egal, was in deren Ländern für eine Lücke gerissen wird. Das ist der Widersinn, der bei der Unterscheidung zwischen denjenigen, die wir hier haben wollen, und denjenigen, die wir ablehnen wollen, immer wieder auftritt. Diesen Widersinn wollen wir nicht mitmachen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Natürlich stellt sich die Frage: Wie regeln wir denn das? - Die Integrationsbeauftragte der Landesregierung Frau Möbbeck hat letztens gesagt: Natürlich gibt es eine Vielzahl von Asylbewerbern, die abgelehnt werden. Aber wir müssen uns der Tatsache stellen: Niemand flieht ohne Grund.
Natürlich ist es irgendwann für Menschen egal, ob sie in ihrem Land verhungern oder erschossen werden. Natürlich ist es irgendwann absurd und es stellt die Grundwerte unserer Gesellschaft infrage, dass wir sagen: Du wirst möglicherweise erschossen, Du darfst bei uns bleiben. Aber Du wirst nur verhungern, also können wir Dich wieder abschieben.
Das ist ein Problem, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen. Ich sage sogar ehrlich: Ich habe noch nicht einmal die grundsätzliche Lösung dafür.
Aber dass wir dieses Problem nicht sehen, bedeutet doch, dass wir vor den realen Umständen, unter denen Menschen zu uns kommen, die Augen verschließen. Das dürfen wir nicht.
Noch einmal zur Frage der Leistung. Wir als Bundesrepublik Deutschland haben ja die besten Aufnahmekriterien und das humanste Recht. - Das können wir uns leisten, na klar. Wir haben vorher das Dublin-Abkommen gemacht. Die Leute können im Normalfall überhaupt nicht zu uns kommen. Wie soll ein Asylbewerber auf legalem Grund zu uns kommen? Es gibt nur eine Variante, er müsste mit dem U-Boot durch Atlantik und Ostsee fahren. Im Normalfall wird er nicht mit dem Flieger aus dem Land kommen können, in dem er verfolgt wird. Alle anderen Alternativen sind die Länder innerhalb der Europäischen Union.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich das immer höre, wir wären bis an die Grenze belastet und wir müssten als Deutschland aufpassen, dass wir nicht das Sozialamt der Welt oder Europas werden. Schauen Sie sich bitte einmal an, wie hoch der Anteil von Migrantinnen ist, und zwar unmittelbar zum Beispiel in diesem Griechenland, über das gerade wieder hergezogen worden ist. Dort beträgt der Anteil der Migranten, die als Flüchtlinge kommen, in etwa das Zehn- bis 15-fache im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland.
chische Staatsbürgerschaft bekommen, führt dazu, dass Griechenland innerhalb von zwei Tagen einen Bevölkerungszuwachs von 100 000 hat. Daran können Sie einmal die Zahlenverhältnisse sehen. Wir reden bei uns über 180 unbegleitete Flüchtlinge.
- Ich habe Ihr Zeichen vernommen. - An der Stelle sage ich noch einmal ganz klar: Lassen Sie bitte eine solche Debatte nicht zu, wir würden uns in einer Opferrolle befinden. Die Bundesrepublik Deutschland und Sachsen-Anhalt haben in der Geschichte von Zuwanderung, auch von human organisierter Zuwanderung, immer mehr profitiert, als sie zugesetzt haben. Lassen Sie uns dies gemeinsam als Chance begreifen! Lassen Sie uns die Abwehrhaltung aufgeben!
Vielen Dank, Herr Gallert. - Damit ist die Debatte beendet. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Von den mehrheitstragenden Fraktionen wurde eine Überweisung zur federführenden Beratung in den Innenausschuss gewünscht. - Herr Gallert?
Ich sehe dagegen keinen maßgeblichen Widerspruch. Dann würde ich sagen: Die federführende Beratung erfolgt im Ausschuss für Inneres und Sport und mitberatend sind der Sozial- und der Bildungsausschuss. Wer stimmt dieser Überweisung zu? - Das ist das ganze Haus. Ist jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Nein. - Damit ist der Überweisung zugestimmt worden.
