polizeibezogenen Wissenschaft durch Lehre, Studium, Weiterbildung und eben auch Forschung. Innerhalb der Landesregierung werden derzeit zur Stärkung der Fachhochschule Polizei als Forschungsstandort bereits Überlegungen angestellt. Auf Arbeitsebene gab es erste Gespräche mit dem Wissenschaftsressort, und derzeit wird geprüft, inwieweit die Einrichtung einer Forschungsstelle die FH als Forschungsstandort stärken könnte.
Allerdings - und dies ohne Geringschätzung der wissenschaftlichen bzw. forschenden Betätigung unserer Fachhochschule - muss ich betonen, dass für die Landespolizei zurzeit die Gewinnung und Ausbildung unseres Polizeinachwuchses oberste Priorität genießt. Ihnen allen ist bekannt, dass wir beginnend mit diesem Jahr die Einstellungszahlen für die Landespolizei massiv erhöht haben. Sie haben das erwähnt. Dafür waren bisher und werden auch in Zukunft noch gewaltige Anstrengungen erforderlich sein, insbesondere was den Wettbewerb um die besten Köpfe angeht.
Bis an die Grenze des Möglichen haben wir Personal verstärkt, Umbauten an der Fachhochschule vorgenommen und Container aufgestellt. Diese Aufgabe erfordert übrigens die Mitwirkung der gesamten Landespolizei, wofür den Kolleginnen und Kollegen, selbstverständlich auch denen der Fachhochschule, an dieser Stelle von mir und, ich denke, im Namen des gesamten Hohen Hauses herzlich gedankt sei.
Neben der Aus- und Fortbildung unserer Polizistinnen und Polizisten in Aschersleben ist Forschung enorm wichtig. Auch dies bedeutet für die Kolleginnen und Kollegen der Fachhochschule stets eine Menge Arbeit. Bei der Aus- und Fortbildung lässt sich die Fachhochschule Polizei stets von dem Anspruch leiten, ein integraler Bestandteil der Landespolizei zu sein und zu bleiben. Gerade dieser Anspruch sollte und muss bei allen Überlegungen besonders berücksichtigt werden.
Im Wesentlichen sind die überwiegenden Ressourcen der Fachhochschule Polizei bereits jetzt für die zwei vorrangigen Aufgaben der Nachwuchsausbildung und der Fortbildung innerhalb der Landespolizei gebunden.
die Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt. Das war ehemals mittlerer Polizeivollzugsdienst. Zum anderen ist das die Laufbahnausbildung für die Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt, ehemals gehobener Polizeivollzugsdienst, die an der Fachhochschule in Form des Bachelorstudiengangs Polizeivollzugsdienst durchgeführt wird.
Die Organisation der Fachhochschule muss dieser Schwerpunktsetzung auch in Zukunft Rechnung tragen. Sie ist insoweit eben nicht Hochschule im klassischen humboldtschen Sinne, sondern - auch das hat Frau Kollegin Pähle gesagt - eine Hochschule sui generis in einem Spannungsverhältnis zwischen Hochschulwelt und Polizeihierarchie.
Ob die Gründung von Instituten für die Fachhochschule Polizei ein adäquater Weg ist, werden die weiteren Prüfungen zeigen. Ich bin dem Landtag jedenfalls sehr dankbar dafür, dass der Landesregierung bis zum Ende des nächsten Jahres Zeit zur Erstellung des Konzepts gegeben werden soll. Nur so ist es uns möglich, die Dinge mit Bedacht und Sorgfalt in den richtigen Sinn, und zwar im Sinne des gewünschten Antrags, zu bringen. Ich bin zuversichtlich, dass es uns unter diesen Voraussetzungen gemeinsam gelingen wird, die Wissenschaftsfreiheit der Fachhochschule zu stärken, ohne die anderen Aufgaben in ihrer Bedeutung zu schmälern. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. Ich sehe keine Anfragen. - Somit treten wir in die angekündigte Fünfminutendebatte der Fraktionen ein. Der erste Debattenredner wird der Abg. Herr Lehmann für die AfD-Fraktion sein. Sie haben das Wort. Bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Guten Morgen, liebe Damen und Herren! Mit den Ausführungen des Innenministers gehen wir von der AfD im Kern mit. Die Fachhochschule der Polizei in Aschersleben steht in den letzten Jahrzehnten für eine solide Polizeiausbildung. Wir haben auch nichts dagegen, bewährte Dinge auszubauen; denn Polizisten, die ihr Handwerk verstehen, werden mehr denn je dringend gebraucht.
Aber dieser Koalitionsvorstoß scheint von einer alles aufweichenden sozialdemokratisch und grün geprägten Ader getrieben zu sein. Wir warnen vor einer Verwissenschaftlichung der Polizeiausbildung. Was wir wollen, ist eine Fachhochschule mit Praxisbezug. Was wir brauchen, sind auch zukünftig Polizeibeamte, die auf der Straße ihr Handwerkszeug aus dem Effeff beherrschen. Bei
der gegenwärtigen Entwicklung der von Ihnen allen hier ruinierten Sicherheitslage wird das auch zukünftig für unsere Polizisten überlebenswichtig sein.
