Protocol of the Session on May 5, 2017

(Beifall bei der AfD)

Die Situation für Asylsuchende in Ungarn hat sich noch einmal verschlechtert, seitdem ein neues Gesetz in Ungarn in Kraft getreten ist, das laut Filippo Grandi, seines Zeichens UN-Flüchtlingskommissar, Asylsuchende zwangsweise interniert.

Ganz abgesehen davon, dass das ungarische Parlament dieses von Filippo Grandi angesprochene, aber vom ungarischen Parlament mit erdrückender Mehrheit von 138 zu sechs Stimmen verabschiedete Gesetz verabschiedet hat, stellt sich mir die Frage: Hat sich Filippo Grandi eigentlich einmal selbst von den absolut katastrophalen Zuständen bei der Versorgung und Unterbringung von Asylbewerbern in seinem eigenen Land ein aussagekräftiges Bild gemacht, bevor er Zustände in einem demokratischen Land wie Ungarn kritisiert?

Er sollte sich vorerst damit beschäftigen, dass in Italien von 181 000 Migranten nur 4 800 als tatsächliche Flüchtlinge anerkannt werden. Das sind umgerechnet drei von 100, wie man einem UNBericht aus dem Jahr 2016 entnehmen kann.

Wenn wir uns mit der Thematik der illegalen und unkontrollierten Masseneinwanderung auseinandersetzen, müssen wir uns die Entstehung des Flüchtlingsstroms von Ungarn nach Deutschland ins Gedächtnis rufen und über den Satz „Wir schaffen das!“ nachdenken; denn viele Menschen in diesem Land wollen es nicht schaffen und wollten es auch nie. Viele Menschen in unserem Land wollen es nicht schaffen, sogenannte Flüchtlinge,

die nachweislich keinen Flüchtlingsgrund aufweisen können oder falsche Angaben machen oder gefälschte oder sogar gar keine Ausweisdokumente vorweisen können, mit ihrem Steuergeld zu finanzieren. Sie wollen auch keine Asylbewerber finanzieren, die über mehrere Tausend Kilometer durch mehrere sichere Drittländer gewandert sind, um in das beste Sozialsystem Europas einzuwandern, obwohl sie im ersten sicheren Land hätten bleiben können und müssen.

(Beifall bei der AfD)

Und unsere Bürger wollen auch keine Zustände mit Panzersperren und den dazugehörenden Polizisten mit Maschinenpistolen auf Weihnachtsmärkten, auf Faschingsveranstaltungen oder, wie zuletzt gesehen, beim Baumblütenfest in Werder an der Havel. Allesamt sind es Auswirkungen einer völlig verfehlten Asylpolitik und einer vollkommen verfehlten Einwanderung in unsere Heimat. Ein gut funktionierendes Sozialsystem und offene Grenzen passen einfach nicht zueinander, meine Damen und Herren.

Eine Einwanderung unter dem Deckmantel des Asyls, die im Jahr 2015 mehrere Hunderttausend Asylbewerber von Budapest mit Bussen und Bahnen unter Absegnung von Frau Merkel, Herrn Altmaier, Herrn Steinmeier und Herrn Gabriel nach Deutschland gebracht hat, völlig unkontrolliert, übrigens ohne jeglichen Nachweis der Herkunft, bildet die Ursache für eine Überstellung von Asylbewerbern aus Deutschland nach Ungarn auf der Grundlage von Dublin III.

Im Übrigen stellt sich uns Frage, ob von offiziellen deutschen Dienststellen wie der deutschen Auslandsvertretung in Ungarn abgefragt wurde, wie der Zustand und die Lage der sogenannten Flüchtlinge in den zentralen Einrichtungen einzustufen sind.

Asylzentren, wie sie in Ungarn eingerichtet wurden, die sich im grenznahen Raum befinden und von denen aus bei einer Ablehnung des Asylantrages zeitnah abgeschoben werden kann, sieht die AfD-Fraktion nicht als Grund für eine Aussetzung, sondern als Ziel der Überstellung nach Ungarn. Wir selbst haben ja schließlich hier in diesem Parlament den Antrag eingebracht, genau solche Asylzentren an unseren Grenzen zu errichten.

