Und so weiter. Da fragt sich der Beobachter: Reden Sie in der Koalition miteinander und vor allen Dingen in der eigenen Partei?
(Zuruf von André Poggenburg, AfD - Dr. Falko Grube, SPD: Wir reden mitein- ander! Bei Ihnen ist das anders!)
Misstrauen Sie der Beschlussumsetzung durch die von Ihnen selbst gestellte Landesregierung? - Nach Lesart des Beschlusses ist die darin gefasste Handlungsanweisung für die Landesregierung bindend. Er beinhaltet sowohl jede aktive und passive Handlung der Landesregierung zur Beschlussumsetzung als auch Eigeninitiativen wie Anschlüsse an Initiativen anderer Bundesländer.
Der Handlungsauftrag durch den Landtagsbeschluss ist also nach wie vor gültig. Akzeptanz und Standpunkt seitens der Landesregierung sind in der Beschlussrealisierung umfassend dargestellt.
Da sage ich Ihnen ganz deutlich: Ich hätte diesen Antrag jetzt nicht gebraucht. Die Aufgabe wurde vom Ministerium verstanden und ist existent. Aber vielleicht trauen die GRÜNEN dem Braten nicht. Auch aus der Sicht der AfD stehen sich Energiewirtschaft und Regierungsparteien grundsätzlich viel zu nah. Im Grunde genommen muss man den Sozen immer misstrauen. Da geben wir Ihnen recht.
Ja, den Sozen muss man misstrauen. Vieles deutet nämlich darauf hin, dass die SPD im Bund und in NRW die gerechte Verteilung der Netzentgelte verhindert. SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft will wiedergewählt werden. 500 Millionen € neue Kosten und Lasten für NRW sind da nicht unbedingt willkommen, auch wenn sie solidarisch geboten sind.
Solidarisch auf sozialdemokratisch und auch auf christdemokratisch geht so: Vor dem Energiegipfel im April 2006 streichen SPD und CDU vom hochsubventionierten nordrhein-westfäli
schen Energiekonzern RAG erst einmal 170 000 € Parteispenden ein mit der Begründung durch einen RAG-Sprecher: Wir unterstützen damit maßgebliche Träger des demokratischen Systems. - Da machen Entscheidungen richtig Spaß!
wirtschaft von damals erinnert. Die vermiedenen Netzentgelte fährt man behutsam herunter, statt sie gleich zu streichen, wie beantragt. Auf die Vereinheitlichung der Übertragungsnetzentgelte wird lieber erst einmal ganz verzichtet. Unglückliche Entscheidungen hier könnten ja die Spendenwilligkeit gefährden.
Meine Damen und Herren! 170 000 € lassen sich auch 2017 gut verwenden, vor allem wenn einem die AfD im Nacken sitzt.
Schließlich ist in NRW dieses Jahr Wahl und das Land Nordrhein-Westfalen wäre von einer Harmonisierung der Netzentgelte besonders negativ betroffen. Dort zahlt man teilweise nur die Hälfte der Ostbeiträge.
Okay. - Auch Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Duin, SPD, bestätigt, dass es keinen Anlass gibt, eine bundesweite Umlage der Netzkosten sowohl auf Verteilnetzebene als auch auf Übertragungsnetzebene anzustreben. Und wenn die Bundes-SPD nicht will, wird dieser Antrag auch nicht weiterhelfen.
Okay. Gut. - Dieser Antrag ist eigentlich unsinnig, aber wir stimmen ihm im Sinne unserer Bürger trotzdem zu.
(Beifall bei der AfD - Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Für Frau Gorr? - Zurufe von der CDU, von der LINKEN und von der SPD)
Damit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Herr Radke spricht für die CDU-Fraktion. Sie haben das Wort. Bitte.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohe Netzkosten belasten uns in SachsenAnhalt und in allen neuen Bundesländern. Ich bin sehr froh, dass wir uns in den Koalitionsfraktionen einig sind, wenn es um eine solidarische Lastenverteilung dieser Kosten geht.
Ich erwähne dies vor dem Hintergrund, dass regelmäßig geklagt wird, dass die Produktivität der ostdeutschen Wirtschaft von der Produktivität der westlichen Bundesländer noch zu weit entfernt ist. Zwar gibt es in der technischen Produktion bedeutende Fortschritte, aber aufgrund der Kleinteiligkeit der hiesigen Wirtschaft müssen wir aufpassen, dass nicht verschärfte Rahmenbedingungen zu einem Stocken des Angleichungs- und Aufholprozesses führen; denn nicht zuletzt entscheidet wirtschaftlicher Erfolg auch über den Wohlstand in den neuen Bundesländern. In diesem Kontext sind die Energiepreise ein wesentlicher Kostenfaktor für Unternehmen und Verbraucher.
Ich möchte jetzt nicht den Sinn oder Unsinn der Energiewende allgemein bewerten. Das sieht meine Fraktion bekanntermaßen nicht unkritisch. Vielmehr möchte ich auf die zusätzlichen Kostenfaktoren eingehen, die sich schlussendlich im Gesamtstrompreis niederschlagen. Einer dieser großen Kostenfaktoren sind die Netzentgelte.
