Die erste Beratung war am 10. Juli 2013. Berichterstatter ist der Kollege Tögel. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Ihnen in Drs. 6/2097 neu vorliegenden Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie den in Drs. 6/2278 vorliegenden Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen überwies der Landtag in der 47. Sitzung am 10. Juli 2013 zur Beratung und Beschlussfassung an den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft.
Mit dem Antrag soll die Landesregierung dazu aufgefordert werden zu prüfen, welche Bestandteile eines Kooperationsvertrages zwischen Hochschulen und privaten Unternehmen unter Achtung der Forschungsfreiheit, der Berufsausübungsfreiheit sowie der Vertragsfreiheit und unter Einhal
Herr Kollege! - Meine Damen und Herren! Berichterstatter haben es in der Regel etwas schwerer. Erleichtern Sie dem Kollegen Tögel seine Berichterstattung. - Bitte schön.
Herzlichen Dank für das Mitgefühl, Herr Präsident. - Außerdem soll die Landesregierung aufgefordert werden, im Zusammenwirken mit den Hochschulen des Landes verbindliche Regelungen zu erarbeiten, in denen Kriterien für die Ausgestaltung von Kooperationsvereinbarungen zwischen Hochschulen und Unternehmen festgelegt werden.
Schließlich soll die Landesregierung mit dem Antrag aufgefordert werden, sicherzustellen, dass den Mitgliedern des zuständigen Ausschusses für Wissenschaft und Wirtschaft die Einsichtnahme in die Kooperationsverträge unter Wahrung der Vertraulichkeit unabhängig von Vertraulichkeitsklauseln in den Verträgen gewährt wird.
Mit dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen soll die Landesregierung gebeten werden, die Hochschulen untereinander aufzufordern, verbindliche Regelungen zu erarbeiten, in denen Kriterien für die Ausgestaltung von Kooperationsvereinbarungen festgeschrieben werden.
Des Weiteren sieht der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen vor, dass die Mitglieder des Ausschusses für Wissenschaft und Wirtschaft einmal pro Legislaturperiode über die an den Hochschulen abgeschlossenen Kooperationsverträge informiert werden.
Der Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft befasste sich erstmals am 29. August 2013 mit dem Antrag. Im Ergebnis dieser Beratung kam der Ausschuss überein, ein Fachgespräch mit den Hochschulen sowie mit dem Präsidenten der Landesrektorenkonferenz durchzuführen.
Das Fachgespräch fand in der 31. Sitzung am 13. Februar 2014 statt. Dazu wurden Vertreter der Industrie- und Handelskammern sowie der Handwerkskammern Magdeburg und Halle eingeladen. Darüber hinaus nahmen Vertreter des FraunhoferInstituts für Werkstoffmechanik und des Technologie- und Gründerzentrums Halle sowie der Präsident der Landesrektorenkonferenz an dem Fachgespräch teil.
Der Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft verständigte sich darauf, die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe „Transparenz der Kooperationen zwi
schen Wissenschaft und Wirtschaft“, bestehend aus Vertretern des Ministeriums und aus Vertretern der Hochschulen, abzuwarten und über das Thema zu gegebener Zeit erneut zu beraten.
Schließlich wurde der Antrag in der 44. Sitzung des Ausschusses am 12. März 2015 erneut aufgerufen. Im Rahmen der Sitzung legte das Ministerium unter anderem dar, dass die Hochschulen signalisiert hätten, an einer Selbstverpflichtung interessiert zu sein.
Im Ergebnis der Beratung kam der Ausschuss überein, den Antrag am 9. April 2015 erneut zu beraten, um einen weiteren, aktualisierten Bericht des Ministeriums entgegenzunehmen.
Bei der Ausschusssitzung am 9. April 2015 machte das Ministerium deutlich, dass in den nächsten Wochen unter Berücksichtigung der eingehenden Stellungnahmen der Hochschulen auf der Grundlage des Entwurfes des Ministeriums für Wissenschaft und Wirtschaft eine Selbstverpflichtungserklärung der Hochschulen erarbeitet werde. Schließlich verständigte sich der Ausschuss darauf, den Antrag erneut aufzurufen, sobald weitere Informationen und Ergebnisse der Arbeitsgruppe Transparenz vorliegen.
Mit Schreiben vom 17. Juni dieses Jahres wurde dem Ausschuss mitgeteilt, dass es einen ersten Entwurf einer Selbstverpflichtung der Hochschulen gebe. Diese Selbstverpflichtung wurde uns zugeleitet.
Ziel dieser Verpflichtung ist die Wahrung berechtigter Informationsinteressen der Öffentlichkeit und des Parlaments bei gleichzeitigem Erhalt der Kooperationsfähigkeit der Hochschulen, insbesondere bei Verträgen mit der Wirtschaft.
