Protocol of the Session on February 27, 2015

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir müssen dazu kommen, dass wir die Übergangssysteme langsam abbauen; denn Ausbildung muss in den Betrieben stattfinden und nicht

in den Übergangssystemen, die, wie gesagt, sehr kreativ ausgebaut worden sind. Wenn wir das tun, dann müssen wir die Weichen so stellen, dass die jungen Menschen Erfolg haben werden. Das haben sowohl die jungen Menschen als auch die Betriebe verdient, die sich auf diese berufliche Ausbildung einlassen.

Deshalb stellt sich die Frage, welche Bedingungen braucht man, damit eine solche Ausbildungsplatzgarantie tatsächlich zum Erfolg geführt wird. Wir glauben, dass vier Bedingungen erfüllt sein müssen.

So ist klar, dass nicht jeder junge Mensch, der eine berufliche Ausbildung im Rahmen einer solchen Ausbildungsplatzgarantie beginnen würde, von vornherein in der Lage ist, eine solche Ausbildung erfolgreich zu absolvieren. Es gibt unterschiedliche Hürden, die junge Menschen auf dem Weg zu einem Ausbildungsabschluss mitbringen. Im Einzelnen sind es Lerndefizite, Motivationsdefizite, das kann auch die alleinerziehende Mutter sein, die große Schwierigkeiten hat, ihr Leben mit den Ansprüchen einer beruflichen Ausbildung in Einklang zu bringen, sprachliche und kulturelle Barrieren usw.

Deswegen fordern wir erstens eine sozialpädagogische Ausbildungsbegleitung, die eben dann die Betriebe von dem Umgang mit diesen Problemen entlastet und damit den Erfolg der beruflichen Ausbildung ermöglicht. Das heißt, wir sind der Meinung, das Management des Übergangs von der Schule in die berufliche Ausbildung reicht nicht aus. Vielmehr brauchen wir für einige junge Menschen eine Begleitung bis zum erfolgreichen Abschluss der beruflichen Ausbildung.

(Zustimmung von Herrn Herbst, GRÜNE)

Zweitens denken wir, dass wir die berufliche Ausbildung zusammen mit den Kammern modularisieren müssen, in einzelne Bausteine zerlegen müssen. Das hat viele Vorteile. Zum einen hat das den Vorteil, dass Verbundausbildungen erleichtert werden. Wir haben viele kleine Betriebe, die sich die Ausbildung allein nicht zutrauen. Wenn die Ausbildungsanteile modularisiert sind, dann fällt es leichter, sich zusammenzutun.

Das wäre für die Betriebe eine Ermunterung. Das wäre vielleicht auch für die jungen Menschen attraktiver. Dann könnten sich wieder mehr Betriebe an der Ausbildung beteiligen, zumal das europäische Programm zur Verbundausbildung ausgelaufen ist und nicht neu aufgelegt wird. Deshalb wäre das eine wichtige Weichenstellung.

Eine solche Modularisierung hat aber auch aus der Sicht junger Menschen Vorteile. Zum einen stärkt es die Motivation. Wenn man schon einmal ein Modul erfolgreich bewältigt hat, dann ist das ein Erfolgserlebnis. Zum anderen bekommt man recht

zeitig eine Rückmeldung zur Leistungsbilanz. Man muss also nicht warten, bis der Betreffende am Ende durch eine Abschlussprüfung fällt, sondern man sieht bereits zwischendurch, ob man die Leistungen, die erwarten werden, tatsächlich erbringen kann.

Das alles kann dazu beitragen, dass es weniger Ausbildungsabbrüche gibt, dass die Durchfallquote bei den Gesellinnenprüfungen sinkt. Wenn dann doch einmal der Ausbildungsplatz oder der Ausbildungsbetrieb gewechselt wird, ermöglicht es eine Modularisierung, dass man Teile, die man schon erbracht hat, in die neue Ausbildung mitnehmen kann. Der junge Mensch muss also nicht wieder bei Null anfangen.

Ausbildungsverträge werden oft aufgelöst, weil es Konflikte mit den Ausbildern oder mit anderen Azubis gibt oder weil aus der Sicht der Auszubildenden über schlechte Ausbildungsqualität geklagt wird. Dafür haben die Kammern ein gutes Modell etabliert, die sogenannten Konfliktlotsen, die als Streitschlichter fungieren, die moderierend in den Konflikt eingreifen oder auch einmal Verständnis wecken beispielsweise für private Probleme, die die Leistungserbringung im Rahmen des Ausbildungsvertrages bisweilen überschatten.

