Protocol of the Session on October 27, 2017

Natürlich kann man sich immer eine offensivere und transparentere Informationspolitik wünschen, gerade in dem, wie es noch einmal geschildert wurde, prominenten und zugleich besonders tragischen Fall des Todes von Oury Jalloh. Aber die Ministerin kann in diesem Fall auch nur über das berichten, was ihr über den offiziellen Dienstweg zur Verfügung steht. Solange die Ergebnisse der Ermittlungen nicht vorliegen, noch offen sind, kann sie dies auch nicht berichten.

Für die Entscheidung ist deshalb auch das Datum der Entscheidung der Oberstaatsanwältin entscheidend. Diese erfolgte am 12. Oktober dieses Jahres, wie wir jetzt schon mehrfach gehört haben, also nach der Beantwortung der Kleinen Anfrage und nach der Parlamentsdebatte.

Gerade weil wir in diesem Haus bzw. auch im Ausschuss für Recht und Verfassung derzeit auch einen prominenten Fall der möglichen Einflussnahme auf die Justiz diskutieren, sollten wir in diesem Fall, bei dem die Dinge klar sind, doch sehr zurückhaltend sein.

(Zustimmung von Dr. Falko Grube, SPD, von Rüdiger Erben, SPD, und bei der CDU)

Wir sollten dies auch sein, damit wir angesichts des großen menschlichen Leids in diesem Fall Oury Jalloh nicht, wie ich bereits in der Septembersitzung des Landtages gesagt habe, den Angehörigen Hoffnungen machen, die dann vielleicht nicht erfüllt werden können. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion der AfD spricht der Abg. Herr Lehmann.

Sehr geehrter Präsident! Geschätzte Abgeordnete! DIE LINKE als antragstellende Partei kommt ja noch aus einer Zeit, in der ihre Vorgängerpartei juristische Urteile vorweggenommen hat. Sie muss uns also hier nichts erzählen.

Heute stehen wir wieder hier, weil DIE LINKE den ausgelutschten Oury-Jalloh-Kaugummi wieder aufgenommen hat und immer wieder darauf herumknatscht und herumlutscht. Herr Kolze, ich werde mal etwas direkter, als Sie es vorhin waren. Wir alle hier sollten uns lieber intensiv um den am helllichten Tag auf einem öffentlichen Platz von Goldstücken totgeschlagenen Deutschen in Wittenberg kümmern

(Zustimmung bei der AfD)

oder um eine subventionierte Gewaltszene in Halle, die von den LINKEN unterstützt wird, oder um regelmäßige Migrantenübergriffe an unseren Schulen, die mittlerweile an der Tagesordnung sind. Um so etwas sollten wir uns kümmern!

Ich vermisse hier einen in die Breite gehenden politischen Aufschrei aller Parteien. Aber es läuft doch meistens nach dem Motto: Es war ja nur ein Deutscher, der da verreckt ist. Gewalt von Migranten gegen Deutsche ist ja bei Ihnen allen hier im Saal nicht so relevant. Dafür schämt sich hier auch nicht einmal eine Partei.

Nachdem DIE LINKE und ihre Vereine auf boshafte Art und Weise seit über zwölf Jahren allen Ermittlungsbehörden Vertuschung im Fall Oury Jalloh unterstellen und das Thema bewusst am Kochen halten, ist nun die Justizministerin Frau Keding dran, die hier sitzt. Sie soll mit Wortklaubereien auf politische Art und Weise beschädigt werden.

Linke Herrschaften! In der letzten Woche habe ich Sie zum Beispiel in Stendal vermisst bei der Amtseinführung des Landgerichtspräsidenten.

Liebe LINKE, in der letzten Woche habe ich Sie auch vermisst bei der feierlichen Ernennung von mehr als 700 Polizeianwärtern an der Fachhochschule Aschersleben. Sie glänzen regelmäßig mit Ablehnung, wenn es um unsere Polizei und unsere Justiz geht.

(Zustimmung bei der AfD)

Kurz vor der Bundestagswahl haben Sie versucht, den Justizstaatssekretär Böning aus dem Amt zu fegen und zu beschädigen, als er sich für ein zügiges Verfahren gegen einen schwerkriminellen Gewalttäter in Quedlinburg eingesetzt hat. Jetzt versuchen Sie, Justizministerin Keding ein Kuckucksei ins Nest zu legen und damit erneut den Rechtsstaat zu schwächen.

