Protocol of the Session on May 5, 2017

Mit dem, was Sie hier vortragen - das haben sie wortwörtlich getan -, meinen Sie nicht die Menschen, egal welche Menschen, Sie meinen nicht den Afghanen, Sie meinen den deutschen Menschen. Das trägt eine Ideologie in sich, bei der ich mich an Kirchen im Nationalsozialismus erinnert fühle. Das ist etwas, von dem ich mich dezidiert distanzieren möchte.

Wir geben allen Menschen Asyl, die mühselig und beladen sind.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN und bei der SPD)

Die Debatte ist somit beendet. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Eine Überweisung in einen Ausschuss wurde nicht beantragt. Also stimmen wir als Erstes über den Antrag der AfD-Fraktion in der Drs. 7/1302 ab. Wer für diesen Antrag stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Enthaltungen? - Ich sehe keine. Somit ist dieser Antrag abgelehnt worden.

Wir stimmen nun ab über den Alternativantrag in Drs. 7/1338 der Fraktionen CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer für diesen Alternativantrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Enthaltungen? - Das ist die AfD-Fraktion und die Fraktion DIE LINKE. Somit ist der Antrag in Drs. 7/1338 angenommen worden. Der Tagesordnungspunkt 13 ist erledigt.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 14

Beratung

DNS-Merkmale forensisch ermitteln - Fahndung nach Tätern und Identifizierung von Opfern erleichtern

Antrag Fraktion AfD - Drs. 7/1301

Einbringer ist der Abg. Herr Kohl. Herr Abg. Kohl, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrte Bingospieler und -spielerinnen!

Die strafprozessuale DNA-Analyse hat als Beweismittel in den vergangenen Jahren in der forensischen Praxis mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Ein Schlüsselereignis dürfte der im Jahr 1999 begangene Sexualmord an einer 16-Jährigen in den Niederlanden sein. In Tatortnähe befand sich ein Flüchtlingsheim. In der Folge gab es Anschuldigungen und gewalttätige Übergriffe.

Aus diesem Grund ordnete die Staatsanwaltschaft zum ersten Mal einen DNA-Test an, um die geografische Herkunft des unbekannten Täters einzugrenzen, zu diesem Zeitpunkt noch ohne Rechtsgrundlage. Nachfolgend wurde die entsprechende Rechtsgrundlage in den Niederlanden angepasst.

Auch als der Bundesgesetzgeber 2003 § 81e der Strafprozessordnung in seiner jetzigen Form einführte, ließ er in der Begründung durchblicken, dass er einer Erweiterung der zu untersuchenden Merkmale bei weiterem Fortschritt der Wissenschaft auf dem Gebiet der DNA-Entschlüsselung nicht im Wege stehen werde.

An dieser Stelle knüpft unser Antrag an. Mit dem eingebrachten Antrag verfolgen wir eine zeitgemäße Erweiterung der entsprechenden strafprozessualen Regelung entsprechend den wissenschaftlichen Möglichkeiten. Konkret wollen wir die molekular-genetische Untersuchung an dem aufgefunden, sichergestellten oder beschlagnahmten Spurenmaterial um die Zulässigkeit der Feststellung äußerlich erkennbarer Merkmale erweitern. Das bezieht sich auf die Augen- und Haarfarbe, den Hauttyp und das Alter des Spurenlegers.

Das hat nichts - das sage ich rein vorsorglich - mit einer Stigmatisierung von bestimmten Bevölkerungsgruppen zu tun. Genau das Gegenteil ist der Fall, weil damit voreilige Verdächtigungen ganzer Bevölkerungsgruppen vermieden werden können und Spekulationen der Boden entzogen wird. Auch Einwände, dass die DNA-Untersuchung keine letzte Gewissheit bietet, lässt sich mit dem Zeugenbeweis kontern. Letzte Gewissheit bietet auch der Augenzeuge nicht, der vielleicht unter Stress etwas objektiv Falsches wahrnimmt und entsprechend aussagt.

