Protocol of the Session on June 5, 2015

Die Kritik der LINKEN am Runderlass über Zuweisungen aus dem Ausgleichsstock haben wir geteilt und den Antrag dazu unterstützt. Dass Gemeinden zwangsweise ihren Gewerbesteuersatz auf 50 Prozentpunkte über den Durchschnitt anheben müssen, um Zuweisungen aus dem Ausgleichsstock zu erhalten, trotz der negativen Folgen, die damit verbunden sind, hilft der Finanzkraft nicht, sondern schadet ihr eher.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Anzumerken ist auch, dass sich die bisherige Praxis als nicht gerichtsfest erwiesen hat bzw. dies zumindest fraglich ist. Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat - Herr Grünert hat darauf hingewiesen - in einer einstweiligen Verfügung der betroffenen Stadt Hecklingen Recht gegeben. Bei einer einstweiligen Verfügung muss man sehen, wie es ausgeht, aber es ist durchaus ein Punkt.

Erfreulich ist, dass der jetzt überarbeitete Runderlass deutliche Verbesserungen gegenüber dem kritisierten Erlass aufweist und die zwangsweisen Anhebungen deutlich absenkt; obgleich aus unserer Sicht die wesentlichen ökonomischen Aspekte immer noch nicht richtig einsortiert worden sind.

Erstens. Die zwangsweise Erhöhung von Realsteuerhebesätzen bei Gewerbe- und Grundsteuer mag kurzfristig zu einem höheren Steueraufkommen, das heißt zu einer Verbesserung, führen. Welche mittelfristigen Folgen sind aber zu erwarten? Es ist erstens ein verordneter Standortnachteil für die Wirtschaft und zweitens ein Entzug von Kaufkraft bei Eigentümern und Mietern.

Zweitens. Einsparungen sollen die Kommunen im Personalbereich und im Bereich der freiwilligen Leistungen erzielen. Investitionen sollen unterbleiben. Welche mittelfristigen Folgen sind zu erwarten? - Die Qualität öffentlicher Dienstleistungen wird in den betroffenen Kommunen weiter abnehmen und die Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit der Arbeit der öffentlichen Verwaltung wird zunehmen. Der Werteverzehr der öffentlichen Infrastruktur nimmt zu, die Lebensqualität nimmt ab. Die Attraktivität der betroffenen Gemeinden als Wohn-, aber auch als Gewerbestandorte nimmt gerade in Konkurrenz zu anderen, nicht betroffenen Kommunen ab mit negativen Folgen für die zukünftige Finanzkraft.

Selbstverständlich müssen sich Kommunen auch selbst aktiv um eine Konsolidierung bemühen und eigene sinnvolle Anstrengungen unternehmen. Diese müssen sich aber auch für sie lohnen. Das strukturelle Finanzierungsproblem der Kommunen, insbesondere der Kommunen mit Liquiditätsproblemen, wird durch den Runderlass auch in seiner neuen Fassung nicht gelöst werden.

Ich möchte noch einen erfreulichen Punkt anmerken. Die im Ursprungsantrag der Fraktion DIE LINKE an erster Stelle kritisierte Regelung zu den Aufwandsentschädigungen ist in diesem Runderlass entfallen; immerhin. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Meister. - Für die SPDFraktion spricht jetzt Herr Kollege Erben. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will es heute bei einigen Erwiderungen belassen, weil wir dieses Thema bereits bei der Einbringung dieses Antrages sehr umfangreich erörtert haben. Ich habe schon den Eindruck - zumindest mit Blick auf die bisherigen Beiträge der Opposition -, dass wir eher in eine Grundsatz

debatte zum Finanzausgleich und zu der kommunalen Finanzausstattung abgleiten.

Herr Grünert, ich weiß, dass Sie sich seit vielen, vielen Jahren an der Form eines Erlasses zur Regelung der Vergabe der Zuwendungen aus dem Landesausgleichsstock stören. Aber nur weil Ihnen etwas nicht passt, ist es nicht verfassungswidrig.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Ihre Auffassung ist nicht die Verfassung. Ich kenne niemanden, der ernsthaft behauptet, dass es aufgrund einer gesetzlichen Regelung, nach der Zuwendungen aus dem Landesausgleichsstock gewährt werden, verfassungswidrig wäre, wenn dies nicht aufgrund einer Verordnungsermächtigung und einer sogenannten Verteilungsverordnung passieren würde.

Der Einzige, der das immer wieder wiederholt und mittlerweile in den Verfassungsrang stellt, sind Sie. Darum muss man an dieser Stelle auch einmal betonen, wenn es eine Verordnung wäre und kein Erlass, dann hätten wir auch nicht darüber zu bratwurstieren; denn dann wäre es eine Entscheidung des Finanzministers oder der Landesregierung gewesen, eine solche Regelung zu treffen.

