Der Balkon gehörte dem GRÜNEN-Politiker Cem Özdemir, der nun mit den juristischen Folgen durch das Tätigwerden der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Anbaus von Betäubungsmitteln sowie mit der Aufhebung seiner Immunität zu kämpfen hatte. Wenn das nicht so traurig wäre, dann könnte man glatt darüber lachen.
Dass das bewusste Platzieren einer Hanfpflanze in einem Video umfangreiche Ermittlungen nach sich zieht, zeigt, wie widersinnig die deutsche Drogenpolitik ist.
Meine Damen und Herren! Auch wir sehen es so - das möchte ich ausdrücklich betonen -, dass mit sogenannten harten Drogen anders umgegangen werden muss als zum Beispiel mit Cannabis. Die verheerenden Folgen von Crystal sind uns allen bekannt. Wir haben die Folgen auch in einem der letzten „Tatorte“ sehr eindringlich dargestellt bekommen.
Die Fallzahlen im Zusammenhang mit Crystal haben in den vergangenen Jahren landesweit zugenommen. Diesbezüglich ist allein im Zeitraum von 2011 bis 2013 eine Steigerung von rund 400 auf etwa 1 400 Ermittlungsverfahren zu verzeichnen. Die Anzahl der Rauschgiftdelikte insgesamt stieg laut PKS bereits im vierten Jahr in Folge an und erreichte mit 6 060 Delikten den höchsten Stand seit 2007.
Aber auch hierzu muss konstatiert werden, dass man ausschließlich mit Repression und Bestrafung nicht weiter kommt. Man muss weitaus eher ansetzen.
Es gelingt uns noch nicht einmal in den Strafvollzugseinrichtungen des Landes, also hinter Gittern und unter den wachsamen Augen der Justizvollzugsbeamtinnen, den Drogenschmuggel und somit auch den Drogenkonsum zu verhindern. So wird eingeschätzt, dass im Justizvollzug SachsenAnhalts ca. 25 % der Inhaftierten während des Vollzuges illegale Drogen zu sich nehmen.
So müssen wir letztendlich konstatieren, dass Drogen eine Alltagserscheinung sind und trotz konsequenter Verbote und Bestrafungen gehandelt und konsumiert werden. Drogenkonsumentinnen und -konsumenten schlichtweg als Kriminelle zu betrachten verhindert jeden nachhaltigen Umgang mit den Betroffenen. Das verhindert aber auch jegliche Überlegungen in Richtung einer sinnvollen Drogenpolitik. Abhängige sind nicht kriminell, sondern krank. Wenn wir als Gesellschaft so weit sind, das zu akzeptieren, dann ist auch der Weg geebnet für eine Drogenpolitik, die gekennzeichnet ist von Prävention und Aufklärung statt Strafe und Repression.
Die Drogenpolitik muss eine präventive, sachliche und glaubwürdige Aufklärung über die Wirkung und die Risiken von Drogen ermöglichen. In der Drogenpolitik ist somit ein grundsätzliches Umdenken erforderlich. Die bisherige Kriminalisierung der Konsumierenden schränkt die Verfügbarkeit und den Konsum von Drogen nicht wirksam ein, sondern zwingt Konsumierende in den illegalen Markt.
Eine moderne Drogenpolitik muss durch Prävention Drogenmissbrauch vorbeugen, die gesundheitlichen Probleme von Konsumierenden minimieren und die organisierte Kriminalität effektiv bekämpfen. Die Gelder für Tausende Strafverfahren, für Polizeieinsätze, Razzien und Gerichtsverfahren
Der Gebrauch von Drogen und der Umgang mit ihnen stellen nicht zuletzt einen Spiegel der Gesellschaft dar.
Lassen Sie uns gemeinsam offen und ohne Vorurteile über neue Wege in der Drogenpolitik nachdenken, bei denen der Mensch im Mittelpunkt steht, die für menschliche Lebensbedingungen sorgt und ihnen ermöglicht, selbstbestimmt ihr Leben zu gestalten. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Tiedge. Herr Schröder möchte Frau Tiedge eine Frage stellen. - Frau Tiedge ist gewillt, sie zu beantworten. Dann werden wir das Frage-Antwort-Spiel jetzt durchführen. Bitte schön, Herr Schröder.