Sie alle wissen, wie sehr schwere Straftaten das Sicherheitsgefühl der Menschen beeinträchtigen und in welchem Maße unaufgeklärte Gewalt- und Tötungsdelikte sowie Sexualstraftaten Angst und

Unsicherheit in der Bevölkerung erzeugen. Die Aufklärung derartiger Straftaten stellt die Ermittlungsbehörden häufig vor besondere Herausforderungen.

Den Ermittlungsbehörden ist es nicht damit gedient, wenn sie reihenweise teure DNA-Untersuchungen an vielen Personen ohne besonderen Verdacht durchführen müssen, um einen Verbrecher zu finden. Vielmehr sollten sich die Strafverfolgungsbehörden aufgrund der begrenzten personellen und sachlichen Ressourcen auf die in Betracht kommenden Personen konzentrieren und dadurch die Ermittlungen fokussieren. So könnten Strafverfolgungsbehörden unter anderem auf Reihengentests verzichten.

Natürlich ist es so, dass die aus den DNA-Analysen gewonnenen Hinweise auf Augen- oder Haarfarbe keine hundertprozentige Sicherheit bieten und im Rahmen von Ermittlungen falsch gewichtet werden können. Gerichtliche Fehlurteile können allerdings ausgeschlossen werden, da kein Fall vorstellbar ist, in dem eine Person allein aufgrund der Augen- oder Haarfarbe, des Hauttyps oder des Alters überführt werden könnte, da naturgemäß eine Vielzahl anderer Personen die gleichen Körpermerkmale aufweist. Ein exakter Abgleich der DNA-Spuren ist selbstverständlich unabdingbar.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits erwähnt, brauchen wir in Sachen DNA-Analyse erweiterte Kompetenzen. Geschieht nichts, dann werden Spuren auch in Zukunft ungenutzt bleiben, obwohl sie für die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden von enormer Bedeutung sein können. Dafür haben die Bürger gerade bei Verbrechen gegen Leib und Leben kein Verständnis. Das Recht darf den Bezug zum Rechtsempfinden der Bürger nicht verlieren.

Um den technischen Fortschritt zu nutzen, brauchen wir die entsprechenden rechtlichen Regelungen, damit Behörden ein effektives Ermittlungsinstrument zur Verfügung gestellt werden kann. Das dient letztlich dem Schutz der Bevölkerung, welcher Vorrang haben muss vor dem Schutz von Verbrechern vor der Strafverfolgung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierungskoalition, die vorliegende Thematik dürfte Ihnen vielleicht bekannt vorkommen, da es bereits eine Stellungnahme des Bundesrates zur Ergänzung des § 81e der Strafprozessordnung gibt, der das Land Sachsen-Anhalt im Februar zugestimmt hat. Gesetzgeberisch ist jedoch seither nichts mehr geschehen.

Es ist Aufgabe der Landesregierung, den Hebel anzusetzen gegenüber dem Bundesgesetzgeber und es nicht bei einer Stellungnahme zu belassen und abzuwarten, bis der Bundesgesetzgeber ir

gendwann tätig wird, sondern aktiv einen eigenen Formulierungsvorschlag in die Debatte einzubringen. Mit der genannten Stellungnahme des Bundesrates ist zudem bei Weitem noch nicht sicher, ob und wann die Erweiterung von § 81e der Strafprozessordnung umgesetzt wird.

Sicherlich wird die erweiterte DNA-Analyse nur in besonderen Einzelfällen durchgeführt werden. Aber Sachsen-Anhalt kann angesichts einer allgemein ansteigenden Gewaltkriminalität an dieser Stelle ein Zeichen setzen im Sinne des Rechtsstaates, der inneren Sicherheit und der Opfer.

Abschließend zu Ihrer Information: Der Mörder der 16-jährigen Niederländerin wurde nach 13 Jahren identifiziert; es war ein Bauer aus der Nachbarschaft. - Danke.

(Zustimmung bei der AfD)

Da es keine Fragen gibt, fahren wir in der Beratung fort. Für die Landesregierung spricht Ministerin Frau Keding. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die molekular-genetische Untersuchung gehört zu den wirksamsten Ermittlungsinstrumenten der Strafverfolgungsbehörden überhaupt. Sie ist ein effektives und unverzichtbares Mittel zur Aufklärung und Verhinderung von weiteren Straftaten, aber auch zur Entlastung zu Unrecht Beschuldigter. Das Instrument DNA-Analyse ist gut, kann aber noch verbessert werden.