Meine Damen und Herren! Wir sind zeitlich in der Mittagspause, hätten aber noch einen Tagesordnungspunkt zu behandeln. Den arbeiten wir noch ab?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kommen wir vom Gerechtigkeitsproblem im Zusammenhang mit Asylsuche und Zuwanderung zu einem anderen Gerechtigkeitsproblem im Zusammenhang mit der beruflichen Bildung. Insofern Themenwechsel. Die Frage ist: Wie sieht es mit der beruflichen Bildung aus?
Wenn man sich die Zahlen anschaut, stellt man fest, dass sich die Zahl der freien Ausbildungsplätze der Zahl der Ausbildungsplatzsuchenden annähert. Man könnte sagen, alles ist gut, der Markt hat es gerichtet und wir haben eigentlich gar kein Problem.
Wenn man sich die Zahlen allerdings genauer anschaut, dann wird man feststellen, dass es ein erhebliches Problem gibt.
Ich bekomme wahrscheinlich gleich wieder ein Problem mit der Mikrofonanlage, weil hier vorn so laut geredet wird. Deshalb werde ich immer lauter und dann kriege ich von dort hinten den Hinweis, ich möge nicht so laut sprechen.
- Genau, danke, Herr Gallert. - Wenn man sich die Zahlen allerdings genauer anschaut, dann wird man feststellen, dass man in der Tat ein Problem hat. 400 junge Menschen haben eben keinen Ausbildungsplatz gefunden. Umgekehrt wurde jeder dritte Ausbildungsplatz nicht besetzt. Bei den kleinen Betrieben - Sie wissen, dass in unserem Land mehr als zwei Drittel der Betriebe kleine Betriebe mit weniger als neun Angestellten sind - konnte nahezu jeder zweite Ausbildungsplatz nicht besetzt werden.
Hinzu kommt, wir gehören zu den Ländern, in denen es überproportional häufig zur Vertragsauflösung kommt. Bei uns wird jeder dritte Ausbildungsvertrag aufgelöst. Diese Zahl steigt. Wurden im Jahr 2005 noch knapp 23 % der Ausbildungsverträge aufgelöst, waren es im Jahr 2012 schon 32 %, und das, obwohl die Landesregierung ein Präventionsprogramm aufgelegt hat, das ganz offensichtlich völlig wirkungslos ist.
Wir lesen in den Zeitungen, dass es hohe Durchfallquoten bei den Gesellinnenprüfungen gibt. Im Handwerk, so wird berichtet, sei jeder Vierte bei der Gesellinnenprüfung durchgefallen. In einzelnen Berufen ist die Rate noch höher. Kurz und gut, da sage ich für meine Fraktion: Nein, es ist eben nicht alles gut, was die berufliche Bildung betrifft.
Wenn man die Zahlen zusammenrechnet, kann man sagen, dass zwischen 30 und 50 % der Azubis ihre berufliche Ausbildung im ersten Durchgang schaffen. Die einen lösen Verträge auf, die anderen fallen durch die Prüfung. Das ist nicht gut. Wir haben mehr als 9 000 junge Menschen im Land, die unversorgt sind, die gern einen beruflichen Ausbildungsplatz hätten, aber keinen bekommen. Jährlich kommen etwa 150 junge Menschen hinzu.
Deswegen sagen wir, die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, die Frage der beruflichen Ausbildung ist auch eine Frage der Gerechtigkeit. Alle Menschen haben das Recht auf eine gute berufliche Ausbildung.
Deswegen wollen wir mit unserem Antrag dazu beitragen, allen jungen Menschen einen guten Start ins Berufsleben zu ermöglichen. Wir denken hierbei von den Jugendlichen aus. Das heißt, wir sagen, wer will, der kann auch eine Ausbildung machen, und zwar dort, wo sie normalerweise stattfindet, eben im Ausbildungsbetrieb.
