Protocol of the Session on September 28, 2017

Ich würde es ja noch verstehen, wenn Sie jetzt eine Sollvorschrift einfügen würden. Aber Sie fügen das Ist ein. Das heißt, Sie setzen den niedrigen Standard fest. Darüber kommen Sie dann nicht hinaus, zumindest nicht nach dem Gesetzeswortlaut. Sicherlich wird niemand klagen, wenn Sie jetzt einen höherwertig Ausgebildeten fahren lassen. Aber die Kasse wird dies natürlich nicht ersetzen; das ist doch klar. Meines Wissens

ist die finanzielle Frage, die dahintersteht, nirgendwo diskutiert worden.

Zu dem Thema, andere seien immer schon vor Ort: Ist das denn tatsächlich immer so? - Ich habe aus diesem Bereich gehört - ich bin eigentlich kein Fachmann in diesem Bereich -, das sei etwa im Verhältnis 80 : 20. Insofern gibt es durchaus auch ganz normale Einsatzsituationen, in denen das Notarzteinsatzfahrzeug, das NEF, als Erstes da ist.

Wenn der Kollege gar keinen Kontakt zum Patienten hat, dann könnte man sagen: Gut, dann brauche ich nur einen Fahrer. - Aber das scheint ja nicht so zu sein; denn eine bestimmte medizinische Qualifikation erwarten Sie ja doch. Wieso sehen Sie dann keine höherwertige Qualifikation vor, zumindest als Soll?

Herr Kollege - - Darf ich schon?

Ja, ja, machen Sie mal.

Herr Kollege, auch darauf will ich gerne eingehen. Zunächst einmal zu der Sollvorschrift: In der Hierarchie der Rettungsdienstberufe ist doch der Rettungssanitäter der Einstieg unten. Welchen Sinn soll also dann eine Sollvorschrift machen, indem man sagt: „Das soll mindestens ein Rettungssanitäter sein“? - Das macht ja wenig Sinn.

Was die Hilfsfristen betrifft: Natürlich wird es bestimmte Fälle geben. Ich nehme einmal das Beispiel der Rettungsdienststruktur in meiner eigenen Heimatstadt. Dort gibt es eine Rettungswache am Stadtrand, logistisch günstig gelegen, und dann gibt es den Standort des NEF am Krankenhaus. Ich wohne gegenüber dem Krankenhaus. Sollte ich Hilfe benötigen, wo es auch einen Notarzt gibt, ist die Wahrscheinlichkeit tatsächlich größer, dass das NEF schneller da ist als der RTW vom Stadtrand.

Das kann es natürlich geben. Aber bei dem Standardrettungsdienstfall, in dem der RTW und das NEF hinausgeschickt werden, ist der RTW allein schon wegen der Struktur der Rettungsdienstbereiche und nach aller Lebenswahrscheinlichkeit früher da als das NEF.

Jetzt werden Sie mir natürlich sagen: Wenn die an einem Platz stehen und der eine mit einem Mercedes-Transporter losfahren muss und der andere mit seinem Audi Q5 losrast, dann ist er trotzdem da. - Das alles mag ja sein. Aber man darf auch nicht vergessen: Auf dem NEF ist dann noch im

mer ein Notarzt. Da kommen ja nicht zwei medizinische Laien an.

Okay. In Ordnung. - Ich habe die folgende Bitte an die Kollegen Diskutanten: In unserem eigenen Interesse, aber auch im Interesse unserer Besucher würde ich gerne dahin gehend orientieren, auf Abkürzungen zu verzichten. Die sind für die Insider alle erschließbar. Aber wenn ich mich einmal in mein altes Berufsbild zurückfallen lassen und die Abkürzungen von den Abgeordneten übersetzen lassen würde, dann wäre das Ergebnis interessant. Das kann ich Ihnen garantieren.

Da ich gerade schon die Besucher erwähnt habe, begrüßen wir ganz herzlich noch eine Gästegruppe von Ehrenamtlichen aus Badersleben sowie - ganz besonders interessant - Gleimhaus-Literaturpreis-Gewinnern heute hier in unserer Mitte.

(Beifall im ganzen Hause)

Dann können wir versuchen, in unserer Debatte fortzufahren. Für die Fraktion DIE LINKE hat die Abg. Frau Zoschke das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir verfügen in unserem Land über eine flächendeckende medizinische Notfallversorgung, die durch verschiedene Leistungserbringer gewährleistet wird. Dazu habe ich bereits zur Einbringung des Gesetzesvorhabens namens der Fraktion Dankesworte gefunden.