Ihr Antrag, liebe Integrationsromantiker von der LINKEN, zielt unserer Meinung nach wohl weniger auf die humanitäre Situation der Zuwanderer als vielmehr auf die Verhinderung der Rückführung der sich gesetzeswidrig in Deutschland befindlichen Ausländer ab, die über Ungarn nach Deutschland eingereist sind. Dieser Antrag ist somit von uns, der AfD-Fraktion, abzulehnen. Ich schließe mit Jean Cocteau: Ein halbleeres Glas

Wein ist zwar zugleich ein halbvolles, aber eine halbe Lüge, verehrte LINKE, mitnichten eine halbe Wahrheit. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kirchner. Es gibt keine Anfragen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel. Sie haben das Wort, Herr Striegel.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde - anders als der Abg. Herr Kirchner - zum Thema reden. Geflüchtete, die über Ungarn nach Deutschland einreisen, müssen im Einklang mit europäischem Recht, aktuell der sogenannte Dublin-III-Verordnung, dorthin zurück und ihren Asylantrag dort stellen.

In einem offenen Brief forderten im März die Vorsitzende der GRÜNEN-Fraktion im Europäischen Parlament Ska Keller und andere Abgeordnete unserer Fraktion die EU-Kommission und die Grenzschutzagentur Frontex zu schnellen und konkreten Reaktionen auf die vom ungarischen Parlament angenommenen Asylgesetze auf; denn laut diesen Gesetzen sollen alle Geflüchteten - das ist heute hier erwähnt worden - für die gesamte Dauer ihres Asylverfahrens in grenznahen Lagern interniert werden. Dies gelte auch für Kinder, unbegleitete Minderjährige und jene, die aufgrund von Alter oder Krankheit besonders schutzbedürftig sind.

Mit den neuen Gesetzen bricht Ungarn ganz klar EU-Recht, aber auch internationales Recht. Die Regelungen stellen schwerwiegende körperliche und psychische Belastungen für Frauen, Männer und Kinder dar, die bereits großes Leid erfahren mussten. Der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen hat bereits in der Vergangenheit tiefe Besorgnis über die ohnehin erschwerten Bedingungen für Asylsuchende in Ungarn geäußert.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat auf diese Feststellungen bisher nur zurückhaltend reagiert. Wir haben noch keine generelle neue Linie. Auf Überstellung nach Ungarn will es zukünftig nur verzichten, wenn Budapest keine geeignete Unterbringung und keine fairen Asylverfahren garantiert.

Wir meinen als GRÜNE, in Ungarn ist weder das eine noch das andere gesichert. Gerichte wie das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg, aber eben auch der Europäische Gerichtshof teilen diese Einschätzung.

Doch lassen Sie uns nicht nur nach Ungarn schauen. Das Dublin-System selbst steht nach grüner Auffassung im Widerspruch zum Grundsatz der Solidarität zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Es führt zu großem Leid bei Asylsuchenden. Als Bündnisgrüne setzen wir uns deshalb auf allen Ebenen seit Langem für eine Generalrevision des Dublin-Systems ein. Wir wollen keine Rückkehr zu den Zeiten vor Dublin, in denen unklar war, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung eines Asylantrages zuständig ist.

Die Dublin-III-Verordnung in ihrer jetzigen Fassung legt darüber hinaus wichtige Verfahrensgarantien fest, vor allem bei Recht auf Familienzusammenführung und bei der Achtung des Kindeswohls. Es ist wichtig, dass diese Garantien auch künftig beibehalten werden.

Zu entwickeln ist jedoch ein System, das zukünftig eine gerechte Verteilung der Asylsuchenden auf alle Mitgliedstaaten der EU gewährleistet und das auch die kulturellen und sozialen Anknüpfungspunkte und Präferenzen der Asylsuchenden selbst zu berücksichtigen sucht.

Im Sommer 2015 reiste der Innenminister gemeinsam mit dem Innenausschuss dieses Parlaments nach Sizilien. Sie, Herr Innenminister, haben während dieser Reise gegenüber der Presse deutliche Worte gefunden. Ich darf Sie zitieren: Die gesamten Dublin-Regelungen sind so nicht haltbar. Sie forderten: Dublin gehört auf den Prüfstand.

Im Angesicht der rund 8 000 Menschen, die im Behördendeutsch in Sachsen-Anhalt als „DublinFälle“ firmieren, sage ich, Asylsuchende sind Menschen, keine Zahlen, sie zwischen den Mitgliedstaaten hin und her zuschicken wie Frachtgut, ist weder angebracht noch zielführend. Ich bin deshalb bei Ihnen, Herr Minister; denn es ist menschenunwürdig und widerspricht dem Gedanken eines gemeinsamen europäischen Schutzraums für Asylsuchende.

