Protocol of the Session on May 5, 2017

Ich will Sie etwas zum kleinen Waffenschein fragen, von dem auch die Rede war. Er wird scherzhaft auch Kinderwaffenschein genannt, weil er sich auf Geräte bezieht, aus denen man nur Platzpatronen verschießen kann.

Sie haben behauptet, Pistolen, aus denen man Platzpatronen verschießt, seien potenziell tödlich. Jetzt würde ich von Ihnen gern einmal wissen, wie man mit einer Schreckschusswaffe jemanden töten kann.

Ich könnte mir vorstellen, dass sie sich vielleicht aufgesetzt auf der Halsschlagader, mit viel Pech, tödlich auswirkt. Aber das können auch ein Rasier- und ein Steakmesser. Also, was kann die Schreckschusspistole, was das Rasiermesser und das Steakmesser nicht können?

Dann die Frage: Planen Sie - wenn Sie konsequent sein wollen, müssten Sie auch einen Messerschein planen - einen Messerschein für Rasiermesser und scharfe Steakmesser und, wenn ja, wie soll das dann durchgeführt werden?

(Beifall bei der AfD)

Herr Striegel.

Herr Kollege Tillschneider, ernstzunehmende Fragen beantworte ich gern. Insofern beschränke ich mich auf den ersten Teil Ihrer Anfrage, der schon zeigt, dass Sie offensichtlich vom Gegenstand keine Ahnung haben; denn mitnichten geht es beim kleinen Waffenschein um Platzpatronen; es geht unter anderem um Signalwaffen, Schreckschusswaffen, Waffen, die durch Luftdruck angetrieben werden. Insofern sollten Sie zunächst einmal die entsprechenden technischen Dinge in den Blick nehmen und danach Ihre Fragen stellen.

Selbstverständlich können Sie mit einer solchen Waffe in geeigneter Umgebung, und zwar nicht nur durch aufgesetzte Schüsse, sondern auch

noch in Entfernungen von einem halben Meter, einem Meter, eineinhalb Metern potenziell gefährliche bis hin zu tödlichen Verletzungen verursachen. Schauen Sie sich dazu die einschlägigen Berichte an. Lesen Sie dazu das, was unter anderem die Polizeigewerkschaften geschrieben haben.

Ich meine, dass es vor einiger Zeit - ich kann die Ausgabe nicht mehr genau nennen - auch in der Zeitschrift „Die Polizei“ dazu eine längere und ausgiebige Berichterstattung gab. Vielleicht wollen die Kollegen im Innenausschuss auch noch einmal nachfragen. Ich bin mir sicher, dass unsere Abteilung Polizei im Innenministerium dazu auch vortragen könnte, wenn das gewünscht ist.

Es ist unbestritten, dass von Waffen, die unter den kleinen Waffenschein fallen, eine Gefahr ausgeht. Wäre es nicht so, bräuchten wir überhaupt keine gesetzliche Reglementierung; dann wäre das völlig unnötig. Es ist unbestritten, es wird damit eine Vielzahl von Straftaten verursacht und begangen. Dagegen wollen wir anarbeiten, weil diese Waffen keine Sicherheit schaffen, sondern für Gefahr sorgen. Deswegen muss hier eingegriffen werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Herr Abg. Tobias Rausch, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Striegel, auf die Frage vom Abg. Harms haben Sie wohlwollend geäußert, dass die Kenia-Koalition unter Führung der GRÜNEN jetzt die Polizei immens aufstocken würde, weil die vorherige Landesregierung diese kaputtgespart hätte. Da frage ich Sie, ob Sie den Haushaltsrunderlass 21-04031/2017 kennen - Das wäre meine erste Frage; danach frage ich noch einmal.

Herr Striegel, bitte. - Oder gibt es noch einen zweiten Teil, Herr Rausch? - Okay.

Jetzt frage ich Sie: Was bedeutet denn dieser Erlass für die, die den nicht kennen? Was steht denn darin? Und worum geht es da?

