Protocol of the Session on January 30, 2015

Ich würde auch diese Zahlen gern in die Debatte einführen.

(Ministerpräsident Herr Dr. Haseloff: Die wer- den artgerecht gehalten!)

Herr Minister.

Verehrte Frau Frederking, erstens halte ich daran fest, dass es, wenn eine Oppositionspartei die Landesregierung auf einen Weg schicken will mit dem Ziel, Bestandsobergrenzen in Deutschland einzuführen, ein Gebot der Redlichkeit und der Ehrlichkeit ist zu sagen, welche Zahlen sich hinter dieser Forderung verbergen. Das möchte ich schon gern wissen und das möchte auch die Landwirtschaft wissen. Dazu sagt der Antrag leider nichts. Das ist mein Problem.

Zweitens. Frau Frederking, ich habe Ihr Strahlen gesehen, mit dem Sie den Viehbestand im Elternhaus des Ministerpräsidenten zitiert haben. Das drückt eine gewisse Sehnsucht nach diesen Größenordnungen aus. Aber das ist nicht die Landwirtschaft von 2015, Frau Frederking.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Ich gucke noch einmal genau. - Nein, es gibt keine weitere Wortmeldung. Wir haben eine nichtverbundene Debatte geführt, die aber eine alte Debatte ist. Denn schon Christian Morgenstern sagte: „Weh dem Menschen, wenn nur ein einziges Tier im Weltgericht sitzt.“

Wir stimmen jetzt über die Drs. 6/3763 ab. Sachdienlich wäre wieder die Überweisung in den Landwirtschaftsausschuss. Weitere Wünsche sehe ich nicht. Dann frage ich, wer für diese Überweisung ist. - Ich sehe Hände aus allen Fraktionen. Wer ist dagegen? - Ich sehe niemanden. Wer enthält sich der Stimme? - Auch keiner. Also ist der Antrag einstimmig in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 5 abgearbeitet.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Beratung

Artenschutz an Windkraftanlagen

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/3768

Änderungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/3784

Einbringer ist Herr Bergmann. Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, zur Mittagszeit zu diesem Thema

reden zu dürfen, und wünsche denen, die den Saal verlassen, einen angenehmen Aufenthalt beim Steak aus artgerechter Haltung, wie es in unserer Kantine regelmäßig präsentiert wird.

Energiewende ja, aber mit Abendsegler und Rotmilan - das könnte als Slogan heute über dieser Debatte stehen. Die Koalitionsfraktionen haben sich gesagt, das Thema „Artenschutz an Windkraftanlagen“ ist noch einmal aufzugreifen. Sicherlich ist das Thema nicht neu. Ich glaube, solange es Windkraftanlagen gibt, solange gibt es Artenschutzprobleme an diesen Anlagen.

Die Probleme waren in der Anfangszeit sicherlich zu verschmerzen. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir inzwischen einen Zuwachs im Land und in der Bundesrepublik erreicht haben, der zu enorm hohen Tierverlusten führt, die so nicht weiter hingenommen werden können. Nicht selten kommt es zu Schlagopfern. Dazu liegen im Internet eine Menge Statistiken vor.

Die Vogelwarte am Rietzer See in Brandenburg veröffentlicht regelmäßig Daten aus anderen Bundesländern. Es ist schon beeindruckend, wie viele Tiere aus der Vogelwelt und aus der Welt der Fledermäuse regelmäßig unter den Windkraftanlagen leiden. Damit wären wir wieder beim Thema Tierwohl. Man muss dabei differenzieren. Es gibt nicht nur Schlagopfer. Bei Fledermäusen ist es oft der Fall, dass durch Unterdrucksituationen, die im Bereich des Getriebekopfes entstehen, die Lungen platzen.

Unser Anliegen ist es, dieses Thema aufzugreifen und zusammen mit dem Thema Repowering zu diskutieren. Ich hoffe, dass wir in der einen oder anderen Landschaft in Zukunft etwas weniger Anlagen sehen werden, um die Anlagen in bestimmten Gebieten konzentrieren zu können. Dennoch wird es weiterhin Kollisionen mit den Anlagen geben.

Es gibt sehr interessante Untersuchungen, die zeigen, dass mit einer Weiterentwicklung der Anlagen, mit höheren Anlagen bestimmte Arten nicht mehr betroffen sind, dafür aber neue aufgrund ihres Verhaltens dazu kommen. Das muss sauber recherchiert und untersucht werden. Das ist die Intention unseres Antrages und das ist unser Anliegen, mit dem ich Sie am Freitag zu später Stunde noch bemühen wollte.

Nun hat uns die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch einen Änderungsantrag vorgelegt - ich bin so frei zu sagen - mit einer wertvollen Ergänzung. Er geht über das eigentliche Artenschutzziel hinaus; denn in die Handreichungen, die schriftlich niedergelegt werden, sollen jetzt auch Dinge aufgenommen werden, die die Genehmigungsverfahren betreffen bzw. die sich auf die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung beziehen.

