Protocol of the Session on April 6, 2017

Der Ausschuss für Umwelt und Energie hat in der 9. Sitzung am 22. Februar 2017 den Antrag der Fraktion DIE LINKE „Faire Windenergie in Sachsen-Anhalt fördern“ mehrheitlich abgelehnt. Ich betone, dass dies keine Absage an die Windenergie ist. Unser Ausschussvorsitzender Herr Barth hat diesbezüglich in seiner Einführungsrede die Hintergründe für die Entscheidung deutlich gemacht.

Sachsen-Anhalt ist einer der deutschlandweiten Vorreiter bei der Erzeugung von Strom aus Windenergie. Wir überbieten schon heute die künftigen Ausbauziele des Bundes. Das unterscheidet uns deutlich von anderen Bundesländern wie zum Beispiel, wie gesagt wurde, Thüringen. Von dort stammt die Idee für den uns vorliegenden Ursprungsantrag.

Die sogenannte ThEGA vergibt dort das Gütesiegel „Faire Windenergie Thüringen“. Dieses Gütesiegel soll nachhaltige Standards definieren und die Beteiligung von Bürgern und Kommunen beim Ausbau verbessern. Das hört sich alles schlüssig und schön an. Trotzdem ist nicht alles, was simpel und gut ist, auch schlüssig für unser Bundesland. Man muss nämlich wissen, dass Thüringen mit seinen Ausbauzielen deutlich hinter Sachsen-Anhalt zurückliegt. Das Land muss seine Windeignungsfläche von derzeit nur 0,3 % deutlich erhöhen, um überhaupt in die Nähe des prozentualen Stands an Windeignungsfläche unseres Bundeslandes zu kommen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Bereits heute ist es möglich, über Genossenschaften Windparks zu betreiben. Dafür gibt es durchaus positive Beispiele in der Bundesrepublik.

Wir haben vorhin gehört, dass Sachsen-Anhalt in den kommenden Jahren weniger auf den Zubau neuer Anlagen, sondern mehr auf Repowering setzt. Das ist ein völlig anderer Ansatz als in Thüringen, wo einfach noch Anlagen fehlen. Nicht zuletzt ist die Bundesregierung perspektivisch auch dabei, die regenerativen Energien stärker in die System- und Wettbewerbsverantwortung zu überführen, was im Endeffekt ein höheres Risiko und damit eine schwierigere Finanzierung von neuen Windkraftanlagen nach sich zieht. Wir haben daher den Eindruck, dass der Antrag wenig passgenau für Sachsen-Anhalt ist.

Auch wenn der Antrag nachvollziehbare Ziele verfolgt, kommt er einfach zu spät. Inzwischen gibt es andere wichtige Baustellen, die wir dringend lösen müssen, wenn wir die Energiewende zum Erfolg führen wollen.

Das ist zum einen der Neubau von Übertragungsnetzen. Wir erleben gerade die Diskussion über die Trassenführung und darüber, ob die Leitungen künftig über- oder unterirdisch verlaufen sollen.

Zum anderen müssen wir die Kostenstrukturen für die Übertragungsnetze deutschlandweit regeln. Die Koalitionsfraktionen haben in der zurückliegenden Landtagssitzung einen Antrag dazu eingebracht. In diesem Sinne haben wir in den nächsten Jahren zahlreiche Hausaufgaben zu erledigen.

Ich danke Herrn Barth für seine Berichterstattung und verweise an dieser Stelle auf seine Ausführungen, warum wir den Antrag der Fraktion DIE LINKE im Ausschuss mit Mehrheit abgelehnt haben. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Keine Fragen. - Für die Fraktion DIE LINKE hat nunmehr die Abg. Frau Eisenreich das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die Bedeutung der erneuerbaren Energien für die Energiewende und die Erreichung der Klimaschutzziele herrscht in diesem Haus mit wenigen Ausnahmen Einigkeit. Mehrheitliche Übereinstimmung gibt es auch darüber, dass für eine erfolgreiche Umsetzung dieser Ziele insbesondere die Akzeptanz der Menschen erforderlich ist - so weit, so gut.

Da meiner Fraktion mehr Bürgerbeteiligung und Akzeptanz sowie Transparenz bei Windpark- und Windenergieprojekten wichtig sind, haben wir - das wurde jetzt schon mehrfach genannt - Ende September den Vorschlag unterbreitet, ein Siegel einzuführen, das den fairen Umgang mit Bürgerinnen und Bürgern, Kommunen, Landwirten, Unternehmen vor Ort, deren Einbeziehung von Beginn an und auch den Nutzen für die Menschen vor Ort bescheinigt.

