Protocol of the Session on January 30, 2015

Was ich nicht möchte, ist eine pauschalisierte Regelung, die von Arendsee bis Zeitz gilt. Ich halte standortgerechte Lösungen für die besseren. An jedem Standort können unterschiedliche Festlegungen zum Erfolg führen. Dabei gibt es unterschiedliche Ansätze. Der Antrag der Koalitionsfraktionen benennt bereits zwei. Ich möchte zwei weitere hinzufügen.

Erstens. Wetter- und zeitabhängige Abschaltungen haben in den USA zu Erfolgsquoten von 46 % bis 93 % bei der Reduzierung von Schlagopferzahlen bei Feldermäusen geführt. Ich denke, das ist eine durchaus vertretbare Zielsetzung.

Eine zweite Regelung, die ich mir speziell für den Raum Dardesheim wünschen würde, hat man im Hunsrück in Rheinland-Pfalz praktiziert. Es handelt sich um eine sehr einfache Maßnahme. Dort werden die Windräder zu den Zeiten der Bodenbearbeitung und der Ernte auf den angrenzenden Feldfluren abgeschaltet. Das führt zu einer erheblichen Senkung der Schlagopferzahlen, insbesondere beim Rotmilan, den der Minister schon angeführt hat.

Es war im Jahr 2013 in dieser Region nur ein Fund eines Schlagopfers nachweisbar. Im Jahr 2014 wurden keine Schlagopfer gefunden. Ich denke, das ist eine sehr einfache Methode, die zum Erfolgt führt.

Es freut mich, dass wir heute einen solchen Konsens erzielt haben und Sie, Dr. Aeikens, im Ausschuss sehr zügig Ihr weiteres Vorgehen darlegen

wollen und mit den Betroffenen ins Gespräch kommen wollen.

Bitte vergessen Sie bei diesem Prozess nicht die regionalen Planungsbehörden; denn eine gute Regionalplanung gerade bei Windkraftanlagen vermeidet die meisten Konflikte bereits im Vorfeld.

Ich denke, auch diese Debatte zeigt, dass Artenschutz und Klimaschutz sehr wohl zusammenpassen. Es ist machbar, dass wir es so angehen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Kollege Lüderitz. - Für die CDU-Fraktion spricht nun der Abgeordnete Herr Stadelmann. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Beiträge meiner Vorredner zeigen, dass es relativ wenig Material zu dem Thema gibt. Ich habe den Eindruck, wir haben alle das Gleiche gelesen. Deswegen bleiben mir wenige Fakten, die ich beitragen kann.

Ich möchte eine Studie zitieren, die die Kollegen sicherlich auch gelesen haben. Bei einer Anzahl an Windkraftanlagen von derzeit etwa 24 000 in Deutschland und einer Schlagopferzahl von durchschnittlich zehn Fledermäusen pro Jahr und Anlage gibt es jährlich immerhin 240 000 Schlagopfer. Das macht die Dimension deutlich. Wenn man sich zudem vor Augen führt, dass es laut Naturschutzgesetzgebung ein Tötungsverbot gibt, dann wird einem bewusst, dass an dieser Stelle ein Handlungsbedarf besteht.

Bei allem Konsens möchte ich noch einen Aspekt einbringen, der für meine Fraktion wichtig ist. Ich möchte die Kollegen des Umweltausschusses an unsere Anhörung zum Thema Wasserkraft erinnern und an das Stichwort „Wenn Fische schreien könnten“. Die ökologische Durchlässigkeit der Gewässer ist herzustellen. Dies hat die Wasserkraft, zumindest die kleine Wasserkraft, in Deutschland tot gemacht. Ich möchte nicht, dass wir durch eine TA Wind oder durch die Umsetzung von Helgoländer Papieren das Gleiche bei der Windkraft erleben. Ich glaube auch nicht, dass dies die Richtung ist, in die wir diskutieren. Der Kollege Lüderitz ist darauf bereits eingegangen.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir im Gegensatz zur kleinen Wasserkraft in Sachsen-Anhalt mehrere Tausend Arbeitsplätze im Bereich der Windkraft haben, die zur Wertschöpfung in unserem Land beitragen. Ich weiß auch, dass die Betreiber und Hersteller von Windkraftanlagen bereits Arbeitskreise zum Naturschutz gegründet haben. Nach meiner Information haben diese Arbeitskrei

se erst gestern wieder getagt. Auch unsere Anträge waren dort bekannt. Die Betreiber und Hersteller von Windkraftanlagen sind bereits nach den heutigen Vorgaben zur Planung verpflichtet, Voruntersuchungen, Monitoring, Horstschutzmaßnahmen usw. zu ergreifen, und zwar im gesamten Verfahren und auch beim Betrieb der Anlage.