Der Bürger hat einen Anspruch auf gut ausgebildete Polizisten, die loyal zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen.
Wir haben erst jetzt erlebt, was an Berliner Polizeiakademien auf den Schulbänken sitzt, wenn durch die Politik bereits beim Zugang zum Polizeiberuf gewissenlos geschlampt wird.
Nicht umsonst hat sich die seit Jahren angewendete Praxis des für den Polizeiberuf zugeschnittenen Auswahlverfahrens bewährt. Wir brauchen keine kriminellen Migranten wie in Berlin oder gar eventuell linke Ideologiespinner auf den Funkstreifenwagen. Das ist schon einmal klar.
Der Verbund mit anderen Hochschulen bedeutet, dass polizeifremde externe Studenten zur Fachhochschule der Polizei ohne Auswahlverfahren Zugang hätten. Ich muss dabei gleich an die von LINKEN und GRÜNEN immer hofierte gewisse Klientel denken, die wirklich niemand von uns auf einem Funkwagen sehen will, geschweige denn in einer Uniform. Genau hier, bei diesem politischen Vorstoß scheint sich die CDU in der Koalition wieder einmal am Nasenring durch die Arena führen zu lassen. Die AfD ist für solche Experimente zulasten der Sicherheit nicht zu haben.
Uns ist es wichtiger, dass ein Kollege praxisbezogen arbeiten kann, zum Beispiel schwimmen oder im Dienst beherzt zugreifen kann, als dass er im Einsatz zwar wunderbar und wissenschaftlich fundiert, mit Nickelbrille auf der Nase eine Eingriffsmaßnahme theoretisch von allen Seiten beleuchten kann, der Täter aber bis zur Zugriffsentscheidung über alle Berge ist oder sich vor Lachen den Bauch hält oder den Wissenschaftler in Uniform bereits praktisch und völlig unwissenschaftlich, aber wirksam entwaffnet und überwältigt hat.
Wir stellen fest, dass bundesweit die Tendenz dazu neigt, zur bewährten konservativen Polizeilaufbahnausbildung zurückzukehren, wie wir es in den 90er-Jahren kannten, die top funktioniert hat und die nicht verkehrt war. Während man woanders zur Vernunft kommt, vergaloppiert sich bei uns wieder die Koalition, wie auch bei der Individualkennzeichnung unserer Polizeibeamten.
Im Jahr 2018 soll uns Ihr Konzept zur Stärkung der Wissenschaftsfreiheit vorgestellt werden. Das schauen wir uns von der AfD sehr genau an. Es stellen sich folgende Fragen: Wie viel neues Lehrpersonal wird zukünftig benötigt? Wird am Polizeilehrpersonal vielleicht zugunsten externer Universitätsprofessoren - hier wurde die MLU erwähnt - gespart, die dann unterrichten und Kurse in Recht und Psychologie oder Ähnliches übernehmen?
Ein Konzept zur Stärkung der Fachhochschule der Polizei würden wir nach eingehender Prüfung unterstützen, wenn die Zahlen und Fragen zu unserer Zufriedenheit beantwortet werden. Über die Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben an der Fachhochschule Aschersleben kann man auch reden, wenn diese dem Innenministerium und unserer Polizei kostengünstiger etwas bringen als zum Beispiel externe Lobbyvergaben und der sachsen-anhaltinischen Polizei kostengünstig in die Zukunft weisende Punkte bringen. Wir werden das Ganze bewerten, wenn es vorliegt.
Eine Anbindung der Fachhochschule Aschersleben an eine zivile Hochschule oder Universität steht bei uns überhaupt nicht auf der Agenda. Das lassen Sie sich gesagt sein.
Zum jetzigen Zeitpunkt mit den genannten Unklarheiten, die wir überall haben, stimmen wir gegen diesen Antrag. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abg. Lehmann. Wir haben keine Anfragen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel. Sie haben das Wort, Herr Striegel.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Koalitionsvertrag bekennen wir uns zur Stärkung der Wissenschaftsfreiheit der Fachhochschule der Polizei. Wir wollen eigenständige Forschungsvorhaben an der FH Polizei unterstützen. Wir verständigten uns auf das Ziel, eine engere Kooperation zwischen der MartinLuther-Universität Halle-Wittenberg und der FH Polizei anzustreben. Im Landtag bekräftigen wir heute diese Ziele und konkretisieren sie.
Eine bürgerrechtlich orientierte Sicherheitspolitik braucht eine Polizei, die gut ausgestattet, bürgernah und fachkundig arbeitet. Für motivierte Polizeiarbeit braucht es neben moderner Technik und ausreichend Personal auch gut ausgebildete, fachlich fitte Beamtinnen und Beamte.
