ni 2016 an die Mitglieder der Bürgerinitiativen für vertretbare Abwassergebühren in Sachsen-Anhalt versandt wurde. In diesem Schreiben ist folgender Satz zu lesen - ich zitiere -: Wir vermeiden überflüssige Gerichtsverfahren mit ungewissen Prozessrisiken für alle Beteiligten.
Schaut man heute auf das tatsächliche Geschehen, so reibt man sich verwundert die Augen und stellt fest, dass Sie es hätten besser wissen können. Die Gesetzesänderung entfaltete ebenso wenig Wirkung wie die zu Jahresbeginn erlassene Bitte des Innenministeriums an die Verbände, die Vollziehung der Rechtsakte im Zusammenhang mit dem beklagten Paragrafen auszusetzen.
Außerdem wurde die alleinige Verantwortung auf die kommunalen Aufgabenträger abgewälzt. Die im Juni verabschiedete gesetzliche Regelung läuft damit auch dem im Kommunalabgabengesetz verankerten Grundprinzip des Interessenausgleichs zuwider. Denn die aktuelle Situation ist nicht nur ein Ärgernis für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Institutionen, sondern sie bringt auch die kommunalen Aufgabenträger in arge Bedrängnis. Diese können und dürfen auf ihre Forderungen, die sie im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen gestellt haben, nicht so einfach verzichten.
Daher ziehen sich die Verbände auf die Position zurück, die Betroffenen könnten ja klagen. Diese Praxis der Rechtsstaatlichkeit, dass jeder die Möglichkeit hat, sein Recht einzuklagen, die auch hier im Hause immer mal wieder angeführt wird, kann doch nicht die Entschuldigung für die Unzulänglichkeit von gesetzlichen Regelungen sein.
Viele Betroffene können sich doch ein solches Vorgehen nicht leisten. Abgesehen davon kann es auch nicht gewollt sein, die Gerichte sehenden Auges mit Klagen zu überfrachten.
Übrigens gibt es eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg vom Juni dieses Jahres, die den Aussetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg bestätigte. Dort hatte die betroffene Partei gegen einen kommunalen Aufgabenträger geklagt und gefordert, die Forderungseintreibung bis zur Klärung der Verfassungskonformität auszusetzen. Nur hat auch diese Entscheidung keine Auswirkung auf die anderen.
Aus der Sicht meiner Fraktion bleibt deshalb zu fragen, warum Sie Ende Mai, Anfang Juni unseren Gesetzentwurf ablehnten. Es wäre der richtige Schritt zur richtigen Zeit gewesen, doch Sie, sehr geehrte Damen und Herren aus den Koalitionsfraktionen, glänzten einerseits mit Ignoranz gegenüber unseren Vorschlägen und andererseits war bereits damals absehbar, dass die von Ihnen durchgesetzten Regelungen die Ungleichbehand
Es bleibt dabei: Soll ein Moratorium Wirkung entfalten, muss es gesetzlich verbindlich geregelt sein. Die Fraktion DIE LINKE hatte in dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes dafür ein Moratorium vorgeschlagen - Sie erinnern sich -, durch das die Vollziehung aller Verwaltungsakte zum Ausgleich von Vorteilslagen, die unter die Übergangsvorschrift nach § 18 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes fallen, bis zur Entscheidung des Landesverfassungsgerichts über die förmliche und sachliche Vereinbarkeit mit der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt ausgesetzt wird. Nur eine solche verbindliche Regelung hätte Rechtssicherheit herstellen können.
Zudem sollte das Land Verantwortung gegenüber den Aufgabenträgern der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung übernehmen, indem die durch das Moratorium unmittelbar und nachweislich entstandenen Aufwendungen durch das Land zu erstatten gewesen wären. Doch genau das wollten die CDU, die SPD und die GRÜNEN in diesem Hause nicht. Die Folgen fühlen und erleiden die betroffenen Bürgerinnen und Bürger jetzt umso mehr.
Durch diese Situation hervorgerufene unbillige Härten müssen nun endlich ausgeräumt werden. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, sich unverzüglich mit den Zweckverbänden ins Benehmen zu setzen und die Auseinandersetzungen endlich zu stoppen.
Bekennen Sie endlich Farbe im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und anderen Betroffenen in Sachsen-Anhalt und berichten Sie im Januar 2017 in den Ausschüssen für Recht, Verfassung und Gleichstellung sowie für Inneres und Sport über die Ergebnisse Ihrer Gespräche mit den kommunalen Aufgabenträgern.