Das Thüringer Modell war eine Anlehnung. Niemand sagt, dass das hundertprozentig so hätte umgesetzt werden müssen. Die geballte Ablehnung schlug uns aber eigentlich schon hier bei der Einbringung im Plenum entgegen. Allerdings erschließt sich mir dieses Verhalten nicht ganz, wenn ich die Diskussion in den beteiligten Ausschüssen für Umwelt und Energie sowie für Lan

desentwicklung und Verkehr Revue passieren lasse, und in beiden war ich dabei.

Dort wurde von allen Fraktionen immer wieder und wieder betont, wie wichtig Bürgerbeteiligung sei, und auch heute ist das hier gesagt worden. Dazu fällt mir allerdings nur ein zu sagen: Die Botschaft höre ich im Moment wohl, allein es mir fehlt noch der Glaube.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Insofern danke ich Ihnen, Frau Ministerin, dass Sie nun hier nach mehr als einem halben Jahr einen Vorstoß verbal in die Diskussion einbringen, von dem bisher nämlich noch nichts zu hören war. Dieses halbe Jahr hätte ja auch die Chance geboten, darüber schon einmal in den Ausschüssen zu reden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Im Übrigen erhielt unser Vorschlag Unterstützung aus der Praxis, nämlich von einem regionalen Akteur der Windenergiebranche, der zugleich zahlreiche weitergehende Vorschläge unterbreitete - ich wiederhole: weitergehend. Damit werden inzwischen auch alle Argumente widerlegt, mit denen behauptet wird, ein solches Siegel würde nur einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand bedeuten. Das ist also mitnichten so.

Ich möchte zum Abschluss noch einmal sagen: Wer mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz möchte, sich aber einer ernsthaften Diskussion von Vorschlägen durch teilweise Pauschalablehnung entzieht, der muss sich auch die Frage nach der Ernsthaftigkeit seiner Aussagen gefallen lassen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abg. Frau Frederking das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Koalitionsvertrag haben wir uns zur Energiewende und zur Akteursvielfalt bekannt, weil insbesondere über die Bürgerbeteiligung Akzeptanz geschaffen wird. Gerade engagierte Bürgerinnen und Bürger waren und sind die treibenden Kräfte der Energiewende. Sie haben für Arbeitsplätze und die Steigerung der regionalen Wertschöpfung gesorgt. Gemeinsam haben sie Windräder und Solaranlagen errichtet und die Wärme aus Biogasanlagen für ihr Dorf nutzbar gemacht. Bundesweit ist die Hälfte der Erneuerbaren-Energien-Anlagen in Bürgerhand.

Dagegen haben die Stromkonzerne die erneuerbaren Energien unterschätzt und zu lange an

fossilen und atomaren Großkraftwerken festgehalten. Heute machen sie Milliardenverluste. Dies verdeutlicht, der Erfolg der Energiewende hängt zentral von der Mitsprache und der finanziellen Beteiligung der Bevölkerung ab.

(Ulrich Thomas, CDU: Na ja!)

Diesen Aspekt greift die LINKE auf, was zu begrüßen ist. Allerdings ist der Kern ihres Antrags die Einführung eines Siegels „Faire Windenergie“, das aus unserer Sicht ein völlig überflüssiges Instrument ist. Aus diesem Grund lehnen wir diesen Vorschlag auch ab. Die Bürgerinnen und Bürger haben ja gar keine Wahl, ob eine Windanlage in ihrer Nähe mit oder ohne Siegel errichtet wird.

(Ulrich Thomas, CDU: Genau! Genauso ist das!)

Das hat überhaupt keine Auswirkungen. Damit kann das Siegel auch nur ganz indirekt Entfaltung erlangen.

Stattdessen brauchen wir wirksame Instrumente und einfache Verfahren für mehr Bürgerbeteiligung. Ziel muss es sein, dass bei Windanlagen die direkt betroffenen Gemeinden und deren Bürgerinnen und Bürger vorrangig am Gewinn beteiligt werden. Das eröffnet wichtige Gestaltungsspielräume, um Projekte des örtlichen Gemeinwesens zu realisieren.

Ich hoffe, dass die Veranstaltung der Agentur für erneuerbare Energien am 1. Juni, bei der es um die erfolgreiche Umsetzung von Bürgerwindprojekten geht, wichtige Ansatzpunkte liefert.

Einige unserer Überlegungen sind erstens feste Ausgleichsabgaben von der Einspeisevergütung an die Standortgemeinden - dann gibt es auch kein wirtschaftliches Risiko für die Kommunen und es gibt auch keine Konflikte, wenn sich eine Kommune in der Haushaltskonsolidierung befindet; außerdem würden auch die Menschen profitieren, die nicht über die notwendigen Mittel für eine eigene Beteiligung verfügen -, zweitens Beteiligungsberechtigung für Einwohnerinnen und drittens Evaluation der in diesem Jahr angelaufenen Ausschreibungen bei Windanlagen.

