Protocol of the Session on October 17, 2014

Eines, Herr Wagner, kann ich Ihnen sagen: In diesem Bereich gibt es eine Veränderungsrate, wie ich sie mir vor zehn Jahren nicht hätte vorstellen können. Das betrifft nicht nur den Privatsektor, sondern auch das Gebaren in Landesverwaltungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gemäß Artikel 4 des De-Mail-Gesetzes von 2011 legt die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes einen Bericht zur Entwicklung der DeMail-Dienste und möglichen Anpassungs- und Erkenntnisbedarf bei den rechtlichen Rahmenbedingungen für neue Dienste und Vorschriften für die elektronische Zustellung vor. Der Inhalt dieses Berichts bleibt abzuwarten.

Ich denke, wir sind uns einig, dass die Diskussion über diese Standards bundesweit erfolgen muss. Es kann nicht die Aufgabe der Länder und es wird auch nicht leistbar sein, dass einzelne Länder hierbei vorpreschen oder glauben, dass wir das Netz am Ende für alle sicherer machen, indem jeder Einzelne losmarschiert.

Allerdings basieren mittlerweile die wichtigsten föderalen E-Government-Aktivitäten auf dem E-Government-Gesetz des Bundes; das heißt, es gibt schon einiges. Sofern notwendig, wird die Landesregierung prüfen, inwieweit dieses Gesetz für unser Land geändert wird bzw. wir bestimmte Standards übernehmen.

Zum Abschluss möchte ich noch aufgrund des großen Interesses und der großen Resonanz auf eine weitere Veranstaltung - deshalb haben Sie das Thema auch richtig benannt - mit dem Titel „Die Hacker kommen!“ hinweisen. Diese Veranstaltung wird am 21. Januar 2015 durch das BMI im Landtag wiederholt. Ich kenne die erste Veranstal

tung nicht, aber es gab wohl genug Bedarf, sodass es lohnt, eine zweite Veranstaltung zu diesem Thema, das sehr wichtig ist, im Landtag zu wiederholen. - Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Bevor wir in die Aktuelle Debatte eintreten, ist es mir eine große Freude, bei diesem globalen Thema globale Gäste begrüßen zu dürfen, nämlich eine Parlamentarierin und Parlamentarier aus der kanadischen Provinz Alberta.

(Beifall im ganzen Hause)

Herzlich willkommen in der preußischen Provinz Sachsen und Anhalt!

(Heiterkeit)

Ich darf auch den Geschäftsführer der Partnerschaft der Parlamente Herrn Alfons Schöps und seinen Mitarbeiter ganz herzlich begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Das Thema ist also gut gewählt, weil es international ist. Das wird Kollege Barthel jetzt aufgreifen. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Spätestens seit den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden zur massenhaften Überwachung des Internets über Programme wie Prism, XKeyScore und Tempora hat das Thema ohne Frage ein neues Level erreicht. Insofern ist es richtig, dass wir im Landtag über den Antrag der Fraktion DIE LINKE diskutieren.

Ich will zunächst feststellen, dass die Überschrift des Antrages „Vertrauliche Kommunikation fördern“ das rechte Maß ist, um mit diesem Thema umzugehen, ohne es künstlich zu überhöhen.

Ich habe lange darüber nachgedacht, ob die Entschließung der Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern mit dem Titel „Die Gewährleistung der Menschenrechte bei der elektronischen Kommunikation“ tatsächlich das rechte Maß ist, um über die Frage, wie wir mit vertraulicher Kommunikation künftig umgehen, nachzudenken. Es mag sein, dass es rein theoretisch zutreffend ist, dass wir an dieser Stelle auch über Menschenrechte sprechen. Aber im Kontext von Menschenrechtsverletzungen, die es an vielen anderen Stellen gibt, glaube ich schon, dass der Titel - der Minister nannte es, glaube ich - ein ansprechender Titel ist. Ich meine, dass man das Thema an der Stelle zu sehr überhöht hat.

Wenn ich jetzt darüber nachdenke, was im Weiteren in diesem Antrag gefordert wird, nämlich dass

das vollumfänglich von uns unterschrieben werden soll, ist das ein zu weitgehender Schritt. Insofern finde ich es erst einmal gut, dass die Fraktion DIE LINKE das in der Überschrift auf das richtige Maß heruntergemäntelt hat.

Da ich weiß, dass mein Kollege Graner auf unseren Änderungsantrag im Detail eingehen wird, möchte ich mich diesem Thema von einer anderen Stelle nähern und das aufgreifen, was Kollege Wagner im Zusammenhang mit der Eigenverantwortung angesprochen hat.

