Jens Bullerjahn
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Last Statements
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst darauf hinweisen - weil das in der Sache wichtig ist -, dass mich das Studentenwerk Halle durch Offenbarungsbefugnis nach § 30 Abs. 4 Nr. 3 der Abgabenordnung schriftlich von der Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses entbunden hat. Insofern ist es überhaupt möglich, auf die Kleine Anfrage konkret zu antworten.
Zur Vorbemerkung des Fragestellers noch folgende Hinweise: Beim Studentenwerk Halle findet derzeit eine Betriebsprüfung statt. Im Rahmen der Prüfung wurde dem Studentenwerk im Oktober 2015 mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, für die Versorgung der Bediensteten und Gäste mit Speisen und Getränken ab dem Veranlagungszeitraum 2013 einen Umsatzsteuersatz von 19 % statt bisher 7 % anzusetzen. Die Betriebsprüfung ist noch nicht abgeschlossen. Eine Vorgabe des Finanzamts, wonach das Studentenwerk die Preise anheben muss, existiert nicht. Der Steuerleitfaden des Deutschen Studentenwerks entfaltet im Übrigen keine Bindungswirkung für die Finanzverwaltung.
Zu Frage 1: Die Grundlage für die besagte Mitteilung, künftig anders zu besteuern, sind ein Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2005 sowie die bisher daraus resultierenden Abstimmungen zwischen den obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern.
Kern der bisher beschlossenen Rechtsauffassung ist, dass bereits eine unterschiedliche Preisgestaltung für eine Trennung der wirtschaftlichen Tätigkeiten ausreicht, weil die Leistungen nicht unter gleichen Bedingungen gegenüber hilfebedürftigen und nicht hilfebedürftigen Personen erbracht werden. Deshalb wird der Mensabetrieb des Studentenwerks nicht als einheitlicher Zweckbetrieb im Sinne des § 66 der Abgabenordnung betrachtet, sondern gliedert sich in mehrere wirtschaftliche Geschäftsbereiche. Erstens werden Studenten versorgt, zweitens Bedienstete und drittens Gäste.
Nur für die Versorgung der Studenten ist eine Zweckbetriebseigenschaft nach § 66 der Abgabenordnung gegeben. Die von Ihnen angesprochene Drittelgrenze wäre auch nur für diesen Teilbereich zu prüfen.
Für die Versorgung der Bediensteten und der Gäste kommt eine Behandlung als Zweckbetrieb dagegen nicht infrage.
Da der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % allein aufgrund der Zweckbetriebseigenschaft angewandt wird, müsste für die Essensabgabe an Bedienstete und Gäste der Regelsteuersatz von zurzeit 19 % erhoben werden.
Die Landesregierung teilt insoweit die vom Finanzamt vertretene Rechtsauffassung. Allerdings ist dabei wichtig, dass der Abstimmungsprozess zwischen Bund und Ländern zu dieser Thematik noch nicht zu Ende ist.
Zu Frage 2: Ich sage kurz und knapp zweimal ja. Die Regelung gilt auch in anderen Bundesländern und auch für andere gemeinnützige Organisationen, da die Rechtsauffassung bundeseinheitlich abgestimmt ist. Ich habe es bereits gesagt: Das seit Kurzem laufende Abstimmungsverfahren konkret zu Studentenwerken ist noch nicht beendet, sodass die abschließende Beurteilung durch die Betriebsprüfung noch zurückgestellt ist.
Ich kann schlecht über X oder Y woanders reden, auch was die Länder betrifft. Ich bin aber gern bereit, wenn Sie es mir schriftlich zusenden, dass ich Ihnen antworte. Sie wissen, das ist eine schwierige Materie. Wir haben schon ganze Ausschüsse mit Steuern und Finanzämtern, mit Auskünften und wie auch immer beschäftigt. Ich bitte Sie aus einem gewissen Erfahrungsschatz heraus. Ich werde jetzt nicht weiter die Dinge sagen, die
mir diejenigen aufgeschrieben haben, die genau darauf achten, was ich hier sage. Ich bin aber gern bereit, das prüfen zu lassen und Ihnen dann auch zuzuschicken.
Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Deswegen bitte ich um Verständnis, dass ich hier nicht auf eine Frage eingehe, die im Moment nicht im Raum steht.
Allein schon der Hinweis, verstehen Sie, dass dies oder jenes kommen könnte, könnte mir so ausgelegt werden, als ob ich mehr wisse oder als ob schon sozusagen eine bestimmte Absicht bestehe.
Lassen Sie die Prüfung zu Ende gehen. Dann wird man wie immer mit einem Ergebnis umgehen müssen in Kenntnis dessen, was daraus resultieren könnte.
Das betrifft ja auch Geschäftsleute und Privatleute, wenn so etwas gemacht wird.
Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass das Thema meiner letzten Rede die Essenausgabe sein wird.
Aber ich habe hier schon viel erlebt. Es ist wichtig und es ist ein Thema von Interesse. Ich weiß das aus vielen Briefen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch hierauf kann ich überhaupt nur antworten, weil mir das Studentenwerk eine Offenbarungsbefugnis erteilt hat und mich damit von der Wahrung des Steuergeheimnisses in diesem Fall schriftlich entbunden hat.
Zu Frage 1. Ich habe es bereits zu der zweiten Frage des Abgeordneten Lange gesagt; die Rechtsauffassung ist bundeseinheitlich abgestimmt. Eine Einschränkung auf bestimmte gemeinnützige Organisationen erfolgt nicht. Im Übrigen gebe ich zu bedenken, dass die Preiskalkulation unter Abwägung der Risiken einer Nachforderung der Umsatzsteuer allein den Studentenwerken obliegt.
Zu Frage 2. Die Landesregierung wird sich im Rahmen eines seit Kurzem laufenden Abstimmungsverfahrens auf der Bund-Länder-Ebene konkret zur Behandlung bei den Studentenwerken im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zumindest für eine Übergangsregelung einsetzen. Außerdem warten wir den Ausgang eines Revi
sionsverfahrens vor dem Bundesfinanzhof ab, bei dem es konkret um die einschlägige Thematik geht, also eine höchstrichterliche Entscheidung. Darauf haben wir zu achten.
