Protocol of the Session on October 27, 2016

(Beifall bei der AfD)

Wir dagegen wollen genau in die andere Richtung. Wir wollen Klasse statt Masse. Wir wollen die deutsche Universität zu ihrer alten Größe und Weltgeltung zurückführen. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab und haben einen Alternativantrag eingebracht, der Ihre rein pekuniären Maßnahmen in den richtigen Kontext stellt. Gerade auf dem Feld der Bildungs- und Hochschulpolitik gilt nämlich: Geld ist nicht alles.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. Ich danke dem Abg. Herrn Dr. Tillschneider für seine Ausführungen. - Ich bitte jetzt den Abg. Herrn Meister von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nach vorn. Herr Meister, Sie haben das Wort.

Danke schön. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits in der sechsten Legislaturperiode hatten wir, die bündnisgrüne Landtagsfraktion, die damalige Landesregierung aufgefordert, sich auf der Bundesebene für die Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes einzusetzen.

Unser Ziel war es damals, für den wissenschaftlichen Nachwuchs an den Hochschulen solche Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen, die den jungen Wissenschaftlern eine langfristige Planungssicherheit bieten, damit sie sich voll und ganz auf die Promotion oder die Habilitation konzentrieren können. Das heißt, dass die Dauer der Arbeitsverträge den Qualifikationsphasen entsprechen soll.

Das, was dann letztlich im Wissenschaftszeitvertragsgesetz festgeschrieben worden ist, entspricht nicht unseren Vorstellungen. Wir meinen aber, dass wir es in Sachsen-Anhalt besser machen können. Ich denke, dass wir als Koalitionspartner in Sachsen-Anhalt in der Koalitionsvereinbarung wichtige Schritte für eine bessere Ausgestaltung von Beschäftigungsverhältnissen in Wissenschaft und Forschung vereinbart haben. Ein Teil hiervon steht in dem vorliegenden Alternativantrag der Koalition, dem heute zuzustimmen ich Sie ermuntern möchte.

Das zentrale Problem - meine Vorredner sind schon darauf eingegangen - sind die befristeten Arbeitsverhältnisse. Die Vielzahl befristeter Arbeitsverhältnisse bedeutet natürlich alles andere als gute Arbeitsbedingungen. Die Situation der Kettenbefristung stellt eine Belastung für die Betroffenen, aber eben auch für Sachsen-Anhalt als Wissenschaftsstandort dar.

Wenn sich Menschen mit Sechsmonatsverträgen durch ihr Berufsleben hangeln, dann ist das zum

einen, meine ich, unwürdig und zum anderen ist das für die Person unsicher.

(Zustimmung von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Wie will man in einer solchen Situation eine Familienplanung machen? Wie will man eine Lebensplanung, beispielsweise in Bezug auf den Wohnsitz und dergleichen, machen? Wie möchte man in einer Stadt, in einer Region ankommen? Das geht mit solchen Beschäftigungsverhältnissen nicht.

Und das macht natürlich auch den Wissenschaftsstandort unattraktiver. Andere Standorte haben ähnliche Probleme, aber trotzdem ist dies eine Stellschraube, an der wir drehen können, um nach vorn zu kommen.

Wenn wir uns unsere Statistiken ansehen, dann können wir sehen, dass unsere Vollzeitbeschäftigtenstellen in den letzten zehn Jahren um 9 % gesunken sind, während die Zahl befristeter Stellen und Teilzeitstellen gestiegen ist. Insbesondere bei den Teilzeitstellen haben wir einen deutlichen Anstieg festgestellt.

Die Erfüllung von dauerhaften Aufgaben können wir nicht mit befristeten Stellen bewirken. Bei Teilzeitstellen ist die Problematik ähnlich. Um diesen Missstand abzustellen, müssen wir die Grundfinanzierung der Hochschulen verbessern. An dieser Stelle haben wir mit dem Koalitionsvertrag ein Zeichen gesetzt. Der Koalition ist die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den Hochschulen wichtig.

Von der BAföG-Entlastung für das Land SachsenAnhalt durch den Bund in Höhe von insgesamt 30 Millionen € wollen die Koalitionspartner - der Minister hat es ausgeführt - einen Betrag von 15 Millionen € sofort in die finanzielle Grundausstattung der Hochschulen unseres Landes geben. Die Hälfte dieser 15 Millionen € - das wurde bereits erwähnt - soll in die dringend erforderliche Aufwertung der Personalstrukturen fließen. Damit haben wir bereits einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung unternommen.

