Ich habe eine Liste mitgebracht, in der mit Stand vom 12. November alle Förderschulen für geistig Behinderte und Sinnesgeschädigte und die durchschnittliche schultägliche Betreuungszeit an Förderschulen aufgeführt sind. Mit Ausnahme der beiden Landesbildungszentren in Halberstadt liegt sie bei keiner Schule unter acht Stunden. Viele Schulen bieten neun Stunden an, der überwiegende
Teil liegt bei acht Stunden und dreißig Minuten. Alle Schulen sind also bei mindestens acht Stunden.
Ich will auf das Grundsätzliche kommen. Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der geistigen Entwicklung erhalten an den Förderschulen für geistig Behinderte gemäß § 8 Abs. 6 des Schulgesetzes ein schultägliches Ganztagsangebot. Das geht an unseren Schulen, wie ich schon gesagt habe, mit Stand vom 12. November 2014 regelhaft über das Mindestmaß der KMK-Definition zu Ganztagsschulen von sieben Zeitstunden hinaus. Bei diesem Angebot wird nicht nach Altersgruppen unterschieden.
Die schultägliche Öffnungszeit richtet sich nach dem Bedarf der meisten Schülerinnen und Schüler an der konkreten Schule, den personellen Möglichkeiten und den Bedingungen der Schülerbeförderung. Das heißt, hier müssen wir auch darauf schauen, wie es mit der Schülerbeförderung harmonisiert ist. Denn das kommt zu der Betreuungszeit noch hinzu. Besteht im Einzelfall über die Öffnungszeit der Förderschule hinaus noch Betreuungsbedarf, so werden in Kooperation mit anderen Trägern individuelle Angebote ergänzend abgestimmt. Wir haben es geschafft, das so zu organisieren, dass es nicht mehr auf Zuruf oder zufällig, sondern tatsächlich strukturiert, vernünftig und regelhaft geschieht.
Vieles von dem, was die einbringende Fraktion fordert, ist bereits tagtägliche Praxis bei uns im Land. Natürlich können immer wieder einmal ein oder zwei Fälle auftreten, die in den Betreuungskonferenzen nicht erfolgreich erledigt werden. Dann muss man genau hinschauen, woran das liegt, ob es die Sozialträger vor Ort sind, die Schwierigkeiten machen, oder ob es die Eltern sind, die sich ein ganz konkretes Angebot vorstellen und andere Vorschläge ablehnen.
Auf der einen Seite muss man die Verantwortung vor Ort noch einmal schärfen. Auf der anderen Seite muss ich aber auch ganz klar sagen, dass die Betreuungskonferenzen, die wir zur Sicherung der Betreuungsangebote für Schülerinnen und Schüler an diesen Förderschulen eingerichtet haben, funktionieren.
Das muss man ganz klar sagen: Sie funktionieren. Alle Rückmeldungen, die wir erhalten, sowohl von schulischer Seite als auch von den Landkreisen und kreisfreien Städten, zeigen uns, dass es gut war, diese Bedarfsanmeldung und die lerntherapeutischen Angebote miteinander abzustimmen. Das Landesschulamt moderiert diesen Prozess und dokumentiert im Übrigen auch darüber hinausgehende Bedarfsanmeldungen und verfolgt das dann weiter. Das funktioniert.
An diesen Betreuungskonferenzen sind ja nicht nur die Schulträger und die Träger der Schülerbeförderung beteiligt, sondern auch die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Sozialagentur Sachsen-Anhalt und, wenn nötig, noch andere Partner. Dort sitzen wirklich diejenigen am Tisch, die in der Lage sind, die Angebote, die vor Ort existieren, zu koordinieren.
Wir hören auch von Einzelfällen, in denen Menschen nicht die nötigen Anträge stellen, die verabredet wurden. Von daher muss man sich das dann im Einzelnen anschauen.
Ich habe bereits zugesagt, dass wir, wenn es nötig ist, den einen oder anderen Einzelfall bei uns im Hause moderieren. Das heißt, dass wir die Verantwortlichen aus der Region - Schule wie auch die örtlichen Träger der Sozialhilfe - noch einmal einladen und das dann bei uns im Hause moderieren - der Staatssekretär oder ich werden das tun -, um noch einmal zu schauen, wo das Problem liegt, bzw. um Lösungen anzustoßen.
Ich denke, darüber sollten wir dann in den Ausschüssen gelegentlich wieder berichten. Wir haben das ja bereits sehr intensiv getan. Nachdem wir die Kooperationsvereinbarung unterschrieben hatten, ist sowohl im Sozialausschuss als auch im Bildungsausschuss mehrfach unterrichtet worden.