Dann mache ich es wie viele. Ich habe aber nichts vorbereitet. Ich sage Ihnen einfach Dank. Sie hatten es nicht immer einfach mit mir, ich aber auch nicht mit Ihnen. Halten Sie mir den Haushalt in Ordnung. Was immer Sie auch tun, machen Sie es ohne neue Schulden. Schauen Sie ab und zu in die Mipla. Und gehen Sie nicht alle Wünsche auf einmal an, Herr Schröder und andere.
Ich sage Danke vor allem meiner Fraktion und meiner Partei, die es manchmal ganz besonders schwierig hatten. Denn wenn man in der Verantwortung steht und sich andere in die Büsche schlagen, steht man ganz alleine. Ich weiß, dass das für eine Fraktion, die den Finanzminister stellt, manchmal etwas schwerer ist als bei anderen.
Ich habe fast alle Funktionen durch. Ich habe fast eine ganze Generation hier gesessen. Ich freue mich jetzt, zu gehen. Es reicht dann auch. Ich bin dann mal weg. Ich wünsche Ihnen, dass Sie schön gesund und munter bleiben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute wird der Landtag entsprechend Artikel 97 der Landesverfassung über die Entlastung der Landesregierung für das Haushaltsjahr 2013 beschließen. Am 22. Dezember 2014 habe ich dem Plenum die Haushaltsrechnung für das Jahr 2013 vorgelegt und die Entlastung der Landesregierung beantragt.
Das Jahr 2013 ist uns allen aufgrund des Hochwassers und der damit verbundenen immensen Schäden noch besonders in Erinnerung. Im Jahr 2013 und in den Folgejahren waren enorme finanzielle Mittel erforderlich, um die mit dem Hochwasser im Zusammenhang stehenden Schäden zu beseitigen. Wir haben gemeinsam vereinbart, dass bis zum Jahr 2020 die Maßnahmen mit einem Volumen von mehr als 700 Millionen € zur Vorsorge und zur Beseitigung der Schäden abgeschlossen sein sollen.
Die Haushaltsrechnung für das Jahr 2013 weist ein ausgeglichenes Ergebnis aus. Wir konnten zum zweiten Mal in Folge Schulden tilgen. Das waren die 50 Millionen €. Neue Kredite waren nicht erforderlich. Ich sage das deswegen noch einmal, weil das nicht in allen Ländern normal ist und auch für den Haushalt des Landes Sachsen-Anhalt ab und zu noch Erwähnung finden sollte. Das sage ich insbesondere mit dem Blick nach vorn.
Wir sind auf dem richtigen Weg. Wir haben das auch mit dem Jahresabschluss 2014/2015 bewiesen. Ob dies anhand der vielen Ideen der letzten Tage, von denen ich gehört und gelesen habe - Lehrer, Weihnachtsgeld, FAG, Polizei etc. - und die ich nicht zu kommentieren habe, dann auch für den Jahresabschluss 2016 gilt, werde ich mit Spannung verfolgen. Ich hoffe, dass auch der Landtag der nächsten Wahlperiode trotz vieler Ideen nicht nachlässt. - Herr Leimbach, das, was Sie mit Ihrer Handbewegung andeuteten, würde ich derzeit nicht gänzlich vom Tisch wischen wollen. Diese Anmerkung sei mir an dieser Stelle gestattet.
Der Haushalt für das Jahr 2013 umfasst ein Gesamtvolumen von knapp 10 Milliarden €. Dass bei der Bewirtschaftung eines solchen finanziellen Volumens vereinzelt Entscheidungen getroffen werden, die im Nachhinein kritikwürdig sind, würde ich nie ausschließen. Es ist deswegen auch richtig, dass der Rechnungshof im Rechnungsprüfungsausschuss darauf hinweist, damit sich in Zukunft diese Fehler nicht wiederholen.
Die Feststellungen des Landesrechnungshofes zeigen, dass seitens der Landesregierung weitere Anstrengungen zur Optimierung des Haushalts und der Wirtschaftsführung erforderlich sind. Wir haben beim letzten Mal nicht umsonst über das Thema Fördermittel, IB, Landesverwaltungsamt bis kurz vor Toresschluss diskutiert und darüber nachgedacht, wie das in Zukunft noch besser laufen kann.
Gerade vor dem Hintergrund der Haushaltskonsolidierung und des angestrebten Schuldenabbaus werden die Wirtschaftlichkeit und die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns ein zentrales Thema bleiben. Wir sind damit wieder bei dem Thema „Qualitative Bewertung des Mitteleinsatzes“, das auch der Finanzausschuss in der letzten Sitzung sehr ausführlich aufgegriffen hat. Diese Aspekte müssen in Zukunft noch mehr Bedeutung haben, zumal der Umfang der zur Verfügung stehenden Mittel zurückgehen wird.
Der Ausschuss für Finanzen/Unterausschuss
Rechnungsprüfung hat die in den Jahresberichten für das Jahr 2014 aufgeführten Beanstandungen des Rechnungshofes eingehend erörtert. Dabei wurde zum Beispiel das Energiemanagement bei den Landesliegenschaften oder die Förderung des
Brand- und Katastrophenschutzes behandelt. In den Jahresberichten des Rechnungshofes sowie in der Beschlussempfehlung finden sich noch weitere interessante Themen. Diese wurden von der Berichterstatterin gerade angesprochen. Diese im Einzelnen vorzustellen, würde den zeitlichen Rahmen sprengen. Das ist auch nicht Aufgabe des Finanzministeriums. Es ist das Verfahren des Parlaments gewesen.
Die vorliegende Beschlussempfehlung sieht unter Punkt 1 vor, der Landesregierung für das Haushaltsjahr 2013 Entlastung zu erteilen. Als Finanzminister kann ich das nur begrüßen. Die Mehrzahl der in den Jahresberichten des Rechnungshofes aufgeführten Themen ist abschließend behandelt worden. Bei einem geringen Teil bestehen noch Berichtspflichten. Die Abarbeitung der Berichtspflichten wird die Landesregierung und den Unterausschuss Rechnungsprüfung noch einige Zeit beschäftigen. Ich bedanke mich für die konstruktiven Beratungen. Der Rechnungsprüfungsausschuss ist ja kein Ausschuss, den man nebenbei macht.
