Die Frage 8 von Frau Prof. Kolb-Janssen betraf genau den Teil der Kleinen Anfrage: Wie wird der Kolonialismus in den Lehrplänen thematisiert? - Solche Formen der Aufarbeitung der Kolonial
Und was die spezielle Frage nach den Schulbüchern angeht, lieber Kollege Tullner, da weiche ich und bitte Sie nach vorn.
Das mache ich dann schon und bitte Herrn Tullner nach vorn. Er ist aber schon auf dem Weg. - Sie können sich so lange setzten, Herr Robra.
Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete, vielen Dank für die Frage. Ich bin noch ein bisschen aufgeregt; denn wenn der Staatsminister einem hier den Platz freiräumt, dann ist das etwas ungewohnt.
Aber jetzt zurück zur Frage. Wir haben in dem Netzwerk in Deutschland, glaube ich, ungefähr 2 500 Schulen. In Sachsen-Anhalt sind das ungefähr 150, die sich sehr aktiv und sehr engagiert in die Arbeit einbringen. Wir haben normalerweise immer um die Juni-Zeit einen großen Aktionstag organisiert, auf dem 700, 800 oder fast 1 000 Teilnehmer in Projekten engagiert zusammengearbeitet und sich verschiedenen Themen gewidmet haben, die auch immer sehr aktuell adaptiert waren. In diesem Jahr kann das natürlich nicht stattfinden. Die Landeszentrale für politische Bildung, die das federführend organisiert und betreibt, hat aber dafür die Ressourcen ein Stück weit umgelenkt und bietet jetzt noch einmal verstärkte Programmarbeit an, die von den Schulen konkret abgerufen werden kann.
Das ist in diesen Tagen vielleicht nicht so ganz gut umsetzbar, weil der Schulbetrieb im Moment noch nicht so richtig angelaufen ist. Aber im Herbst, zum Start des neuen Schuljahres, soll das dann verstärkt dafür verwendet werden, damit die finanziellen Mittel auch in neue Initiativen und Aktivitäten gelenkt werden können.
Der andere Punkt, was die Schulbücher angeht, das ist am Ende eine Form von Lehrplanadaption, die die Verlage dann ein Stück weit machen. Insoweit kann ich nur darauf verweisen, dass wir in allen Schulformen, von der Grundschule über die Sekundarschule bis hin zu berufsbildenden Schulen, Demokratieerziehung, Toleranz, Wertevermittlung auch unter diesem Aspekt immer ver
Da führen wir im Moment eher die Debatte, dass wir von Schulbüchern stärker auf die multimedialen, digitalen Lernwelten umsteigen wollen. In diesem Kontext kann man, glaube ich, solche Projekte auch immer neu bedenken, weil die digitalen Medien ganz andere Möglichkeiten schaffen, sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen.
Wichtig ist mir nur, dass Schule ein Ort ist, der auch aktuelle Themen aufgreift. Das werden wir sehr achtsam auch in diesem sehr wichtigen Bereich tun, wo menschliches Miteinander unter neuen Dimensionen betrachtet werden muss. Das ist, glaube ich, auch ein schöner Anreiz, wo man sieht, wie Schule nicht parteipolitisch, aber aktuell und politisch sein kann. Das wird auch in diesem Fall so sein.
Ich frage jetzt erst einmal Frau Frederking. Sie wäre die Nächste. Geht Ihre Frage auch in Richtung Bildung?
Der Fachkräftemangel ist ein Problem. Und bei der Rekrutierung von Personal ist es wichtig, dass alle Faktoren stimmig sind. Für ausländische Fachkräfte ist besonders wichtig, dass auch eine Willkommenskultur gelebt wird. Jede Form oder auch Atmosphäre von Rassismus ist nicht nur aus menschlicher Sicht abzulehnen, sondern auch aufgrund der Menschenrechte. Es schadet aber auch der Rekrutierung von ausländischen Fachkräften.
Ich sehe an den Reaktionen, dass mein Beitrag nicht gut verstanden wurde. Ich hoffe, die Frage können Sie gut verstehen. Sie geht in Richtung Wirtschaftsministerium. - Welche Aktivitäten entfaltet die Landesregierung, damit in den Unternehmen von Sachsen-Anhalt eine Willkommenskultur ohne Rassismus gelebt wird?
Frau Präsidentin, das Thema Rassismus soll jetzt auf alle Ministerien ausgewälzt werden? Oder wie verstehe ich das jetzt im Rahmen der Fragestunde? - Das geht doch eigentlich so nicht.
Herr Abg. Kurze, wir haben schon öfter Fragen gehabt, die dann weit auch in eine andere Richtung gingen. Oft hängt ja das eine mit dem anderen zusammen. Deswegen haben wir diese Fragestellungen auch schon oft aus unseren eigenen Reihen gehabt. - Bitte, Herr Willingmann.
