Ich danke der Ministerin für die Ausführungen. - Wir führen die Debatte fort. Für die CDU spricht der Abg. Herr Krull. Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Mitglieder des Hohen Hauses! Erneut befassen wir uns heute also mit dem Thema der gesundheitlichen Versorgung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in unserem Bundesland. Die Koalitionsfraktionen haben hierzu im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration eine Beschlussempfehlung vorgelegt; diese hat im Ausschuss die Mehrheit gefunden. Ich gehe davon aus, dass dies auch heute hier der Fall sein wird.
Derzeit ergibt sich aus unserer Sicht nicht die Notwendigkeit der Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Sachsen-Anhalt. Wieso?
Zum einen ist die Anzahl derjenigen, die Asyl begehren, gegenüber den Jahren 2015 und 2016 deutlich zurückgegangen. So beträgt diese Zahl für das Jahr 2017 in Sachsen-Anhalt bisher 2 619. Gleichzeitig hat sich die Bearbeitungsdauer der entsprechenden Anträge massiv verkürzt. Neuverfahren, also Fälle ab 2017, haben nur noch eine durchschnittliche Bearbeitungszeit von 1,4 Monaten, Altfälle, also vor 2017, von 13,3 Monaten. Es besteht zu Recht der Anspruch, dass wir die Altverfahren in absehbarer Zeit abschließen.
Zum anderen gibt es bundesweit sehr unterschiedliche Regelungen, was die elektronische Gesundheitskarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber angeht. Stadtstaaten wie Berlin oder Hamburg, der Freistaat Thüringen und Schleswig-Holstein haben diese flächendeckend eingeführt. In anderen Bundesländern haben wir einen regelrechten Flickenteppich, was die Gesundheitskarte angeht, zum Beispiel in NordrheinWestfalen, Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz. Grund hierfür ist, dass die Kommunen erhebliche Bedenken gegen die Einführung dieser elektronischen Gesundheitskarte haben. Andere Länder wie Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg haben die Karte nicht eingeführt oder entsprechende Verfahren gestoppt.
Sollte es auf der Bundesebene doch noch zu einer einheitlichen Regelung kommen, werden wir uns dem als Land Sachsen-Anhalt sicherlich nicht verschließen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gilt vielmehr, das bestehende System der gesundheitlichen Betreuung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern, das auch funktioniert, zu qualifizieren. Unsere Ansätze dafür haben wir in der Beschlussempfehlung aufgeführt. Dazu gehört auch, in Zusammenarbeit mit den Kommunen nach Möglichkeiten zu suchen, um den Zugang von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern organisatorisch möglichst einfach, aber auch wirtschaftlich zu gestalten, wie zum Beispiel durch die Ausstellung von Behandlungsscheinen für Quartale, von Behandlungsscheinen für Fachärzte oder, wo dies möglich ist, durch die Ausgabe von Behandlungsscheinen in der Nähe von Gemeinschaftsunterkünften.
Außerdem sollen die Kommunen darauf hingewiesen werden, dass die Kassenärztliche Vereinigung angeboten hat, die gemäß § 4 und § 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes erbrachten Leistungen abzurechnen.
ihnen zustehen, aber auch darüber, welche Leistungen ihnen nicht zustehen. Dabei gibt es häufig erhebliche Defizite und zum Teil auch erhebliche falsche Erwartungshaltungen.
Wie bereits geschildert, ist die Erreichung der 15Monats-Grenze bei dem jetzigen Bearbeitungsstand sehr unwahrscheinlich, aber wir haben auch dies mit bedacht.
Angesichts meiner abgelaufenen Redezeit bitte ich noch einmal um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke dem Abg. Herrn Krull für die Ausführungen. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Zoschke. Frau Zoschke, Sie haben das Wort.
Danke schön, Herr Präsident. - Meine werten Kolleginnen und Kollegen! Es gäbe unwahrscheinlich viel zum Beerdigungsprozedere zu diesem Antrag zu sagen. Allerdings ist das in einer Dreiminutendebatte beschränkt.