Das hat viel mehr mit Sacharbeit und Fleißarbeit zu tun, als mancher denkt. Insofern danke ich für die Ergebnisse und bitte um Entlastung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Folgerichtung und systemgerecht wird in dem Ihnen vorliegenden Änderungsgesetz zum kommunalen Finanzausgleich die in § 2 Abs. 2 FAG enthaltene Revisionsklausel umgesetzt. Unter Verrechnung der Mindereinnahmen bei Steuern und der Herabsetzung der Preissteigerungsrate von 1,9 % auf 1,4 % sind die kommunalen Zuweisungen insgesamt um rund 1,3 Millionen € für das Jahr 2016 zu senken.
Da die Revisionsklausel bereits seit dem Jahr 2013 Inhalt des Finanzausgleichgesetzes ist, kann der Ausgang nicht überraschen; denn er ist fernab aller Diskussion über die Auskömmlichkeit, glaube ich, mittlerweile nachvollziehbar.
Im Übrigen kommt der Gesetzentwurf der Forderung der kommunalen Spitzenverbände, den Kostenausgleich im Asylbereich künftig über das Aufnahmegesetz zu regeln, nach. Für das Jahr 2016 wurden sowohl Mittel aus der Auftragskostenpauschale in Höhe von 25 Millionen € als auch die in § 4a zusätzlich für Asyl eingestellten Mittel in Höhe von 23 Millionen € vollständig in das Aufnahmegesetz überführt.
Nebenbei sei angemerkt: Es gab seinerzeit Gründe, dass es umgekehrt war. Man sollte das Gesetz nicht nach Belieben ändern, je nachdem, wie man sich die größten Vorteile daraus errechnet. Insoweit sei mir diese Anmerkung an dieser Stelle gestattet. Ich hoffe, dass das Gesetz nunmehr längere Zeit Bestand hat.
Im Gesetzgebungsverfahren wurde sodann die Finanzausgleichsmasse der Jahre 2015/2016 um jeweils 25 Millionen € zur Stärkung der Finanzkraft erhöht. Die Regierungsfraktionen haben das inhaltlich ausgefüllt. Ich denke, damit ist den Kommunen geholfen. Unterstützung dazu fand sich im gesamten Parlament. Das zeigt, dass das Land SachsenAnhalt seiner Verantwortung gegenüber den Kommunen gerecht wird, ohne dass wir es dabei übertreiben; denn das Land hat bezüglich der Asylsuchenden und Flüchtlinge den größten Kostenblock bereitzustellen.
Diese Mittel - das sage ich sehr deutlich - sind nicht auf den Asylbereich beschränkt, sondern für alle kommunalen Aufgaben einsetzbar. Das war auch der politische Wille der Regierungsfraktionen. Die Verteilung erfolgt proportional nach den Schlüsselzuweisungen des Jahres 2015, sodass auch hierbei auch die Steuerstärke der Kommunen berücksichtigt wird.
Die Finanzausgleichsmasse beträgt für das Jahr 2015 rund 1,517 Milliarden € und für das Jahr 2016 rund 1,446 Milliarden €. Dazu kommen weitere Gelder wie die aus den Stark-Programmen. Insofern glaube ich schon, dass man sich im Konzert der Länder bei der Unterstützung der Kommunen sehen lassen kann.
Ich selbst habe in der mittelfristigen Finanzplanung, die in dieser Woche im Kabinett besprochen worden ist, gemeinsam mit dem Innenministerium und den Ressorts einige Vorschläge für Debatten bezüglich des kommunalen Bereichs in der nächsten Wahlperiode einmal monetär untersetzt. Die bekannten Themen wie Benchmark, Abschreibung und Ähnliches sind diesbezüglich dargestellt worden. Das kann man dann für zukünftige Diskussionen, wenn nötig, heranziehen.
Ganz kurz zum Aufnahmegesetz, das in der Zuständigkeit des Innenministeriums liegt. Der Text ist mit dem Ministerium abgestimmt, da er von dort vorgelegt wurde. Schwerpunkt des Gesetzentwur
fes ist die Neugestaltung der Finanzbeziehungen von Land und Kommunen bei der Flüchtlingsaufnahme. Die Kostenerstattung an die Landkreise und kreisfreien Städte für die Aufnahme von nicht dauerhaft aufenthaltsberechtigten Ausländerinnen und Ausländern wird auf der Grundlage einer Fallpauschale neu geregelt.
§ 2 Abs. 2 Satz 1 des Aufnahmegesetzes bildet die Grundlage für die zukünftige Kostenerstattung für die Aufnahme insbesondere von Asylsuchenden und Geduldeten im Wege einer Fallpauschale. Die Höhe der Pauschale beträgt vierteljährlich 2 150 € und somit jährlich 8 600 €. Diese soll per Verordnung des Ministeriums festgesetzt werden.
Die Gesundheitskosten sind grundsätzlich in der Fallpauschale enthalten. Um die Aufnahmekommunen aber nicht mit besonders kostenintensiven Gesundheitsausgaben zu belasten, werden Krankheitskosten, wenn sie sich je Person auf über 10 000 € jährlich belaufen, gesondert abgerechnet. Es handelt sich somit um zusätzliche Mittel für die Aufnahmekommunen.
Eine gesonderte Abrechnung erfolgt gemäß § 2 Abs. 3 auch für die in den Landkreisen und kreisfreien Städten entstehenden Kosten hinsichtlich der in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes untergebrachten Personen. Mit einem Betrag in Höhe von 8 600 € erhalten die Aufnahmekommunen des Landes eine im Bundesvergleich im oberen Bereich befindliche Kostenerstattung. Nur drei Bundesländer mit einem pauschalen Kostenerstattungssystem zahlen höhere Pauschalen, die aber im Gegensatz zur Regelung im Land SachsenAnhalt alle zeitlich befristet und insofern nur eingeschränkt vergleichbar sind. Auch der Bund erstattet den Ländern künftig für die Zeit der Unterbringung in den Erstaufnahmeeinrichtungen lediglich 670 € pro Monat, also 8 040 € im Jahr.
