Ein funktionierender Rechtsstaat ist in einer Demokratie eine nicht verhandelbare Bringschuld und die Voraussetzung für den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Die Menschen haben das berechtigte Vertrauen, dass Recht und Gesetz im Land nicht nur gelten, sondern auch durchgesetzt werden. Dadurch festigt die Demokratie insgesamt ihre Akzeptanz.
Es ist deshalb wichtig und richtig, den Justizapparat in seiner Gesamtheit personell und organisatorisch so auszugestalten, dass er nicht nur handlungsfähig ist, sondern auch ein Garant für Rechtsstaatlichkeit in Sachsen-Anhalt bleibt.
Diese Voraussetzungen für die Sicherheit, den Rechtsgewährungsanspruch und die personelle Ausstattung müssen wir schaffen. Wenn ich „wir“ sage, dann meine ich in der Tat das ganze Haus. Wir sind Haushaltsgesetzgeber und es muss uns tatsächlich gemeinsam gelingen, an dieser Stelle bei nicht überschwänglichen geldlichen Ressourcen die Prioritäten so zu setzen, dass wir das in den nächsten Jahren gut schaffen können.
Ich beantrage deshalb die Überweisung zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung. - Herzlichen Dank.
Ich sehe keine Nachfragen dazu. Deswegen bekommt nun der Abg. Herr Kolze für die CDUFraktion das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Personalstrategie in der Justiz - die Dritte Gewalt im Land Sachsen-Anhalt auf tragfähige Füße stellen“ lautet die Überschrift Ihres Antrages, liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN.
Im Wesentlichen zielt er darauf ab, die rechtsprechende Gewalt personell und sachlich auskömmlich für die kommenden Jahre auszustatten. Sie erwarten schnelle, bürgernahe und effiziente Entscheidungen.
Meine Damen und Herren! Unser Bundesland hat eine leistungsfähige, starke Justizlandschaft. Die bestehenden Justizzentren in Dessau, Halle, Magdeburg und Stendal haben sich bewährt. Eine unabhängige und effiziente Justiz ist das Rückgrat unserer Rechtsordnung.
Wir setzen ein hohes Maß an Vertrauen in die Arbeit unserer Justiz. Die Justiz trägt dazu bei, dass der Rechtsstaat funktioniert. Die CDU-Fraktion will ihren Beitrag leisten, um eine bürgernahe und leistungsfähige Judikative sicherzustellen. Gerichte und Staatsanwaltschaften personell und sachlich auszustatten, ist gleichfalls ein Arbeitsschwerpunkt der Koalitionsfraktionen.
Der demografische Wandel macht auch vor der Justiz nicht halt. Dem Justizgewährungsanspruch der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes folgt die rechtsstaatliche Pflicht, nicht nur die Existenz einer Gerichtsbarkeit und den Zugang zu ihr zu gewährleisten, sondern auch einen wirkungsvollen Rechtsschutz zu garantieren.
Um diesem Anspruch gerecht zu werden, müssen die Justiz und der Justizvollzug leistungsfähig und bedarfsgerecht ausgestattet sein. Altersabgänge müssen bedarfsorientiert kompensiert werden. Neueinstellungen sowie Qualifizierungsmaßnahmen sind in allen Laufbahngruppen zu berücksichtigen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Personal ist am Bedarf auszurichten. Wir beabsichtigen, zunächst die Personalausstattung und den Einstellungskorridor bei den Gerichten zu über
prüfen, beginnend bei den Sozialgerichten und Staatsanwaltschaften unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsbelastung.
Somit ist für uns der maßgebliche Aspekt die Arbeitsbelastung der Gerichte und Staatsanwaltschaften als Grundlage zu treffender Entscheidungen. Eine wie von der antragstellenden Fraktion DIE LINKE vorgeschlagene auf Dauer angelegte Personalstrategie in Form einer strategisch angelegten Personalplanung für einen längeren Zeitraum halten wir jedoch nicht für erforderlich und sehen diese im Besonderen als verfassungsrechtlich bedenklich an.
Die Grenze parlamentarischer Kontrolle des Regierungshandelns findet sich dort, wo der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung betroffen ist. Vorliegend spricht einiges dafür, dass diese Grenze mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE überschritten ist.
