Protocol of the Session on May 4, 2017

(Beifall bei der CDU)

Danke, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Poggenburg, mich wundert es schon, dass sich der Fraktionsvorsitzende um glückliche Schweine kümmert und der PGF aus gesundheitlichen Gründen am Stock geht. Ich hoffe nicht, dass das eine Beschreibung für den Zustand der AfD ist.

(Unruhe - Zuruf)

- Kein Wunschdenken?

(Zurufe)

- Na, wir werden es sehen, man liest ja so Einiges.

Nicht alles, was sich gut anhört, ist auch wirklich gut oder praxisgerecht. Wir haben heute einen

Antrag der AfD mit der wohlklingenden Überschrift „Glückliche Schweine erfordern politische Taten“, der genau in diesen Kontext fällt.

Für die CDU-Fraktion gilt bei der Nutztierhaltung stets der Dreiklang aus Tierwohl, Auskömmlichkeit und Praxisnähe. Natürlich steht immer das Lebewesen im Mittelpunkt. Aber wenn wir über Tierwohl sprechen, dann reicht es eben nicht aus, dass wir die Abschaffung von Kastenständen, mehr Bewegungsfreiheit oder verschärften Tierschutz einfordern.

(Zuruf: Richtig!)

Vielmehr gestalten sich die Zusammenhänge sehr komplex. Wenn man nun die Forderung aufmacht, mal eben alle Kastenstände abzuschaffen, dann muss man sich auch vor Augen führen, dass wir in Sachsen-Anhalt über 1,2 Millionen Schweine und 115 000 Zuchtsauen reden, die überwiegend in Kastenständen gehalten werden.

Allein die Umstellung auf das sogenannte dänische System mit Schutzräumen würde eine Vergrößerung der Fläche von 1,4 auf 3,5 m² Standfläche je Schwein bedeuten; das wäre also fast eine Verdreifachung. Dies bedeutet, dass wir zwei Drittel der Schweine in Sachsen-Anhalt ohne bauliche Erweiterungen nicht mehr halten könnten. Für diese Erweiterungen fehlt besonders den kleinen und mittelständischen Betrieben das Geld.

(Zurufe)

Im Umkehrschluss würden aber weniger Tiere die Rentabilität der Schweinehaltung grundsätzlich infrage stellen. Leider liest man dazu im AfDAntrag nichts, genauso wenig darüber, dass Kastenstände die Tiere voreinander schützen; denn rauschende Sauen können sehr brutal mit ihren Artgenossen umgehen.

(Zuruf)

- Ich ziehe hier lieber keine Schlussfolgerungen, was die AfD betrifft. - Auch zum Arbeitsschutz für Mitarbeiter in den Ställen findet man leider nichts. Wir müssen aus meiner Sicht aufpassen, dass wir nicht einem gesellschaftlichen Mainstream unterliegen, der die Tierhaltung grundsätzlich infrage stellt.

(Zustimmung bei der CDU)

In Sachen Schweinehaltung ist man daher sehr gut beraten, sich der optimalen Haltung wissenschaftlich anzunähern. Daher begrüße ich es sehr, dass man in Iden nach optimalen Methoden artgerechter Haltung sucht. Auch begrüße ich, dass es in Sachsen-Anhalt ein Modellprojekt von 18 Schweinehaltern gibt, die unter wissenschaftlicher Begleitung nach der optimalen Lösung suchen.

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 24. November 2015 hat zu einer großen Verunsicherung in der ganzen Branche geführt. Leider ist das Urteil sehr allgemein formuliert, sodass es von den Behörden vor Ort höchst unterschiedlich interpretiert wird. Die CDU fordert daher schon lange vom Bund Klarheit in puncto Rechtssicherheit bei Stallumbauten. Dazu muss endlich die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung angepasst werden.

Das Gleiche gilt für die Übergangsfristen zur Gruppenhaltung; hier fordern wir 20 Jahre. Unsere europäischen Mitbewerber Holland, Dänemark oder Österreich haben dies schon langfristig geregelt.

Weiterhin wollen wir eine ergebnisoffene Prüfung unterschiedlicher Haltungsmethoden. Hierbei ist nicht die Politik gefragt, sondern die Wissenschaft. Und wir brauchen natürlich Fördermöglichkeiten - da kommt es, was wir gerade gehört haben - für die Umstellung.

Grundsätzlich müssen wir sehr aufpassen, dass wir die klassische Schweinehaltung nicht stigmatisieren, indem wir Züchter und Schweinehalter an den Pranger stellen bzw. immer neue Maßnahmen einfordern, die die Wettbewerbsfähigkeit der Schweinehaltung besonders in kleinen und mittleren Betrieben gefährden.