Sie haben es jetzt in der Hand, kurz vor Weihnachten und auch kurz vor der am 24. Januar 2017 anstehenden Entscheidung des Landesverfassungsgerichts rechtlichen und sozialen Frieden zu schaffen. Das sind Sie diesem Land und den Menschen schuldig. Ich werbe deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Debatte fortfahren. Für die Landesregierung hat Minister Herr Stahlknecht das Wort. Bitte, Herr Minister.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es damals mit der Änderung des KAG ganz bewusst in die eigenständige Verantwortung und Entscheidung der Verbände gelegt, ob sie die in Rede stehende Beitragsfestsetzung sofort vollziehen oder warten, auch warten im Hinblick auf die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts.
Wir beschwören immer wieder - und das auch zu Recht - die Verantwortung der kommunalen Selbstverwaltung und Selbstverantwortung. Es ist nur recht, wenn wir es in die kommunale Selbstverantwortung legen, auch in die eigene Finanzverantwortung der Kommunen und Verbände, ob sie die Wahlmöglichkeiten eines Gesetzes anwenden oder nicht.
Insofern ist das, was wir als Gesetzgeber hier im Landtag beschlossen haben, ein richtiger und weiser Beschluss gewesen.
Aber wer zu kritisieren ist, sind die Geschäftsführer der Verbände. Ich sage Ihnen ganz deutlich, auch in Erwartung eines Urteils des höchsten Gerichts dieses Landes hätte es der Respekt vor der höchstrichterlichen Rechtsprechung geboten, dass ein Geschäftsführer mit der Vollstreckung dieser Bescheide wartet, bis eine höchstrichterliche Rechtsprechung erfolgt ist.
Und es gehört auch dazu, dass Gemeinden und kommunale Aufgabenträger - das habe ich damals gesagt - sich nicht als hoheitliche im preußischen Sinne Beamte verstehen, die Dinge durchsetzen müssen, sondern vielleicht im 21. Jahrhundert auch einmal lernen müssen, dass sie Dienstleister sind.
Ich kann auch Ihr Argument der Verantwortung nicht nachvollziehen. Wenn Sie Geschäftsführer eines Verbandes werden, dann habe ich die Erwartung, dass einer die entsprechende Ausbildung hat, um diese Aufgabe wahrzunehmen und er wird auch dementsprechend gut besoldet und bezahlt. Im Übrigen jeder besser als jeder einzelne hier für sich. Vielleicht kriegt einer so viel, wie Ihre gesamte Fraktion zusammen.
Da habe ich schon die Erwartung: Wer sich in solchen Gehaltsgruppen bewegt, ob er Geschäftsführer eines Verbandes ist, ähnlich wie ein Vorstandsvorsitzender einer Aktiengesellschaft oder Geschäftsführer einer GmbH, muss seiner Verantwortung gerecht werden und braucht dafür nicht staatliche Stützen, die als Autoritätsprothesen von ihm dann eingezogen werden.
Insofern warten wir jetzt die Entscheidung des Verfassungsgerichts in Demut vor der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab, setzen uns kritisch mit denen auseinander, die auf kommunaler Ebene ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden sind. Das sind die Verbandsgeschäftsführer, die kritisiere ich. Ich halte das für unanständig. Ich sage das auch deutlich. Ich möchte das abwarten können. Aber es ist kein Fehler der Gesetzgebung und des Parlaments.
Tun Sie uns doch bitte auch einen Gefallen: Auch von Ihnen erwarte ich die Demut beim Abwarten der Entscheidung des Gerichts. Sie antizipieren schon das Ergebnis, weil Sie glauben, Sie werden gewinnen. Nun warten Sie es doch erst mal ab.
Ich sehe keine Fragen. Demzufolge können wir in der Debatte mit den Fraktionen beginnen. Für die SPD-Fraktion spricht Frau Schindler. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich damit beginnen, dass natürlich der Antrag auch in einer Linie steht, in der die LINKE über die gesamte Zeit der Entscheidung auch zum Kommunalabgabengesetz und der damaligen Regelung 2014 entgegengestanden hat. Es ist Ihr gutes Recht und es war auch Ihr gutes Recht, das Normenkontrollverfahren vor dem Landesverfassungsgericht anzustreben. Aber jetzt auch immer wieder nachzuhaken und immer wieder nachzukarten, dass diese grundsätzliche Entscheidung in Rede steht, dass dann auch wieder mit diesem Antrag zu verfestigen, Beitragsauseinandersetzungen Einhalt gebieten.