Ich war gestern im Stabilitätsrat des Bundes und der Länder. Dort war das Thema Aufnahmegesetze und Asylkostenerstattung. Das Erste, was Frau Schindler sagte, war auch eine Forderung der Finanzminister: Die Planbarkeit der Zuweisungen des Bundes an die Länder über das Jahr 2016 hinaus muss bald erfolgen; denn Sie werden es in unseren Betrachtungen zur mittelfristigen Finanzplanung sehen: Später sitzen wir allein auf den Kosten.
Da es aber den großen Wunsch gibt, dass die Kommunen kaum oder gar nicht belastet werden und der Bund sich vielleicht überhaupt nicht mehr engagiert, bleibt alles beim Landeshaushalt hängen. Ich befinde mich aber hier im Landtag und weder in einer Kommunalvertretung noch in einem Bundestagsausschuss. Deswegen bitte ich, dass wir diese Diskussion sachlich führen.
Zweitens habe ich bemerkt, dass wir im Parlament manchmal auch etwas verdrängen: Die Un
terschiedlichkeit der Kosten in den Ländern ist enorm. Das Land Sachsen-Anhalt leistet diesbezüglich einen großen Beitrag. Man kann sich andere Länder anschauen und sieht dann, wie diese ihre Verantwortlichkeiten wahrnehmen.
Man muss fairerweise auch zugestehen, dass die Kostenstruktur sehr unterschiedlich ist. Es gibt einige Länder, die haben Immobilien vom Bund, und es gibt Stadtstaaten, die investiv alles selbst stemmen müssen. Demzufolge ist es richtig, sich sachlich mit diesen Themen zu befassen und nicht nur Versprechungen für die Zukunft abzugeben, weil andere es erwarten.
Deswegen bin ich dankbar, wie das jetzt im Ausschuss geregelt wurde. Ich glaube schon, dass wir eine auskömmliche Kostenerstattung vorgeschlagen haben. Die Landesregierung nimmt aber - das sage ich als Finanzminister auch ganz klar - die seitens der Kommunen geäußerte Kritik an der Höhe der Fallpauschale ernst und hat daher bereits auf dem Asylgipfel am 20. Oktober 2015 eine Überprüfung der Kostenpauschale angekündigt. Die Regierungsfraktionen haben diesen Punkt aufgegriffen und den Regierungsentwurf im Zuge der parlamentarischen Beratungen an dieser Stelle ergänzt.
Um eine vollständige Erstattung der notwendigen Kosten der Aufnahmekommunen sicherzustellen, ist eine sogenannte Revisionsklausel, wie auch bei Bund und Ländern, eingefügt worden. Ich bin dankbar, dass es keine Spitzabrechnung wurde, sondern wir bei dem System der Pauschale geblieben sind; denn ich sage schon, dass auch darüber zu reden ist, warum es so unterschiedliche Kostenbestandteile bei Einzelnen gibt. Es kann nicht die Aufgabe des Landes sein, das alles klaglos hinzunehmen.
Demnach werden die Kosten auf der Grundlage einheitlicher Kriterien nach Anhörung der kommunalen Spitzenverbände durch das Innenministerium ermittelt. Die Pauschale ist auf dieser Grundlage jährlich bis zum 31. März zu überprüfen und neu festzusetzen.
Eine Differenz gegenüber dem Vorjahr wird im Folgejahr ausgeglichen. Ich füge hinzu - ich habe es im Ausschuss schon gesagt -: Sollten Kostenbetrachtungen ergeben, dass überbezahlt wurde, habe ich die Zusage der Regierungsfraktionen, dass das dann auch aus dem System herauszunehmen ist. Klammer auf: Ich bin schon 26 Jahre in diesem Parlament; das würde ich gern einmal erleben wollen.
Ich sage dies so offen, weil ich es auch im Ausschuss gesagt habe. Ich habe zudem angeboten, dass ich auch aus dem Ruhestand heraus dem Ausschuss anerkennende Unterstützung zukommen lassen würde. Also machen wir uns an dieser Stelle nichts vor.
Ich bin froh, wenn sachlich gerechnet wird und abgewartet wird, bis diese Rechnungen vorliegen. Wir haben auch zugesagt, dass das schnellstmöglich abgeschlossen werden soll, um die im Jahr 2015 entstandenen Aufwendungen der Aufnahmekommunen zu erfassen, auszuwerten und Neubewertungen vorzunehmen.
Noch kurze Erläuterungen zu einer weiteren Änderung, die sich im Zuge der parlamentarischen Beratungen ergeben hat. Ein intensiv diskutierter Punkt war die Frage, inwieweit für eine Aufnahmekommune, auf deren Gebiet sich eine Erstaufnahmeeinrichtung des Landes befindet, die Aufnahmequote reduziert wird.
Grundsätzlich erfolgt die Verteilung der Asylbewerber entsprechend der Einwohnerzahl der Landkreise und kreisfreien Städte. In einer Erstaufnahmeeinrichtung des Landes leben fortlaufend mehrere Hunderte oder sogar Tausende Asylbegehrende. Sie können bei der Beurteilung der Aufnahmepotenziale einer Kommune nicht unberücksichtigt gelassen werden. Eine vollständige Berücksichtigung, wie sie bisher für den Landkreis Harz erfolgt ist, kann allerdings nicht erfolgen, da dies zu einer starken Belastung anderer Kommunen führen würde.
Ich weiß, dass es eine intensive Debatte zu diesem Thema gibt in Bezug auf die Betroffenheit unterschiedlichen Gebietskörperschaften.