Ich glaube, dass das Stichwort Dialog an dieser Stelle sehr wichtig ist. Den Dialog sollten wir führen, um zu vermeiden, dass Artenschutz und erneuerbare Energien gegeneinander ausgespielt werden.

Eine Ergänzung haben wir vorzubringen, die wir mit den Kollegen Bergmann und Scheurell bereits besprochen haben. Wir würden gern einen Bericht im Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr zu diesem Thema haben wollen; denn es geht dabei auch um Fragen der Abstandregelungen usw.

Damit bin ich mit meinem Redebeitrag am Ende und möchte mich kurz, sofern der Präsident es erlaubt, aus dem Hohen Haus verabschieden. Ich bedanke mich bei allen Kollegen für die jahrelange gute und zum Teil auch freundschaftliche Zusammenarbeit. Ich bedanke mich auch bei denjenigen, die ich bisher möglicherweise zu wenig in Entscheidungsprozessen eingebunden habe. Herr Herbst ist gerade nicht anwesend. Ich gelobe Besserung bei meiner zukünftigen Funktion.

Ich glaube, man wird sich an der einen oder anderen Stelle wiedersehen. Ich glaube, eine Altlast gibt es in fast jedem Wahlkreis.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

- Ich meine eine ökologische Altlast. Ich möchte bekanntgeben, dass ich im Anschluss an die Landtagssitzung im Fraktionsraum der CDU zu einem Gläschen Sekt und ein paar Häppchen einlade. Wer dort seine Abschiedsgeschenke überreichen möchte, ist herzlich willkommen. - Vielen Dank.

(Beifall im ganzen Hause)

Vielen Dank, Kollege Stadelmann. Bleiben Sie gesund und dem Parlament gewogen. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt der Kollege Weihrich.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin der Koalition sehr dankbar dafür, dass sie dieses Thema in das Hohe Haus eingebracht hat. Denn es liegt auf der Hand: Es bestehen tatsächlich Konflikte zwischen dem Artenschutz und der Windkraft. Wir nehmen dieses Thema sehr ernst. Ich habe dies bereits mehrfach im Hohen Haus deutlich gemacht. Denn aus der Sicht meiner Fraktion hängt der weitere Ausbau

der Windkraft nicht zuletzt davon ab, dass die Konflikte mit dem Artenschutz gelöst werden können.

Meine Damen und Herren! Eigentlich hatte ich an dieser Stelle vor, zu kritisieren, dass der Antrag der Koalitionsfraktionen den tatsächlich vorhandenen Handlungsbedarf zu wenig benennt. Aber jetzt ist eine völlig andere Situation entstanden. Wir sind sehr einverstanden mit dem Vorschlag, den Antrag entsprechend zu ändern, und nehmen ihn auch an.

Das ist einmal ein schönes Beispiel dafür, dass die Koalitionen gemeinsam mit der Opposition an einem Thema weiterarbeitet und es im Ergebnis letztlich gelingt, etwas Gutes im Hohen Hause zu verabschieden,

(Beifall bei den GRÜNEN)

das uns in der Sache tatsächlich weiterbringt, in dem Fall bei dem Thema Artenschutz an Windkraftanlagen. Dafür möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich danken.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag erhält die Landesregierung einen klaren Auftrag, proaktiv tätig zu werden und mit dem zu erstellenden Leitfaden für Genehmigungsverfahren eindeutig die Rahmenbedingungen zu definieren, die für die Genehmigung von Windkraftanlagen in SachsenAnhalt zu stellen sind.

Neben Hinweisen zur Bestandsaufnahme - darauf hat Herr Dr. Aeikens bereits hingewiesen - geht es um die spezielle Artenprüfung. Wichtig sind zudem Hinweise zu potenziellen und auch artenspezifischen Vermeidungs-, Schadensbegrenzungs- und vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen.

Ein Aspekt ist in diesem Zusammenhang ganz besonders wichtig: Wir müssen genau definieren, wann in Abhängigkeit der jeweils betroffenen Art Abschaltzeiten für die Windkraftanlagen definiert werden sollen oder können, also welche Maßnahmen für welche Arten überhaupt in Betracht gezogen werden können und welche vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen, also sogenannte CEF-Maßnahmen, überhaupt sinnvoll sind für die einzelnen Arten, sowohl für Fledermaus- als auch für Vogelarten.

Es gibt dazu bereits einige Forschungsprojekte, auf die wir Bezug nehmen können, die sogar schon verschiedene Bewertungsalgorithmen für die Abschaltzeiten entwickelt haben. Natürlich gibt es genügend fachliche Grundlagen. Das Helgoländer Papier liegt übrigens auch in einer aktuellen Fassung vor. Darin werden Abstandsregelungen vorgeschlagen; diese sind natürlich nicht pauschal anzuwenden.

