Protocol of the Session on February 26, 2015

höchster Qualität, die uns teilweise heute Sorgen machen, da wir sie nach 25 Jahren natürlich auch von den Investitionen her erneuern dürfen. Nein, diese blühenden Landschaften wurden eigentlich, von uns vielleicht gar nicht ausreichend gewürdigt, an einer anderen Stelle sichtbar: in der plötzlichen mit der deutschen Einheit verbundenen Freiheit von Lehre und Forschung, der Autonomie dieser Einrichtungen, die natürlich auch mit Verantwortung verbunden ist, mit der Verantwortung, in dem finanziellen Rahmen, der gegeben ist, die Zukunft zu gestalten.

Im Zuge der gesamten Diskussion, die mein Kollege mit dem „Druck der Straße“ lösen wollte, hat sich gezeigt, dass die einzelnen Gremien in der Lage sind, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Das hat den einen oder anderen von uns positiv überrascht, und fleißige Gremienarbeit hat mehr bewirkt als der herbeigerufene Druck der Straße.

Ich möchte an dieser Stelle den vielen danken, die in diesen 25 Jahren mitgeholfen haben, dass wir in Sachsen-Anhalt eine der attraktivsten Hochschullandschaften Deutschlands haben.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte an dieser Stelle auch meiner Kollegin Frau Professor Dalbert danken, die genau dies in die Diskussion eingebracht hat. Ich möchte ihr auch deshalb danken, weil sie aktiv daran mitgewirkt hat. Ich möchte den Dank auf die Rektoren in diesem Land ausdehnen, die ihrer Verantwortung gerecht geworden sind, an den Minister, der mit aller Sachlichkeit und Ruhe einen Diskussionsprozess zum Ergebnis geführt hat, den Sie, Herr Lange, so nicht für möglich gehalten haben.

Natürlich bleibt noch vieles zu tun. Bei der verstärkten Kooperation der Einrichtungen untereinander mit den vielen, teilweise nationalen oder internationalen Forschungsstützpunkten in unserem Land und in anderen Bundesländern, mit den Betrieben und auch mit dem Handwerk gibt es noch sehr viel zu tun und zu entwickeln. Ich freue mich darauf, wenn ich daran mitwirken darf, und ich lade Sie alle dazu ein, Gleiches zu tun. Aus diesem Grund möchte ich Sie herzlich darum bitten, den vorliegenden Antrag abzulehnen. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Kollege Harms. Habe ich da eine Frage übersehen? - Nein. Dann fahren wir fort, und die schon erwähnte und zumal noch gelobte Fraktionsvorsitzende Frau Professor Dalbert spricht für ihre Fraktion. Bitte schön.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Jetzt wollen wir doch mal sehen, ob das schon Schwarz- Grün wird!)

Da müssen wir aufpassen, Herr Gallert. - Bei der Diskussion über die aktuelle Hochschulstrukturdebatte stellt sich die Frage, ob der Auftrag erledigt ist. Ja, einige Punkt sind erledigt. Wir wissen heute, dass die Landesregierung die Zahl der Studienplätze trotz eines einstimmigen Landtagsbeschlusses reduzieren will. Wir wissen heute, dass die Landesregierung keine auskömmliche Finanzierung der Hochschulen vorsieht. Wir wissen heute, dass die Landesregierung nicht in der Lage ist, das Landesinteresse an den Hochschulen zu definieren. Insofern sind in gewisser Weise bestimmte Punkte des Antrages erledigt.

Der Punkt der hochschulrechtlichen Zugriffe der Landesregierung auf unsere Hochschulen ist ganz gewiss nicht erledigt. Wir werden sehen, welche Bemühungen im laufenden Jahr erbracht werden, im Rahmen des Hochschulgesetzes solche Eingriffe zu formulieren.

Die hochschulpolitische Debatte über die Hochschulstruktur ist ebenfalls ganz sicher nicht erledigt. In gewisser Weise hat diese Debatte noch gar nicht angefangen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Wir haben - das haben wir gerade gehört - bei uns im Land sehr gute Hochschulen. Unsere Hochschulen sind das wichtigste Kapitel bei der Zukunftsgestaltung unseres Landes.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die Hochschulen holen junge und gut ausgebildete Menschen ins Land. Für ein Land, das so vom demografischen Wandel gebeutelt ist, wie es unser Land ist, ist das ein nicht zu unterschätzender Beitrag.