(Zustimmung bei der CDU)

Die abenteuerliche Forderung im AfD-Antrag nach staatlichen Mindestpreisen für Schweinefleisch oder die Pflicht zur Installation von Sprinkleranlagen erwähne ich hier nur am Rande, weil Einiges mich hier an DDR-Zeiten erinnert mit „staatlich organisiert“.

Die CDU-Fraktion begrüßt grundsätzlich Maßnahmen für mehr Tierwohl. Aber wir wollen die Beteiligung der Wissenschaft. Und es darf die Auskömmlichkeit für die Schweinehalter und Züchter nicht durch praxisferne Regelungen gefährdet werden. Der AfD-Antrag geht aus unserer Sicht in eine sehr einseitige Richtung, ähnlich wie der heute noch als Tischvorlage angekommene Alternativantrag der LINKEN, weshalb wir beide ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Abg. Heuer. Ich sehe keine Anfragen. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion DIE LINKE wird Herr Höppner sprechen. Doch bevor ich ihm das Wort erteile, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Damen und Herren der SPD-Arbeitsgemeinschaft 60plus aus dem Landkreis Schaumburg aus Niedersachsen recht herzlich hier bei uns im Hohen Hause zu begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Abg. Höppner, Sie haben jetzt das Wort. Bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sachsen-Anhalt muss die nachhaltige Entwicklung der Tierhaltung, insbesondere der Schweinehaltung, vorantreiben. Das geht aber nur in Zusammenarbeit und im gemeinsamen Agieren aller Beteiligten.

Schweinehaltung, tiergerechte Schweinehaltung und somit Tierschutz müssen und werden sicherlich in Sachsen-Anhalt zukünftig anders aussehen als heute. Tiere haben dann mehr Auslauf und mehr Platz zu artgemäßer Bewegung, und das Stallklima ist gesundheitsfördernd.

Zukünftig müssen Ställe baulich und sicherheitstechnisch den aktuellen technischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst werden. Auch zum Beispiel der Einsatz von Medikamenten muss deutlich reduziert werden. Auch brauchen Verbraucherinnen und Verbraucher mehr Transparenz darüber, unter welchen Bedingungen ihr Lebensmittel produziert bzw. hergestellt wurde. Sie müssen sich aber auch zunehmend ihrer eigenen Verantwortung stellen.

Ebenso sind wir der Ansicht - da wiederhole ich mich aus unserer Diskussion im letzten Jahr zum Thema Tierwohl -, dass bei der Diskussion um Tierbestandsgrößen aus unserer Sicht verschiedene Punkte zu beachten und in Abhängigkeit voneinander zu sehen sind. Ziel muss die Ermittlung einer territorial ausgerichteten Bestandsgröße sein. Dabei müssen die körperliche Gülleverwertung vor Ort wie auch Lebendvieh- und Futtertransport Beachtung finden. Ebenso müssen eine Sicherung der Versorgung mit Futter aus eigenem Aufkommen und die schadlose Ausbringung von Gülle und landwirtschaftlichen Reststoffen beachtet werden.

Tierhaltung muss an den Boden gebunden werden; denn Probleme sind vor allem dort zu beklagen, wo Investoren Standorte errichten, die keine Verbindung zu den Menschen vor Ort haben und die genannten Faktoren nicht berücksichtigen.

Im Weiteren geht es um mehr Tierwohl im Stall durch ausreichend Platz und auf den Verzicht zum Beispiel durch Amputationen wie das Ringelschwanzkürzen. Es geht darum, Umweltemissionen zu reduzieren und Zielkonflikte zwischen Umwelt- und Tierschutz aufzulösen.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch müssen mit dem Handel verbindliche und langfristige Verträge abgeschlossen werden, und es geht darum, Investitionen in tiergerechte Hal

tungssysteme zu fördern. Das Oberlandesgericht Magdeburg, das wurde schon angesprochen, sprach Sauen in Kastenstandshaltung mehr Platz zu. Nur wenn Sauen genügend Platz im Kastenstand haben, ist diese Haltungsform mittelfristig noch tragbar, wird dort ausgeführt. Für mich ist es ebenso selbstverständlich, dass wir nach einer angemessenen Übergangsfrist von der jetzigen Form der Kastenstandshaltung abkommen müssen. Das sind alles Ziele, die wir verbindlich erreichen wollen.

