Protocol of the Session on September 18, 2015

Ich will noch einmal die rechtlichen Rahmenbedingungen kurz benennen. In § 3 Abs. 6 des Mediengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt heißt es:

„Berichterstattung und Informationssendungen haben den anerkannten journalistischen Grundsätzen … zu entsprechen. Sie müssen unabhängig und sachlich sein.“

(Herr Herbst, GRÜNE: Das passt!)

Wie kann eine Sendung unabhängig sein, wenn derjenige, der für die Sendung im Studio ist, 10 000 € dafür bezahlt hat? Wie kann eine Sendung unabhängig sein, wenn der Geldgeber für eine Sendung vorher den Interviewpartner diktiert hat? - Mir kann niemand erklären, dass das unabhängiger Journalismus ist.

(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von Frau Budde, SPD)

Ein anderer Punkt - dabei gibt es Ausnahmen - ist das Thema „Produktplatzierungen“. Ja, es ist richtig, man kann mittlerweile auch in unserem Rundfunksystem eine Sendung sponsern lassen und sogenanntes Product Placement betreiben.

Aber das greift in dem vorliegenden Fall nicht. Denn zum einen war die Sendung nicht als gesponserte Sendung gekennzeichnet, sondern erweckte den Eindruck, ein unabhängiges journalistisches Format zu sein. Zumindest versuchte sie das. Aber auch wenn die Sendung als gesponsert gekennzeichnet wäre, hätte sie so nicht stattfinden dürfen. Denn in § 7 des Rundfunkstaatsvertrags heißt es klar und deutlich, dass Themenplatzierungen unzulässig sind.

Ganz abgesehen davon, dass Radio SAW mit seiner Lizenz kein Homeshopping-Kanal ist, der stundenlange Dauerwerbesendungen - schon gar nicht für die Landesregierung - abspielen kann.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Aber die Dinge, die Radio SAW betreffen - darin hat Herr Felke Recht -, werden die Landesmedienanstalt beschäftigen. SAW hat jetzt selbst um eine Prüfung gebeten. Ich sage: Das, was die Landesmedienanstalt macht, ist völlig richtig. Dort gehört es auch hin. Die Medienanstalt ist das entsprechende Aufsichtsorgan, welches hierbei einen Prüfauftrag hat.

(Herr Lange, DIE LINKE: Ja! - Herr Schrö- der, CDU: Genau! So ist es! Da gehört es hin!)

Wir haben hier das Verhalten von Mitgliedern der Landesregierung zu bewerten. Wir wissen mittlerweile, dass die Stark-III-Nummer kein Einzelfall war.

(Frau Budde, SPD: Sie sollen das nicht be- werten!)

Die „Volksstimme“ berichtete, dass zwei weitere Minister ähnliche Sondersendungen bei Radio SAW hatten, und dass es hier ähnliche Geldsummen gab, die geflossen sind. Man könnte also behaupten, das alles hat irgendwie System, ist bereits geübte Praxis, Tradition sozusagen.

Ich will für meine Fraktion klar sagen: Die Rundfunkfreiheit ist ein hohes Gut. Journalistische Unabhängigkeit muss stets gewahrt bleiben. Die Mediengesetze sind nicht nur Rundfunkbetreibern und Rundfunkanstalten bekannt, sondern auch den Mitgliedern unserer Landesregierung.

Deshalb will ich der Ministerin und den Ministern im Namen meiner Fraktion sagen: Die Rundfunk- und Medienlandschaft, egal ob privat oder öffentlich-rechtlich, ist kein Selbstbedienungsladen, bei dem man sich einfach so einkaufen kann, um seine Politik schönzureden. Überzeugen Sie doch die Bürgerinnen und Bürger im politisch fairen Wettbewerb und nicht, indem Sie mit Steuergeldern Sendezeiten kaufen.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Denn das kann bekanntermaßen deutlich nach hinten losgehen.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Danke, Kollege Gebhardt. - Für die Fraktion der CDU spricht jetzt der Kollege Kurze. Bitte, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte gibt Anlass, für das Thema politische Information und staatliche Öffentlichkeitsarbeit insgesamt zu sensibilisieren. Das betrifft sowohl uns Politiker, die ihre Politik den Menschen gern vermitteln und erklären möchten, aber auch die Medienmacher, die jedenfalls im privaten Bereich mit ihrem Programm Geld verdienen müssen, um Mitarbeiter zu beschäftigen und ordentlich zu bezahlen.