Beide Ausschüsse waren am Ende der Meinung, dass das funktioniert. Deswegen war das Thema dann auch von der Tagesordnung und erledigt. - In diesem Sinne herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Minister, es gibt zwei Fragen. Die erste Fragestellerin ist Frau Dr. Paschke, die zweite Frau Zoschke.
Herr Minister, Sie haben eben ausgeführt, dass Sie die Einzelfälle moderieren. Sie haben mich vorhin angesprochen. Ich gehe davon aus, dass im Fall von Max V., der hier angeführt wurde, noch in diesem Jahr eine Moderation aus Ihrem Hause mit den Beteiligten erfolgen wird. Habe ich das richtig verstanden?
Wir werden dazu einladen und hoffen, dass wir den Termin noch in diesem Jahr zustande bekommen. Das ist jedenfalls das Ziel.
(Herr Leimbach, CDU: Ich verstehe nicht, dass wir hier über Einzelfälle reden! Es gibt 5 000 Einzelfälle in Sachsen-Anhalt!)
Meine zweite Frage lautet: In Vorberatungen zu der Betreuungskonferenz, zu der ich jetzt nichts weiter sagen möchte, wurde in Aussicht gestellt, dass eventuell ab Januar, wenn auch ein neuer Tarifvertrag Geltung erlangt, pädagogische Mitarbeiter für dieses Aufgabenfeld eingesetzt werden. Das steht auch in dem Aufgabenkatalog für pädagogische Mitarbeiter, soweit ich es in Erinnerung habe. Sehen Sie darin eine Lösung, um zum Beispiel auch im ländlichen Raum Möglichkeiten zu schaffen, damit die Kinder im nachschulischen Bereich und in den Ferien betreut werden?
Sie wissen ja, dass pädagogische Mitarbeiter und Betreuungskräfte bereits jetzt an lerntherapeutischen Angeboten beteiligt sind. Wie der Einsatz vor Ort im Einzelnen und konkret aussieht, kann ich jetzt nicht sagen. Man muss sich anschauen, was sowohl die Schulen als auch das Landesschulamt geplant und überlegt haben.
Richtig ist auch, dass Schulen miteinander kooperieren. Aber es kann natürlich immer einmal einen Einzelfall geben, in dem Rahmenbedingungen so sind, dass er nicht mit den vorhandenen Ressourcen im schulischen Kontext zu lösen ist. Deswegen müssen dann die Sozialträger in ihrer Vielzahl mit ihren verschiedensten Instrumenten - ein paar davon wurden angesprochen, das persönliche Budget, die Eingliederungshilfe und andere Dinge - an einen Tisch, damit die notwendigen Unterstützungsmaßnahmen greifen.
Herr Minister, ich kann das Hohelied auf Einzelfalllösungen zum Teil nachvollziehen. Aber offensichtlich bestehen bei den regelhaften Fällen tatsächlich immer noch Ausnahmen. Meine Kollegin Bull hat in zwei Fällen eine ganze Palette von Dingen aufgezeigt, die offensichtlich nicht funktionieren,
bis hin zum Sozialgerichtsurteil, wonach das persönliche Budget, auf das Sie jetzt reflektiert haben, nicht dafür eingesetzt werden kann. Ich möchte von Ihnen gern eine konkrete Antwort auf die Frage haben, wie in diesen beiden Fällen im Sinne der Kinder und der Eltern eine Lösung geschaffen werden soll.
Ich habe Ihnen zugesagt, dass wir zusätzlich zu dem, was die Betreuungskonferenz ohnehin vor Ort regelhaft abarbeitet, noch einmal moderieren. Aber wie gesagt, es muss, wenn es um solche Einzelfälle geht, von allen Seiten der gute Wille da sein, das Problem zu lösen.
Wir sind gern bereit, das zu moderieren, weil einiges nicht in unserer Zuständigkeit, sondern bei den Sozialträgern liegt. Gern holen wir dann auch die Kompetenz des Sozialministeriums mit an den Tisch. Ich bin mir sicher, dass man eine Lösung hinbekommt, wenn alle guten Willens sind. Aber die Voraussetzung ist, dass alle eine Lösung wollen, und zwar nicht nur die eine Lösung, die eventuell jemand im Sinn hat.
Vielen Dank, Herr Minister. - Auf der Zuschauertribüne dürfen wir jetzt ganz herzlich Damen und Herren aus Teutschenthal begrüßen. Herzlich willkommen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem vorliegenden Antrag „Ganztagsschulangebote für Menschen mit Behinderungen“ fordert die Fraktion DIE LINKE eine adäquate nachschulische Betreuung von Personen mit geistiger Behinderung, die das 14. Lebensjahr vollendet haben. Insbesondere fordert sie eine grundlegende bzw. flächendeckende Lösung.