In diesem Zusammenhang komme ich auf die verbleibenden BAföG-Mittel in Höhe von 15 Millionen € zu sprechen. Auf diese können - so lautet zumindest die Vereinbarung - die Hochschulen im Rahmen ihres Profilierungsprozesses zugreifen. Darauf bin ich schon in der letzten Plenarsitzung im Rahmen der Debatte zu dem Thema „Gleichstellung an Hochschulen“ eingegangen.

Als Legislative können wir den Hochschulen insoweit einen Rahmen anbieten und sie ermuntern, mit eigenen Ideen und Initiativen auf die eingestellten Mittel zuzugreifen. Für einen offenen Dia

log stehen wir den Hochschulen zur Seite. In ihre Autonomie wollen wir nicht eingreifen.

Das grundsätzliche Anliegen und die Zielstellung des Antrages der Fraktion DIE LINKE geht, meine ich, in die richtige Richtung und wird von unserer Fraktion unterstützt. Der Antrag ist in weiten Teilen dicht an den Punkten, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben.

Der Alternativantrag, für den ich jetzt werbe, führt die ganz aktuell von der Koalition beabsichtigten Dinge auf.

Ich denke, dass wir über andere Punkte, wie Betreuungsvereinbarungen mit den Promovierenden oder Tenure-Track, reden können und müssen und an anderer Stelle dann darüber zu sprechen haben; denn die Novelle des Hochschulgesetzes steht an.

In Bezug auf das Kaskadenmodell - ein anderer Punkt, der im Antrag der LINKEN erwähnt ist - hatten wir bereits in der letzten Sitzung Gelegenheit, zu den verschiedenen Punkten umfangreich Stellung zu nehmen.

Der AfD-Antrag, der uns heute noch erreichte, ist wenig überraschend. Über die Gleichstellungsgeschichte haben wir schon beim letzten Mal umfangreich diskutiert. Es geht nicht darum, dass schlechter qualifizierte Frauen auf die Stellen kommen,

(André Poggenburg, AfD: Doch, genau das passiert!)

sondern es geht um die Beseitigung bzw. den Ausgleich von tatsächlichen Hemmnissen, die eben dazu führen, dass Führungskräfte in diesem Bereich zu 90 % männlich sind. Das hat nichts mit Leistung zu tun.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es ist doch nicht sinnvoll, dass sie stärker von Befristungen betroffen sind. Wir sehen das und wissen, dass das ein Problem ist. Insofern muss man da ran. Das ist kein Gender-Unsinn, sondern das sind Dinge, die wir tun müssen.

Die Frage der Aufnahmeprüfung, die Sie ganz weit nach vorn stellen, halte ich für einen völlig falschen Weg. Sie sagen letztlich, dass ungeeignete Studenten ein ganz wesentlicher Faktor dafür sind, dass die Arbeitsbedingungen an den Hochschulen nicht hinreichend sind. Das, meine ich, führt in die völlig entgegengesetzte Richtung. Sie verwechseln auch elitär - das ist der Anspruch, den Sie hier letztlich postulieren - mit Exzellenz. Natürlich muss man sich für Exzellenz - -

Herr Meister, Sie haben Ihre Redezeit weit überschritten.

Das ist richtig. Insofern höre ich jetzt auf. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Da niemand eine Frage an Herrn Meister hat, führen wir die Debatte fort. Ich bitte jetzt die Abg. Frau Dr. Pähle von der SPD an das Rednerpult. Bitte, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Lange hat schon ausgeführt, dass das Thema, das wir heute im Hohen Haus debattieren, kein neues ist. Vielmehr haben wir darüber in der letzten Legislaturperiode oft diskutiert und uns im Ausschuss dazu ausgetauscht.

Die Koalitionspartner in dieser Legislaturperiode haben nicht nur das Problem erkannt und nicht nur im Laufe der letzten Legislaturperiode darüber diskutiert, sondern sie haben mit ihrem Koalitionsvertrag auch konkrete Handlungsansätze festgeschrieben.

Diese Handlungsansätze finden Sie auch in unserem Alternativantrag. Genau diese Punkte sind in unserem Antrag aufgeführt und Sie können sie eins zu eins im Koalitionsvertrag wiederfinden.

