Alleinerziehende, internationale Studierende, Menschen mit klassischen Behinderungen, Menschen aus Elternhäusern, in denen die Eltern keine Akademiker sind, beruflich Gebildete, die nach ihrer Berufsbildung an die Hochschule kommen, um ein Universitätsstudium anzuschließen - all diese Menschen haben Barrieren, weil sie mit einem klassischen Studiengang konfrontiert werden. Wir wollen Hochschulen, die nicht der sozialen Klassenbildung dienen; sondern Exzellenz an der Hochschule muss immer die Exzellenz des Denkens sein.
Kurz und gut: Unsere Hochschulen sind Magneten in unserem Land, die wir polieren müssen. Es sind die Innovationsmotoren unseres Landes, die wir ölen müssen. Die Hochschulen können unser Pfad in eine gute Zukunft für unser Land sein.
Leider haben unser Ministerpräsident und seine Landesregierung diese Chance für unser Land verspielt.
Vielen Dank, Frau Professor Dalbert. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Frau Dr. Pähle. Bitte, Frau Abgeordnete.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem wir so unterschiedliche Wahrnehmungen zu dem Prozess der Hochschulstrukturdebatte gehört haben, könnte ich einsteigen mit dem Thema des vergleichenden und verstehenden Lesens.
Ich habe hier vorn die Papiere liegen, die aus der gesamten Debatte entstanden sind. Das ist zum einen die Kabinettsvorlage zur Hochschulstrukturplanung. Mir liegt die Fassung vom November 2014 vor. Daneben - sie ist ein wenig dünner, weil die Anlagen fehlen - kann ich Ihnen die Hochschulstrukturplanung, wie sie im Januar 2015 beschlossen wurde, empfehlen. Ich kann mit Ihnen gern das Papier durchgehen und die Veränderungen feststellen.
Zu den Punkten, Frau Kollegin Dalbert, auf die Sie gerade hingewiesen haben. Es ist nicht so, dass man immer alles in einem Sprung schafft. Ja, ich hätte mir vorstellen können, dass die Lernkurve zu dem, was wichtig ist, bei dem einen oder anderen ein bisschen steiler gewesen wäre.
Aber dennoch hat es meine Fraktion geschafft, in die Diskussion zur Hochschulplanung wesentliche, wichtige Veränderungen einzubringen.
Das Anhalten der Kabinettsvorlage im November war kein Selbstzweck. Es war auch nicht der Zweck, sich als Fraktion zu profilieren. Sondern es gab Punkte, die zu verändern waren. Aus der Hochschulstrukturplanung ist gestrichen worden, dass die Hochschulen dazu verpflichtet werden sollten, nur noch einen Anteil von 20 % bis 25 % unbefristeter Beschäftigter zu haben. Der Satz ist raus. Das ist ein Gewinn für die Hochschulen.
Zu dem Verweis auf die Bernburger Vereinbarung: Bei allem Bedauern über die jetzt beschlossenen Kürzungen - diese bedauere ich auch - muss man sich auch an den finanziellen Rahmenbedingungen eines Landes orientieren und man muss sich darin auch als Wissenschaft einordnen. Weitere Punkte, die ebenfalls in Bernburg vereinbart wurden, sind aufgenommen worden, dass nämlich ab 2020 auf einen Konsolidierungsbeitrag durch die Hochschulen in Form der Übernahme von Tarifsteigerungen und des Inflationsausgleiches verzichtet wurde.
Das ist nämlich auch ein Teil der Zukunftssicherung für unsere Hochschulen. Das haben wir reinschreiben lassen.
Und das ist gut so, Herr Lange. Auch das wurde in Bernburg vereinbart. Die Aufteilung zwischen den Hochschulen und den Uniklinika ist dort auch verhandelt worden. Ich sage nicht, dass alles in diesem Prozess so glücklich ist, dass der Wissenschaftler in mir vor Freude springt. Das sage ich nicht. Aber die positiven Aspekte darf man dabei nicht unter den Teppich kehren.
Wir haben es hinbekommen - das dürfte für Sie, Herr Lange, vielleicht auch ein Grund sein, noch einmal besonders zu loben -, dass der ursprüngliche Satz „Zur Hochschulstruktur des Landes Sachsen-Anhalt gehören die Studentenwerke
möglichst ohne Zuschuss des Landes“ so geändert wurde, dass nur noch der Begriff „Studentenwerke“ dort steht.
Das heißt, die Vorstellungen, die Einzelne gehabt haben, dass man Studentenwerke ohne Landesmittel betreiben und fortführen kann, sind jetzt raus. Auch das ist ein Gewinn, und ich bin stolz darauf, dass wir das erreicht haben.
Das habe ich schon vermutet. - Wir alle wissen, dass die Strukturprozesse an unseren Hochschulen im Land sehr unterschiedlich gelaufen sind. Einzelne Hochschulen haben einen sehr offenen, einen sehr transparenten Diskussionsprozess veranstaltet und sind zu Ergebnissen gekommen, die auch die Studierenden mittragen - bei aller Härte von Einschnitten. Das ist im Harz so. Das ist an der Otto-von-Guericke-Universität so. Man kann die Hochschulen an dieser Stelle eigentlich nur dazu beglückwünschen, dass sie gemeinsam zu Entwicklungsplänen gekommen sind, die von den verschiedenen Statusgruppen getragen werden.