Schauen wir uns die Situation an. Wir haben ein massiv ausgebautes Übergangssystem. Das Problem dieses Übergangssystems besteht darin, dass die meisten Elemente einen unklaren Erfolg haben. Betrachten wir einmal - ich fange mit einem erfreulicheren Beispiel an - das Berufsvorbereitungsjahr. Dabei geht es darum, dass junge Menschen, die die Schule ohne einen Schulabschluss verlassen haben, diesen nacherwerben.
In diesem Bereich verzeichnen wir eine positive Entwicklung. Im Jahr 2008 hat jeder Dritte auf diesem Weg einen Schulabschluss erworben. Im Jahr 2013 waren es schon zwei von drei jungen Menschen, die dort einen Schulabschluss erworben haben. Ich frage mich natürlich dann als Bildungspolitikerin, warum sie den Abschluss eigentlich nicht schon in der Schule erworben haben, warum wir dieses Übergangssystem brauchen. Aber immerhin ist es eine erfolgreiche Entwicklung.
Beim Berufsgrundbildungsjahr sieht es völlig anders aus. Das Berufsgrundbildungsjahr ist eine Maßnahme, in der junge Menschen mit zwei Berufsfeldern konfrontiert werden, sich dort einarbeiten können. Das Ziel ist, dass sie dann in eine berufliche Ausbildung übernommen werden. Dabei
Wir haben die Landesregierung gefragt, was sie über den Erfolg des Berufsgrundbildungsjahres wisse. Die Landesregierung hat geantwortet, dass sie nichts über den Erfolg wisse, dass sie gar nicht sagen könne, wie viele junge Menschen aus dem Berufsgrundbildungsjahr tatsächlich in eine berufliche Ausbildung einmündeten. Hier gibt es ein großes Fragezeichen.
Eine Zahl konnte uns die Landesregierung allerdings nennen. Von den 2 100 jungen Menschen, die in den letzten vier Jahren ein Berufsgrundbildungsjahr absolviert haben, ist genau bei acht jungen Menschen das Berufsgrundbildungsjahr als das erste Jahr der beruflichen Bildung anerkannt worden. Also muss man hinter diesem Übergangssystem ein großes Fragezeichen setzen.
Es gibt eine ganze Menge solcher Übergangssysteme. Die ich will Ihnen nicht alle nennen, weil meine Redezeit dann um wäre, bevor ich zu unseren Forderungen komme. Aber eines möchte ich gern noch erwähnen, nämlich das Programm EQ Plus. EQ Plus bietet jungen Menschen die Möglichkeit, sechs bis zwölf Monate bezuschusst ein betriebliches Praktikum zu absolvieren und danach gegebenenfalls in die berufliche Ausbildung übernommen zu werden.
Da sind wir in Sachsen-Anhalt ganz gut aufgestellt. Bei uns werden ungefähr 60 % der jungen Menschen in eine berufliche Ausbildung übernommen. Dieser Wert liegt über dem Bundesdurchschnitt von 50 %. Aber die Gewerkschaft kritisiert EQ Plus nicht ganz zu Unrecht, weil es eigentlich nichts anderes als eine verlängerte Probezeit auf Kosten der Lebenszeit der jungen Menschen ist. Deshalb möchten wir hierbei Veränderungen erzielen.
Die erste Forderung lautet: Lassen Sie uns in dieser Situation, in der wir einerseits einen Fachkräftemangel haben und andererseits viele junge Menschen darauf warten, dass sie eine gerechte Chance bekommen, eine Berufskarriere zu starten, unsere Kräfte bündeln und gemeinsam mit den Kammern, mit den Verbänden und den Gewerkschaften eine Ausbildungsplatzgarantie auf den Weg bringen.
Für uns, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ist eben auch die berufliche Ausbildung ein Recht für alle jungen Menschen, die das anstreben, im Übrigen - wenn ich an den vergangenen Tagesordnungspunkt anschließe - ein Recht für alle jungen Menschen, auch für Flüchtlingskinder und für Jugendliche mit Migrationshintergrund.