Im Haushaltsführungserlass werden die Grundsätze der Haushaltsführung für den Doppelhaushalt 2017/2018 festgelegt. - Herzlichen Dank.

Nee, nee, das ist gelogen.

(Unruhe)

Das ist eine Nachfrage gewesen.

(Zurufe)

Es steht dem Abgeordneten frei, ob er darauf antworten möchte oder nicht.

Ich habe doch nur eine Frage gestellt.

Sie haben jetzt zwei Fragen gestellt. Entschuldigung, aber das ist Regel. - Bevor wir in die Debatte einsteigen, hat für die Landesregierung der Minister Herr Stahlknecht das Wort. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ausweislich der polizeilichen Kriminalstatistik des Landes Sachsen-Anhalt haben Verstöße gegen das Waffengesetz in den letzten fünf Jahren zwar zugenommen, doch war die Anzahl der Fälle, bei denen tatsächlich geschossen wurde, rückläufig.

Während im Jahr 2012 noch 956 Verstöße gegen das Waffengesetz in der Statistik registriert wurden, waren es 2016 1 179 Verstöße. Die Zahl der Fälle, bei denen geschossen wurde, verringerte sich in demselben Zeitraum von 199 auf 165 Fälle.

Die Aufklärungsquote hat in den betrachteten Jahren die 95%-Marke stets überschritten. Eine Ausnahme bildet das Jahr 2015, wo 94,8 % dieser Straftaten aufgeklärt werden konnten.

Der Anstieg der Zahl kleiner Waffenscheine ist möglicherweise Ausdruck - das ist eben versucht worden zu erörtern, auch durch die Frage von Herrn Harms - eines gewachsenen Unsicherheitsgefühls, welches allerdings aus meiner Sicht nicht berechtigt ist. Aber dieses Gefühl bereitet auch mir als Innenminister Sorge.

Insofern tun wir alle gut daran, die Aufstockung der Polizei auf mittelfristig 7 000 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte und Investitionen in eine bessere Ausrüstung ernsthaft und prioritär im Konzert der Landesaufgaben zu betreiben; das hat der Kollege Striegel gesagt. Es ist immer so: Der Erfolg, lieber Herr Striegel, hat viele Väter.

Nur die Niederlage ist meistens ein Waisenkind. Insofern ist das so, wie es ist.

(Zustimmung bei der CDU und von der Re- gierungsbank)

Präsenz in der Öffentlichkeit und Bürgernähe sind allerdings die Schlüsselwörter und der richtige Weg, um das subjektive Sicherheitsgefühl unserer Bürgerinnen und Bürger zu steigern.

Wenn Sie Statistiken nehmen, dann will ich an der Stelle einmal auf die Unfallstatistik eingehen. Jeder von uns - und fast jeder Bürger in diesem Land - steigt in sein Auto, immer in dem guten Gefühl, es passiert dem anderen, aber nicht ihm. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie aber bei einem Verkehrsunfall zu Schaden kommen, ist wesentlich

(Zuruf: Wesentlich!)

höher als die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Gewaltverbrechens in Sachsen-Anhalt zu werden.

Obwohl die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Gewaltverbrechens zu werden, in Sachsen-Anhalt gering ist, haben die Leute subjektiv das Gefühl, dass ihnen etwas passieren könnte, und anders als beim Autofahren rüsten sie auf. Genau an diesem Punkt müssen wir ansetzen, mit den Menschen reden, müssen wir für Ruhe und Besonnenheit sorgen und nicht noch Hysterie und Angst schüren.

(Beifall bei der CDU und von der Regie- rungsbank)

Das deutsche Waffenrecht hat strenge Maßstäbe für den Erwerb, den Besitz und die Nutzung von Waffen; das ist richtig so. Ohne ein waffenrechtliches Bedürfnis, ohne Sachkunde und ohne Zuverlässigkeitsprüfung erhält niemand in Deutschland eine waffenrechtliche Erlaubnis. Eine Überprüfung in regelmäßigen Abständen und erhebliche Anforderungen an die sichere Aufbewahrung von Waffen komplettieren das System der waffenrechtlichen Vorschriften.