Nicht zuletzt haben wir im Land gerade auf diesem Gebiet ganz hervorragende Experten, die diese

Leitfäden entwickeln können. Wenn es gelingt, einen solchen Leitfaden zu entwickeln, dann hat das Land eine Vorreiterrolle eingenommen, die angesichts der Bedeutung der Windkraft in SachsenAnhalt auch angemessen ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich freue mich ganz besonders darüber, dass Sie dem vorgeschlagenen Modellprojekt auf der Ebene der Regionalplanung zugestimmt haben; denn die beste Handlungsoption ist es, die Konflikte im Vorfeld zu vermeiden, also gar nicht erst entstehen zu lassen. Das geht nur auf der Ebene der Regionalplanung. Nur im Rahmen der Regionalplanung können die Weichen für einen fairen Ausgleich der Interessen, nämlich der weitere Ausbau der Windkraft einerseits und der Artenschutz andererseits, gestellt werden.

(Zustimmung von Frau Frederking, GRÜNE)

Auch dieses Modellprojekt auf der Ebene der Regionalplanung könnte bundesweit eine Signalwirkung haben. Ich bin sehr dankbar dafür, dass dies nun auf den Weg gebracht werden wird.

Auf dieser Grundlage soll - darin stimmen wir der Koalition zu - mit den Betreibern und auch mit den Antragsstellern für Windkraftanlagen in einen Dialog eingetreten werden. Ich bin sehr gespannt auf die Berichte im Umweltausschuss zu den Ergebnissen der einzelnen Arbeiten, die jetzt anstehen.

Am Ende noch eine Anmerkung zum Stellenwert der Windkraft. Wir reden über den Artenschutz an Windkraftanlagen. In der Debatte darf nicht vergessen werden, dass die Artenschutzprobleme vor allem in der Agrarlandschaft bestehen. In den letzten 30 Jahren ist ein Anteil von 50 % aller Individuen in der Agrarlandschaft verloren gegangen. Bei dieser Debatte darf nicht vergessen werden, dass die Windkraft nur ein Punkt ist, der negative Wirkungen auf den Artenschutz haben kann. Wir müssen auch die anderen Ursachen in den Blick nehmen, wie die intensive Landnutzung, die Zerschneidung, die Vielzahl an technischen Anlagen und den Straßenverkehr.

So weit meine Rede zu diesem Tagesordnungspunkt. Wir werden dem Antrag zustimmen.

Und insbesondere zur Redezeit.

Wenn Sie erlauben, Herr Präsident, möchte ich noch eine letzte Anmerkung machen.

Die allerletzte.

An dieser Stelle möchte ich Herrn Stadelmann im Namen aller Mitglieder des Umweltausschusses ganz herzlich für die Zusammenarbeit danken und Ihnen in Ihrer Funktion als Geschäftsführer der Landesanstalt für Altlastenfreistellung alles Gute wünschen. Wir bedauern alle, dass mit Ihnen ein Fachmann für den Umweltschutz im Hohen Haus verlorengeht. Aber Sie bleiben der Umweltpolitik treu und beschäftigen sich nun mit Altlasten, was im Land Sachsen-Anhalt nicht nur im ökologischen Raum ein ganz wichtiges Thema ist. In diesem Sinne noch einmal herzlichen Dank und alles Gute, Herr Stadelmann.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der SPD)

Diesem Dank und den guten Wünschen schließen wir uns alle gern an. - Jetzt hat der Kollege Bergmann für die SPD noch einmal das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Aeikens, ich denke, wir sind uns in vielen Dingen einig. Ich hatte vergessen zu sagen, dass wir möchten, dass die Landesregierung die Kontakte zu den Unternehmen, zu dem Landesverband der erneuerbaren Energien usw. knüpft. Wir sollten uns auch gemeinsam Gedanken machen über Vergrämungen an Anlage und darüber, an dieser Stelle die Technik mit ins Spiel zu bringen. Das ist aber sicherlich allen klar.

Kollege Lüderitz, wir sind uns heute alle einig; das ist auch einmal schön. Sie haben gesagt, Sie hätten gedacht, die Fraktion habe etwas Bestimmtes vor. - Nein, das hatte sie nicht. Ich habe mich geärgert, dass Sie überhaupt darüber nachgedacht haben. Es ist unstrittig, dass wir eine Energiewende wollen. Es gibt aber immer wieder Probleme und wir müssen aufpassen, dass wir nicht ein Problem mit einem anderen Problem lösen.