Wir wissen auch, dass 30 % bis 40 % der Menschen, die hier ein Studium beginnen, nach dem Studium bei uns bleiben. Das heißt, in diesem Semester sind mehr als 9 000 junge Menschen an unsere Hochschulen gekommen, haben sich in das erste Semester eingeschrieben, um hier ihr Studium aufzunehmen. Das heißt, dass davon 3 000 bis 4 000 junge Menschen nach dem Studium bei uns bleiben werden, um mit uns gemeinsam unser Land zu gestalten. Deswegen sagt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehr klar: Hände weg vom Studienplatzabbau!

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Die Landesregierung will 1 810 Studienplätze abbauen. Das heißt, 1 810 junge Menschen weniger im Land, die hier studieren werden. Das bedeutet letztlich auch, 600 bis 800 Menschen weniger, die nach ihrem Studium mit uns unser Land gestalten. Das können wir uns gar nicht leisten.

(Herr Rosmeisl, CDU: Das ist doch Quatsch!)

Unsere Hochschulen sind der Motor der regionalen Entwicklung. Es gibt Wirtschaftsgutachten, die belegen, dass etwa fünf Studierende einen Arbeitsplatz im Land generieren. Das sind natürlich die Arbeitsplätze der Universitätsangestellten und der Stadtverwaltung. Das sind aber auch die Arbeitsplätze der Hausvermieter, der Pizzabäckerinnen oder der Balletttänzerinnen. All diese Arbeitsplätze werden von unseren Studierenden mitfinanziert. Stellen Sie sich unsere Städte ohne Hochschulen vor: Sie wären ärmer und sie wären weniger lebenswert.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Herrn Lange, LINKE)

Unsere Hochschulen sind unverzichtbar für die Stärkung der regionalen Wirtschaft. Wir sind das Land auf dem letzten Platz, was die Investitionen in Forschung und Entwicklung im betrieblichen

Kontext betrifft. Umso wichtiger ist die Forschungsleistung unserer Hochschulen für die Wirtschaft im Lande, und zwar sowohl für die großen Wirtschaftsbetriebe als auch für die kleinen und mittelständischen Betriebe, für die die Hochschulen Forschungsaufträge erledigen.

Die Hochschulen sind auch für die Wirtschaft wichtig, weil viele gute Ideen, die an unseren Hochschulen geboren werden, in Form von Start-ups und Ausgründungen dann wieder Arbeitsplätze bei uns im Lande schaffen.

Insofern sind unsere Hochschulen wichtig für unsere Zukunft. Deswegen stellt sich die Frage, was es braucht, um unsere Hochschulen gut aufzustellen. Dazu braucht es zum einen gute Lehr- und Lernbedingungen, damit die Studentinnen und Studenten gerne zu uns kommen. Dabei sind wir im Moment noch gut aufgestellt. Das Verhältnis von Wissenschaftlern und Studierenden ist in SachsenAnhalt etwas besser als im Bundesdurchschnitt.

Zudem gibt es in Sachsen-Anhalt im Vergleich mit den westdeutschen Bundesländern keinen großen Investitionsstau. Unsere Gebäude, die Hörsäle, die Bibliotheken und die Arbeitsplätze sind überwiegend in einem guten Zustand, und das alles zu unterdurchschnittlichen Kosten. Auch das muss hier einmal gesagt werden: Ein Studienplatz kostet bei uns weniger als im Bundesdurchschnitt.

Ferner brauchen wir exzellente Forschung.

(Frau Niestädt, SPD, klappt geräuschvoll die Abdeckung der Medienanschlüsse auf ihrem Platz zu)

- Das war ein Tusch, eine Unterstützung. Genau, Frau Niestädt, so ist es. Wir brauchen exzellente Forschung. Diese trägt zur Strahlkraft unserer Hochschulen bei und lockt damit auch wieder Studentinnen, Studenten und gute Wissenschaftler zu uns.

Exzellente Forschung ist das, was die Start-ups im Lande überhaupt erst ermöglicht. Für exzellente Forschung braucht man Neugierde bei den besten Köpfen und ein exzellentes Handwerkszeug.

Dazu sage ich für meine Fraktion ganz klar: Wenn wir unsere Hochschulen gestalten wollen, dann müssen wir uns von einem kurzfristig angelegten Verwertbarkeitsdenken verabschieden.