(Herr Leimbach, CDU: Ganz genau!)

Deswegen sollten wir vielleicht an dieser Stelle auf dem Teppich bleiben.

Wir haben als SPD-Fraktion an der ursprünglichen Fassung des Runderlasses zwei Dinge auszusetzen gehabt. Ich will sie auch noch einmal kurz benennen. Zum einen ging es um die Heranziehung von Aufwandsentschädigungen ehrenamtlich Tätiger zur Haushaltskonsolidierung. An dieser Stelle hatten wir durchaus das Gesetz auf unserer Seite gehabt; denn wir haben aus meiner Sicht dazu eine klare Regelung in der Kommunalverfassung. Dies ist nunmehr aus dem Erlass verschwunden.

Zum anderen ging es um die Frage der notwendigen Erhöhung von Hebesätzen. Es gab diesbezüglich die Regelung, 150 Prozentpunkte je nach Steuerart, jetzt sind es 50 und 25 Prozentpunkte. Aus unserer Sicht ist dies eine maßvolle Vorgabe, die dort betrieben wird, auch deshalb, weil nicht alle, die entsprechende Anträge stellen, unverschuldet in diese Notlagen geraten. Häufig sind sie deswegen in diese Notlagen geraten, weil sie im Unterschied zu anderen Kommunen, die ihre Haushalte ausgleichen, ihren Bürgern erhebliche Lasten auferlegt haben.

Einige Gemeinden dieser Kategorie sind heute schon benannt worden. Dabei ging es nicht immer nur um Steuern, sondern es ging beispielsweise auch um Nutzungsgebühren. Wenn ich diesbezüglich an Teile der Bodeniederung denke oder die bereits benannte Stadt Hecklingen, dann ist dies die letzten 20 Jahre historisch nachvollziehbar.

Deswegen sind wir schon der Meinung, dass derjenige, der die Hilfe der Solidargemeinschaft in Anspruch nimmt, auch höhere Lasten zu tragen hat. Dies findet an vielen anderen Stellen auch statt.

Ein weiterer Punkt - ich glaube, die Kollegin Feußner hat das auch angesprochen - betrifft an dieser Stelle die Frage des kommunalaufsichtlichen Handelns. Ich verstehe nicht, warum der Bedarfszuweisungserlass für alle anderen Gemeinden in diesem Land, also auch für diejenigen, die überhaupt nicht vorhaben, Liquiditätshilfe oder Bedarfszuweisungen zu beantragen, zum Gegenstand kommunalaufsichtlichen Handelns geworden ist.

Insofern - das muss man so ehrlich sagen - war die Entscheidung, die in Bezug auf die Stadt Hecklingen vom Verwaltungsgericht getroffen ist, aus meiner Sicht eigentlich eine Niederlage mit Ansage; denn man kann nicht einen Runderlass nehmen und sagen, den habt ihr jetzt zu erfüllen, sonst bekommt ihr euren Haushalt nicht genehmigt oder erhaltet eine Anordnungsverfügung. Dies ist sicherlich nicht die entsprechende Grundlage gewesen.

Herr Grünert, ich möchte einen letzten Punkt aufgreifen. Sie haben gesagt, der übertragene Wirkungskreis werde nicht ausfinanziert. Für den übertragenen Wirkungskreis haben wir seit der Umstellung des Finanzausgleichgesetzes im Jahr 2009/2010 die Auftragskostenpauschale eingeführt.

Dabei kommt es nicht mehr darauf an, ob die Gemeinde, die die Auftragskostenpauschale erhält, eine hohe oder eine niedrige Steuerkraft hat. Das wird überhaupt nicht herangezogen. Gerade der übertragende Wirkungskreis ist derjenige, von dem nicht einmal die Kommunen behaupten, dass er nicht ausfinanziert sei. Er ist allein aufgrund der Systematik der Auftragskostenpauschale ausfinanziert. Jetzt habe ich meine Redezeit doch ausgeschöpft. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Erben. Herr Kollege Erben, der Kollege Gallert will Sie etwas fragen.

Kollege Erben, ich komme noch einmal zurück zu Ihrer Aussage, dass in dem Erlass nicht steht, dass die Gemeinden ihre Gebietsänderungsverträge brechen müssten, um an Liquiditätshilfe zu kommen.

