Protocol of the Session on November 24, 2016

Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil vom 5. Mai 2015 festgestellt, dass die Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppe R 1 der Jahre 2008 bis 2010 im Land Sachsen-Anhalt verfassungswidrig bemessen waren. Der Landesgesetzgeber wurde verpflichtet, verfassungskonforme Regelungen mit Wirkung spätestens vom 1. Januar 2016 zu treffen. Das entsprechende Gesetz zur Änderung besoldungs- und richterrechtlicher Vorschriften ist am 30. Dezember 2015 in Kraft getreten.

In einem weiteren Beschluss vom 17. November 2015 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppe A 10 im Jahr 2011 in Sachsen verfassungswidrig bemessen waren.

Bei Anwendung des gleichen Prüfungsschemas hätte das Bundesverfassungsgericht zumindest in den Jahren 2008 bis 2012 und im Jahr 2014 mutmaßlich auch die Verfassungswidrigkeit der Grundgehaltssätze der Besoldungsordnungen A, B, C und W des Landes Sachsen-Anhalt festgestellt.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll nunmehr eine Korrektur besoldungsrechtlicher Regelungen vorgenommen werden.

Es wird - vorbehaltlich einer späteren nochmaligen Überprüfung der Ergebnisse für das Jahr 2015 - eine prozentuale Nachzahlung der Grundgehälter und Amtszulagen der Besoldungsordnungen A, B, C und W für die Jahre 2008 bis 2012 und für das Jahr 2014 an die Beamtinnen und Beamten, deren Widerspruchsverfahren noch offen sind, ab dem Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung gewährt.

Beamtinnen und Beamten, die keinen Widerspruch mit dem Ziel der Feststellung erhoben haben, dass die Besoldung nicht amtsangemessen ist, soll mit dem Gesetzentwurf eine prozentuale Nachzahlung der Grundgehälter und Amtszulagen der Besoldungsgruppen A, B, C und W für den Zeitraum ab dem Inkrafttreten des Landesbesoldungsgesetzes am 1. April 2011 in dem entsprechenden Umfang gewährt werden.

Des Weiteren zielt der Gesetzentwurf darauf ab, die Regelungen zur Kostendämpfungspauschale in der Beihilfe und zum Besoldungseinbehalt in der Heilfürsorge ab dem 1. Januar 2017 aufzuheben. Die Kürzungen der festgesetzten Beihilfe um eine Kostendämpfungspauschale für beihilfefähige Aufwendungen im Jahr 2014 werden erstattet.

Die erhöhten Nachzahlungen gelten auch rückwirkend für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, sodass diese eine weitere Nachzahlung der Differenz zwischen den Prozentsätzen des Gesetzes vom 18. Dezember 2015 und dieses Gesetzes erhalten werden. Ebenso gilt für sie die Erstattung von Kürzungen der festgesetzten Beihilfen um die Kostendämpfungspauschale im Jahr 2014 und deren Abschaffung ab dem 1. Januar 2017.

Der Ausschuss für Finanzen verständigte sich in der 5. Sitzung am 19. Oktober 2016 darauf, eine schriftliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf durchzuführen. Im Rahmen dieser Anhörung wurden die kommunalen Spitzenverbände, der DBB Beamtenbund und Tarifunion, der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Bund der Richter und Staatsanwälte, der Bund Deutscher Kriminalbeamter sowie der Kommunale Versorgungsverband Sachsen-Anhalt gebeten, schriftliche Stellungnahmen zu erarbeiten und diese dem Ausschuss für Finanzen zur Verfügung zu stellen.

Schließlich befasste sich der Ausschuss für Finanzen in der 6. Sitzung am 9. November 2016 erneut und abschließend mit dem Gesetzentwurf. Zu dieser Beratung lag die Synopse des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes vor, welche zur Beratungsgrundlage erhoben wurde. Des Weiteren lagen dem Ausschuss für Finanzen Stellungnahmen aller bereits genannten Institutionen und Verbände sowie der Gewerkschaft der Polizei vor.

Aus den Stellungnahmen geht hervor, dass die Nachzahlung der Dienstbezüge für den Zeitraum ab dem Inkrafttreten des Landesbesoldungsgesetzes am 1. April 2011 und die Abschaffung der Kostendämpfungspauschale ab dem Jahr 2017 begrüßt werden.

Kritik wurde jedoch an der Höhe der Nachzahlungen laut. In diesem Zusammenhang wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, ob die Nachzahlungen tatsächlich geeignet seien, eine verfassungskonforme Besoldung herzustellen.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter, der Deutsche Gewerkschaftsbund sowie der DBB schlugen zudem vor, sich an den gesetzlichen Regelungen in Sachsen zur amtsangemessenen und verfassungskonformen Besoldung zu orientieren.

Neben der Synopse des GBD und den verschiedenen Stellungnahmen lag dem Ausschuss für Finanzen zu dieser Beratung ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor. Der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE zielte darauf ab, in einem neuen Paragrafen die Wiedereinführung der jährlichen Sonderzahlung zu regeln. Dieser Änderungsantrag fand jedoch nicht die erforderliche Mehrheit und wurde somit abgelehnt.