Als Erstes fällt mit auf: Es war ein langer Prozess des Sterbens unseres Antrags, der sehr viele Beteiligte unglaublich enttäuscht hat und zweifeln lässt. Da nutzt auch eine kernige Formulierung im Koalitionsvertrag nichts.
Gleich danach fallen mir die bedrängenden, befürwortenden Worte zum Anliegen durch Vertreterinnen der jetzigen Koalition aus der letzten Legislaturperiode ein. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieser Blick in den Spiegel nicht so gefeiert wird.
Alles das, was hierin formuliert ist, hätte als Zwischenschritt auf dem Weg zu einer elektronischen Gesundheitskarte bereits am Ende der letzten Legislaturperiode auf den Weg gebracht werden können.
Jetzt sollen Erfahrungen mit der vierteljährlichen Vergabe von Behandlungsscheinen erfasst, für alle handhabbar vermittelt und der ausreichende und wirtschaftliche Zugang zu Gesundheitsleistungen optimiert werden.
Die Kommunen sollen über das Abrechnungsangebot der Krankenkassen, die Asylbewerber besser über unser Gesundheitssystem informiert und dem Ausschuss soll berichtet werden.
Viele Worte, nichts Neues und auch wenig Zukunft. Dabei hatten wir gute Voraussetzungen, einen gangbaren Weg zu finden. Die Herausforderungen sind bereits in der letzten Legislaturperiode formuliert worden.
Die durch die Landesregierung vorgelegte Synopse zum Umgang mit diesem Thema in anderen Bundesländern zeigt, wie andere Bundesländer am Thema gearbeitet haben, welche Schritte sie gegangen sind und welche Fehler gemacht wurden. Wir hätten durchaus eine Chance gehabt zu profitieren, Fehler nicht zu wiederholen und Funktionierendes auch bei uns umzusetzen.
Vor allem hat die Synopse gezeigt, dass auch Flächenländer die elektronische Gesundheitskarte auf den Weg gebracht haben. Dies ist ja lange für nicht machbar erklärt worden. Die besten Beispiele sind für uns Thüringen, Schleswig-Holstein und Brandenburg.
Schon allein die durch das zuständige Ministerium in Sachsen-Anhalt avisierten Kosten konnten nur als Totschlagsargument im eigentlichen Sinne des Wortes wirken. Dabei lag das Problem ja darin, dass hier ein extra System für Asylbewerberinnen und Asylbewerber installiert werden sollte. So haben Sie es im Koalitionsvertrag formuliert.
Es wird jetzt wohl niemanden verwundern, dass die Fraktion DIE LINKE der Beschlussempfehlung auch hier im Plenum mit großer Ablehnung gegenübersteht. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Es gibt keine Fragen. Ich danke der Frau Abgeordneten für Ihre Ausführungen. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Lüddemann. Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.
Danke, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Aus der Sicht der GRÜNEN muss ich ehrlicherweise sagen: Es handelt sich bei dieser Beschlussempfehlung um einen Kompromiss. Das ist kein Geheimnis. Ich sage es an dieser Stelle auch noch einmal ganz offen, Frau Zoschke, dass unser eigentliches Ziel die Gesundheitskarte für alle Asylbewerberinnen und Asylbewerber war. Dafür war aber schlicht und ergreifend keine Mehrheit zu finden. Deswegen ist das so im Koalitionsvertrag auch nicht abgebildet.
Sie haben angesprochen, was im Koalitionsvertrag steht. Dazu muss ich ehrlicherweise auch sagen, dass die Gründe, das so nicht umzusetzen
und sich an dieser Stelle auf ein vom Koalitionsvertrag abweichendes Vorgehen zu verständigen, nachvollziehbar sind. Denn wenn Sie sich einmal die Kostenschätzung für dieses Projekt angesehen haben, dann wissen Sie: Es ist schlicht und ergreifend für niemanden zumutbar und niemandem vermittelbar. Es ist auch nicht sinnvoll.
Wenn man sich andere Länder anschaut - Sie haben NRW als Beispiel genannt -, dann sind doch erhebliche Zweifel an diesem Projekt anzumelden. Diese Karte ist dort an der Umsetzung vor Ort gescheitert. Denn die überwiegende Mehrheit der Kommunen weigert sich, diesem Prozedere beizutreten. Diese Gefahr würde hierzulande auch drohen.