Nach geltendem Recht dürfen außer dem Geschlecht keine weiteren äußeren Merkmale durch eine DNA-Analyse festgestellt werden. Aber gerade diese können für die Aufklärung von schweren Taten besonders wichtig sein.

(Zustimmung von André Poggenburg, AfD)

Deshalb unterstützt die Landesregierung einen gemeinsamen Gesetzesantrag, und nicht nur eine Stellungnahme, der Länder Baden-Württemberg und Bayern im Bundesrat. Der Gesetzentwurf sieht vor, die DNA-Analyse von Spurenmaterial zu erweitern, und zwar auf die Feststellung über die Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie das biologische Alter nach § 81e Abs. 2 der Strafprozessordnung im Entwurf.

Meine Damen und Herren! Des Antrages der AfDFraktion bedarf es also nicht. Die Landesregierung unterstützt bereits aus eigener Erkenntnis und eigener Initiative einen einschlägigen Gesetzentwurf.

Notabene: Der vorliegende Antrag trifft auch gar nicht das Gewollte, da bei bekannten Beschuldigten die äußeren Merkmale auch durch Augenschein ermittelt werden könnten; einer DNAAnalyse bedarf es dazu in aller Regel nicht. In der Sache ist die Erweiterung auf bestimmte äußere Merkmale ein berechtigtes Anliegen bei unbekannten Tätern.

Die wissenschaftlichen Möglichkeiten dafür wurden in den vergangenen Jahren zunehmend erweitert. Die gesetzlichen Grundlagen sind seit dem Jahre 2004 unverändert geblieben. Daher erfolgt die Unterstützung der süddeutschen Initiative durch die Landesregierung.

Die erweiterten Möglichkeiten der DNA-Analyse geben den Strafverfolgungsbehörden gezieltere Ermittlungsansätze, bessere Fahndungsansätze, eine Möglichkeit der Priorisierung. Es kann auch in einzelnen Fällen der einzige erfolgsversprechende Ansatz sein, diese äußeren Merkmale des unbekannten Täters festzustellen.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Ausdehnung auf die genannten äußeren Merkmale bestehen nicht, da der absolut geschützte Kernbereich der Persönlichkeit nicht betroffen ist. Die Erweiterung der süddeutschen Gesetzesinitiative erstreckt sich ausschließlich auf unmittelbar wahrnehmbare körperliche Merkmale und gerade nicht auf schutzbedürftige Persönlichkeitsmerkmale, beispielsweise Erbanlagen oder krankheitsbezogene Persönlichkeitsmerkmale.

Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich bei Ihnen für die Aufmerksamkeit für dieses Thema. Die Landesregierung wird die süddeutsche Initiative im Bundesrat weiterhin unterstützen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Frau Ministerin, es gibt eine Frage des Herrn Abg. Kohl.

Sehr geehrte Frau Ministerin, eine Frage. Sie sagten, die Landesregierung würde die Gesetzesinitiative unterstützen. Können Sie mir einmal erklären, wie das vonstattengehen wird? - In dem letzten Gesetzentwurf zur effektiveren praxistauglichen Ausgestaltung des Strafverfahrens steht noch nichts davon, dass auch die äußeren Merkmale quasi identifiziert werden sollen.

Es geht um die Bundesratsdrucksache 117/17. Die Beratung ist im Augenblick vertagt worden.

Sie wird aber wieder aufgerufen werden. Die Landesregierung hat sich dazu positioniert, diese nach jetzigem Stand der Dinge weiter zu unterstützen.

Darf ich noch einmal nachfragen?

Frau Ministerin, Herr Kohl hat noch eine Nachfrage.

Ich frage nur deshalb, weil auf der Bundestagsseite noch nichts zu finden ist. Aber es ist in Planung oder in Arbeit, ist das richtig?

Bundesrat. Es geht um die Bundesratsdrucksache 117/17.

Das habe ich gesehen.