Das alles lässt den Schluss zu, dass Sie überhaupt kein Interesse an einer stabilen und funktionierenden Justiz und an einem Rechtsstaat haben, den Sie ständig torpedieren. Sie entlarven sich einmal mehr als eine den Rechtsstaat gefährdende rote Minderheitspartei. Sie versuchen doch andauernd, eine funktionierende effektive

Justiz und Polizei zu verhindern und zu schwächen, wo Sie nur können.

(Zustimmung bei der AfD)

Aber in der Enquete-Kommission werden wir sie weiterhin zu diesem Themenbereich entlarven; das verspreche ich Ihnen. In einem Parlament haben die gewählten Abgeordneten die Interessen unserer Bürger mit Herzblut und Leidenschaft zu schützen. Das vermisse ich bei Ihnen.

Dazu gehört auch eine funktionierende, konsequente Politik für unsere Polizei und unsere Justiz, für eine anständige Sicherheitslage in unserem Land. Wir von der AfD sind gespannt, ob auch die oftmals eierlos wirkenden Koalitionsfraktionen Ihren Antrag in den Ausschuss überweisen werden oder nicht, was eigentlich auch typisch wäre für die letzten Monate, in denen ich das beobachte.

Wir von der AfD können sagen, mit Ihrem völlig überflüssigen Antrag machen wir nicht viel Federlesen. Ihr Antrag ist abzulehnen. - Danke schön.

(Zustimmung bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen, Herr Lehmann. Ich will aber trotz alledem sagen, dass sich Aussagen wie „einen ausgelutschten Oury-Jalloh-Kaugummi wiederzukäuen“ hart an der Grenze der Würde des Parlaments bewegen.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zustimmung von Ange- la Gorr, CDU)

Ich sage das vor allem deshalb, weil solche Dinge in irgendeiner Art und Weise dann wie ein Echo wiederkommen. Ich bin hier schon mehrfach Zeuge dafür geworden, dass es im Falle eines solchen Echos dann eine erhebliche Aufregung gegeben hat.

Wir fahren fort in der Debatte. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abg. Herr Striegel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube nicht, dass sich irgendjemand in diesem Land hinstellt und sagt, es war ja nur ein Deutscher, und dass Ermittlungen nicht stattfinden oder nicht zu Ende geführt werden, weil ein Deutscher zu Tode gekommen ist.

Insofern kann ich das, was der Präsident soeben gesagt hat, nur bekräftigen. Auch ich kann nur sagen, dass mit dem, was Sie hier machen, Herr Lehmann, die Grenze der Würde des Menschen überschritten ist.

Die Ermittlungen im Fall Oury Jalloh machen mich traurig. Über die Verfahrenseinstellung bin ich enttäuscht. Ich meine - das erhalte ich aufrecht -, dass das Ende der Ermittlungen ohne ein tatsächliches Ergebnis eine nicht hinzunehmende Niederlage des Rechtsstaats ist.

Todesfälle müssen immer aufgeklärt werden, und wenn ein Mensch in staatlicher Obhut stirbt - der Ministerpräsident hat das auch noch einmal deutlich gemacht -, gilt dies erst recht.

Oury Jallohs Tod ist bis heute nicht aufgeklärt, und nicht nur das. Die Umstände seines Todes sind unklar, weil Beamtinnen und Beamte unseres Landes die Aufklärung verunmöglicht haben, und das, meine Damen und Herren, ist im tatsächlichen Sinne ein Skandal. Das ist vom Richter, der damals das erste Verfahren gemacht hat, beschrieben worden. Ich will meine Zitate aus der Rede von vor vier Wochen nicht wiederholen. Der Richter ließ damals keinen Zweifel daran, dass der Freispruch lediglich eine Art Notlösung darstelle.

Stehen wir nun, im Jahr 2017, wieder vor so einem formalen Ende, vor so einer Notlösung? - Die in den Gerichtsverfahren herausgearbeiteten Widersprüche sind bekannt. Ich erwähne hier nur das Feuerzeug und die nicht erklärliche Entzündung der Matratze. Mit der Einstellung des Verfahrens bleiben diese Widersprüche im Raum. Das gefährdet Vertrauen.