Die Einführung des nationalen Waffenregisters, auch als Reaktion auf Amokläufe, ermöglicht es den Waffenbehörden und der Polizei, waffenrechtliche Erlaubnisse, Beschränkungen und Waffenbesitzverbote bundesweit in einem einheitlichen Register nachzuprüfen. Die Kontrolle des Erwerbs und Verkaufs von Waffen wird damit verbessert.

Auch den kleinen Waffenschein gibt es nicht ohne Voraussetzungen. Auch hierzu wird eine Zuverlässigkeitsprüfung durchgeführt, sodass die strengen Vorgaben des Waffenrechts auch bei den kleinen Waffenscheinen, die Schreckschuss-, Signal- und Reizstoffwaffen betreffen, greifen.

Grundsätzlich hat sich das Anforderungsniveau des Waffenrechtes bewährt. Es trägt Sorge dafür,

dass der legale Waffenbesitz nur für Personen ermöglicht wird, die das Vertrauen verdienen, in jeder Hinsicht ordnungsgemäß und verantwortungsbewusst mit der Waffe umzugehen. Dies ist auch der Anknüpfungspunkt für die waffenrechtliche Zuverlässigkeitsprüfung, wenn Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse beispielsweise als Anhänger der Reichsbürgerbewegung gelten und entsprechend in Erscheinung getreten sind. Auch diese Beispiele sind eben von Herrn Striegel erwähnt worden.

Für den Erwerb und Besitz von erlaubnisbedürftigen Schusswaffen wird durch den Gesetzgeber ein strenger Maßstab angelegt. So wird unter anderem ein Bedürfnis gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gefordert, um einem ausufernden Waffenbesitz entgegenzuwirken.

Die Sportschützen und Jäger, die rund 96 % der legalen Waffen in unserem Land besitzen, gehen in Ausübung der Jagd bzw. im sportlichen Wettkampf sehr verantwortungsvoll mit ihren Waffen um. Andernfalls würden ihnen im Zuge der durch die zuständigen Waffenbehörden regelmäßig durchgeführten Zuverlässigkeitsprüfungen die Waffen entzogen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Notwendigkeit, sowohl den legalen als auch den illegalen Waffenbesitz zu diskutieren, wird aktuell Rechnung getragen. Das Europäische Parlament und die EU-Staaten haben dazu eine politische Einigung zur Reform der EU-Feuerwaffenrichtlinie erzielt. Das EU-Parlament hat die Richtlinie am 14. März dieses Jahres angenommen.

Zu den Neuerungen gehören unter anderem strengere Kontrollen von unscharf und unzureichend deaktivierten Waffen wie denen, die bei den Pariser Anschlägen verwendet wurden, sowie ein für EU-Mitgliedstaaten verbindliches Überwachungssystem für die Ausstellung oder Verlängerung von Erlaubnissen und zum Informationsaustausch. Es wird auch Regeln zur Deaktivierung von Feuerwaffen und zum Internethandel mit Waffen geben.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass es in Kürze auch auf nationaler Ebene Änderungen im Waffenrecht geben wird. In Umsetzung des Koalitionsvertrages der Bundesregierung für die 18. Legislaturperiode wird unter anderem erneut eine zeitlich befristete Strafverzichtsregelung in das Waffengesetz aufgenommen. Diese erstreckt sich in Ausweitung der Regelungen von 2009 neben Waffen auch auf Munition. Zudem soll auch der Transport der Waffen oder der Munition zur Abgabe bei der zuständigen Behörde oder einer Polizeidienststelle der Regelung unterfallen. Auch in diesem Punkt bin ich mir mit dem Koalitionspartner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

und dem Einbringer Herrn Striegel vollumfänglich einig.

(Beifall bei der CDU und von der Regie- rungsbank)