In Nr. 2 des Antrages ist nicht nur eine Bitte um ein bestimmtes Tätigwerden der Regierung formuliert, sondern vielmehr eine verbindliche Anordnung, verbunden mit der Ankündigung, die Umsetzung zu kontrollieren. Ich zitiere: „ist […] vorzulegen“. Darin liegt eine Aufforderung nach einem verbindlichen Handeln seitens der Landesregierung. Eine solche konkrete Steuerung des Regierungshandelns steht dem Parlament indes nicht zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist das Parlament ein politisches Kreations-, Überwachungs- und Revokationsorgan, nicht aber ein umfassendes Rechtsaufsichtsorgan.
Die Forderung nach einer strategisch angelegten Personalplanung zielt auf den Bereich der Verwaltung ab, welcher Kern exekutiver Verantwortung und somit Angelegenheit der Landesregierung ist. Allein aus diesem Grunde wäre nach unserer Auffassung der Antrag abzulehnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag beinhaltet jedoch auch Aspekte, die von meiner Fraktion aufgegriffen werden und die dem Ansinnen der Koalitionsfraktionen entsprechen. Ich erwähnte vorstehend die Personalausstattung der Gerichte und Staatsanwaltschaften. Deshalb beabsichtigte meine Fraktion, einen Alternativantrag in das Hohe Haus einzubringen, der allerdings keine Zustimmung bei den übrigen Koalitionsfraktionen fand. Daher kommt letztendlich nur die Überweisung des Antrages in Betracht.
Namens der Koalitionsfraktionen bitte ich daher um Zustimmung dazu, den Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Beratung in den Ausschuss Recht, Verfassung und Gleichstellung zu überweisen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Ich sehe keine Fragen. Zum Abschluss der Debatte hat noch einmal Frau von Angern das Wort. Bitte sehr.
Danke, Herr Präsident. - Frau Ministerin, Sie sind die oberste Dienstherrin der Justiz. Ganz ehrlich! Sie begannen damit, dass es hier nur um eine temporäre Überbelastung geht, bei der man durchaus einen Ausgleich schaffen könne. Das ist ein Hohn für die Betroffenen.
Ich finde, dass gerade Sie in Ihrer Verantwortung als Justizministerin so mit Ihren Bediensteten nicht umgehen sollten. Ich erinnere mich daran, dass es im Frühjahr ein Schreiben des OLGPräsidenten gab, das auf Anregung von mehreren Amtsgerichtsdirektoren und -direktorinnen vollzogen wurde, in dem die seit Januar neu geltenden Pensenzahlen kritisiert wurden. Es wurde darauf aufmerksam gemacht: So funktioniert es nicht mehr und so funktioniert es vor allem nicht mehr lange. In einem gesunden Zustand befindet sich die Justiz nicht. Insofern, finde ich, sollte man ausdrücklich nicht so lapidar - das ist nur vorübergehend - darüber hinweggehen.
Frau Schindler, PEBB§Y, ja, das ist ein Instrument, das die Justiz leitet. Aber es ist ausdrücklich nur ein Hilfsmittel. In den Akten stecken Menschen und Menschen halten sich nicht an PEBB§Y. Sie brauchen länger in der Bearbeitung. Insofern sollten Sie das nicht als Allheilmittel sehen, sondern nur als Hilfsmittel, das durchaus regelmäßiger Überprüfung bedarf, im Übrigen auch regelmäßiger Kontrolle durch uns. Die Frage ist: Haben wir es hierbei mit einer vorübergehenden oder mit einer langfristigen Überbelastung zu tun?
Ich finde es gut, dass wir den Antrag gemeinsam überweisen. Das zeigt, dass hier Problembewusstsein besteht. Ich finde, es reicht nicht aus, dass wir uns hierzu nur Darstellungen des Justizministeriums geben lassen. Ich werbe dringend dafür, dass wir auch mit den Betroffenen reden.