Ich wünsche mir, dass wir in europäischer Solidarität zu anderen Lösungen kommen und den betroffenen Menschen dabei gerecht werden, ohne unsere eigenen Möglichkeiten dabei zu überdehnen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Striegel. Es gibt keine Anfragen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Herr Schulenburg spricht für die CDUFraktion. Sie haben das Wort, Herr Schulenburg.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die ungarische Regierung hat ihren Flüchtlingskurs verschärft, indem sie im

Parlament für die Einrichtung von Transitzentren stimmte, in denen sich alle Migranten während der Dauer ihres Asylaufenthalts aufzuhalten haben.

Die CDU hat schon im letzten Jahr die Einrichtung von sogenannten Transitzonen an der deutschen Grenze gefordert, in denen die Bearbeitung der Asylanträge von Flüchtling schnellstmöglich erfolgen soll. Wir halten dies für ein geeignetes Mittel des Ordnens und Steuerns bei der Bewältigung der Asylanträge.

Die Einrichtung von Transitzentren ist unserer Meinung nach geeignet, dem entgegenzuwirken, dass sich nicht schutzbedürftige Migranten ihrer Abschiebung entziehen.

Solange ein solidarisches europäisches Asylsystem mehr Wunschdenken als Realität ist, sprechen wir als CDU-Fraktion uns für die Einrichtung von Transitzentren aus.

(Beifall bei der CDU)

Das Ziel der CDU gibt jedoch auch die Richtung vor. Daher fordern wir, dass derartige Transitzentren unter den Voraussetzungen der Rechtsstaatlichkeit, der Menschlichkeit und vor allem unter menschenwürdigen Bedingungen eingerichtet werden.

Eine Eigeninitiative seitens des Landes, wie in dem Antrag gefordert, ist in unseren Augen nicht erforderlich. Die EU und der Bund haben schon längst auf die Veränderungen reagiert und fordern von Ungarn vor der Überstellung die Einhaltung der geltenden Rechtslage und der Asylverfahrensrichtlinie der EU.

Es ist Aufgabe des Bundes, die Lage zu bewerten, und nicht die Aufgabe des Landes. Wir lehnen den Antrag der Linksfraktion ab. Da eine Koalition jedoch auch immer das das Eingehen von Kompromissen bedeutet, beantragt die Koalition die Überweisung in den Innenausschuss. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Schulenburg. Es gibt eine Nachfrage. Möchten Sie die beantworten? - Jawohl. Herr Loth, Sie können Ihre Frage stellen.

Herr Schulenburg, laut „MZ“-Bericht vom 27. April 2017 ist Herr Haseloff ja in Ungarn gewesen, um für Zusammenarbeit zu werben usw. Es wurde auch berichtet, dass verschiedene Gespräche geführt wurden.

Ich möchte eigentlich wissen: Können Sie sich vorstellen, dass die beiden Herren, Haseloff und

Orbán, zusammen auch über die Fälle des Kindesmissbrauchs und des Sexsklavenhaltens in UN-Flüchtlingslagern gesprochen haben, zum Beispiel in Haiti oder Afrika?

Herr Schulenburg, bitte.

Also, ich glaube, ich bin da der falsche Ansprechpartner. Dann müssten Sie die beiden Herren fragen, worüber Sie sich unterhalten haben und worüber Sie sich nicht unterhalten haben.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt keine weiteren Anfragen. Nunmehr hat die Abg. Frau Quade für die Fraktion DIE LINKE das Wort. - Sie verzichtet darauf.

Somit steigen wir in das Abstimmungsverfahren zu der Drs. 7/1304 ein. Ich habe vernommen, dass eine Überweisung in den Ausschuss für Inneres und Sport angestrebt wird. Ich stelle das zur Abstimmung. Wer damit einverstanden ist, dass dieser Antrag in den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen wird, den bitte ich um sein Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Das ist die AfD-Fraktion. Ich frage der Ordnung halber: Gibt es Stimmenthaltungen? - Eine Stimmenthaltung. Somit ist dieser Antrag in den Ausschuss überwiesen worden und der Tagesordnungspunkt 15 erledigt.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 16

Beratung