Frau Abg. Frederking, ich will gerne darauf antworten, wobei ich möglicherweise Ihre Erwartungen nur enttäuschen kann. Die Landesregierung selbst kann in die Unternehmen ja nicht hineinsteuern. Es bleibt bei den appellativen Instrumenten, die wir haben. Aber ich darf Ihnen versichern: Wir haben insbesondere die Regelungen im Zusammenhang mit dem Zuwanderungsgesetz genutzt, um uns mit Kammern und Verbänden auseinanderzusetzen und ihnen deutlich zu machen, dass es überhaupt keinen Zweck hat, ein Gesetz zur erleichterten Zuwanderung in unseren Arbeitsmarkt zu schaffen, wenn man in den Unternehmen nicht gleichzeitig dafür sorgt, dass dort diejenigen, die aus dem Ausland zu uns kommen und als Fachkräfte sehr will
Das ist dann allerdings in der Tat eine Aufgabe des einzelnen Unternehmers, der einzelnen Belegschaften, sicherlich auch der Vereine und Verbände und der Gewerkschaften, ein Stück weit dafür zu sorgen, dass dort, wo Menschen aus dem Ausland zu uns kommen, diese auch willkommen geheißen werden.
Dass das Wirtschaftsministerium dies zumindest im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützt, versteht sich von selbst. Ganz ohne Frage würde dieses Zuwanderungsgesetz ganz schnell verpuffen, wenn wir zwar auf der einen Seite einen attraktiven Arbeitsplatz in Deutschland anbieten, auf der anderen Seite aber unmögliche Lebensumstände zuließen. Deshalb: Auch wir haben ein Interesse daran, dass es eine Willkommenskultur gibt.
Vielen Dank, Herr Willingmann. Ich sehe keine anderen Fragen. - Bevor ich aber weitermache, bitte ich Frau Zoschke - sie hat ihren MundNasen-Schutz sicherlich nur aus Versehen stehen lassen -, diesen abzulegen. - Danke.
Ich wollte eigentlich Herrn Minister Tullner im Anschluss an den vorherigen Beitrag eine Frage stellen. Das mache ich jetzt. Dabei geht es um das Thema Kolonialismus, Vermittlung von Kolonialismus in Schulbüchern. Das ist wirklich ein wichtiges Thema in der Schule.
Die linke Standardthese dazu besagt, dass wir, die westliche Welt, die wir die Dritte Welt kolonialisiert haben, deshalb schuld sind am Elend der unterentwickelten Länder. Also, wir sind schuld. Denen geht es heute so schlecht, weil wir damals Kolonien errichtet haben. Wir sind schuld. Ich halte das für den Ausdruck eines wirklich perversen Schuldkultes. - So!
Diese These kann man natürlich vertreten, man kann sie aufrechterhalten. Man soll sie aber kontrovers diskutieren; denn das ist eine kontroverse These. Es gibt dazu eine Gegenthese, dass nicht wir schuld sind am Elend der unterentwickelten Länder, sondern dass diese Unterentwicklung herrührt aus der Sozialstruktur, aus der kulturellen Mentalität, dass die unterentwickelten Länder jedenfalls selbst verantwortlich sind für ihren niedrigen Entwicklungsstand.
Und jetzt meine Frage: Wird in Sachsen-Anhalt Wert darauf gelegt, dass diese Diskussion an den Schulen ausgewogen vermittelt wird, dass beide Thesen zur Geltung kommen und dass hier eine sachliche Für-und-Wider-Diskussion stattfindet?
Herr Abg. Tillschneider, Schule bemüht sich natürlich in allen Bereichen, im Kanon des Schulunterrichtes ein Stück weit auch relevante Themen abzubilden. In der Geschichtsschreibung ist das aber immer so eine Sache.
Ich bin selber, wie viele andere in diesem Hohen Haus auch, ein gebranntes Kind. Wer sich an das Ende des Geschichtsunterrichtes der 80er-Jahre in der heutigen Oberstufe, der EOS, erinnert, der weiß: Dort hatten wir den Abriss der Geschichte der SED als einziges Lehrbuch. Das war nicht nur Geschichtsklitterei, sondern es war auch ziemlich öde, weil man kein Geschichtsbild vermittelt bekommen hat, sondern weil versucht wurde, Ideologie zu indoktrinieren.
Der Geschichtsunterricht heute ist vielfältig und wird sich immer auch in der Balance bewegen zwischen Leitlinien, die vielleicht ein Stück weit akzeptiert sind, und auch durchaus Leitlinien, die durchaus strittig diskutiert werden. Mein Anliegen ist es, diese Debatte in diesem Sinne weiter zu gestalten.
Wenn sich die Schulen mit dem Thema Kolonialismus beschäftigen sollen - das müssen ja nicht alle machen -, dann kann man solche Thesen auch strittig diskutieren. Das muss natürlich auf dem Boden des Grundgesetzes und der demokratisch verfassten Werte, die wir alle miteinander leben, geschehen. Dann wird diese Debatte auch fröhlich laufen können. - Vielen Dank.