Da niemand eine Frage an den Herrn Minister hat, danke ich dem Herrn Minister für die Ausführungen. Wir fahren in der Debatte fort. Für jede Fraktion ist eine Redezeit von fünf Minuten vorgese
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Hochschulpolitik ist eine besonders brisante Politik. Warum ist das so? - Weil wir es mit ca. 56 000 Studenten und mehr als 15 000 Beschäftigten in diesem Bereich zu tun haben, alle politisch interessiert und darauf getrimmt, Dinge auch einmal zu hinterfragen.
Umso wichtiger ist es, dass man Tatsachen klar benennt. Eine Tatsache ist, dass der Anteil befristeter Arbeitsverträge im wissenschaftlichen System naturgemäß hoch ist. Das ist logisch; denn der Qualifikation folgt die Rotation. Qualifikation - Rotation. So funktioniert das System und so muss es auch bleiben.
Warum muss es so bleiben? - Erstens weil Wissenschaft von Projekten lebt. Forschungsarbeit ist Projektarbeit und hat somit einen temporären Charakter. Sie ist auf Zeit angelegt.
Zweitens. Nur so ist es uns möglich, die Chance zu wahren, jede Generation mit wissenschaftlichem Nachwuchs zu versehen. Ergo: Die Wissenschaft lebt von der Flexibilität, die wir ihr mit der Möglichkeit der Befristung geben.
Stellen Sie sich einmal vor, jede Hochschule müsste jeden Promovenden von Anfang an mit einer Art Einstellungsgarantie quasi unbefristet einstellen. Wie viele Promotionen hätten wir dann noch in diesem Land? Ich gehe davon aus, dass die zu besetzenden Stellen relativ schnell besetzt wären und wir es vielen jungen Leuten verwehren würden, weiterführende wissenschaftliche Qualifikationen oder Erfahrungen an Hochschulen zu sammeln. Man muss bedenken, dass nicht jeder Promovend eine Professur anstrebt. Genauso falsch ist es zu glauben, dass die Intention einer wissenschaftlichen Arbeit immer die abgeschlossene Promotion ist.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Take-homeMessage heute für Sie ist: Anstellungen im wissenschaftlichen Bereich können nicht der Norm eines normalen Anstellungsverhältnisses entsprechen.
Ich betone deutlich: Ich spreche über den wissenschaftlichen Bereich in der Hochschule, nicht über den nichtwissenschaftlichen Bereich. Genau deshalb hat das wissenschaftliche System eine Sonderstellung, und zwar in dem von Minister Felgner gerade angesprochenen Wissenschaftszeitvertragsgesetz, initiiert von der Bundesebene und novelliert Anfang dieses Jahres.
Der Grund der Novellierung trifft den Kern der heutigen Debatte. Man wollte mit der Novellierung zwei Fehlentwicklungen in diesem System entgegenwirken.
Die erste Fehlentwicklung ist die Besetzung von Daueraufgaben mit befristeten Stellen aufgrund des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. Das wurde erreicht, indem strikt in wissenschaftliches und nichtwissenschaftliches Personal unterteilt wird. Ausschließlich wissenschaftliches Personal kann demnach mit einer Befristung von bis zu sechs Jahren versehen werden, wenn diese Einstellung der Qualifikation dient.
Die zweite Fehlentwicklung, der man entgegenwirken wollte, war, dass viele junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Erstvertrag mit einer Laufzeit von unter einem Jahr erhalten. Dafür gibt es keinen Grund. Deshalb wurde die Vertragsdauer an die Zeit der Qualifizierung gekoppelt. Im Übrigen finden sich in diesem Gesetz auch Vereinbarungen für die bessere Vereinbarung von Beruf und Familie.
Jetzt möchte ich kurz zu den uns heute vorliegenden Anträgen kommen. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE ist keine besonders gute wissenschaftliche Arbeit.
Das muss er auch nicht sein. Er ist aber auch keine besonders gute parlamentarische Arbeit. Ich habe vielmehr den Eindruck, als hätten Sie alle zusammengesessen und jeder konnte einmal eine Idee loswerden. Ich gebe zu, diese These hält sich nicht ganz, weil es nur 14 Stichpunkte sind, die Sie in Ihrem Antrag anführen, mit denen Sie die Landesregierung beauftragen wollen. Mir fehlt nur noch die Verbeamtung vom ersten Tag an. Das ist der Punkt, der mir in Ihrem Antrag noch fehlt. Er ist zum Glück nicht darin enthalten.
Nun möchte ich zu unserem Antrag kommen, der nicht signifikant, aber marginal besser ist, weil er sich an dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz orientiert. Wir sind im ersten Punkt nur etwas schärfer, indem wir die Flexibilität etwas herausnehmen und sagen: Für Promovenden ist der Erstvertrag über drei Jahre und für Habilitanden über sechs Jahre anzulegen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt lehnt den Antrag der Fraktion DIE LINKE ab und bittet um Zustimmung zu ihrem Änderungsantrag. - Danke schön.