Meine hoch verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE, diejenigen von uns, die sich seit Jahren für die betroffenen über 14-jährigen Schülerinnen und Schüler einsetzen, wissen, was für eine Kraftanstrengung es war, die Kooperationsvereinbarung zwischen Sozial- und Kultusministerium herbeizuführen.
- Das stimmt. - Sie wissen auch, dass die Ursache für die gemeinsame Kraftanstrengung, die auch die Förderschulen mit ihren jeweiligen Bedingungen und die kommunalen Behörden betraf, insbesondere darin lag, dass wir uns einig waren, dass die berufstätigen Eltern behinderter Kinder, die über 14 Jahre alt sind, die Unterstützung des Landes Sachsen Anhalt benötigen, wenn wir alle gemeinsam die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ernst nehmen wollen.
In unserem Alternativantrag nehmen wir als Fraktionen der CDU und der SPD unsere Verantwortung für die Weiterführung der Betreuungsangebote wahr, indem wir uns in den beiden betroffenen Ausschüssen für Bildung und Kultur sowie für Arbeit und Soziales im ersten Quartal 2015 über die Umsetzung des Kooperationsvertrages berichten lassen.
Ich für meine Person kann sagen, dass ich im Mai 2015 konkrete Aussagen darüber erwarte, wie die benötigte Betreuung in den Sommerferien 2015 aussehen wird. Denn für die betroffenen berufstätigen Eltern müssen wir in der Tat Verlässlichkeit bieten. Die Lösung muss sich selbstverständlich auf der Grundlage gesetzlicher Regelungen und Zuständigkeiten bewegen.
Da sich unter Umständen weitergehende Lösungen nicht zum Nulltarif umsetzen lassen, bitten wir mit unserem Antrag die Landesregierung, über mögliche zusätzliche Kosten, Personal- und Sachkosten, bzw. über mögliche zusätzliche Personalbedarfe zu berichten. - Ich bitte um Zustimmung zu unserem Alternativantrag.
Vielen Dank, Frau Kollegin Gorr. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun Frau Professor Dalbert das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es bei uns im Land immer noch Probleme bei der Betreuung junger Menschen mit geistiger Behinderung gibt, dann ist es gut, dass wir heute anlässlich dieses Antrags darüber reden. Wenn wir uns das Thema ansehen, dann erkenne ich in diesem Zusammenhang zwei Problemkreise. Der eine Problemkreis hat mit der Frage zu tun, was eigentlich eine Ganztagsschule ist; denn alle Förderschulen im Land sind Ganztagsschulen.
- Die Förderschulen sind Ganztagsschulen. Das hat die Antwort auf unsere Kleine Anfrage erbracht. - Aber es ist eben nicht klar, was eine Ganztagsschule ist. Die KMK sagt, drei Tage, sieben Stunden. Wir stellen uns, denke ich, gemeinsam vor, dass eine Ganztagsschule an fünf Tagen zehn Stunden - acht Stunden pädagogische Betreuung und zwei Stunden zusätzliche Betreuung - anbietet. Ich denke, eine Klarstellung, was wir eigentlich unter einer Ganztagsschule verstehen, wäre sehr wünschenswert.
Der zweite Problemkomplex ist die Betreuung geistig behinderter Jugendlicher, insbesondere von Jugendlichen, die über 14 Jahre alt sind, ganztags
und in den Ferien. Dazu machen Sie in den Punkten 1 bis 3 drei Vorschläge, die ich, geschätzte Kollegin Bull, nicht verstanden habe. Denn das, was Sie dort fordern, haben wir bereits.
Wenn Sie gefordert hätten, das Ganztagsangebot grundsätzlich vorzuhalten, wäre es etwas anderes gewesen. Dann hätten Sie keine Einzelfallregelung, sondern etwas Grundsätzliches gefordert. Sie schreiben aber „bei Bedarf“. Das entspricht genau dem, was wir derzeit haben. Insofern verstehe ich an dieser Stelle Ihren Antrag nicht.
Dann gehen Sie weiter und sagen - ich drücke es mit meinen Worten aus -, die Verantwortung solle bei den Schulen liegen. Damit laufen Sie bei uns offene Türen ein. Wir denken grundsätzlich, dass die Verantwortung von Bildungseinrichtungen in einer Hand liegen sollte, in dem Fall beim Kultusministerium. Deswegen gehört nach unserer Auffassung der gesamte Bereich des KiFöG ins Kultusministerium; denn hierbei handelt es sich auch um Bildungsaufgaben.