(Zustimmung von Herrn Lange, DIE LINKE)

Das kann nicht die Zielmarke für unsere Hochschulen sein.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Wir sind das Land der Dichter und Denker, und das Denken hat Deutschland zu einer international beachteten Wirtschaftskraft gemacht,

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Herrn Czeke, DIE LINKE)

weil wir gute Köpfe haben, die gute Ideen haben, und nicht weil wir im Horizont von zwei und drei Jahresscheiben danach schielen, ob eine Forschung irgendeinen Ertrag bringt.

Es stellt sich die Frage, was die Aufgabe der Politik dabei ist. Erste Aufgabe der Politik ist es, gute Lehr- und Lernbedingungen zu erhalten. Wir wissen, bei uns im Land haben wir bereits eine Unwucht: 32 200 finanzierten Studienplätzen stehen 22 500 nicht finanzierte Studienplätze gegenüber. Das ist eine Unwucht. Wenn wir weitere ausfinanzierte Studienplätze streichen, dann wird die Schieflage immer größer und irgendwann werden die Studenten nicht mehr gern zu uns kommen.

Das Zweite, was wir gewährleisten müssen, sind gute Arbeitsbedingungen für die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an unseren Hochschulen. Dabei geht es zum einen um das Thema Vertragslaufzeiten. Das betrifft das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, über das wir bereits debattiert haben. Die Bundesebene muss das in Angriff nehmen, um Verbesserungen zu erzielen.

Zum anderen geht es auch um die Frage der moralischen Selbstverpflichtung der Hochschulen. Es wäre zum Beispiel ein Gegenstand von Zielvereinbarungen, dass klar ist, dass die Laufzeit der Finanzierung die Laufzeit der Verträge bestimmt und nichts anderes.

Es geht um gute Arbeitsbedingungen und auch um Geschlechtergerechtigkeit. Ich bin gespannt, was das Nennen der Kaskadenquoten in den Zielvereinbarungen faktisch nach sich zieht und ob wir bei der Frage der Geschlechtergerechtigkeit tatsächlich einen Schritt nach vorn kommen. Ich habe diesbezüglich noch Zweifel.

Gute Arbeitsbedingungen bedeuten auch, dass wir die Daueraufgaben an Hochschulen identifizieren, damit sie von Dauerstellen wahrgenommen werden. Aber ich sage auch sehr klar. Es gibt an den Hochschulen wenige Daueraufgaben.

Deswegen müssen wir eine zweite Aufgabe lösen: Wir brauchen andere Karrierewege an unseren Hochschulen. Im internationalen Vergleich gibt es eine völlig andere Karrierestruktur und Personalstruktur an den Hochschulen. In Deutschland und in Sachsen-Anhalt gehören etwa 15 % des Personals zum sogenannten professoralen Überbau, der selbständig forschen und lehren kann und auch eine Dauerstelle auf einem hohen Niveau inne hat.

In Frankreich beträgt der Anteil des professoralen Überbaus 64 %, in Großbritannien 60 % und in den USA 69 %. Es gehört zu guten Arbeitsbedingungen, dass wir hierbei endlich international konkurrenzfähig werden, damit wir im Wettbewerb um die besten Köpfe mittelfristig überhaupt eine Chance haben.

Eine weitere Aufgabe der Politik ist die Sicherung der Freiheit der Forschung. Forschung kann immer nur so frei sein, wie sie Finanzmittel hat, um Forschung durchführen zu können.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE, und von Herrn Lange, DIE LINKE)

Ich sage für meine Fraktion sehr klar: Es braucht kein Kürzen an den Hochschulen; wir brauchen ein ganz klares Aufstocken der sächlichen und personellen Grundausstattung an den Hochschulen. Wenn Sie sich in anderen Bundesländern umschauen, die sich dazu entschieden haben, die BAföG-Mittel so, wie es BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch in diesem Hohen Haus gefordert hat, tatsächlich zu 100 % in die Hochschulen zu stecken, dann werden Sie feststellen, dass es in diesen Bundesländern diesen Aufbruch tatsächlich gibt.

Unsere Landesregierung ist einen anderen Weg gegangen. Dieser Weg war nicht gut für die Freiheit der Forschung.

Überdies brauchen wir Transparenzregeln. Wie begrüßen die Kooperation zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft. Das ist eine gute Sache. Aber dies muss von Regeln begleitet werden, die Transparenz sichern.

Letzter Punkt: Wir müssen an unseren Hochschulen auch gerechter werden. Wir müssen auch die Hochschulen als inklusive Bildungsorte etablieren. Dabei ist jede Kita und jede Schule weiter als die Universitäten und Hochschulen in diesem Land.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)