Sehr geehrte Kollegin Tiedge, ich habe nur die Bitte, einen Punkt klarzustellen. In dem Grundsatzprogramm der Partei DIE LINKE von Erfurt aus dem Jahr 2011 steht
„Wir treten daher für eine rationale und humane Drogenpolitik ein, was eine Entkriminalisierung des Drogenkonsums und langfristig eine Legalisierung aller Drogen beinhaltet.“
Für mich also noch einmal zur Klarstellung: DIE LINKE fordert die Legalisierung aller Drogen? Nicht nur die von Cannabis?
Es ist wichtig - denn Sie vertreten damit eine Minderheitsposition im Deutschland -, dass Sie das noch einmal klarstellen.
„Das bedeutet die Entkriminalisierung der Abhängigen und die Organisierung von Hilfe und eine legale und kontrollierte Abgabe an diese.“
(Beifall bei der LINKEN - Herr Stiegel, GRÜ- NE: Sie müssen nicht Drogen nehmen, Herr Schröder! Es geht nicht um Pflichten!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine kurze Nachfrage: Ich spreche jetzt zu beiden Großen Anfragen. Vorhin wurde gesagt, die Redezeit ist geteilt. Ist sie bei mir auch geteilt?
Herr Minister, die Redezeit der Landesregierung ist beinahe offen - meist zumindest. Wenn kein weiterer Minister gemeldet ist, sind Sie jetzt der alleinige Vertreter der Landesregierung.
Danke. - Es ist, glaube ich, verständlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass man im Rahmen der jetzigen Aussprache nicht auf 120 Fragen im Einzelnen antworten kann. Das kann ich auch nicht. Auch wenn ich alle Fragen und Antworten gelesen habe - die Debatte ist von einer der letzten Landtagssitzungen auf heute verschoben worden -, habe ich nicht alle Antworten präsent.
Das wäre für mich mit Blick auf die Geschäftsordnung ein typisches Beispiel dafür, diese Fragen in einem Ausschuss zu beantworten, weil man dort
Ich kann jetzt nicht zu allen Dingen Stellung nehmen und den fachlichen Hintergrund darstellen, den Sie von mir erwarten. Die Erörterung im Ausschuss wäre zumindest eine Möglichkeit gewesen; so empfinde ich das.
Dass wir hier über das Thema debattieren, ist nicht das erste Mal, auch nicht, was Legalisierung angeht, auch nicht, was Medizin angeht. Ich glaube, dass wir uns in verschiedenen Punkten nicht annähern werden.
Ich weiß nicht, was in der Zukunft passiert. Auch der Beitrag aus dem Wahlprogramm der LINKEN, den der CDU-Fraktionsvorsitzende eben verlesen hat, ist in die Zukunft gerichtet. Deshalb will ich jetzt nicht auf die einzelnen Dinge eingehen, sondern bei dem Thema Cannabis und den Fragen hinsichtlich der harten Drogen bleiben.
Wir haben deutlich gemacht - auch Sie haben das erwähnt -, dass die Bekämpfung des Missbrauchs von Alkohol und Nikotin die größere Herausforderung darstellt. Diesbezüglich betreiben wir am intensivsten Prävention. Die Gesundheitsschäden infolge des Missbrauchs sind enorm. Das ist erst einmal richtig.
Nur sage ich auch in Richtung der GRÜNEN - vielleicht liege ich damit falsch -: Alkohol und Tabak sind Drogen, die es bei uns wahrscheinlich seit 1 000, 2 000, 3 000 Jahren gibt.
- Vielen Dank, dass Sie das sagen. - Ich würde gern einmal wissen, wer hier im Haus jemals mit Cannabis, mit harten Drogen in Berührung gekommen ist.
- Ich rede im Augenblick von beidem. Vielleicht haben Sie mir zugehört. Ich habe gesagt, dass ich zu beidem reden will. Vorhin haben Sie „generell“ gesagt.