In Sachsen-Anhalt sieht das Gesetz über die Fachhochschule der Polizei schon heute eine anwendungsorientierte Forschung vor. Auch regt das Gesetz eine Zusammenarbeit mit anderen Hochschulen an. Aber eine lose Anregung zur Zusammenarbeit reicht nicht. Wir wünschen uns Verlässlichkeit und klare Kooperation bei interdisziplinären Lehrveranstaltungen, Blockseminaren und Forschungsarbeiten.
Ein Blick über den Tellerrand lohnt sich hier. Andere Bundesländer machen vor, wie Polizeiausbildung und wissenschaftliches Arbeiten weiterentwickelt werden können. Ich bin sehr froh, dass die Landesregierung mit dem Antrag ebenso aufgefordert wird, die Möglichkeit eines hochschuleigenen Instituts für Polizei- und Sicherheitsforschung sowie eines Fortbildungsinstitutes zu prüfen.
Werfen wir an dieser Stelle gemeinsam den Blick über den Tellerrand. Blicken wir in die Heimat von Beck‘s und Werder, wo sich in der Hansestadt Bremen ein Best-Practice-Beispiel für ein hochschuleigenes Institut für Polizei- und Sicherheitsforschung sowie ein Fortbildungsinstitut der Polizei finden lässt. Das Institut für Polizei- und Sicherheitsforschung IPOS in Bremen ist ein interdisziplinär ausgerichtetes Institut, das in erster Linie Forschung für und über die Polizei betreibt. Es trägt somit zu einer stärkeren Vernetzung von polizeilicher Alltagspraxis mit Aus- und Fortbildungsaktivitäten bei. Eine Vision auch für Sachsen-Anhalt.
Die wissenschaftlichen Säulen des IPOS - Institut für Polizei- und Sicherheitsforschung - bilden die Fachdisziplinen Rechtspsychologie, Rechtswissenschaften, Kriminalistik, Kriminologie und Soziologie. Dieses breite Spektrum an Disziplinen bietet optimale Rahmenbedingungen für polizeibezogene Forschung. Forschung über Fachgrenzen hinweg und Anwendungsorientierung werden gewährleistet.
Ich beantworte Ihnen auch gern die Frage: Was bringt das nun dem Bürger? - Eine Serviceleistung. Ja, Sie müssen sich solch ein Institut wie in Bremen als eine unterstützende Serviceeinrichtung vorstellen. Diese hilft beispielsweise auf Anfrage der Polizei oder bei Fortbildung anderer Institutionen bei der inhaltlichen Ausgestaltung von Seminaren. Die Institutsmitglieder übernehmen zudem auf Anfrage Vortrags- und Schulungsverpflichtungen zu den Themen ihrer jeweiligen Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte. Diese Schwerpunkte können organisierte Kriminalität, Gewalt- und Tötungskriminalität, Jugendkriminalität, Stalking oder Kriminalprävention sein.
Abschließend beantworte ich Ihnen auch noch die Frage: Was bringt das der Polizei in SachsenAnhalt? - Durch die anwendungsorientierte For
schung eine Weiterentwicklung zum Thema innere Sicherheit, einen Transfer der wissenschaftlichen Erkenntnisse in die polizeiliche Alltagspraxis. Wir erreichen damit eine gut ausgestattete, fachkundigere Polizei. Ich meine, wenn wir einerseits für mehr Personal sorgen, ist es richtig, dass wir dann auch für sehr gut ausgebildetes Personal sorgen. Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung zum Antrag. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abg. Striegel. Es gibt keine Anfragen. - Wir kommen somit zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Quade. Sie haben das Wort. Bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Eine Bemerkung zur Rede des Herrn Lehmann. Herr Lehmann, ich sehe zu jeder Landtagssitzung Polizisten, bei denen man sich erstens fragt, wie sie in Dienst gekommen sind, und bei denen man zweitens froh sein kann, dass sie aktuell nicht Dienst auf der Straße tun.
(Beifall bei der LINKEN - Mario Lehmann, AfD: Darüber machen Sie sich mal keine Gedanken! - Ulrich Siegmund, AfD: Hat wenigstens gearbeitet in seinem Leben!)
Meine Fraktion begrüßt den heute hier vorliegenden Antrag; denn die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre wie übrigens auch die Freiheit der Kunst und der Presse, wie sie unser Grundgesetz regelt, ist nicht nur ein Wesensmerkmal der Demokratie, es ist auch ihre Bedingung.
Die Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene haben bei der Ausgestaltung des Rahmens dafür einigen Gestaltungsspielraum. Um genau den geht es auch, wenn wir über den heutigen Antrag reden.
Die Stärkung der Wissenschaftsfreiheit und die Etablierung des Forschungsstandortes können Teil eines Weges sein, der noch beschritten werden muss und an dessen Ende es um nicht weniger geht als um Zukunftsfestigkeit.
Uns geht es dabei vor allem um die Stärkung des Standortes und die Steigerung seiner Attraktivität, um die bestmögliche Arbeitssituation für Lehrende wie Lernende und um die Voraussetzungen für eine moderne, zeitgemäße Ausbildung. Die Zukunftsfähigkeit hängt auch und maßgeblich von innovativen Forschungsleistungen, die an der Hochschule erarbeitet werden, ab.