Das geht etwas in den Verwaltungsbereich hinein. Wir finden das richtig. Das ist eine gute Ergänzung. Dadurch wird der Ursprungsantrag der Koalitionsfraktionen in keiner Weise verändert, sondern eher ausgeweitet. Deshalb möchte ich Ihnen, Herr Weihrich oder Frau Professor Dalbert, einen Vorschlag machen. Vielleicht nehmen Sie beide Anträge zur Hand.

Ich schlage Ihnen, sofern Sie es akzeptieren, folgende Änderung vor: In unseren Antrag würden wir nach dem ersten Absatz den Text des Änderungsantrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einschließlich der drei Spiegelstriche übernehmen. Daran anschließend käme der letzte Satz des Ursprungsantrages. Das bedeutet, es wäre de facto der gesamte Antragstext der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in dem Antrag enthalten. Mein Vorschlag ist, so zu verfahren. Ich würde mich freuen, wenn Sie das akzeptieren. Dazu können Sie in Ihrem Redebeitrag Stellung nehmen.

Ich glaube einfach, dass wir insgesamt bei der Problematik weiterkommen müssen. Im Fachausschuss, im Umweltausschuss müssen wir uns über die modernen Forschungen, über die Thematik der Abschaltung von Windkraftlagen zu bestimmten Zeiten und über alles andere, was angedacht ist, in Ruhe unterhalten können.

Wir müssen um diese Zeit das Hohe Haus damit nicht in einer dreiviertelstündigen Debatte - ich will nicht sagen: langweilen - konfrontieren. Dieses spezielle Politikfeld ist auch nicht jedermanns Sache. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, dass wir uns im Wesentlichen über alle Fraktionen hinweg einig sind. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bergmann. - Für die Landesregierung spricht Herr Dr. Aeikens, der heute im Dauereinsatz ist.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! War es im Jahr 2007 in Deutschland eine Leistung von ca. 22 GW, die durch Windkraftanlagen gewonnen wurde, so soll sich diese laut Branchenprognosen bis zum Jahr 2020 auf 45 GW verdoppeln. Sachsen-Anhalt nimmt, wie Sie wissen, hinsichtlich der alternativen Energieerzeugung durch Windkraft eine vordere Position in Deutschland ein. Allerdings wissen wir auch, es gibt Vorbehalte gegen den Ausbau der erneuerbaren Energien.

Bei der Windenergiegewinnung war eine Beeinträchtigung von Vogelarten schon frühzeitig in der

Diskussion. Unterschiedlich war jedoch die Bewertung des Umfangs möglicher negativer Auswirkungen, auch aufgrund einer nicht gesicherten Datenlage. Der Einfluss der Windkraftanlagen auf Brutvogelbestände war in seinem Umfang erst mit zunehmender Laufzeit konkreter einzuschätzen. Ich denke hierbei an den Rotmilan und an unsere besondere Verantwortung für dessen Schutz.

Der Rotmilan führt bedauerlicherweise bei Vögeln die Statistik der Schlagopferzahlen an Windkraftanlagen an. Das verpflichtet uns natürlich besonders dazu, intensiv Strategien zur Vermeidung von Schlagopfern zu verfolgen. Die vorliegenden Anträge kommen diesem Anliegen entgegen.

Insgesamt werden in den letzten Jahren Konfliktpotenziale zwischen Artenschutzanforderungen und Windkraftanlagen immer deutlicher. Hauptsächlich der Einfluss von Windkraftanlagen auf Fledermäuse wird zudem kritisch diskutiert. Aber im Gegensatz zu den Schlagopferzahlen bei Vögeln sind Nachweise verunglückter Fledermäuse erheblich schwieriger zu erbringen.

Meine Damen und Herren! Meines Erachtens muss bereits im Vorfeld der Genehmigungserteilung ein entsprechender Untersuchungsrahmen eingehalten werden. Das Landesverwaltungsamt hat daher dankenswerterweise entsprechende Mindestanforderungen für einen solchen Untersuchungsrahmen bei der Errichtung von Windkraftanlagen formuliert. Gegenwärtig wird geprüft, ob diese Anforderungen in Richtung einer stärkeren Verbindlichkeit konkretisiert werden können.

Das Verfahren zur Genehmigung von Windkraftanlagen ist ein Bündelungsverfahren, das alle relevanten Belange beinhaltet, auch die des Artenschutzes. Über die Bündelungsfunktion der Genehmigung sind allerdings nur die neu zu genehmigenden Anlagen erfasst. Das hilft den Schlagopfern an den bestehenden Anlagen natürlich wenig.

Um wirksame Maßnahmen zur Eindämmung von Schlagopfern zu erreichen, müssen auch die bestehenden Anlagen überprüft und der Dialog mit den Betreibern in dieser Hinsicht geführt werden. Den im vorliegenden Beschlussvorschlag enthaltenen Auftrag zum Dialog mit den Betreibern will ich gern in Angriff nehmen.