Das war auch gestern ein Thema zwischen den Ländern. Ich habe es schon mehrfach angedeutet und es ist gestern erstmals offen angesprochen worden: Es gibt Länder, die darauf achten, dass die Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel erfolgt. Die echten Kosten bei einigen Ländern bewegen sich aber exorbitant nach oben. Deswegen müssen wir an dieser Stelle aufpassen, dass wir nicht so tun, als ob alle Kostenbestandteile auf kommunaler Ebene anfallen, wir das alles zu 100 % bezahlen und es hinterher doppelt und dreifach denen erstatten müssen, die die Kosten wirklich haben.
Auch hierbei helfen immer ein offenes Wort und eine Klarheit in der Auseinandersetzung sowie eine Solidarität zwischen den Kommunen, dem Land und dem Bund. Es kann nicht sein, dass einige Kommunen letztlich unter dem Strich mehr haben, weil sie ihre Infrastrukturen damit ausbauen.
Ich sage das offen; denn es wurde auch gestern im Stabilitätsrat so besprochen. Diese Revisionsklausel wird nicht nur zwischen den Ebenen bestehen, sondern auch zwischen den Ländern.
Ich will das nächste Parlament bereits jetzt darauf einstimmen, dass es hierzu Diskussionen geben könnte, bei denen Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Berlin und andere Länder anführen, dass es große Unwuchten zwischen dem Soll und dem Ist gibt.
Das will ich heute nicht weiter thematisieren, aber es soll keiner sagen, er habe es nicht gewusst.
Insofern ist die jetzt vorgeschlagene Regelung in Bezug auf die Verteilung zwischen den Kreisen vernünftig. Hierzu fanden gute Beratungen statt. Danke auch für die zügigen Beratungen. Ich hoffe auf große Unterstützung hierfür.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte, weil ich es sehr kurz machen will, nicht unhöflich erscheinen. Ich lasse die Verfahrensfragen weg. Zwei kurze Bemerkungen, erstens bezogen auf die Kriterien. Wenn die Kriterien nun einmal so sind, also die Lebenshaltungskosten in einem bestimmten Zeitraum niedrig sind, schlagen sie sich bei der Berechnung von Entgelten nieder. Das ist auch in anderen Tarifgesprächen der Fall. Sie haben in all den Jahren gesehen, wenn ver.di oder andere oder auch wir verhandeln, dass das Auswirkungen auf die jeweiligen Ergebnisse hat. Wir haben uns an das System gehalten.
Was nicht funktioniert, ist, dass wir hier den Geist eines Urteils heraufbeschwören. Davon halte ich nicht viel. Ich halte mich an die Fakten. Das können wir, glaube ich, auch darstellen. Wenn andere meinen, dort müsste man mehr zahlen, müssen sie sich Mehrheiten suchen. Ich sage nur: So, wie man das hier hinstellt, 15 Millionen € - - Ich lese viel über Polizei, Asyl, FAG und Ähnliches. Ich bin vorsichtig und hoffe, dass der nächsten Landesregierung auch ein Finanzminister angehört, der darauf schaut, dass am Ende alles finanziert werden muss.
Die Richterinnen und Richter sind genauso in der Lage, vor Gericht zu klagen. Wir sind gehalten, das sachlich abzuwägen und auch umzusetzen. Wenn daraus ein weiterer Konflikt entsteht, müssen wir damit umgehen. Das ist übrigens eine der Folgen, dass jedes Land bei bestimmten Punkten für sich allein losmarschieren muss. Das ist nicht gut. Aber schauen Sie in die anderen Länder. In dem Bereich haben Sie fast überall ähnliche Diskussionen. In NRW war die letzte große Debatte, große Demos, wo am Ende auch das Gericht eingeschaltet wurde. Das gehört jetzt mittlerweile ganz normal dazu.
Zweiter Punkt, den ich ansprechen will, A-Besoldung. So lax würde ich das nicht machen, dass man sagt, man hätte vielleicht schon in der Vorausschau einfach einmal sagen müssen, wir machen das mit. Ich denke, es wird wichtig sein, über die Auslegung zu reden. Das kostet wahrscheinlich auch 20 Millionen € mehr. Wenn Sie einen Vorschlag haben, hätten Sie das sagen können. Ich halte es auch hierbei für vernünftig, sich dem sachlich zu nähern.
Auch hierbei wird man das Urteil abwarten müssen und dann schauen, wie das in der Systematik weitergeht. Deshalb wird es vielleicht dazu kommen, dass wir noch innerhalb dieser Wahlperiode reagieren. Wir gehen fest davon aus, dass das Urteil noch im ersten Quartal gesprochen wird. Wir schauen dann nach, auch danach, wie schnell wir reagieren müssen. Es kann sein, dass es uns noch betrifft oder eine der ersten Aufgaben der nächsten Wahlperiode sein wird.
Insofern kann ich es kurz machen, weil Sie alles andere schon gesagt haben. - Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Stadt Oberharz am Brocken hat seit ihrer Gründung mit finanzieller Unterstützung des Landes deutliche Fortschritte bei der Haushaltskonsolidierung gemacht. Dennoch konnte bislang die dauerhafte Leistungsfähigkeit noch nicht vollständig er
reicht werden. Sie wissen, ich war selbst vor Ort. Viele Abgeordnete dieses Parlaments haben sich ebenfalls eingebracht und diesen Prozess begleitet.
Die zur Verfügung gestellte Unterstützung aus dem Stark-II-Programm kann die Haushaltssituation erst langfristig verbessern. Das ist nicht nur im Oberharz so, sondern bei vielen Gemeinden. Insbesondere in den Jahren 2019 und 2020 wird man das spüren.
Dem Ministerium der Finanzen stehen nach der Genehmigung durch den Finanzausschuss des Landtags Mittel zur Verfügung, um die Konsolidierung durch die Erstattung von Gutachterkosten zu unterstützen. Im Einzelplan 13 sind bei Kapitel 13 12 Titel 633 14 für die Erstattung von Beratungsleistungen im Zusammenhang mit Stark II Mittel in Höhe von 250 000 € veranschlagt worden. Der Stadt wurde daher antragsgemäß die Finanzierung eines Gutachtens zur interkommunalen Zusammenarbeit zugesagt.