Mit solchen Konfliktlotsen können viele Ausbildungsabbrüche verhindert werden. Deshalb sollten sie flächendeckend und leicht zugänglich etabliert werden, um dem Problem der Ausbildungsabbrüche wegen solcher Konflikte entgegenzuwirken. Das ist die dritte Forderung.

Die vierte Forderung ist nicht neu. Ich habe sie bereits als einen eigenständigen Antrag vorgetragen. Wir fordern, dass die Berufsorientierung flächendeckend in allen Schulen, auch in den Gymnasien, ab der 5. Klasse implementiert wird. Schauen Sie sich die Situation an. Die meisten jungen Menschen wählen ihren Beruf aus zehn geschlechtstypischen Berufen aus. Es gibt im Moment 344 Ausbildungsberufe. Fragen Sie einmal die jungen Menschen. Sie kennen diese Berufe gar nicht. Also muss der erste Schritt sein zu erfahren, welche Berufe es überhaupt gibt.

Junge Menschen müssen sich ausprobieren. Denn ein häufiger Grund für den Abbruch sind falsche Vorstellungen über einen Beruf. Insofern ist es wichtig, dass sich die jungen Menschen ausprobieren können, damit sie die individuell passende Berufswahl treffen können.

Dazu gehört das Erkennen der eigenen Fähigkeiten, der eigenen Interessen, aber auch das Erkennen der eigenen Motivationen. Dazu reicht ein Praktikumstag oder ein Betriebspraktikum nicht aus. Vielmehr muss es aus unserer Sicht ein kontinuierliches Ausprobieren geben, unterschiedliche Möglichkeiten des Ausprobierens, auch das Ausprobieren von sekundären Motivationen. Man

muss auch einmal ausprobieren, ob man bereit ist, regelmäßig um vier Uhr aufzustehen oder am Wochenende zu arbeiten, wenn andere Party machen, oder das Piercing abzulegen, weil das an bestimmten Arbeitsplätzen nicht getragen werden kann.

Insofern ist es wichtig, dass wir den jungen Menschen Zeit geben, auf der einen Seite die eigenen Potenziale zu erkennen und auf der anderen Seite mehr über die Ausbildungsberufe und auch über die Karrierewege zu erfahren, zum Beispiel über die Möglichkeit, inwiefern eine Berufsausbildung in ein Studium einmünden kann, oder dass ein Meister ein Masterstudium anschließen kann.

Wenn wir das alles gewährleisten, dann kann es auch zu passgenauen Entscheidungen führen. Damit wäre es dann auch besser möglich, dass die jungen Menschen mit Erfolg in ihr berufliches Leben starten. Deswegen sagt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, in die jungen Menschen zu investieren ist gut für die Wirtschaft in unserem Land. Das ist aber auch eine Frage der Gerechtigkeit. Deswegen bitten um Zustimmung zu unserem Antrag. Lassen Sie uns das Problem gemeinsam anpacken. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Professor Dalbert, insbesondere dafür, dass Sie Ihre Redezeit nicht überzogen haben. Mir fehlt heute ein bisschen der Biss. - Jetzt erteile ich dem Sozialminister das Wort. Bitte, Herr Minister Bischoff, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Professorin, das im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN formulierte Anliegen ist bereits Teil des strategisch-konzeptionellen Vorgehens der Landesregierung. Ich beziehe mich jetzt einmal nicht auf den ersten Teil Ihrer Rede, weil das berufsvorbereitende Jahr und Ähnliches eher in Richtung des Kultusministeriums zielt.

Das will ich jetzt einmal nicht kommentieren, weil mir nur fünf Minuten Zeit zur Verfügung stehen und ich mich auch nicht unbedingt einmischen will. Vielleicht komme ich nachher noch einmal darauf zu sprechen.