Dazu will ich Folgendes wissen: Wir haben Gebietsänderungsverträge, die verbieten, dass die Grundsteuern angehoben werden. Die haben Sie damals mit genehmigt, zumindest in letzter Instanz. Nun haben wir die Situation, dass eine

solche Gemeinde Liquiditätshilfe beantragt, die davon betroffen ist. Die Gemeinde sagt, sie könne ihre Steuersätze gar nicht wie gewollt anheben; da damit die Gebietsänderungsverträge gebrochen würden. Die Frage ist, was jetzt passiert.

Gibt es Kommunen, die Liquiditätshilfe erhalten haben, obwohl sie den Mindestsatz der Steuererhöhung, der von ihnen verlangt worden ist, nicht realisiert haben, weil sie das gar nicht dürfen? Gibt es solche Kommunen, die nach der entsprechenden Erlasslage nun Liquiditätshilfe erhalten oder nicht?

Die Frage müssen Sie an die Landesregierung richten. Ich bin nicht der Chefstatistiker des Finanzministeriums oder des dortigen FAG-Referats.

(Zuruf von Herrn Leimbach, CDU)

Ob sie etwas beantragt haben, weiß ich natürlich nicht. Fakt ist doch eines: Es wird immer in den Raum gestellt, dass es Kommunen gäbe, die einen solchen Vertrag hätten und von der Kommunalaufsicht gezwungen worden seien, diesen zu brechen, damit sie Liquiditätshilfe erhielten. Ich kenne nur einen Fall, und zwar Güsten. Nach meinem Wissen ist Güsten nicht Kostgänger des Landesausgleichstocks.

Die Frage, ob es jemand beantragt hat und es trotzdem erhalten hat, sollte besser Gegenstand einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung und nicht an den Abgeordneten Erben sein.

(Herr Leimbach, CDU: Er hält Sie für kompe- tent!)

Herr Gallert würde gern nachfragen.

Ich könnte sagen, ich frage Sie in Ermangelung der Landesregierung. Aber das ist nicht die Frage. Das Problem ist doch Folgendes: Wir reden nicht über die Kommunalaufsicht, sondern wir reden über denjenigen, der den Ausgleichsstock verteilt. Das ist, so glaube ich, noch immer das Ministerium.

Ja.

Würde denn nach dem jetzigen Erlass das Ministerium in der Lage sein - das ist der eigene Erlass -, einer solchen Kommune, wie ich sie eben beschrieben habe, in den Genuss von Liquiditätshilfe kommen zu lassen, ja oder nein?

Ja, zweifelsohne. Wenn keine der Voraussetzungen der Entscheidung des OVG zum Brechen des Gebietsänderungsvertrages erforderlich ist, würde von der Kommune etwas verlangt werden, was eindeutig rechtswidrig ist. Wenn die Kommune erstens die Liquiditätshilfe zur Erhaltung ihrer Liquidität braucht und zweitens die anderen Anforderungen an die Gewährung der Liquiditätshilfe erfüllt, dann kann sie selbstverständlich nach diesem Erlass Liquiditätshilfe erhalten.

Vielen Dank dem Fragesteller und dem Antwortgeber. - Jetzt hat Herr Grünert für die Fraktion DIE LINKE das letzte Wort.

Herr Erben, Sie hatten vorhin den Vorteil, dass Sie das gedruckte Exemplar schon vor sich hatten. Ich habe es jetzt vor mir. Unter 2.1.1 steht Folgendes:

Für Kommunen, die einen Antrag auf Liquiditätshilfe stellen, soweit sie nicht einen kurzfristigen Engpass haben, ist festgelegt, dass sie Steuern, Gebühren, Beiträge und Entgelte wie folgt zu erheben haben. Unter Punkt a) ist aufgeführt: Für die Grundstücksteuer A und B einen Hebesatz von mindestens 50 Prozentpunkten über dem gewichteten Durchschnittshebesatz, bei der Gewerbesteuer einen Hebesatz von mindestens 25 Prozentpunkten über dem gewichteten Durchschnittssatz. Wenn darin also steht, dass festgelegt wird, dass sie es haben, dann frage ich mich, wie Sie ansonsten so einen Satz interpretieren. Wahrscheinlich dann bloß, das ist Spiegelfechterei usw.

(Zurufe von der SPD)

- Nein, das funktioniert an der Stelle nicht. Dann lesen Sie bitte nach. Ich denke schon, es ist sehr rigide. - Übrigens hat Hecklingen nach dem alten Runderlass eine Erhöhung um 100 % gemacht und wurde im Prinzip dann durch das Verwaltungsgericht zurückgepfiffen, weil die Anordnung der Kommunalaufsicht an der Stelle falsch war.

(Herr Leimbach, CDU: Ja!)

Warum war sie falsch?

(Herr Leimbach, CDU: Warum?)