Auch die damalige Entscheidung, dass die Möglichkeit eingeräumt wird, bis zum Ende des Jahres 2015 die ausstehenden Beiträge zu erheben, wird geprüft, und ich warte auf die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts. Ich stehe aber wiederum weiterhin zu der Entscheidung, die wir damals getroffen haben, dass diese Frist des einen Jahres berechtigt gewesen ist, weil es nämlich auch Entscheidungen im Vorfeld gibt, die sagen, dass Beitragsgerechtigkeit nicht nur da anfängt, wo der eine zahlt oder der andere nicht zahlt,
sondern vor dem Grundgesetz sollten gleiche Tatbestände auch gleich gewertet werden. Deshalb bin ich gespannt, wie das Landesverfassungsgericht in der Sache entscheiden wird.
Mit unserem Beschluss im Sommer dieses Jahres, nämlich am 3. Juni, zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes, haben wir nicht versprochen, dass es Rechtssicherheit abschließend gibt, sondern da haben wir auch schon darauf hingewiesen,
dass es das Moratorium gibt und dass es die Klage vor dem Landesverfassungsgericht gibt. Wir haben nur den Weg bis dahin jetzt beschrieben mit dem Moratorium und der Möglichkeit der Verbände, in diesem Sinne zu entscheiden.
Auch am 3. Juni habe ich schon gesagt: Für uns ist die kommunale Selbstverwaltung ein hohes Gut und wir geben den gesetzlichen Rahmen. Die abschließende Entscheidung ist nach den Entscheidungen vor Ort zu treffen.
Da will ich auch nicht jedes Mal, wenn mir eine Entscheidung vor Ort gefällt oder nicht gefällt, eine Debatte im Landtag, ob wir dann daraufhin das Gesetz ändern müssen oder nicht. Und die Verbände vor Ort haben auch unterschiedlich entschieden auf der gleichen gesetzlichen Grundlage. Der eine Verband, nämlich Weißenfels, hat diese Möglichkeit in Anspruch genommen. Andere Verbände, wie in Wolmirstedt, haben die Möglichkeit nicht in Anspruch genommen.
Das liegt sozusagen nicht am Gesetz, sondern es liegt an der Entscheidung vor Ort, die für mich aber wiederum auch ein hohes Gut ist in der Abwägung der unterschiedlichen Interessen. Wenn die Entscheidung vor Ort nicht kommunalaufsichtlich zu hinterfragen ist, sondern wenn sie in der Entscheidung auf der gesetzlichen Grundlage in der einen Sache so entschieden haben und in der anderen Sache so - wie gesagt, die grundsätzliche Entscheidung steht ihnen frei -, ist diese auch nicht zu beanstanden.
Wenn Sie jetzt die Landesregierung nochmals auffordern, tätig zu werden, dann will ich darauf hinweisen, dass wir in der Vergangenheit auch mit dem Gesetzesbeschluss 2014 darauf hingewiesen haben, dass die Landesregierung eine Taskforce eingerichtet hat, die Verbände in ihrem Vorgehen beraten hat und auch heute weiterhin einer Beratungsmöglichkeit nichts entgegensteht.
Lassen Sie mich abschließend sagen: Wir warten die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts am 24. Januar ab. Ich bin nicht so verwegen, heute die Entscheidung schon vorwegzunehmen und mich vielleicht in Spekulationen zu begeben, ob das Landesverfassungsgericht die Regelung
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Mit Ihrem Antrag, liebe LINKE, zeigt sich die ganze Schwäche der Beschlüsse, die damals gefasst worden sind. Das Ergebnis der letzten Beschlüsse, durch einen Antrag der KeniaKoalition, durch die Fraktionen der CDU, SPD und GRÜNEN vorgelegt und am 3. Juni 2016 in Form des zweiten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes beschlossen, schafft entgegen allen Beteuerungen keine Rechtssicherheit bei der Erhebung der umstrittenen Beitragsforderungen.
Es hält sich nahezu keiner an das Moratorium. Wenn man sich die Frage stellt, warum, haben wir Ihnen das bereits in unserem Redebeitrag beantwortet. Der Kollege Farle hatte dieses ausgiebig erläutert.