Es ist beabsichtigt, diese Selbstverpflichtung bis zum Beginn des Wintersemesters 2015/2016 durch die Vertreter der Hochschulen unterzeichnen zu lassen. Aus diesem Grund befasste sich der Ausschuss nochmals am 3. September 2015 mit diesem Antrag. Im Ergebnis dieser abschließenden Beratung erteilte der Ausschuss seine Zustimmung zu dem Entwurf einer Selbstverpflichtung der Hochschulen über die Ausgestaltung von Kooperationen mit außerhochschulischen Partnern.
Nachdem die Zustimmung von uns erteilt wurde, hat der Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft unter Zustimmung aller Fraktionen den Antrag für erledigt erklärt. In Drs. 6/4345 liegt Ihnen die einstimmig beschlossene Beschlussempfehlung vor. Ich bitte Sie, dieser Beschlussempfehlung Ihre Zustimmung zu geben. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Tögel, für Ihren Bericht. - Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Möllring das Wort. Bitte schön, Herr Minister.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kooperationsvereinbarungen müssen unterschiedlichen Zielen gerecht werden: Auf der einen Seite darf und soll die Wirtschaft nicht über Gebühr Einfluss auf die Freiheit von Forschung und Lehre gewinnen. Diese Freiheit ist selbstverständliche Grundlage für alle weiteren Überlegungen.
Auf der anderen Seite dürfte weitgehend unstrittig sein, dass eine Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Privatwirtschaft für beide Seiten ein Gewinn sein kann oder sogar ein Gewinn sein muss. Die Hochschulen können dadurch ihre anwendungsorientierte Forschung, aber natürlich auch die praxisnahe Ausbildung stärken. Natürlich sind Drittmittel aus der Privatwirtschaft für die Hochschulen wichtige zusätzliche Einnahmen. Dies zeigt sich auch daran, dass der Anteil der Drittmittelforschung in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist und auch der Anteil von Industrie und Wirtschaft an der Drittmittelforschung stetig zunimmt.
Unternehmen profitieren ebenfalls von der Zusammenarbeit. Sie erhalten nämlich Zugang zu den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und können auch qualifizierte, praxisorientiert ausgebildete Hochschulabsolventen gewinnen.
Eine solche Zusammenarbeit setzt jedoch die notwendige Vertraulichkeit voraus. Auch aus der Sicht der Hochschulen könnte eine zu große Transparenz die Partner aus der Wirtschaft von künftigen Kooperationen abhalten. In der Tat ist es ein legitimes Interesse von Unternehmen, dass die Ergebnisse der von ihnen beauftragten Forschung nicht von jedem Konkurrenten eingesehen werden können.
Die nunmehr vorliegende Selbstverpflichtungserklärung wurde von einer Arbeitsgruppe verfasst, die von der Hochschulrunde eingesetzt wurde und sich aus den Rektoren der Hochschulen zusammensetzte. Zeitweise war auch das Ministerium daran beteiligt.
Gleichwohl ist die Vereinbarung eine originäre und autonome Selbstverpflichtung der Hochschulen dieses Landes und damit auch ein Ausdruck ihrer eigenen Selbständigkeit und ihrer Selbstverantwortung.
Die Vereinbarung bezieht sich insbesondere auf die Kooperation mit privaten Wirtschaftsunternehmen. Die sonstigen öffentlich geförderten Forschungsprojekte unterliegen dem Regelwerk der jeweiligen Förderinstitute. Die Publikationsfreiheit der beteiligten Wissenschaftler bzw. Wissenschafterinnen ist natürlich weiterhin gewahrt. Vertragliche Eingrenzungen der Reichweite dieses Publikationsrechtes müssen entsprechend schriftlich begründet werden.
Die Begutachtung von Studienleistungen und Prüfungen liegt natürlich ausschließlich bei der Hochschule. Das kann ja auch nicht anders sein.
Dem Interesse der Öffentlichkeit, über die Kooperationsverträge informiert zu werden, trägt die Erklärung ebenfalls Rechnung. Die meisten Verträge werden einmal pro Jahr in geeigneter Weise veröffentlicht.
Es freut mich sehr, dass wir nach monatelangen intensiven Diskussionen zwischen den Hochschulen, mit Parlamentariern und auch mit dem Ministerium eine Lösung gefunden haben, die den Interessen aller Beteiligten, nämlich der privaten Wirtschaftsunternehmen, der Hochschulen, der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen und auch der Studierenden, gerecht wird.
Die Selbstverpflichtung berücksichtigt angemessen das Informationsinteresse der Öffentlichkeit, die Freiheit von Forschung und Lehre und auch das Interesse der Wirtschaft am vertraulichen Umgang mit diesen Forschungsergebnissen.