Wenn es keine Fragen an den Abg. Herrn Philipp gibt, danke ich dem Abgeordneten für seinen Redebeitrag. - Ich bitte nunmehr den Abg. Herrn Dr. Tillschneider von der AfD nach vorn. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Was die Linkspartei in dem vorliegenden Antrag fordert, klingt ein wenig nach dem Landtagswahlprogramm der AfD.
Schon seit Langem fordern wir, im akademischen Mittelbau wieder mehr Dauerstellen zu schaffen. Auch wir wollen einem Dozenten, der sich bewährt hat, die Entfristung seines Vertrages in Aussicht stellen.
Die Eingruppierung der Lehrkräfte für besondere Aufgaben in die Entgeltgruppe 13 ist nach unserer Auffassung eine Selbstverständlichkeit. Auch gegen den Grundsatz „Dauerstellen für Daueraufgaben“ kann eigentlich niemand etwas einwenden.
Anderes aus Ihrem Maßnahmenkatalog lehnen wir freilich ab, etwa das gleichstellungsorientierte Personalmanagement. Ich möchte jetzt nicht die Debatte vom letzten Mal wiederholen. Nur so viel: Die Vergabe von Stellen nach Geschlecht würde das Kriterium Qualifikation relativieren. Und das ist mit der AfD nicht zu machen.
Weiterhin lehnen wir die Forderung nach sogenannten Qualifizierungsvereinbarungen mit den Doktoranden ab. Solche Vereinbarungen bedeuten nur mehr sinnlose Bürokratie und wären ein weiterer Schritt hin zur Verschulung der Promotion, was dem Wesen der Promotion, einen Weg ins Ungebahnte zu finden, zutiefst widerspricht und die Qualität der Promotion also nicht sichern, sondern nur weiter absenken dürfte.
Gerade dieses Detail aus Ihrem Antrag ist aber sehr aufschlussreich. Es zeigt: Ihre Forderungen stehen im Kontext einer expansiven Hochschulpolitik, einer Hochschulpolitik, die auf Masse statt auf Klasse setzt.
Vor diesem Hintergrund werden dann leider auch Ihre an sich richtigen Forderungen falsch. Im Moment ist das größte Problem der Universität, dass sich an ihr viel zu viele tummeln, die dort fehl am Platz sind.
Wenn 50 % eines Jahrgangs studieren, dann sind mindestens 50 % davon einem akademischen Studium nicht gewachsen, sagt Professor
Und wo sagt er es? - In einer Studie der KonradAdenauer-Stiftung, die zu Beginn dieses Jahres erschienen ist. Ich stehe nun ganz sicher nicht im Verdacht, Werbung für eine CDU-nahe Stiftung machen zu wollen, aber in diese Studie, werte Kollegen von der Linkspartei, sollten Sie einen Blick werfen.
Sie berufen sich stattdessen auf die sogenannte Wittenberger Erklärung der GEW. Dort heißt es - ich zitiere -:
„Die GEW wendet sich gegen Versuche, bessere Studienbedingungen durch eine Einschränkung des Hochschulzugangs zu erreichen.“
Genau das, wogegen die GEW sich ausspricht, ist nun aber der Weg, den wir gehen müssen. Eine Einschränkung des Hochschulzugangs, etwa
durch fachbezogene Aufnahmeprüfungen, würde nicht nur zu verbesserten Arbeitsbedingungen an der Universität führen, sondern auch zu einem jähen Qualitätssprung.
Dadurch kämen weniger Studenten an die Universität, was ohne den geringsten finanziellen Mehraufwand die Strukturen entlasten und die rein äußeren Studienbedingungen verbessern würde. Außerdem - das ist viel wichtiger - wären dann nur noch die besten und engagiertesten Studenten an der Universität, was das akademische Niveau schlagartig anheben würde.
Gerade das wollen Sie aber nicht. Sie wollen eine Inflation der Abschlüsse durch eine Absenkung der Maßstäbe. Das ist der kategorische Imperativ Ihrer verfehlten Bildungs- und Hochschulpolitik.
Solange dieses Denken vorherrscht, wäre mehr Geld Gift für die Universität. Solange die Forderung nach mehr Geld nicht in ein Gesamtkonzept zur Anhebung der akademischen Maßstäbe eingebettet ist, solange wird mehr Geld die Krise der Universität nur noch verschärfen.
Dass Sie diese Krise überhaupt nicht wahrnehmen, offenbart, dass Sie vom Bildungs- und insbesondere vom Hochschulwesen entweder keinen blassen Schimmer haben oder es mutwillig und systematisch zugrunde richten wollen.
Was Sie wollen, ist der Marsch in eine durchideologisierte, überdimensionierte, fettwabernde und jeden Anspruch auf herausragende Leistung fahrenlassende Massenuniversität.