Ein weiterer Änderungsantrag der regierungstragenden Fraktionen lag als Tischvorlage vor und betraf Änderungen bzw. Anpassungen des Abgeordnetengesetzes Sachsen-Anhalt. Dieser Änderungsantrag wurde ohne Gegenstimmen beschlossen.

Im Ergebnis dieser abschließenden Beratung erarbeitete der Ausschuss für Finanzen die Ihnen in der Drs. 7/594 vorliegende Beschlussempfehlung, welche mit 7 : 2 : 3 Stimmen beschlossen wurde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Namen des Ausschusses für Finanzen bitte ich um Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es gibt keine Nachfrage. Dann danke ich Herrn Abg. Meister für seine Ausführungen. - Jetzt bitte ich für die Landesregierung Herrn Minister Schröder nach vorn. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Berichterstatter hat, glaube ich, sehr gut das Ergebnis der Ausschussberatung dargestellt. Ich möchte für die Landesregierung noch einmal betonen, dass man sich bei der Ermittlung der Nachzahlungen für die Jahre 2011, 2012 und 2014 - für Widerspruchsführer auch für die Jahre 2008 bis 2010 - strikt an die verfassungsrechtlichen Vorgaben bzw. Kriterien gehalten hat und dass hierbei der Vergleich der Besoldungsentwicklung mit der Tarif- sowie mit der Nominallohn- und Verbraucherpreisentwicklung in Sachsen-Anhalt entscheidend war. Daraus ergeben sich auch die entsprechenden Nachzahlungen, die bereits genannt worden sind.

Die Streichung der Kostendämpfungspauschale ab dem Jahr 2017 sowie des Einbehalts bei der Heilfürsorge und die Rückzahlung der Beträge für das Jahr 2014 sind schließlich die Folge einer erforderlichen Gesamtabwägung der sogenannten zweiten Prüfungsstufe, weil die Einbehalte beim Besoldungsniveau zu berücksichtigen sind, quasi als Besoldungskürzung. Deswegen hier auch diese Entscheidung.

Zu den Kritikpunkten und Argumenten der Gewerkschaften - Herr Meister ist schon auf die schriftliche Anhörung eingegangen - wurde bereits im Vorwort des Gesetzentwurfes ausreichend Stellung genommen. Deswegen möchte ich darauf jetzt nicht detailliert eingehen.

Vielleicht nur so viel: Zur Kritik an der Höhe der Nachzahlung, insbesondere mit Blick auf die

sächsische Umsetzung, möchte ich anführen, dass der Gesetzentwurf als rechtssicher eingeschätzt wird. Es wird ein hinreichender Abstand von der Grenze der sogenannten evidenten Verfassungswidrigkeit eingehalten. Indem alle Besoldungsempfängerinnen und Besoldungsempfänger rückwirkende Nachzahlungen ab dem 1. April 2011 bekommen, unabhängig davon, ob sie Widerspruch eingelegt haben oder nicht, geht der Gesetzentwurf sogar über die Mindestanforderungen des Bundesverfassungsgerichts hinaus.

Abschließend möchte ich noch auf die Sonderzahlung eingehen. Es ist kritisiert worden, dass der Gesetzentwurf keine entsprechende Regelung enthält. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE, der heute als Änderungsantrag vorgelegt wird, trifft hierzu Aussagen.

Hierzu ist zu sagen, dass die Landesregierung im kommenden Jahr eine Regelung zur Einführung der Jahressonderzahlung vorlegen wird. Auch das ist im Ausschuss schon gesagt worden. Die Fraktion beantragt die Änderung trotzdem noch einmal im Plenum. Der Vorschlag, den wir machen werden, unterscheidet sich allerdings von dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vom heutigen Tag. Deswegen möchte ich das Plenum bitten, diesen Änderungsantrag abzulehnen.

Die Kosten - sofern der Landtag heute den Gesetzentwurf beschließt - für die Nachzahlung betragen einmalig 25 Millionen €. Die Aufhebung der Kostendämpfungspauschale ab dem kommenden Jahr wird uns jährlich 3 Millionen € kosten.

In diesem Sinn bitte ich um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung und um Ablehnung des Änderungsantrags der Fraktion DIE LINKE. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Ich danke Herrn Minister Schröder für die Ausführungen. - Wir steigen in die Debatte ein. Es ist eine Redezeit von drei Minuten je Fraktion vorgesehen. Als Erster spricht der Vertreter der AfDFraktion, Herr Abg. Lehmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hauses! Als wir zu dem Thema beim letzten Mal im Plenum debattiert haben, war der Domplatz gefüllt mit vielen Polizeibeamten. Es wurde unter der Führung der Deutschen Polizeigewerkschaft demonstriert unter den Leitworten - ich kann mich noch gut daran erinnern -: Gekürzt, gestrichen, vergessen. Wer von den Mandatsträgern draußen dabei war, der kann sich daran erinnern.

Die AfD war draußen stark vertreten. Viele von Ihnen waren aber leider nicht dabei. Das macht Ihre geringe Wertschätzung für unsere Landespolizei deutlich.