Nach meiner Kenntnis soll die Selbstverpflichtungserklärung spätestens zu Beginn des nächsten Wintersemesters unterschrieben sein. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. - Es wurde eine Dreiminutendebatte vereinbart. Frau Professor Dr. Dalbert eröffnet sie für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist jetzt wirklich ein sehr erfreulicher Tagesordnungspunkt, dass sich die Hochschulen eine solche Vereinbarung gegeben haben und diese so wichtige Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ein bisschen mehr mit Transparenz erfüllen. Wir wissen alle - der Herr Minister hat es noch einmal betont -, die Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ist sehr wichtig für die Entwicklung auch der Wirtschaft im Land, gerade bei uns, mit dieser kleinteiligen Wirtschaft, wo die Unternehmen keine eigenen Forschungsabteilungen haben. Insofern ist es gut, dass wir einen Schritt vorankommen.
Das Problem liegt darin, dass Hochschulen aus dem Informationszugangsgesetz ausgenommen worden sind - aus gutem Grund! -, weil - der Minister hat es dargelegt - man nicht will, dass Verträge zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, die über irgendwelche Innovationen gehen, von jedermann eingesehen werden können. Das hat dann irgendwann dazu geführt - Gott sei Dank nicht bei uns im
Land; das will ich auch noch einmal ganz klar sagen; aber an verschiedenen Stellen, in Köln, in Berlin -, dass sehr ungute Kooperationen, will ich einmal zusammenfassend sagen, eingegangen worden sind.
Das war für uns, für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Anlass zu sagen, wir wollen präventiv tätig werden; bei uns ist es nicht so, aber wir wollen auch gar nicht, dass es dazu kommt. Dafür ist uns diese Kooperation viel zu wichtig.
Wir sind bereits am Anfang der Legislaturperiode auf die Hochschulrektoren zugegangen und haben mit ihnen darüber diskutiert und mit ihnen eine Vereinbarung angestrebt, die im Wesentlichen die Inhalte hat, welche die Vereinbarung heute umfasst. Das ist durch personelle Wechsel bei Hochschulleitungen ins Stocken geraten und ging nicht richtig voran. Wir haben dann noch einmal einen Anlauf genommen, aber es ging auch dann nicht richtig voran. Dann haben wir gesagt, dann tragen wir es doch ins Parlament, wenngleich wir eigentlich finden, dass es eine Sache der Selbstorganisation der Hochschulen ist.
Diese Aktivität hat dann dazu geführt, dass in der Anhörung der Vorsitzende der Hochschulrektorenkonferenz gesagt hat, also, eigentlich wollen wir noch einmal mit einer eigenen Aktivität versuchen, ob wir es selbst hinkriegen. Dann habe ich sofort gesagt, gut, dann lassen wir unseren Antrag ruhen, weil ich das für den richtigen Weg halte.
Es ist eine erfreuliche Sache, dass uns jetzt eine solche Vereinbarung vorliegt, welche die Hochschulrektoren nach meinem Wissen am 24. September 2015 unterzeichnen werden. Das ist dann ein schöner Abschluss dieses Prozesses.
Es werden wesentliche Dinge in dieser Vereinbarung geregelt, erstmals auch wirklich Transparenz in den Hochschulen. Das wurde in den Hochschulen sehr unterschiedlich gehandhabt. Es wird geregelt, dass die Rektoren die Vereinbarungen unterzeichnen und die Hochschulgremien unterrichten. Das Publikationsrecht wird geschützt. Es wird noch einmal klargestellt, dass Lehre und Prüfung Aufgaben der Hochschule sind, auch das Letztprüfungsrecht. Natürlich kann sich ein Lehrbeauftragter auch an Prüfungen beteiligen. Das ist heute im ECTS-System so, aber es muss klar sein, wer das Letztentscheidungsrecht hat. Es gibt auch eine Berichtspflicht gegenüber dem Ausschuss und gegenüber der Öffentlichkeit.
Es gibt zwei Punkte, bei denen wir sehen müssen, ob sich das trägt. Das muss man einfach einmal eine Zeitlang ausprobieren. Mit der „hinreichenden schriftlichen Begründung“ zur Einschränkung des Publikationsrechtes bin ich sehr unglücklich, weil das Publikationsrecht grundsätzlich überhaupt nicht einzuschränken ist, auch nicht mit einer Begründung.
Was Sinn macht, ist, den Zeitpunkt hinauszuschieben und zu sagen, wir halten bestimmte Dinge, die wir erforscht haben, erst noch unter dem Deckel, damit der Betrieb das nutzen kann. Aber auch das muss am Ende publiziert werden.
Der andere Punkt ist klar. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass zumindest Vertrauensleute aus den einzelnen Fraktionen das Recht haben müssen, in Verträge hineinzuschauen. Dabei konnten wir uns klar nicht durchsetzen. Dennoch ist das ein guter Tag für unsere Hochschulen, ein guter Tag für den Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt. Deswegen freue ich mich sehr, dass wir heute dieses Ergebnis mit unserer Zustimmung zur Beschlussempfehlung unterstützen können. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Fraktion der CDU spricht jetzt der Kollege Harms. Bitte schön, Herr Abgeordneter.