Voraussetzung für die Finanzierung eines solchen Gutachtens aus Landesmitteln ist, dass ein eigener Beitrag zur Haushaltskonsolidierung geleistet wird - und auch durchgehalten wird für die Jahre danach - und sich Synergieeffekte für die Konsolidierung anderer Kommunen ergeben. Das heißt, dass wir daraus auch bestimmte Schritte für andere Kommunen ableiten können.
Dabei werden an den Gutachter besondere Anforderungen gestellt wie zum Beispiel die Realisierungsbegleitung. Das ist sehr wichtig. Es geht also nicht nur darum, ein Gutachten vorzulegen. Ich habe das in Eisleben ja selber mitgemacht. Das Schwierige ist es, Beschlüsse zu fassen oder auch erst einmal die Diskussionen in Stadtratssitzungen und Bürgerversammlungen auszuhalten. Hinzu kommt die Erarbeitung von Konzepten und von Entwürfen für eine Zweckvereinbarung. Es geht also auch um die praktische Umsetzung dessen, was im Gutachten als Schritt bzw. Absichtserklärung dargestellt wird.
Anschließend sollen die Ergebnisse des Gutachtens einschließlich der sich ergebenden Synergien sowohl dem Stadtrat der antragstellenden Stadt als auch der Vertretung des möglichen Vertragspartners als Kontrollgremium vorgestellt werden. Wenn mehrere solcher Gutachten vorliegen, sollte dies meiner Meinung nach auch im Parlament ausgewertet werden, weil wir auch versuchen, Gemeinden unterschiedlicher Größe mit derartigen Gutachten zu begleiten.
Außerdem wird insbesondere von den Kommunalaufsichten erwartet - das war ganz besonders wichtig, Sie waren selbst bei einem Gespräch dabei -, dass bei der Erarbeitung der Fragestellung für das Gutachten sowie bei der Vergabe - diese führt nicht das Land durch, sondern das geschieht
vor Ort - und auch bei der Begleitung des Gutachtens der Landkreis als Kommunalaufsicht intensiv einbezogen wird. Insofern geht es darum, am Ende die Konsolidierungsvorschläge gemeinsam mit der Kommunalaufsicht und den Kommunen, speziell im Umfeld der Stadt Oberharz, umzusetzen. Ich denke, das ist insoweit nachvollziehbar und ist eine vernünftige Hilfe des Landes als Begleitung der Konsolidierungsschritte.
Es gibt ähnliche Gutachten in Wittenberg und in Eisleben.
Nun zu Ihrer ersten Frage. Es gibt kurzfristige, mittelfristige und langfristige Maßnahmen. In Eisleben wurde beispielsweise vorgeschlagen, bestimmte Netze der Infrastruktur an Abwasserzweckverbände übertragen und Ähnliches. Das hatte auch etwas mit dem Versammlungsrecht zu tun. Es gab dann sofortige Umstellungen im Haushalt, sodass bestimmte Einstellungskorridore heruntergefahren worden sind. Es gab auch langfristige Maßnahmen, bei denen die interkommunale Zusammenarbeit in gemeinsamen Überlegungen zu Strukturen mündete. Das war bei Bauhöfen und Ähnlichem der Fall. Das muss dann durch den Gutachter speziell für die Situation der Gemeinde betrachtet werden.
Einiges ist Grundsätzliches. Es gibt solche Tools - ich kann Ihnen das gerne einmal zeigen -: Die Gutachter gehen dann speziell von den Haushalten, von den Liquiditätsproblemen, von den eigenen Planungen der Gemeinde aus. Einige Gemeinden haben die Bevölkerungsrückgänge nicht in ihre mittelfristigen Finanzplanungen eingearbeitet. Die erste Maßnahme war, sich da ehrlich zu machen; das ist auch ein guter Beginn.
Im Oberharz - ich kenne die Situation ganz gut - ist ja die Frage - das sage ich ganz offen; einige aus dem Innenausschuss kennen das -: Wie ist es überhaupt möglich, dort dauerhaft bestimmte Strukturen zu schaffen? Das ist aber nicht mehr mein Thema. Dort wird der Gutachter überlegen müssen, inwieweit was mit welchen Maßnahmen getan werden kann. Es ist wichtig, dem Gutachter zuzuhören. Die politischen Entscheidungen werden in den Gremien getroffen; das ist auch ganz klar.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, was an der Bewertung durch den Ausschussvorsitzenden anders war als in den Jahren zuvor. Insofern habe ich den ersten Satz, dass das jetzt alles ganz anders werden soll, nicht ganz verstanden.
Ich danke Ihnen dafür, dass Sie die wesentlichen, zentralen Punkte und die größeren und kleineren Diskussionen angesprochen haben. Ich danke Ihnen, Herr Vorsitzender, an dieser Stelle ganz persönlich, und auch den Kolleginnen und Kollegen des Finanzausschusses und in diesem Fall auch zusätzlich denen des Innenausschusses. Denn die beiden Ausschüsse haben vieles gemeinsam gemacht. Dank auch an die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dabei geholfen haben, die nicht einfachen Beratungen zügig abzuschließen.
Politik ist, so heißt es, die Kunst des Machbaren bzw. des Möglichen. Das ist ein alter BismarckSpruch. Wenn ich diesen Spruch bringe, muss das schon seine Gründe haben. Warum sage ich das? - Ich habe in den vergangenen Tagen den Eindruck gewonnen, dass in der deutschen Politik - weniger bei den Bürgerinnen und Bürgern - nur noch grundsätzlich diskutiert wird.
Es geht bei dem Thema Flüchtlinge leider viel zu oft um Ängste, um schnelle Lösungen oder um möglicherweise einfache Antworten. Es heißt: Wir schaffen das! Die Grenzen müssen vielleicht geschlossen werden! Wir brauchen schnelle Entscheidungen! Abschiebungen! Die Probleme werden wir schon irgendwie lösen! - Aussagen innerhalb dieses Spannungsfeldes können wir jeden Tag zuhauf lesen. Weiter heißt es: Wir brauchen unbedingt Obergrenzen! Das alles hält keiner mehr aus!