In diesem Spannungsfeld gibt es viele offene Fragen und unterschiedlichste Regelungen für Rundfunk, Presse und Internet. Ich bin sicher, dass wir alle am Ende der Aufarbeitung des Themas nicht nur sensibler, sondern auch schlauer sein werden.

Natürlich ist es wichtig und richtig, dass die Medien als „vierte Gewalt“ nicht nur Politik und Verwaltung kontrollieren, sondern auch gegenseitig auf die Einhaltung des Rechtsrahmens achten. Insofern sind die Recherchen und kritischen Berichte der „Volksstimme“ allemal Anlass zur Prüfung.

Ich bin der „Volksstimme“ auch sehr dankbar, dass sie immer wieder - wie auch die anderen Tageszeitungen „Mitteldeutsche Zeitung“, „Altmark Zeitung“ oder „Bild“ - wichtige Themen auf die Agenda setzen, investigativ recherchieren und ihrem Auftrag als unabhängiges Medium somit gerecht werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Jetzt aber stehen wir erst am Anfang dieser Prüfung. Da sind manchmal zu schnell politische und mediale Bewertungen abgegeben worden. Entscheidend ist aber grundsätzlich die in einem rechtsstaatlichen Verfahren vorzunehmende rechtliche Bewertung der Geschehnisse. Dazu gehört neben der Unschuldsvermutung unter anderem auch das Gebot des rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens.

Radio SAW hat seit 1992 mit seinem Programm eine sehr hohe Akzeptanz bei unseren Bürgerinnen und Bürgern und trägt wesentlich zur Identitätsstiftung unseres Landes bei. SAW ist der meistgehörte Sender im Land und zeichnet sich, wie unsere anderen privaten Anbieter Radio Brocken und RTL 89,0, durch eine ordentliche Qualität und Bürgernähe aus.

Bisher sind keine schwerwiegenden Programmverstöße vorgefallen. Dies sollte bei der Debatte über die hier in Rede stehende Sendung nicht ganz außer acht bleiben. Denn von der Debatte sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von SAW betroffen, die bemüht sind, jeden Tag ein gutes Programm zu machen.

Was ist eigentlich passiert? - Am vergangenen Samstag, dem 12. September war in der „Volksstimme“ der Titel zu lesen: Bullerjahn zahlt für freundlichen Radiobeitrag. Darin wurde berichtet, dass am 7. September eine Sondersendung beim privaten Hörfunkveranstalter Radio SAW mit Finanzminister Bullerjahn als prominentem Gast lief. 10 000 € flossen aus Steuermitteln von der IB an den Veranstalter. Die IB, so die Volksstimme am 12. und am 15. September, habe zudem eingeräumt, ein Interview mit dem Finanzminister zur Vorgabe für dessen Teilnahme erklärt zu haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Klar ist, die Landesregierung darf über ihre Arbeit in sämtlichen Medien informieren. Entsprechende Beiträge müssen aber deutlich als Werbung gekennzeichnet werden. Das gehört - darin sind wir uns einig - zu den anerkannten journalistischen Grundsätzen, zu denen auch der private Rundfunk verpflichtet ist.

Klar ist auch, gesponserte Sendungen sind nach § 8 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrags zulässig, wenn darauf am Beginn und am Ende durch den Sponsor in vertretbarer Kürze und in angemessener Weise deutlich hingewiesen wird. Ausdrücklich nicht beeinflussen darf ein Sponsor nach § 8 Abs. 2 des Rundfunkstaatsvertrags die redak

tionelle Verantwortung und Unabhängigkeit des Rundfunkveranstalters.