Doch all diese Betrachtungen nützen nur dann etwas, wenn raumordnerisch gesicherte Flächen für den Zubau und das Repowering von Windenergieanlagen im erforderlichen Umfang zur Verfügung stehen. Hierbei sind die regionalen Planungsgemeinschaften gefordert. Wir werden uns dafür einsetzen, dass das Bürgerengagement für die Energiewende wieder gestärkt wird. Bürgerenergie ist demokratisch, ökologisch und dezentral. Sie mildert die Klimakrise ab und hält Sachsen-Anhalt auf Zukunftskurs.

(Zustimmung von Ministerin Prof. Dr. Clau- dia Dalbert)

Frau Frederking, es gibt zwei Wortmeldungen, zum einen die Wortmeldung des Herrn Loth, der nunmehr das Wort hat.

Sehr geehrte Frau Frederking, ich habe eine Frage. Sie reden immer von „erfolgreich“, „die Bürger wollen das“ und „es ist alles akzeptiert“. Ich frage mich: Wie schätzen Sie denn die 92 % Ablehnung der vier neuen Windkraftanlagen in Quellendorf ein? Ist das auch eine Zustimmung von 8 %?

Konkret den Standort Quellendorf kenne ich nicht, aber mehr als 80 % der Menschen in Deutschland wollen die Energiewende. Mehr als 50 % sagen, es gehe zu langsam. Natürlich müssen Windanlagen an den Standorten errichtet werden, wo sie Mensch, Natur und Landschaftsbild möglichst wenig beeinträchtigen. Aus diesem Grund gibt es auch den Leitfaden Artenschutz an Windenergieanlagen, der jetzt zur Anhörung gekommen ist. Er soll Konflikte lösen, insbesondere zum Naturschutz, zu den Arten, zu den Vögeln. Hierbei geht es auch darum, dass Einzelfallentscheidungen möglich sein sollen.

Zum anderen hat sich noch Herr Harms gemeldet.

Frau Frederking, Sie haben die große Akzeptanz erwähnt, die man durch die Beteiligung der Bürger erreichen kann, wenn sie sich finanziell beteiligen dürfen. Heißt das, dass sie sich auch an den finanziellen Risiken einer solchen Investition beteiligen dürfen?

(Robert Farle, AfD: Klar!)

Danke. Damit sind wir am Ende dieses Debattenbeitrags. - Für die Fraktion der SPD spricht die Abg. Frau Schindler. Bitte sehr.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits bei der Einbringung des Antrags erwähnte ich für unsere Fraktion, dass die im Antrag formulierten Ziele keineswegs abzulehnen sind und nicht infrage stehen: mehr Bürgerbeteiligung und mehr Chancen der Mitbestimmung.

Sie sagten, es würden dann die Taten nicht folgen. Es sind aber doch viele Taten gefolgt. Einige hat die Ministerin schon vorgetragen.

Wir haben den Antrag an den Ausschuss überwiesen mit dem Ziel, uns noch weitere Meinungen einzuholen. Wir hatten dazu, so wie es der Ausschussvorsitzende vorgetragen hat, ein Fachgespräch mit der Lena und dem Landesverband erneuerbare Energien durchgeführt. Beide waren auch nicht davon überzeugt, dass das Siegel dieses Ziel erreicht, welches Sie mit Ihrem Antrag verfolgen.

Mich wundert es schon, dass Sie sagen, Betreiber vor Ort würden neben diesem Siegel noch weitergehende Vorschläge machen. Das ist aber etwas anderes als das, was Sie in Ihrem Antrag gefordert haben. In dem Antrag haben Sie gefordert, das Siegel einzuführen und durch die Lena vergeben zu lassen. Über beide Positionen haben wir diskutiert und uns entschieden.

Wie gesagt, wir stehen dazu, dass wir sagen, weitere Bürgerbeteiligung, mehr Transparenz im Umgang, aber das erreichen wir nicht durch die Einführung eines Siegels, welches durch die Lena vergeben werden soll.

Auch auf die Nachfrage, wie sich die Unternehmen für dieses Siegel entscheiden sollen, ob es freiwillig oder verpflichtend sein soll, antworteten Sie mit dem Hinweis, dass das freiwillig ist. Somit ist das ein Instrument, das vielleicht auch als Schaufensterinstrument gewertet werden kann.

Mehr Bürgerbeteiligung ist vor allen Dingen durch mehr Aufklärung und Diskussion vor Ort möglich. Die Lena ist in Zusammenarbeit mit dem Umwelt- und dem Wirtschaftsministerium an dem Thema Bürgerbeteiligung und Energiegenossenschaften interessiert. Ideenpapiere zum Thema Energiewende mit dem Mehrwert für Bürgerinnen und Bürger sind entwickelt worden. Das Thema Bürgerbeteiligung wird im Landesnetzwerk Energie und Kommunen sowie im Energieforum SachsenAnhalt aufgegriffen. Wie die Ministerin sagte, wird auch im MULE an der Entwicklung eines Bürgerenergiekonzeptes gearbeitet.