Gleichzeitig ist der Handlungsdruck deutlich gesunken - das muss man ehrlicherweise auch sagen -, da weniger Asylbewerberinnen und Asylbewerber zu uns kommen.
Die Gründe dafür spielen jetzt hier keine Rolle. Sie sind absolut verurteilenswert - darin stimme ich mit Ihnen völlig überein -, egal, ob es die libyschen Militäreinsätze gegen NGOs sind oder andere Fakten. Das hat aber mit dieser Karte und dem Umgang damit nichts zu tun.
Für uns ist es schlicht und ergreifend wichtig, dass wir sicherstellen, dass alle Menschen die ihnen zustehende Gesundheitsversorgung bekommen.
Kurz und gut: Die heute vorliegende Beschlussempfehlung ist meiner Einschätzung nach die bestmögliche Variante unter den gegebenen fachlichen und politischen Verhältnissen im Land.
Die Kenia-Koalition strebt - das muss man der Ehrlichkeit halber sagen - auch Verbesserungen an. Das haben Sie ein bisschen unterschlagen. Dafür müssen wir auch die Kommunen ins Boot holen. Auch das wird nicht einfach, aber wir werden es tun.
Frau Grimm-Benne als zuständige Ministerin hat es dargestellt. Ich gehe auch davon aus, dass sie ihre Ministerialbeamten nicht allein lässt, sondern sich auch persönlich mit den Kommunen noch einmal ins Benehmen setzt. Das wird nötig sein, um das umzusetzen, was wir vorsehen, nämlich die Behandlungsscheine, die sich Asylbewerberinnen und Asylbewerber in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthalts vor einem Arztbesuch beim Sozialamt holen müssen, künftig für ein ganzes Quartal gelten zu lassen, zweitens bei Bedarf den direkten Gang zum Facharzt zu ermöglichen und drittens, was ich wirklich für eine entscheidende Verbesserung halte, die Behandlungsscheine wohnortnah auszugeben, damit die Betroffenen eben nicht erst in die Kreisstadt fahren müssen - wir kennen alle die Beispiele; sie sind in mehreren Anhörungen dargestellt worden -, sondern sie
direkt in der Gemeinschaftsunterkunft oder in dezentralen Unterkünften von Sozialarbeitern, die für Wohnungsunternehmen tätig sind, bekommen können.
Diese Punkte werden die Kommunen entlasten und den Betroffenen den Zugang zum Gesundheitssystem erleichtern.
Eine weitere Maßnahme ist - das finde ich auch entscheidend -: Die Ausreichung nach 15 Monaten soll erleichtert werden. Wir wissen, es ist gesetzlich alles klar, aber es funktioniert nicht immer so in der Praxis. Dazu werden wir auch noch einmal eine deutliche Informationsoffensive starten.
Das ist, glaube ich, das, was zum gegenwärtigen Zeitpunkt für alle Beteiligten das tatsächlich Machbare ist. Auch die Kosten müssen in Rechnung gestellt werden, um das Bestmögliche zu erreichen. - Danke.
Ich danke Ihnen, Frau Lüddemann, für die Ausführungen. Es gibt keine Fragen. - Für die SPDFraktion spricht die Abg. Frau Dr. Späthe. Frau Dr. Späthe, Sie haben das Wort.
Danke schön. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ja, Ihnen liegt eine Beschlussempfehlung vor, über die seit 2014 im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration lange diskutiert wurde. Es ist in der Tat ein sehr komplexes Thema. Wir waren mit diesem Thema auch schon im Plenum.
Nach der derzeitigen Regelung sind die Kommunen und die Landkreise für die Behandlung von akuten Notfällen, Schmerzen, Schwangerschaft und Geburt zuständig - das ist alles schon gesagt worden -, und man muss sich vor jeder Behandlung einen Schein bei der Kommune oder beim zuständigen Landkreis abholen.
Es ist auch schon gesagt worden: Es dauert 15 Monate, bis die Asylbewerberinnen und die Asylbewerber die elektronische Gesundheitskarte bekommen.