Wir haben deutschlandweit inzwischen ein großes Nord-Süd-Gefälle. Eine Sonderstellung nehmen dabei die neuen Bundesländer ein. Simplifiziert
könnte man sagen, dass man im Norden den Strom erzeugt, der im Süden verbraucht wird. Dieser Strom muss transportiert werden. Das geht über Stromtrassen, die neu gebaut werden müssen oder die kurz vor einer Sanierung stehen. An dieser Stelle beginnt quasi die Krux.
Während die neuen Bundesländer die Sanierung der alten DDR-Stromtrassen quasi durch höhere Stromkosten über die letzten 20 Jahre abbezahlt haben, versucht man nun, den Sanierungsbedarf der alten Bundesländer deutschlandweit zu verteilen. Dies würde zu einem erneuten Ansteigen der ostdeutschen Strompreise führen, obwohl die Kosten in West- und Süddeutschland auf so viele Verbraucher verteilt werden könnten, dass ein Ansteigen der dortigen Strompreise immer noch deutlich geringer wäre, als das in den neuen Bundesländern in der Vergangenheit der Fall war.
Daher muss die Lastenverteilung der Kosten solidarisch unter Anerkennung der bisherigen Kostenfaktoren in den neuen Ländern erfolgen, wie es in unserem Antrag formuliert ist. Einer dieser Kostenfaktoren sind regenerative Energien. SachsenAnhalt erfüllt bereits seit mehreren Jahren die Ausbauziele, die sich der Bund erst für das Jahr 2020 auferlegt hat. Bei der Windenergie zum Beispiel hat man das politische Ziel von bundesweit 35 % festgeschrieben. Mit anderen Worten heißt das, dass die Länder mit dem höchsten Anteil regenerativer Energien gleichzeitig den größten Beitrag zum Klimaschutz und damit für die gesamte Bundesrepublik tragen. Dafür dürfen die, meine Damen und Herren, nicht auch noch durch neue zusätzliche Kosten bestraft werden.
Ein weiteres Problemfeld sind die sogenannten Redispatch-Kosten. Immer dann, wenn zu viel Strom im Netz ist und deshalb Anlagen abgeschaltet werden müssen, haben die Betreiber ein Recht auf eine entsprechende Entschädigung. Da Braunkohlekraftwerke nicht flexibel genug sind, um Schwankungen abzufedern, werden in der Regel Windanlagen abgeschaltet. Auch diese Kosten werden auf die Netzentgelte umgelegt, und zwar dort, wo diese Kosten entstehen.
Die Koalitionsfraktionen sind der Meinung, dass Klimaschutz eine gesamtdeutsche Aufgabe ist und dass zusätzliche Kosten nicht nach dem Verursacherprinzip, sondern zwischen Nordsee und Alpen umgelegt werden müssen. Vor diesem Hintergrund möchte ich das Engagement unseres Ministerpräsidenten erwähnen und loben, der sich unmissverständlich für bundeseinheitliche Netzentgelte ausgesprochen hat. Wir müssen unsere ganze Kraft dafür einsetzen, dass Energie nicht ungehemmt teurer wird; denn hohe Energiekosten bedeuten ein Ansteigen der Inflation und eine Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft.
Auch wenn es nicht zum Antrag selbst gehört, will ich es seitens meiner Fraktion erneut ausdrücklich betonen, dass wir weiterhin an der EEG-UmlageBefreiung für energieintensive Unternehmen festhalten. Das ist wichtig, um auch künftig Nachteile für produktive Branchen zu entschärfen.
Zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich Sie bitten, dem Antrag der Koalitionsfraktionen zuzustimmen. Er ist außerordentlich wichtig und stützt die Landesregierung in den Bemühungen, Klimaschutz und Energiepreise in Einklang zu bringen. - Danke schön.
Es gibt keine Anfragen. Daher kommen wir zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Eisenreich. Sie haben das Wort, Frau Eisenreich, bitte schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nur fünf Monate ist es her, dass wir hier über die zukunftsfähige und gerechte Gestaltung des Netzausbaus debattiert haben und die Landesregierung beauftragt wurde, sich für eine bundesweite Angleichung der Netzentgelte einzusetzen.
Doch ungeachtet der massiven Erhöhung der Netzentgelte durch die Übertragungsnetzbetreiber TenneT und 50Hertz zu Jahresbeginn und auch der weiterhin überproportionalen Belastung durch mitunter doppelt so hohe Netzentgelte in den ostdeutschen Bundesländern wurde die vereinbarte bundesweite Angleichung der Netzentgelte und deren solidarische Finanzierung durch die Bundesregierung aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Dabei hätten zwölf der 16 Bundesländer von der Neuregelung profitiert.
Diese wirtschaftliche Benachteiligung der Länder im Norden und Osten der Bundesrepublik, die die Energiewende maßgeblich tragen und voranbringen, ist nicht länger hinnehmbar.