Das liest man. Man kann auch die Gründe dahinter verstehen. Solche Überschriften lösen aber keine aktuellen, praktischen Probleme, sondern führen zu zusätzlichen Emotionen, die ohnehin bereits zuhauf vorhanden sind.
Für mich und für viele andere sicherlich auch geht es jetzt nicht vorrangig um politische Debatten, sondern schlicht darum, Menschen zu helfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war zu Beginn dieser Woche wie viele meiner Kollegen erneut in der ZASt Halberstadt. Dort habe ich mir die Versorgung, Betreuung und Unterbringung der Flüchtlinge mit eigenen Augen wiederholt angesehen. Die Bedingungen sind auch angesichts der Witterung nicht einfach. Es gibt durchaus Verständnis bei den Flüchtlingen und den Helfern, die übrigens
Hervorragendes leisten, trotz aller Diskussionen außerhalb.
Auch die Bauarbeiter, die gerade die Häuser in der ZASt Halberstadt aufbauen und ebenfalls gegen den Winter ankämpfen, leisten Hervorragendes. Ich sage auch Dank den Kollegen des BLSA, die all das im Hintergrund organisieren und die Aufträge aussprechen. Ich hoffe, dass in einigen Jahren die politische Kraft vorhanden ist, die jetzigen Entscheidungen im Nachhinein zu verantworten.
Nach dem Besuch in der ZASt in Halberstadt war mir völlig klar: Bis Ende nächster Woche - das ist für uns in der Landesregierung und, so denke ich, auch im Landtag das Wichtigste - dürfen die Flüchtlinge nicht mehr in den Zelten wohnen. Sie brauchen ein festes Dach über dem Kopf.
Neu ankommende Flüchtlinge brauchen sofort eine feste und ordentliche Unterkunft mit entsprechender Betreuung. Dies ist für mich die Aufgabe, die gerade ansteht. Auf dieses anspruchsvolle Ziel - ich hoffe, dass wir es erreichen, und werde alles dafür tun - müssen die Landesregierung und der Landtag die Kraft konzentrieren. Darin bin ich mir mit Innenminister Holger Stahlknecht einig, dem ich an dieser Stelle ausdrücklich Dank sage für die zielorientierte Zusammenarbeit in den vergangenen Wochen.
- Sie können auch lauter klatschen. - Dass es manchmal auch rumpelt, ist klar; deswegen muss man aber nicht gleich alles auf die Goldwaage legen. Wir werden weiterhin gemeinsam an den Lösungen arbeiten.
Bloße Schwarz-Weiß-Diskussionen erlebe ich bei dem Thema Asyl und Geld, auch unter uns Kolleginnen und Kollegen. Hierzu heißt es: Wir mussten und müssen permanent sparen, aber die Flüchtlinge bekommen jetzt alles! Es wird Zeit, den Kommunen endlich mehr Geld, auch für das Personal, zur Verfügung zu stellen, unabhängig von dem Thema Asyl. - Einige hier nicken sogar heimlich.
Oder ganz prominent: Die Bundeskanzlerin - das hat mich doch etwas überrascht - hat eine Steuererhöhung im Zusammenhang mit den Kosten für die Flüchtlinge ausgeschlossen. - Das kann niemand derzeit seriös ausschließen. Solche Ankündigungen hat es schon einmal zur Wiedervereinigung gegeben. Das hat damals zu vielen Diskussionen geführt und die Suche nach Lösungen belastet.
Über eines sind wir uns sicherlich einig: Die aktuelle Flüchtlingssituation ist die größte Herausforderung für Deutschland und damit auch für SachsenAnhalt seit der Wiedervereinigung.
- Ich bin ja noch nicht fertig mit meiner Rede. - Es geht jetzt schlicht um die Hilfe, das habe ich schon gesagt. Grundsatzdebatten allein lösen keine Probleme. An dieser Stelle möchte ich trotz der Kritik an der Landesregierung, auch in den letzten Tagen, den Bürgerinnen und Bürgern, den Polizisten, den Betreuern und den Kommunalpolitikern und vor allen Dingen den Verbänden danken, die tagtäglich unabhängig von unserer Diskussion Hilfe leisten.
Sie stehen genauso vor den Zahlen wie wir und staunen. Daher kommt natürlich auch die Unsicherheit. Erinnern wir uns doch einmal: Im Frühjahr dieses Jahres ist prognostiziert worden, dass Sachsen-Anhalt mit 8 000 bis 12 000 Flüchtlingen rechnen muss, also mit weit mehr als in den letzten Jahren. Kurze Zeit später waren es 18 000, dann 20 000, dann 25 000 und dann 30 000 - nun werden 40 000 Flüchtlinge erwartet. Dass einem bei diesen Zahlen schwummrig wird, dass Ängste entstehen, ist völlig klar. Trotzdem muss man damit umgehen.
Genau deshalb dürfen wir die Debatte über die Flüchtlingssituation nicht durch zusätzliche Emotionen belasten, indem wir sagen, dies sei alles nicht mehr zu schultern. Die Politik hat eine andere Aufgabe - so verstehe ich es jedenfalls -, als die Diskussionen durch Zuspitzung noch zu verschärfen. Der Kanzlerin und auch anderen Parteivorsitzenden ist das in den letzten Tagen zuhauf passiert.
Ich sage ganz bewusst: Sachsen-Anhalt hat in den letzten 25 Jahren 1 Million Einwohner verloren. Dies ist ein Drittel der ehemaligen Bevölkerung. Sicherlich stellt uns und vor allem die Leute vor Ort die Aufnahme von 25 000 oder 30 000 Flüchtlingen in diesem Jahr vor anspruchsvolle Aufgaben. Aber aus meiner Sicht sind das bei allen Schwierigkeiten und Ängsten lösbare Aufgaben, gerade wenn man sich das Verhältnis dieser Zahlen ansieht.
Ich akzeptiere auch, wenn jemand eine andere Meinung hat; aber ich stehe hier, um die meine zu sagen. Deswegen sollte jeder von uns bei öffentlichen Debatten den Spannungsbogen zwischen Unsicherheiten, offenen Fragen der Bevölkerung und den notwendigen seriösen Lösungsansätzen der Politik beachten. Mit Äußerungen, wie „unserer
Aufnahmekapazitäten sind erreicht bzw. überschritten“, wird dies nicht funktionieren.