Unsere Aufgabe als Parlament ist die Kontrolle. Durch diese Kontrolle wird die Gewaltenteilung nicht beeinträchtigt, sondern gelebt. Wir sind als Landtag keine Super-Revisionsinstanz. Aber wir müssen von unserem Recht Gebrauch machen, uns selbst ein Bild von der Lage zu verschaffen.

Wir als GRÜNE haben die Ministerin bereits gebeten, im Ausschuss zum Stand des Verfahrens vorzutragen. Ich bin der Überzeugung, das wird passieren. Diese Bitte erneuern wir und bitten auch darum, zu den Einstellungsgründen vorzutragen. Die Berichterstattung wird sicherlich auch zu den Ergebnissen des letzten Gutachtens erfolgen. Ich habe die Hoffnung, dass wir als Parlament dann auch Einblick in die Ermittlungsakten erhalten.

Über die Frage, ob die Öffentlichkeitsarbeit im Fall Oury Jalloh in den letzten Monaten angemessen war, darf gestritten werden. Ich hätte mir dabei deutlich mehr Transparenz durch die Staatsanwaltschaft gewünscht. Ich hätte das auch als vertrauensbildende Maßnahme für sinnvoll gehalten. Einen Grund, um die Ministerin zu missbilligen, sehe ich allerdings nicht.

Herr Ministerpräsident Dr. Haseloff hat zu den rechtlichen Zusammenhängen hier vorgetragen. Ein Strafverfahren wird eingestellt. Dabei ergeht

nach § 170 Abs. 2 und nach § 171 der Strafprozessordnung ein Bescheid an den Antragsteller, in dem Fall die Nebenklage, dass das Verfahren eingestellt wurde. Darin müssen dann die Gründe enthalten sein.

Die Justizministerin hat jedenfalls standardmäßig hiervon keine Kenntnis und auch in der MiStra gibt es keine Regelung, die besagt, dass das MJ über den Vermerk oder die Einstellung zu informieren ist oder vorher zu informieren ist.

Es gab deshalb keinen Grund für die Staatsanwaltschaft, das MJ zu informieren. Frau Ministerin Keding konnte entsprechend keine Kenntnis haben. Wir werden deshalb Ihren Antrag ablehnen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sehe zwei Wortmeldungen. Zuerst kommen wir zur Wortmeldung von Eva von Angern. - Sie haben das Wort.

Herr Kollege Striegel, kann ich Ihre Wortmeldung dahingehend verstehen, dass Sie unseren Antrag auf Akteneinsicht im Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung unterstützen werden?

Und, Herr Kollege, teilen Sie meine Auffassung, dass meine Fraktion mit dem Antrag im September, mit unseren Anfragen, die wir zur Thematik gestellt haben, und auch mit dem heutigen Antrag zu keinem Zeitpunkt einen Einfluss auf das Verfahren nehmen wollten bzw. nehmen, dass es uns vielmehr um eine korrekte Information durch die Landesregierung geht?

Teilen Sie auch meine Auffassung, dass das Instrument der vertraulichen Sitzung - was übrigens im Rechtsausschuss in den Jahren 2005 und 2006 mehrfach verwendet worden ist, in deren Rahmen sehr detaillierte Informationen erteilt worden sind - seitens der Landesregierung hätte geprüft werden müssen und möglicherweise hier im vorliegenden Fall auch einschlägig gewesen wäre bzw. auch das Nutzen der Geheimschutzstelle?

Und abschließend: Teilen Sie meine Auffassung, dass etwas Weglassen auch einer Falschinformation des Parlamentes gleichkommt?

Ich wiederhole noch einmal, wenn Sie etwas vergessen haben.

Das Letzte müssen Sie noch einmal wiederholen, Frau Kollegin von Angern, weil ich das einfach akustisch nicht verstanden habe.

Teilen Sie meine Auffassung, dass es, wenn man eine Information weglässt, einer Falschinformation des Parlaments gleichkommt?

Gut, fangen wir einmal von vorn an. Wir werden uns im Rechtsausschuss mit dem Thema beschäftigen, nicht zuletzt weil auch meine Fraktion dort einen Selbstbefassungsantrag vorgelegt hat. Wenn im Rahmen dieser Selbstbefassung oder im Rahmen des Tagesordnungspunktes allgemein Anträge vorgelegt werden, werden wir uns in der Koalition zu diesen Anträgen verständigen. Das machen wir immer so. Dann werden wir uns als Koalition dazu verständigen.