Ebenso beabsichtige ich, ein gezieltes Monitoring an ausgewählten Windparks in Auftrag zu geben, welches uns zusätzliche Erkenntnisse bringen muss. In bestimmten Fällen und Anlagen sind bereits jetzt anlagenspezifische Abschaltzeiten definiert. Eine Überprüfung, inwieweit diese Abschaltzeiten auch zu einer Verbesserung des Artenschutzes führen, sollte im Rahmen von Monitoringmaßnahmen möglich sein. Auch im Hinblick auf das Repowering bestehender Anlagen will ich die Anwendung der artenschutzrechtlichen Vor

gaben bei der Genehmigungserweiterung vorantreiben.

Insofern bin ich den Fraktionen für die Anträge dankbar. Sie greifen ein wichtiges Thema im Bereich des Artenschutzes auf. Landestypische Belange und die im Genehmigungsverfahren durchzuführenden Prüfungen können in Form eines Leitfadens, wie auch im Änderungsantrag gefordert wird, durchaus zusammengefasst werden. Gleiches gilt hinsichtlich des Fledermausschutzes. Es bestehen bereits diverse fachliche Ausarbeitungen, die zur Erarbeitung einer derartigen Leitlinie herangezogen werden können.

Sie können meinen Ausführungen entnehmen, dass wir in unseren Arbeitsschritten bereits die mit den vorliegenden Anträgen verfolgten Intentionen aufgegriffen haben. Es ist nun unsere Aufgabe, die umfangreichen Anstrengungen und Erfolge beim Artenschutz in Sachsen-Anhalt mit dem weiterhin angestrebten Ausbau der Windenergieanlagen in Einklang zu bringen.

Ich freue mich auf die Diskussion. Sie haben mich an Ihrer Seite, wenn es um das Thema Artenschutz geht. Wir werden das uns Mögliche tun, um hier zu Kompromissen zu kommen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Aeikens. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Herr Lüderitz. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die jetzige Debatte ist etwas unaufgeregter als die beiden vorherigen. Deshalb kann ich zu Beginn meiner Rede sagen, dass die vorgeschlagene Übernahme des Änderungsantrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den Ursprungsantrag sinnvoll ist. Das wird von uns auch unterstützt. Wir halten also beide Anträge für zustimmungsfähig.

Der Antrag der GRÜNEN fixiert die Landesregierung auf konkrete Zielvorgaben, also dass wir einen vernünftigen Leitfaden bekommen für die Akteure, die vor Ort davon betroffen sind. Wünschen würde ich mir, dass es in dieser Bundesrepublik Deutschland eine rechtliche Regelung, eine Art TA Wind geben würde. Die ist allerdings nur sinnvoll, wenn sie wirklich eine Bundesregelung wäre, um bestimmte Rahmen vorzugeben. Der jetzige Flickenteppich ist alles andere als vorteilhaft.

Es darf auch nicht passieren - ich hatte mit Blick auf den Antrag der Koalitionsfraktionen die Befürchtung -, dass Naturschutz und erneuerbare Energien, insbesondere Windkraftanlagen, gegeneinander ausgespielt werden und dass Natur

schutz und Artenschutz als Vorwand genutzt werden, Windkraftanlagen zu verhindern. Nach den Redebeiträgen des Ministers und des Kollegen Bergmann kann man das wohl ausschließen.

Berechtigt ist auch der Hinweis des Antrages, dass es zwar einige Studien zum Artenschutz an Windkraftanlagen gibt, deren Belastbarkeit man aber sehr unterschiedlich bewerten muss. Eine solche Bewertung sollte unserer Auffassung nach in einem Dialog zwischen der Landesregierung, also dem Ministerium, den Betreibern von Windkraftanlagen und den Naturschutzverbänden, insbesondere den Vertretern des Vogelschutzes und des Fledermausschutzes, erfolgen, und zwar möglichst noch, bevor die Repoweringwelle SachsenAnhalt erreicht. Das ist, glaube ich, auch Konsens.

Da vor allem das Helgoländer Papier auf der Bundesebene für den Vogelschutz immer wieder herangezogen wird, das aber auch sehr in die Jahre gekommen ist, sollte sich das Land aktiv daran beteiligen, eine Evaluierung des alten Papiers zu erreichen.

Ich plädiere durchaus dafür - ich sagte es eingangs -, dass ein solcher Leitfaden erstellt wird, um vorzugeben, wie man mit Artenschutz und Windkraftanlagen umzugehen hat.

Was ich nicht möchte, ist eine pauschalisierte Regelung, die von Arendsee bis Zeitz gilt. Ich halte standortgerechte Lösungen für die besseren. An jedem Standort können unterschiedliche Festlegungen zum Erfolg führen. Dabei gibt es unterschiedliche Ansätze. Der Antrag der Koalitionsfraktionen benennt bereits zwei. Ich möchte zwei weitere hinzufügen.