Der gesamte Prozess muss aber gemeinsam mit der Landwirtschaft gestaltet werden. Nachhaltige Schweinehaltung und Entwicklung gehen nur gemeinsam mit den anderen europäischen Ländern.

Man muss aber feststellen, dass aktuell viele Maßnahmen zum besseren Schutz der Tiere ein wirtschaftliches Risiko für die landwirtschaftlichen Betriebe darstellen, besonders für die kleinen und mittleren Betriebe. Der Strukturwandel in der deutschen, in der europäischen und in der Weltlandwirtschaft ist seit vielen Jahren voll im Gang. Diese Entwicklung hat enorme Auswirkungen auf alle Betriebe. Dazu kommen die Auswirkungen eines globalisierten Agrarmarktes, der Konzentrationsprozess bei den Verarbeitern, Schlachthöfen, Molkereien und im Einzelhandel. Am Ende der Kette muss die heutige Landwirtschaft agieren, gefangen zwischen hohen Auflagen aus der Politik, vielen Erwartungen und Forderungen aus der Gesellschaft und auch den Zwängen des Marktes.

Selbstverständlich hat dies große Auswirkung auf die Landwirtschaft insgesamt, auf die Tierproduktion und auf die Haltung von Nutztieren im Besonderen. Deshalb reicht es nicht, nur nationale Standards festzulegen und umzusetzen, sondern dies ist im gesamten europäischen Binnenmarkt zu tun. Unterschiedliche europäische Vorgaben führen sonst zu Fehlentwicklungen an den Märkten und sind somit wiederum schlecht für die landwirtschaftlichen Unternehmen, die Verbraucherinnen und Verbraucher und die Tiere.

Letztendlich müssen wir auch erreichen, dass Tierschutz, soziale Standards und umweltverträgliche Produktion insgesamt mehr belohnt und nicht nur in irgendeiner Form bestraft werden. Ich freue mich somit auf weitere Diskussionen und bitte Sie, unserem Alternativantrag zuzustimmen. - Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Höppner. Ich sehe keine Anfragen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenbeitrag. Für die Fraktion der SPD spricht der Kollege Herr Barth. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Bitte.

Frau Präsidentin! Mein sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns in der Vergangenheit schon des Öfteren mit diesen Fragen intensiv befasst. Der Tierschutz hat in diesem Hohen Hause sehr oft schon eine Rolle gespielt.

Erinnern möchte ich hier nur an den Beschluss „Tierschutzgerechte Sauenhaltung und Ferkelaufzucht landesweit umsetzen“ in der Drs. 6/3298 und den Antrag von CDU und SPD in der Drs. 6/3898 - Tierschutz weiterentwickeln.

Im Ergebnis der sehr intensiven Beratung zu Fragen des Tierschutzes haben wir einen Ansprechpartner für Tierschutz auf Landesebene installiert, welcher durch den Tierschutzbeirat fachlich unterstützt wird.

Ich denke, es ist nur folgerichtig, dass wir die Arbeit des Tierschutzbeirates und des Ansprechpartners für Tierschutz ernst nehmen und seine Empfehlungen in die Ausscheidungsfindung über die Veränderung von Haltungsbedingungen in der Nutztierhaltung einbeziehen.

Meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten konnte sich vor gut drei Wochen in Iden davon überzeugen - es war heute schon des Öfteren die Rede davon -, dass die Haltungsbedingungen für Sauen am Tierwohl orientiert und praxisnah erprobt und umgesetzt werden.

Der Tierschutz in der Sauenhaltung beinhaltet, wie auch vom Tierschutzbeirat festgestellt, viele Aspekte, die berücksichtigt und zum Teil gegeneinander abgewogen werden müssen. So ist es sicherlich erstrebenswert, wenn Sauen ihr natürliches Sozialverhalten ausleben können. Als problematisch kann sich dies aber während der Rausche herausstellen. Gerade während dieser Zeit kann es wichtig und notwendig sein, die Tiere voreinander zu schützen, um Verletzungen zu vermeiden. Im Abferkelbereich ist zudem zu beachten, dass Ferkel nicht aus Versehen von der Sau erdrückt werden. Auch das ist Tierschutz und muss mit in die Entscheidungsfindung einbezogen werden.

Meine Damen und Herren! Brandschutz in Ställen ist ohne Zweifel eine wichtige Aufgabe. Am besten ist es natürlich, wenn Brände so weit wie möglich ausgeschlossen werden können. In diese Sinne halten wir es für sinnvoll, wenn sich der Agrarausschuss damit intensiv befasst und wenn von der Landesregierung Vorschläge zur Verbesserung des Brandschutzes in Nutztierställen erarbeitet werden.