Wir glauben, dass die Eigenverantwortung und die Idee des mündigen Bürgers auch beinhalten, dass insbesondere die Fragen, was ich im Internet tue, wie ich es tue, welche Informationen ich dort einstelle, und auch, wie sorgfältig und sorgsam ich bei der Kommunikation mit Dritten umgehe, nicht zu vernachlässigen sind, sondern die Grundlage dafür sind, dass man mit Regelwerken und mit Rahmenbedingungen, die wir als Gesetzgeber schaffen, verantwortungsvoll umgehen kann.

Ich versuche, meinen Kindern, was den Umgang mit den sozialen Netzwerken und den ganzen Medien, die zur Verfügung stehen, angeht, schon die Idee zu vermitteln, dass sie selbst dafür verantwortlich sind, welche Inhalte am Ende ins Internet eingestellt werden und was in den E-Mails geschrieben wird. Man kann sich auch ein Stück weit durch den verantwortungsvollen Umgang mit diesen Medien selbst schützen.

Deswegen sind wir gut beraten, besonders den Bereichen der Aufklärung, der Medienbildung und der Frage, wie wir uns selbst sensibilisieren, große Aufmerksamkeit zuzuwenden, damit das Ziel der Vertraulichkeit und der Anonymität im Internet erreicht wird. Das Problem, das wir haben, ist, dass die Menschen teilweise ihre Menschenrechte und andere Dinge im Internet freiwillig preisgeben.

Ein Blick in die sozialen Netzwerke zeigt, dass einige sehr verantwortungslos damit umgehen. Was einmal im Netz gelandet ist, bekommt relativ schnell eine Eigendynamik und ist schwer zu entfernen. Das führt dazu, dass wir es gerade im Schutz der Anonymität fast jeden Tag massenweise erleben, wie mit Internetmobbing und Shitstorm Menschen tatsächlich bis in den Suizid getrieben werden.

Das sind die Fragen, die mir im Zusammenhang mit Menschenrechts- und Persönlichkeitsrechtsverletzungen zunächst dazu einfallen. Deswegen glaube ich, dass ein Teil der Idee des Antrages, die Verbesserung der Rahmenbedingungen, das Fördern der vertraulichen Kommunikation, nicht von der Aufklärung und der Medienbildung und der Sensibilisierung für dieses Thema zu trennen ist und nur beide Linien gemeinsam zum Erfolg führen werden.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag, der auch das rechte Maß hat, um im Rahmen des schonenden Umgangs mit Ressourcen mit diesem Thema im Landtag umzugehen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Kollege Barthel. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Herr Striegel. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit den Enthüllungen von Edward Snowden - das ist von den Vorrednern schon gesagt worden -, die auch dank der engagierten und aufopferungsvollen Arbeit der Journalistin Laura Poitras und des Journalisten Glenn Greenwald weltweit offengelegt wurden, kann sich niemand herausreden.

Wir alle wissen, dass staatliche Stellen versuchen, unsere elektronische Kommunikation zum Teil lückenlos zu überwachen. Es sind amerikanische Dienste, unter anderem die NSA, der britische Geheimdienst GCHQ, weitere Geheimdienste der Five Eyes Alliance, darunter drei kanadische Dienste, aber offenbar auch der BND. Wir sollten also nicht so tun, als ginge uns selbst das alles nichts an. Wir wissen auch: Sie alle überwachen riesige Datensammlungen, die ihnen Google, Facebook und Co. überlassen.

Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages, dem angesichts der Verweigerungshaltung der Bundesregierung besonders viel Zähigkeit und Erfolg zu wünschen ist, versucht insbesondere die Tätigkeiten der NSA und des BND aufzuklären.

Die Bundesregierung hintertreibt dies in schamloser Weise. Dafür tragen CDU und SPD die Verantwortung. Es kann doch nicht sein, dass die Bundesregierung dem Ausschuss mit Strafanzeigen droht, aber selbst noch nicht einmal alle Unterlagen herausgibt, die sie Zeugen zur Verfügung stellt.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vor dem Hintergrund dieses massiven, anlasslosen und rechtsstaatlich nicht zu rechtfertigenden Totalüberwachung ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE zu lesen, der den Landtag und das Land Sachsen-Anhalt im Interesse der hier lebenden Menschen zur digitalen Selbstverteidigung auffordert.

NSA, BND und Co. soll ein Schnippchen geschlagen werden, dem Grundrecht auf Datenschutz soll wieder aufgeholfen werden, indem Verschlüsselung als Weg hin zu einer schwerer zu überwachenden elektronischen Kommunikation gewiesen wird.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßt dieses Ansinnen. Angesichts des kaum vorhandenen Wissens um die Möglichkeiten der digitalen Selbstverteidigung gegen staatliche und auch nichtstaatliche Überwachung liegt hier aber ein weiter, ein sehr weiter Weg vor uns.