An anderen Hochschulen sah das ein bisschen anders aus; dort war der Prozess sehr viel schwieriger. Ja, an der Martin-Luther-Universität gab es eine Reihe von Vorschlägen. Ich möchte den alten
Streit, wer die Liste als Erster aufgeschrieben hat, nicht wieder entfachen. Man kann aber nicht so tun, als ob die auf der Liste stehenden Institute - Herr Lange hat schon einige genannt - über die Uni wie Blitzeis über Nacht gekommen wären. Die Diskussionen um diese fünf Institute gibt es an der Martin-Luther-Universität schon lange. Es gibt bereits seit langer Zeit die Überlegung, sich von diesen Instituten zu trennen.
Wir haben es mit der jetzigen Strukturplanung geschafft, dass wir gerade für den Bereich des Lehramts sicherstellen wollen, dass wir auch weiterhin gut ausgebildete Lehrer in allen Fächern haben.
Deshalb sollen Kooperationen im mitteldeutschen Raum zwar möglich sein, aber nur dann, wenn sich die Länder dazu verständigen, und nicht dann, wenn die Universitäten untereinander der Meinung sind, das könne irgendwie auch der andere machen. Das ist ein sehr großer Fortschritt; denn nur so können wir sicherstellen, dass wir auch künftig gute Lehrer für die Stellen an unseren Schulen haben. Denn wenn wir das vernachlässigen, dann haben wir keine zukunftsweisende Politik hinbekommen.
Das waren jetzt einzelne Punkte, die in der Hochschulstrukturdebatte verändert wurden. Es war ein harter Weg, es war ein langer Weg, der unterschiedlich gegangen wurde. Aber wir haben doch einiges auf den Weg gebracht.
- Haben Sie es verpasst? Das hat er getan. Er hat gelobt. Das Lob möchte ich natürlich besonders hervorheben.
Das Lob ist nicht unbegründet; denn wer sich die Zielvereinbarungen anschaut, die die Hochschulen mit dem Land getroffen haben, und die alten Zielvereinbarungen danebenlegt, der merkt schon, dass die Hochschulen an vielen Stellen nicht nur einen kleinen Schritt vorwärts gegangen sind, sondern einen enormen Sprung über den eigenen Schatten gemacht haben. Die Benennung des Kaskadenmodells als Mittel zur Frauenförderung ist nicht nur irgendetwas. Es ist ein wirklich großes Zugeständnis der Hochschulen zu sagen: Jawohl, wir gehen dieses Thema richtig an.
Es ist ein wirklicher Gewinn, dass die Hochschulen sich verpflichten, die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen, und dass sie daran Interesse haben, barrierefreie Zugänge zu gestalten.
Die Zusage, die Hürden für Promovierende abzubauen, die von den Fachhochschulen kommen und an den Universitäten ihre Promotion ableisten wollen, die Zusage, das zu vereinfachen, ist, ehrlich gesagt, etwas, das ich vor einem Jahr nicht für möglich erachtet hätte. Damals hieß es noch: Wir haben keine Probleme; es läuft alles Spitze.
Auch die Zusage, im Bereich der dualen Studiengänge und Weiterbildungsangebote voranzugehen, damit lebenslanges Lernen möglich wird, damit die Hochschulen nicht nur darauf angewiesen sind, dass die Abiturienten den Weg dorthin finden, sondern auch diejenigen, die einen anderen Bildungsweg eingeschlagen haben, die vielleicht eine Abzweigung genommen haben und zuerst eine duale Ausbildung absolvieren, all das trägt zum Abbau von Bildungsbarrieren bei. Ich finde es sehr achtenswert von unseren Hochschulen, dass sie diesen Sprung mitgemacht haben.
Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE - in meinen letzten eineinhalb Minuten. Warum soll er abgelehnt werden? - Ich habe, glaube ich, an den Punkten, die ich aufgeführt habe, deutlich gemacht, dass sehr viele Dinge aus dem Antrag schon aufgegriffen worden sind - vielleicht nicht so, wie man sich das vorgestellt hat, aber wir haben zu all diesen Punkten gute Kompromisse gefunden.
Keine Eingriffe in die akademische Struktur. Darauf möchte ich an dieser Stelle kurz eingehen. In der jetzigen Hochschulstrukturplanung werden diese automatischen Eingriffe nicht explizit erwähnt. Darin steht nur noch, dass die Landesregierung einen Entwurf eines Gesetzes vorlegen soll, um die strukturellen Maßnahmen, die darin stehen und die von den Hochschulen selbst beschlossen worden sind, umzusetzen.
Niemand hält uns davon ab, über diesen Gesetzentwurf, wenn darin etwas anderes steht, im Ausschuss und im Landtag kritisch zu beraten und den Gesetzentwurf, wenn es so sein sollte, vielleicht auch abzulehnen. Daraus aber zu konstruieren, dass jetzt jeder vorhätte, da hineinzugrätschen, gerade vor dem Hintergrund der abgeschlossenen Zielvereinbarungen, halte ich nicht für ausreichend, um diesen Antrag weiter bestehen zu lassen. Deshalb bitte ich an dieser Stelle um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Pähle. - Auch nach einer wichtigen Debatte und einem zukunftsträchtigen Thema steht am Ende die nüchterne Abstimmung. Ich rufe zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Wirtschaft auf.