Also in Kürze: Erstens. Zu der in Punkt 1 geforderten Ausbildungsplatzgarantie hat der Fachkräftesicherungspakt, der in der Staatskanzlei angesiedelt ist - ein Spitzengremium dieses Paktes -, im Sachsen-Anhalt-Forum am 2. Dezember 2014 genau dies bestätigt. Wir haben immer vor dem Wort „Garantie“ ein wenig gezuckt, da es auch Schlussfolgerungen haben kann. Aber das Versprechen der Wirtschaft, allen einen Ausbildungsplatz zur

Verfügung zu stellen, ist dort getroffen und mit konkreten Maßnahmen untersetzt worden.

Zweitens. Hierzu gehört auch das gemeinsame Programm des Ministeriums für Arbeit und Soziales und der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt/ Thüringen unter dem Thema „Zukunftschance assistierte Ausbildung“, welches ebenso in operationellen Programmen des Landes Sachsen-Anhalt verankert ist. Ich müsste jetzt länger ausführen, was dazugehört: in den Betrieben unterstützende Maßnahmen zur Verfügung zu stellen, zum Beispiel Menschen, die junge Leute begleiten.

Dazu habe ich mit Interesse gelesen, dass die Novellierung des Bundesgesetzes zum SGB IV in den Bundestagsausschüssen beraten wird. Zu § 10 - Assistierte Ausbildung - gab es lange Diskussionen, die man nachlesen kann. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben zugestimmt. Das finde ich schon einmal gut. DIE LINKE hat sich erst einmal der Stimme enthalten.

Ich glaube deshalb, dass es auch auf Bundesebene in diese Richtung geht, die wir verfolgen: jungen Menschen eine Möglichkeit zu geben, die in ihrem schulischen Leben nie Erfolge hatten. Manche Schüler brauchen erst einmal einige Zeit, um Erfahrungen im praktischen Bereich zu machen. Sie sollten nicht gleich mit Schule konfrontiert werden.

Wir haben das EQ Plus, Einstiegsqualifizierung Plus, da es gerade in unserer mittelständischen Wirtschaft nötig ist, dass wir Personal zu Verfügung zu stellen, da sie es selbst nicht leisten kann, junge Leute zu begleiten, weil diese oft noch Schwierigkeiten haben, zum Beispiel pünktlich zu sein. Deshalb muss es Menschen geben, die diese Unternehmen unterstützen.

Ich finde diese Herausforderung wichtig, weil diese Möglichkeiten, die der Arbeitsmarkt jetzt bietet, nicht an den jungen Leuten vorbeigehen dürfen, die zurzeit oft - vielleicht auch aufgrund familiärer Hintergründe - nicht die Motivation und die Aussicht haben, dass es sich lohnt, eine berufliche Ausbildung anzustreben.

Drittens haben wir das Programm der flexiblen Ausbildung, Coaching, um in Konfliktfällen oder bei während der Ausbildung auftretenden Problemen zum Beispiel Ausbildungsabbrüche zu verhindern. Es läuft noch bis zum 30. Juni 2015 und findet bei uns nur in Handwerksbetrieben statt. Es soll dann ausgewertet und weiterentwickelt werden. Das brauchen wir unbedingt; von daher ist diese Anregung richtig.

Sie kennen den Landesausschuss für Berufsbildung und den Landesbeirat „Übergang Schule - Beruf“. Sie befassen sich auf der Grundlage der Auswertung von Modellvorhaben verstärkt mit der Verbesserung der Durchlässigkeit von beruflichen

Bildungswegen. In diesem Zusammenhang sind auch die Teilqualifikation oder auch die Module wichtig, die wir mit den Kammern gemeinsam - zurzeit noch als Modelle - erproben wollen.

Viertens. Die Landesregierung teilt die Auffassung, dass eine verbindliche Berufs- und Studienorientierung in allen Schulformen sukzessive ab der 5. Klasse nicht nur eingeführt, sondern umgesetzt wird. Für die Sekundarschule gibt es das bereits seit einigen Jahren, auch die Handreichung; und Sachsen-Anhalt ist zudem zurzeit das einzige Bundesland, welches in Klasse 7 flächendeckend und verbindlich ein Berufsorientierungsprojekt als Auftakt für einen systematischen Berufsorientierungsprozess umsetzt. Sie kennen alle „BRAFO“, das wir weiterführen wollen, weil es wirklich ein sehr gutes Programm ist.