Herr Kollege Barthel, es reicht nicht, nur Sensibilisierung zu fordern. Diese ist notwendig, das ist keine Frage. Wir brauchen eine echte, eine geschützte vertrauliche Kommunikation nicht nur in den sozialen Netzwerken - denn das ist nicht das eigentliche Thema -, sondern auch dann, wir beide uns unterhalten, und dafür müssen wir auch die technischen Voraussetzungen schaffen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Ich habe unlängst einmal in meiner Fraktion gefragt, wer von meinen Kolleginnen und Kollegen denn PGP-Verschlüsselung - zumindest gelegentlich - zur Kommunikation per E-Mail nutzt. Es waren weniger als ein Drittel. Schaut man sich im Landtag um, wie viele Abgeordnete auf ihren Internetseiten eine Möglichkeit zur sicheren Kommunikation per E-Mail hinterlegt haben - bei denen also Bürgerinnen und Bürger einen PGP-Schlüssel herunterladen können, um verschlüsselte Mails zu schicken -, dann merkt man schnell: Wir sind eine verschwindend kleine Minderheit. Ich habe zwei Abgeordnete gefunden, auf deren Internetseiten das möglich ist.

Das alles zeigt: Wir haben es hierbei mit einer Aufgabe zu tun, der wir uns selbst stellen müssen. Es ist richtig, die Landesregierung aufzufordern, Herr Kollege, in dieser Hinsicht mehr zu tun und dafür zu sorgen, dass Sachsen-Anhalts Bürgerinnen und Bürger auch mit den Landesbehörden verschlüsselt kommunizieren können. Wir müssen aber auch sicherstellen, dass die Abgeordneten, deren Büros und das Parlament selbst verschlüsselt erreicht werden können.

Ich halte den Antrag der Fraktion DIE LINKE für uneingeschränkt zustimmungsfähig. Die von der 87. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder verabschiedete Entschließung zur Gewährleistung der Menschenrechte bei der elektronischen Kommunikation sollte nicht nur begrüßt werden, sondern muss vollumfänglich umgesetzt werden.

Dieses Parlament sollte sich auch dazu bekennen, die Möglichkeit einer sicheren Kommunikation mit Behörden tatsächlich zu schaffen. Es geht nicht nur um mehr Prüfaufträge, Herr Minister; es geht darum, dass das Land Sachsen-Anhalt endlich eine entsprechende Infrastruktur schafft. Die Voraussetzungen dafür sind da. Wir müssen das aber auch tun. Wir wissen eigentlich, was wir brauchen; wir müssen es nur tatsächlich umsetzen. Ich finde,

es ist der richtige Weg, das gemeinsam mit anderen zu tun. Aber wir müssen es angehen und bitte nicht nur prüfen.

Es ist richtig, eine Ablösung des De-Mail-Gesetzes auf der Bundesebene anzugehen. Eine De-Mail ohne wirksame Ende-zu-Ende-Verschlüsselung

braucht kein Mensch. Die bislang vorgesehene Entschlüsselung beim Anbieter sorgt dafür, dass niemand davon ausgehen kann, dass seine Kommunikation tatsächlich ungelesen bleibt. Das muss verhindert werden. Insofern stützen wir auch hier die Forderungen der Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE, das De-Mail-Gesetz vollständig abzulösen.

Ich möchte Sie deshalb bitten, dem Ursprungsantrag zuzustimmen. Der von den Fraktionen der CDU und der SPD vorgelegte Änderungsantrag verwässert nach unserer Meinung zu sehr. Er geht zwar in die richtige Richtung, greift angesichts der Dimension von Überwachung, der wir uns derzeit ausgesetzt sehen, aber zu kurz. Meine Damen und Herren, wir müssen mehr für die digitale Selbstverteidigung tun. Wir, die Parlamentarier, müssen dabei vorangehen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Striegel. - Der Agrotechniker in mir und wir alle begrüßen ganz herzlich Damen und Herren der Fachschule für Agrarwirtschaft in Haldensleben.

(Beifall im ganzen Hause)

Als nächsten Redner begrüßen wir Herrn Graner. Er spricht für die SPD-Fraktion. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe eben auf die Schnelle nachgeschaut, wie die Legislative Assembly of Alberta die Verschlüsselung der E-Mail-Kommunikation handhabt. Ich musste feststellen, dass man mit den - ich hoffe, die heißen dort auch so - Abgeordneten dort unverschlüsselt Kontakt aufnehmen kann. Wir müssen zumindest nicht die Sorge haben, dass wir in Sachsen-Anhalt in dieser Hinsicht weit hinter dem globalen Durchschnitt zurückliegen. Es gibt auch anderswo noch die Kommunikation ohne Verschlüsselung.