Mit dem heute zu beschließenden Gesetz werden für alle im Rettungsdienst Beteiligten - Leistungsverpflichtete, Leistungserbringer und Kostenträger - neue Normen definiert. Dazu gehört neben der vorgeschlagenen Konzessionserteilung für den Rettungsdienst an die Hilfsorganisationen, die sich auch am Katastrophenschutz beteiligen, auch die Umsetzung des bundeseinheitlichen Berufsbildes des Notfallsanitäters. Die hoch qualifizierten Notfallsanitäter werden zukünftig in nicht unerheblichem Maße die Qualität und Sicherheit der Versorgung von Patientinnen und Patienten erhöhen.

Für die Qualifikation räumt der Gesetzentwurf den Leistungserbringern eine Übergangsfrist von zehn Jahren ein. Dass solch eine Frist tatsächlich notwendig ist, ist unstrittig. Allerdings fragen wir uns angesichts der letzten Änderung an der vorläufigen Beschlussempfehlung, ob im Interesse der zukünftigen Nutzer des Rettungsdienstes diese Übergangsfrist nicht auf fünf bis sieben Jahre verkürzt werden sollte.

(Beifall bei der LINKEN)

Somit erfüllten wir viel eher den Anspruch einer höheren Qualität durch höhere Qualifikation im Rettungsdienst.

(Markus Kurze, CDU: Das schaffen wir nicht!)

Diese definierte Übergangsfrist ist eine der Begründungen für unser Abstimmungsverhalten. Wir werden uns der Stimme enthalten.

Ein weiterer Grund für unser heutiges Stimmverhalten liegt in den Bedenken des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hält die Regelungen hinsichtlich der Bevorzugung der Hilfsorganisationen in Bezug auf die Regelung des Artikels 16 der Landesverfassung zur Berufsfreiheit für problematisch. Es kann also sein, dass die privaten Rettungsdienstanbieter erfolgreich klagen und damit das Gesetz erneut novelliert werden muss.

Aus diesen genannten Gründen kann sich die Fraktion DIE LINKE heute nur der Stimme enthalten.

Allerdings will ich auch noch ein paar kritische Worte zum Verfahren äußern. Dem Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration war lediglich angekündigt worden, dass sich die Koalitionsfraktionen zum Einsatz der Rettungssanitäter etwas einfallen lassen würden. Die konkrete Formulierung lag dann aber nur dem federführenden Ausschuss für Inneres und Sport vor und ist dort endgültig in den Gesetzestext aufgenommen worden. Diesbezüglich müssen wir unbedingt zu einem anderen Umgang miteinander zurückkehren.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf bzw. der Beschlussempfehlung des Innenausschusses zum Rettungsdienstgesetz Sachsen-Anhalt setzen wir die bundesgesetzlichen Regelungen aus dem Notfallsanitätergesetz abschließend und umfassend um. Wir stellen damit sicher, dass auch in Zukunft zu jeder Tages- und Nachtzeit eine hervorragende notfallmedizinische Versorgung unserer Bevölkerung möglich ist, und zwar unabhängig davon, ob Menschen in den Weiten der Altmark, den Höhen des Harzes oder in größeren Städten wie Halle und Magdeburg leben.

Lassen Sie mich noch einige Worte zum Hintergrund des Gesetzentwurfes sagen. Zentral steht hier die Frage, wer im Rettungsdienst was genau darf. Das ist auch durch die entsprechenden

Zwischenfragen hier deutlich geworden. Auf Bundesebene hat man versucht, dies mit dem Notfallsanitätergesetz so zu beantworten, dass das im Regelfall zügig vor Ort befindliche nicht ärztliche Personal noch besser qualifiziert wird, um damit denjenigen, die eine Notfallversorgung benötigen, schnell und doch hochprofessionell helfen zu können.

Zukünftig werden Notfallsanitäterinnen und -sanitäter, die im Rahmen einer neuen dreijährigen Ausbildung ihren Beruf erlernen, die noch überwiegend im Rettungsdienst tätigen in zwei Jahren ausgebildeten Rettungsassistentinnen und -assistenten ablösen. Im Rahmen der Anhörung im Innenausschuss wurde ganz ausdrücklich die Nennung des Notfallsanitäters unter Streichung des Rettungsassistenten begrüßt.

Mit der Übergangsfrist zur Umsetzung nach § 49 besteht explizit die Möglichkeit, Rettungsassistenten weiterhin anstelle des Notfallsanitäters einzusetzen. Hierbei wird es vielleicht für die Hilfsorganisationen eine Herausforderung sein, die Rettungsassistenten zu motivieren, die Ergänzungsprüfung, gegebenenfalls die Staatsprüfung zum Notfallsanitäter, abzulegen. Aber dies sollte gemeinsam mit allen Akteuren in den nächsten Jahren gelingen. Nur so kann der Rettungsdienst in Sachsen-Anhalt auf der Höhe der Zeit gehalten und dessen bestmögliche Qualität gewährleistet werden.