Mit der Sendereihe „Radio SAW Spezial“ sollen Themen, die in den üblichen Beitragslängen nicht ausführlich dargestellt werden können, umfassend aufbereitet und diskutiert werden. Das ist gut und richtig; denn wir brauchen den Informationstransport über die Medien an unsere Menschen.

Seit Dienstag dieser Woche ist bekannt, das Format der Sendung vom 7. September war kein Einzelfall. Bereits im Juli 2012 und im Juni sowie im Oktober 2014 wurden ähnliche Produktionen mit der Sozialminister Bischoff und der Justizministerin Kolb ausgestrahlt. Die Produktionen des letzten Jahres wurden durch das Justizministerium bzw. die IB gesponsert und von der Ministerin offen als Teil einer Kampagne bezeichnet.

Seit vorgestern ist auch bekannt, dass der Paritätische Wohlfahrtsverband als Sponsor einer Sendung agierte. Seit gestern wissen wir, dass die Moderatorin der Sendung eine Interessenvertreterin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes war.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Medienrecht in Deutschland und in Sachsen-Anhalt gilt für alle Bürgerinnen und Bürger, für Abgeordnete, für die Mitglieder der Landesregierung und natürlich auch für die Radioveranstalter. Dass ein privater Radioveranstalter Geld verdienen muss, ist klar und legitim. Es gelten aber dieselben rechtlichen Maßstäbe wie für alle anderen Wettbewerber. Der Veranstalter Radio SAW hat deutlich gemacht, seine redaktionelle Unabhängigkeit zu keinem Zeitpunkt abgegeben zu haben. Insofern steht der Duktus in der Darstellung in der „Volksstimme“ gegen die Darstellung des Sendeveranstalters. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss in der Sache aufgeklärt werden.

(Zustimmung von Herrn Borgwardt, CDU)

Die Vorwürfe in der Sache aufklären kann zunächst nicht der Landtag. In der Sache aufklären kann den Sachverhalt das exekutive Gremium, das dafür zuständig ist. Das ist die Aufsichtsbehörde des privaten Rundfunks und der Telemedien in Sachsen-Anhalt, die Landesmedienanstalt.

(Zustimmung bei der CDU)

Um diese Aufklärung hat auch Radio SAW selbst die Medienanstalt gebeten. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesmedienanstalt hat ihren Vorstand bereits am 12. September über die Vorwürfe informiert. In der Zwischenzeit sind die in Rede stehenden Sendemitschnitte vom Veranstalter abgefordert worden.

Der Vorstand der Medienanstalt Sachsen-Anhalt wird sich bei seiner kommenden Sitzung am Montag und bei der Versammlung am Mittwoch nächster Woche mit dem Thema befassen. Ohne der Sitzung vorzugreifen, gehe ich davon aus, dass

der Vorstand den Programm- und Rechtsausschuss mit einer eingehenden Prüfung der Vorgänge betrauen wird. Erst auf dieser Grundlage wird sich erneut der Vorstand mit diesem Thema befassen und dann der Versammlung vorschlagen, eine rechtliche Bewertung vorzunehmen.

Das ist der richtige Weg, der jetzt eingeschlagen wurde. Die zuständige MSA wird als staatsferne Aufsichtsbehörde die Einhaltung der medienrechtlichen Vorgaben durch Radio SAW prüfen. Das begrüßen wir ausdrücklich. Vorverurteilungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, gibt es von uns nicht. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Kurze. - Damit ist die Aktuelle Debatte abgeschlossen. Beschlüsse in der Sache werden nicht gefasst. Der Tagesordnungspunkt 29 ist erledigt.

(Unruhe)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Zweite Beratung

Kooperationsvereinbarungen zwischen Hochschulen und Unternehmen in Sachsen-Anhalt transparenter gestalten

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/2097 neu

Änderungsantrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/2278

Beschlussempfehlung Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft - Drs. 6/4345