Warum haben wir uns in dem Alternativantrag auf diese Punkte konzentriert? - Weil das genau die Punkte sind, die mit den Hochschulen zu verhandeln sind, weil das Bereiche betrifft, in denen die Hochschulen schlecht durch Gesetze aufgefordert werden können, bestimmte Dinge zu verändern. Es muss in den Hochschulen selbst den Wunsch nach Veränderung geben und auch eine Einsicht in die Tatsache, dass Befristung natürlich wissenschaftsimmanent ist. Herr Philipp sagte es bereits: Auf Qualifikation folgt Rotation und dann wieder Qualifikation. Das ist richtig.

Dennoch muss ein Land wie Sachsen-Anhalt an bestimmten Stellen gut überlegen, welche qualifizierte Frau, welchen qualifizierten Mann es ziehen lässt.

Es geht bei Weitem nicht darum, immer nur zu sagen: Der wissenschaftliche Nachwuchs kennt es nicht anders, als sich von einer befristeten Stelle zur nächsten befristeten Stelle zu hangeln. Es gibt in anderen Bundesländern, gerade über Tenure-Track-Modelle, Möglichkeiten, die Sicherheit schaffen und es gerade jungen Menschen erlauben, in der wissenschaftlichen Karriere Familien zu gründen, Kinder zu bekommen und sich vor Ort zu vernetzen. An dieser Stelle sollten wir einfach zu anderen Bundesländern aufschließen.

Der Wissenschaftsrat hat unsere Hochschullandschaft in Sachsen-Anhalt begutachtet und hat

dabei festgestellt, dass sie sehr gut aufgestellt ist, dass die Hochschulen regional gut angebunden sind und dass die Verbindung zu den Unternehmen, gerade bei den Hochschulen für angewandte Wissenschaften, funktioniert.

Die Gutachter haben uns aber auch einige Empfehlungen gegeben, die wir, so finde ich, nicht annehmen sollten, beispielsweise die Empfehlung, dass eine Quote von lediglich 25 % für unbefristet Beschäftigte an den Hochschulen ausreichend ist. Gegen diese Quote stellen wir uns ganz deutlich. Gute und faire Arbeit nützt unseren Hochschulen allemal; denn dadurch können wir sicher sein, dass Qualität an unseren Hochschulen auch gelebt wird.

Eine der oberen Maximen muss daher sein: Daueraufgaben müssen auch durch Dauerstellen begleitet werden, dort müssen unbefristete Beschäftigungen vorherrschen.

Ja, es geht hierbei um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Labor, die teure Maschinen bedienen. Es geht aber darüber hinaus auch um in der Lehre tätige Personen, die gar nicht die Absicht haben, sich auf eine Professur vorzubereiten und sich zu qualifizieren, sondern die einfach dort bleiben wollen. Auch hierfür muss es Möglichkeiten geben.

Es geht zudem darum, dass Befristung, die notwendig sein wird, die immer notwendig sein wird, an feste Rahmenbedingungen zu binden ist und nicht von Willkür abhängig sein darf. Gerade bei Forschungsprojekten haben wir das recht oft. Ich habe ein DFG-Projekt, das über drei Jahre gefördert wird, und dennoch befristet der Forschungsverantwortliche Stellen zum Teil mit einer Laufzeit von unter einem Jahr. Dafür muss es Rahmenbedingungen geben, auf die man sich verlassen kann und die eine Karriereplanung ermöglichen.

(Zustimmung von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Ich denke, der anvisierte Dialogprozess mit den Hochschulen und die in Aussicht gestellten Mittel für eine bessere Personalpolitik sind ein erster Punkt, um tätig zu werden. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann wäre es - wie in anderen Bundesländern - vielleicht eine Vereinbarung über gute und faire Arbeit in unserem Bundesland.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Eine Reihe von Punkten, die im Antrag der LINKEN zu finden sind - das möchte ich zum Abschluss sagen; Herr Lange und ich haben darüber schon mehrfach im Ausschuss diskutiert -, geht einfach über das hinaus, was man Hochschulen tatsächlich auferlegen kann.

Kinderbetreuung ist keine Aufgabe der Hochschulen. Gerade in Sachsen-Anhalt haben wir ein Netz