In diesem Jahr wird im Rahmen von „BRAFO“ nicht nur der Berufswahlpass eingeführt, sondern darüber hinaus eine erste systematische Kompetenz- und Interessenbekundung angeboten. Durch den neuen Tätigkeitsansatz soll zudem eine zu frühe Verengung auf bestimmte Hit-Berufe verhindert und einer geschlechtsstereotypen Berufswahl entgegengewirkt werden.

Für den Bereich der Gymnasien hat der Kultusminister in der Sitzung des Bildungsausschusses am 18. Februar - also vor wenigen Tagen - über den Stand der Erarbeitung von Leitlinien für die Berufs- und Studienorientierung in dieser Schulform geworben. Dafür ist auch eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden.

Ich mache es noch einmal mit ganz wenigen Worten deutlich: Auch für die Schüler und Schülerinnen an Gymnasien ist es wichtig, sich vorher ein Bild zu machen - nicht nur: Was studiere ich einmal?, sondern sich beizeiten auch über andere Möglichkeiten zu informieren, wo sie tätig werden bzw. was sie machen können.

Meine persönliche Meinung ist - das hat mir der Ministerpräsident vor einigen Wochen einmal gesagt -: In unserem staatlichen System sind Kinder bzw. Jugendliche von frühkindlicher Bildung an bis zu 15, 16, 17, 18 Jahren, bis zur 10. oder 12. Klasse, mindestens acht Stunden täglich in staatlicher Obhut. Was dabei herauskommt, könnte manchmal mehr sein, und manchmal wünschte ich mir auch an Gymnasien, dass Lehrerinnen und Lehrer, die ja die Schwächen und Stärken der Schüler kennen und wissen, wo ihre Fähigkeiten liegen, schauen: Was ist eigentlich beruflich für sie drin? Was hat eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt? - Deshalb müssen wir das auch in den Gymnasien verankern.

Daher ist dieses Anliegen richtig. Es gibt bereits die Anträge, die Sie im Landtag gestellt haben: „Berufs- und Studienorientierung am Gymnasium verbindlich anerkennen“. Das wird bereits in den

Ausschüssen besprochen. Auch die Weiterentwicklung des Übergangssystems haben Sie bereits erwähnt. Schule, Ausbildung und Beruf ist auch schon in den Ausschüssen ein Thema.

Ich finde, es ist ein sehr wichtiges Thema, und wir wollen alle Anstrengungen unternehmen, dass wir in den nächsten Jahren mit den uns zur Verfügung stehenden ESF-Mitteln konkretere und bessere Schritte gehen können und auch die, die bis zum ersten Arbeitsmarkt erfolgreich gegangen werden können.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. Fragen gibt es keine. - Aber ich habe eine Frage gestellt bekommen: ob ich denn die Damen und Herren der Kulturstiftung Bernburg begrüßt hätte. Habe ich das? - Nein. Es ist heute nicht mein Tag. Seien Sie hiermit herzlich begrüßt!

(Beifall bei allen Fraktionen)

Nun treten wir in die Fünfminutendebatte ein. Herr Kollege Keindorf für die CDU-Fraktion beginnt. Bitte, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon bemerkenswert, mit welcher Dynamik die von der Politik über Jahre vernachlässigte berufliche Bildung derzeit Einzug in die politische Debatte hält. Das begrüße ich außerordentlich und ausdrücklich. Aber Masse ist bekanntlich nicht immer auch gleich Klasse.

Damit komme ich zum Antrag der GRÜNEN. Da ist zunächst die Forderung nach einer Ausbildungsplatzgarantie. Sehr geehrte Frau Professor Dalbert, die hatten wir schon vor zehn Jahren, als wir den Pakt für Ausbildung unterschrieben haben, als sich die Wirtschaft bereit erklärt hat, für jeden ausbildungsfähigen und ausbildungswilligen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen.

(Zuruf von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE)

In einer Zeit aber, in der es immer mehr offene Ausbildungsstellen als Bewerber gibt, macht eine Garantie aus meiner Sicht keinen Sinn. Sie besteht ja de facto für alle, die wollen und können. Dieser Zustand wird sich, bedingt durch die demografische Entwicklung, auf absehbare Zeit auch nicht ändern.

Herr Minister Bischoff sagte es bereits, in dem Gespräch am 2. Dezember im Sachsen-Anhalt-Forum haben wir diese Thematik beraten. Die Wirtschaftskammern stehen bereit und stellen jedem ausbildungswilligen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zur Verfügung. Wir wehren uns aber