Die konsequente Umsetzung des Notfallsanitätergesetzes hielten die Anzuhörenden aufgrund des Aspekts der gestiegenen Qualität in der Notfallversorgung für dringend erforderlich.

Ich bitte um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung des Innenausschusses. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung von Daniel Szarata, CDU)

Ich sehe keine Wortmeldungen. Deswegen können wir in der Debatte fortfahren. Für die CDUFraktion hat der Abg. Herr Kurze das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Ende dieser Gesetzesberatung steht ein Gesamtpaket, welches keine Einzelinteressen, sondern die Interessen der breiten Mehrheit derjenigen, die in diesem System haupt- und ehrenamtlich tätig sind, berücksichtigt. Der Notfallsanitäter löst den Rettungssanitäter zukünftig ab. Um dabei auch die aktuellen Gegebenheiten vor Ort zu berücksichtigen - dabei geht es um das gesamte Land, Herr Meister, nicht nur um einzelne Leistungserbringer hier in Magdeburg -, räumt der

Gesetzgeber eine großzügige Übergangsfrist von zehn Jahren ein.

Frau Zoschke, ich versuche einmal zu begründen, warum wir zehn Jahre brauchen. Wir haben Rettungssanitäter, Rettungsassistenten und Notfallsanitäter in der Leistungserbringung. Darunter sind junge Arbeitnehmer, mittelalte und ältere. Der Gesetzgeber und die Kostenträger ermöglichen nicht nur einen geordneten Übergang in das neue Berufsbild, sondern auch für die älteren Arbeitnehmer gibt es einen geordneten Übergang bis zum Ausscheiden aus dem Berufsleben.

Erstmals gibt es eine Ausbildungsvergütung für die Auszubildenden. Auch die Schulkosten der Ausbildungsträger werden erstattet. Man kann den Kostenträgern letzten Endes dankbar sein, dass es zu dieser Einigung gekommen ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frist, bis der Rettungswagen, der RTW, der mit dem Notfallsanitäter und Rettungsassistenten besetzt ist, vor Ort ist, beträgt zwölf Minuten. Es fährt immer zuerst der RTW los. Als Zweiter fährt der Notarztwagen los, weil der Arzt erst einmal vom Krankenhaus abgeholt werden muss. Der hat eine Hilfsfrist von 20 Minuten. Wie die Vorredner schon gesagt haben: Damit sind Notfallsanitäter als Erste vor Ort. Der Arzt hat letzten Endes auch das Fachpersonal, das er für seinen Einsatz braucht. Damit gewährleisten wir einen hohen qualitativen Standard im Rettungsdienst und eine schnelle Versorgung für unsere Bürger im Land.

Die Hilfsorganisationen haben mit diesem Gesetz eine Vorrangstellung; dies wurde noch einmal erläutert. Sicherlich: Es gab schon vor fünf Jahren verfassungsrechtliche Bedenken. Aber es geht darum, dass wir sichere Vergaben organisieren und dass das mit der Konzessionsvergabe erfolgt.

Für diese Bereichsausnahme hat uns die EU auch extra eine Genehmigung erteilt, dass es aufgrund der besonderen Situation in Deutschland diese Bereichsausnahme in dieser Dienstleistung bei der Vergabe der Konzession gibt. Darauf können wir stolz sein; denn die Ursache dafür sind unsere Hilfsorganisationen, die seit Jahrzehnten diese Aufgabe ordnungsgemäß und qualitativ hochwertig erfüllen.

Und nicht nur das, sie bringen auch den Katastrophenschutz mit, den wir ansonsten einkaufen müssten, weil der nämlich ehrenamtlich organisiert wird, meine sehr verehrten Damen und Herren, und nicht nur mit drei oder vier Leuten. Nein, wir haben die Fachkräfte aus dem Rettungsdienst und wir haben dann die Mitarbeiter aus den Kindergärten, Sozialstationen oder aus den Büroetagen, die ehrenamtlich als Helfer im Katastrophen

schutz tätig sind. Und da bilden die Hilfsorganisationen kostenlos aus.

Wenn wir das als Kommune bezahlen müssten, ich brauche Ihnen nicht erzählen, was wir da für Summen aufbringen müssten. Deshalb gibt es die Vorrangstellung und Besserstellung der Hilfsorganisationen. Ich glaube, das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist auch gut so.

(Beifall bei der CDU)

Gut. Herr Kurze, Sie haben noch die Zeit, um etwas länger zu reden. Der Kollege Meister hat nun doch keine oder eine Frage.

Doch, er hat eine Zwischenintervention.

(Zuruf: Du hast gesagt, du machst das nie wieder!)

Ja, aber eine Zwischenintervention ist jetzt neu. Bisher habe ich nur gefragt.