(Zustimmung bei der AfD)

Sehr mutig fand ich Sie, Herr Finanzminister. Unter tapferer Begleitung von Frau Feußner haben Sie sich zu Herrn Wendt auf die Bühne an das Mikrofon getraut. Genauso mutig fand ich es, vor den Beamten Ihren Koalitionsentwurf als erfolgreichen Wurf zu verkaufen.

(Minister André Schröder: Darzustellen!)

Bei aller Ehre für Ihren Einzelkämpfereinsatz als Minister auf der Demonstrationsbühne muss man aber sagen: Ein Landesgewerkschafter der Deutschen Polizeigewerkschaft hat es dort am Mikrofon auf den Punkt gebracht; er zitierte eine bekannte Sängerin passend und meinte damit auch die Landesregierung: Du hast mich tausendmal belogen, du hast mich tausendmal verletzt.

(Beifall bei der AfD)

Sie haben jetzt die Chance, dieses Taschenspielergehabe gegenüber Ihrem öffentlichen Dienst zu beenden. Herr Wendt, der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, hat es auf den Punkt gebracht. Er sagte bei dieser Demonstration sinngemäß: Sollen wir uns jetzt noch bei dem Dieb bedanken, der jahrelang bei uns zugelangt hat und einen Teil der Beute jetzt zurückbringt? Sollen wir jetzt Danke sagen, weil eine Landesregierung erst nach vielen Jahren auf den Dreh kommt, ihre Landespolizei verfassungskonform zu besolden - und das alles nur, weil ein höchstrichterliches Urteil nach Jahren der Regierung sprichwörtlich Beine gemacht hat und sie auf den rechten Weg geführt hat?

Besser als der kritische, unbequeme Herr Wendt, der übrigens das gleiche Parteibuch hat wie Sie, Herr Finanzminister, kann man es nicht auf den Punkt bringen. Damit sind wir beim Kern, nämlich bei der mangelnden Einbeziehung der Gewerkschaften. Die Gewerkschaft der Polizei, die Deutsche Polizeigewerkschaft, der Bund der Kriminalisten, der Richterbund usw. haben alle ihre Empfehlungen und Zuarbeiten zu Ihrem Gesetzentwurf eingebracht.

Die Arbeiten der Gewerkschaften und der Verbände waren jedoch völlig für den Papierkorb und wurden nicht berücksichtigt. Hieran wird auch noch einmal deutlich, wie über den öffentlichen Dienst gedacht wird.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt zeigen Sie, liebe Landesregierung, dass Ihnen Lehrer, Polizei und Verwaltung wirklich am Herzen liegen, und klopfen Sie nicht nur politische

Phrasen und Worthülsen, wenn die Kameras laufen. Benachteiligen Sie auch nicht die Beamten, die das Widerspruchsverfahren nicht genutzt haben, die sich auf die Seriosität des Landes Sachsen-Anhalt verlassen haben und für dieses Land regelmäßig ihre Knochen zu Markte tragen.

Die Beamten werden durch die eigene Landesregierung hereingelegt. Beamte, die das Widerspruchsverfahren nicht genutzt haben, werden mit einem Besoldungsdiebstahl von drei Jahren bestraft. Korrigieren Sie den Gesetzentwurf und behandeln Sie alle Bediensteten gleich, unabhängig von den von ihnen eingelegten Rechtsmitteln. Zahlen Sie ein anständiges Weihnachts- und Urlaubsgeld und vergessen Sie nicht, die Kostendämpfungspauschale auch rückwirkend auszuzahlen.

Sie halten sich nur an minimale Vorgaben der Rechtsprechung. Ihr Entwurf enthält ein paar gute Ansätze, aber es gibt auch viele Verbesserungsvorschläge dazu.

Bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen wird sich die AfD der Stimme enthalten. Der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 7/633 wird von der AfD unterstützt, weil dieser weitreichender ist als der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der AfD)

Wenn es keine Fragen gibt, danke ich dem Abgeordneten für seine Ausführungen. - Wir fahren fort. Für die SPD spricht nun Herr Dr. Schmidt. Herr Dr. Schmidt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich will es nicht lang machen. Wir haben zu diesem Gesetzentwurf schon beraten. Erlauben Sie mir, eines zu sagen: Nachdem Herr Farle heute die Notwendigkeit des Tuns von Beamten per se infrage gestellt hat, jedenfalls der Beamten in der Steuerverwaltung, und Herr Lehmann gerade die Ungerechtigkeiten gegenüber denselben Beamten beklagt hat, ist mir nicht ganz klar, wie sich die AfD-Fraktion dazu genau positioniert. Vielleicht können Sie das untereinander genau ermitteln.

Es gibt glücklicherweise eine klare Auffassung innerhalb der Koalition dazu. Diese besagt: Die Beamtinnen und Beamten unseres Landes leisten einen wichtigen und unverzichtbaren Beitrag für innere Sicherheit, Bildung, Steuereinnahmen und damit auch einen Beitrag zur sozialen und finanziellen Gerechtigkeit, auf den niemand von uns verzichten möchte.