Denn es ist schon ein besonderer Moment, wenn sich nicht die Richterinnen und Richter, vor allem nicht durch den Richterbund, sondern wenn sich die Staatsanwaltschaften zu Wort melden. Ich möchte daran erinnern, sie unterliegen nicht der von ihnen durchaus immer wieder gewünschten richterlichen Unabhängigkeit. Sie sind weisungsgebunden. Wenn sie sich zu Wort melden und sagen, hier geht es nicht mehr weiter, hier ist Schluss, hier ist Schicht im Schacht, wir brauchen Hilfe, dann ist das aus meiner Sicht ein sehr deut
Herr Kolze von der CDU-Fraktion hat ein Stück weit länger ausgeführt als die Ministerin zu den Fragen, was ein Parlament darf und was es nicht darf. Ich verstehe, dass man als Ministerin sagt: Oh, jetzt pfuschen die auch noch darin herum, jetzt wollen die auch noch mitmischen; das will ich nicht. Ich muss mich schon im Kabinett immer damit auseinandersetzen, was ich hier für Bedarfe anmelde, ob die gerechtfertigt sind oder nicht.
Nach meiner Meinung haben wir es hier mit einer Staatsleitung zur gesamten Hand zu tun. Das heißt, wir reden über Aufgaben von grundsätzlicher Bedeutung. Wir haben nicht nur die Möglichkeit, sondern die Pflicht, dies gemeinsam mit Parlament und Landesregierung zu erledigen. Deshalb finde ich, dass unser Antrag an keiner Stelle zu weit geht.
Ich habe einen Antrag auf Überweisung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung gehört. Ich frage sicherheitshalber: Den Finanzausschuss hat niemand gefordert? - In Ordnung. Der kann ohnehin, wenn er möchte.
Wer der Überweisung dieses Antrages in den Rechtsausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Kartenzeichen. - Das sind offensichtlich alle Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Der Antrag ist einstimmig in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung überwiesen worden. Damit beenden wir den Tagesordnungspunkt 18.
Wir nehmen für den letzten Tagesordnungspunkt unserer heutigen Sitzung noch einmal einen kleinen Wechsel vor, zumindest nach unserer bisherigen Vorausschau. Ich möchte vorher noch kurz etwas ansagen: Es gab eine Verständigung aller parlamentarischen Geschäftsführer dazu, morgen die in unserem Zeitplan ausgewiesenen Tagesordnungspunkte 17 und 20 zu tauschen. Grund ist offensichtlich eine Sozialausschusssitzung in der Mittagspause,
- eine Bildungsausschusssitzung in der Mittagspause, durch die viele Mitglieder des Sozialausschusses ebenfalls gebunden sind. Deshalb gibt es die Befürchtung, nicht gleich nach der Mittagspause anwesend sein zu können. Falls unser Zeit
plan morgen schneller ist als unsere Vorausschau, würde das möglicherweise bedeuten, dass der Tagesordnungspunkt noch weiter nach hinten rutscht. Es ist also anzusagen, dass morgen nicht der Tagesordnungspunkt 17 der erste Tagesordnungspunkt nach der Mittagspause ist, sondern dass es die Überlegung gibt, ihn mit Tagesordnungspunkt 20 zu tauschen. Das vielleicht kurz dazu. - Jetzt gibt es hier vorn den Wechsel.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gab einmal eine Zeit, da war eine Reform die Antwort auf einen Missstand. Reformen wurden von unten gefordert und dann von oben umgesetzt. Die Reform musste nachvollziehbar begründet werden und nach der Reform waren die Verhältnisse in aller Regel besser als vorher. Diese guten alten Zeiten, in denen der politische Diskurs noch von so etwas wie Vernunft regiert wurde, sind wahrscheinlich schon seit der Rechtschreibreform, spätestens aber seit der sogenannten Bologna-Reform vorbei.
Es gibt keinen einzigen konkreten Missstand, der durch diese Reform, also die Einführung neuartiger BA- und MA-Studiengänge, gelöst worden wäre - im Gegenteil. Bologna hat tatsächliche Probleme ignoriert, hat dafür Probleme gesehen, wo keine waren, und damit Probleme geschaffen, die es bis dahin nicht gab - ein Kunststück an sinnloser Verkomplizierung eines im Großen und Ganzen funktionierenden Systems.