Die Kanzlerin hat wiederholt darauf hingewiesen, dass es keinen Sinn mache, über Obergrenzen zu reden; es liege nicht in ihrer Macht, wie viele zu uns kämen; dies müsse global gelöst werden. Sie fragt zu Recht: Wie viele Flüchtlinge verträgt Deutschland? - 800 000, 1 Million, 2 Millionen? Wie regeln wir Begrenzungen? Man darf keine falschen Versprechungen machen.
Dazu sage ich als kleiner Landesfinanzminister: Solange es auf solche Fragen keine vernünftigen Antworten gibt, sollten wir uns in Sachsen-Anhalt auf das Lösen unserer Probleme konzentrieren, gerade in Wahlkampfzeiten.
Niemand sagt, dass es einfach sei. Wir wissen, dass es Ängste gibt. Ich brauche mich nur in meinem Umfeld umzuschauen. Es geht um soziale Konkurrenz durch Billiglöhne, um Arbeitsplätze, um Wohnungsfragen, um Kita-Plätze, um Unterrichtsversorgung und vieles mehr. Und das geht durch alle intellektuellen Schichten. Ich denke, das können wir alle auch aus unserem Umfeld bestätigen.
Wir wissen, dass es Ängste gibt, dass Terrorismus, Kriege oder Krisen mit den Flüchtlingen zu uns gelangen. Ich kenne auch die Kritik: Bisher mussten wir alle sparen und jetzt ist auf einmal für alles Geld da!
Ich weiß auch, dass der heute vorgelegte Nachtragshaushalt möglicherweise nicht auskömmlich ist. Wir haben uns im Kabinett nach der Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin, wie andere Länder auch, darauf geeinigt, die Zahlen, die vom Bund genannt worden sind, nämlich 800 000 prognostizierte Flüchtlinge, als Grundlage zu nehmen. Dies würde bedeuten, dass Sachsen-Anhalt 23 000 Flüchtlinge aufnimmt. Darauf fußen die Berechnungen des Nachtragshaushaltes. Kaum war die Konferenz vorbei, haben selbst Teilnehmer aus der Runde zwei Tage später diese Zahl schon wieder hinterfragt.
Es kann jedoch nicht unsere Aufgabe sein, alle drei Tage einen neuen Haushaltsplan vorzulegen. Insofern brauche ich von außen jetzt nicht die Diskussion, ob das richtig ist, was wir hier beschließen. Dies wussten auch alle im Finanzausschuss.
Was passiert denn, wenn wirklich 1 Million Flüchtlinge kommen? Ich kann es nicht genau sagen. Ich kann auch nicht sagen, ob es mehr oder weniger Flüchtlinge werden. Trotzdem müssen wir heute über den Haushalt beschließen.
In diesem Zusammenhang lautet meine klare Botschaft an die Bürgerinnen und Bürger SachsenAnhalts: Ja, die Unterbringung und Betreuung kostet viel Geld. Wir können jedoch die Herausforderung meistern, ohne dass zumindest jetzt wegen der Flüchtlinge auch nur eine Straße weniger gebaut, ohne dass derzeit auch nur ein Cent weniger für die Wirtschaftsförderung, für die Kommunen, für soziale Leistungen, für Bildung oder Kultur ausgegeben wird. Und wir werden auch weiterhin unsere Schulden tilgen.
Ob das in den nächsten Jahren so bleibt - diese Prognose wage ich nicht. Aber ich werde hier und heute auch nicht darüber orakeln. Wenn diese Zahlen wirklich weiter steigen, dann werden wir natürlich mehr Geld bereitstellen müssen, zu allererst für die Kommunen. Das haben wir auch mehrfach bestätigt.
Warum gelingt uns die Finanzierung? - Sie gelingt, weil wir in Deutschland, allen voran der Bund, ein solides Wirtschaftswachstum mit sinkender Arbeitslosigkeit und steigenden Steuereinnahmen haben. Darum beneiden uns übrigens die ganzen anderen Länder Europas. Es gelingt auch, weil wir bei der Sanierung der öffentlichen Haushalte in Deutschland, aber auch in Sachsen-Anhalt, viel erreicht haben. Dies dürfen wir nicht in der Diskussion zerreden.
Wir müssen bei der Bewältigung der Flüchtlingssituation drei wesentliche Aufgaben meistern. Darauf haben, glaube ich, in den letzten Jahren schon ganz viele hingewiesen. Ich möchte das mit praktischen Schritten für Sachsen-Anhalt unterlegen.
Erstens die Aufnahme und humanitäre Unterbringung der Flüchtlinge. Alle Asylsuchenden werden bis zum Winter ein festes Dach über dem Kopf haben, und dies in anständigen Unterkünften bei sachgerechter Betreuung. Bisher haben wir rund 150 landeseigene Liegenschaften geprüft. Es gibt aber wegen der sich stetig verändernden Zahlen immer wieder etwas zu tun. Manche Angebote oder bisherigen Diskussionen enden, indem sich bestimmte Partner dann aus den Verhandlungen zurückziehen. Manche Verhandlung kann von uns auch nicht weitergeführt werden wegen überzogener Forderungen.
Aktuell gilt - das ist innerhalb der Landesregierung abgestimmt - für die nächsten Jahre die Rechnung: Wir brauchen 10 000 Betten plus x in der Erstaufnahme, wobei x die sich verändernde Reserve darstellt. Darunter sind die vier ZASt-Standorte Halberstadt, Halle-Trotha, Magdeburg und Stendal sowie sämtliche Interimslösungen. Holger Stahlknecht und ich sind uns darin einig: Sollten die Zahlen wieder zurückgehen - wann auch im-
mer - wird zuerst Magdeburg aufgrund seiner Baustruktur weniger belegt.
Was mehr als 10 000 Betten an tatsächlichen Asylbewerbern pro Jahr bedeuten, die die Bettenzahl vorgeben - die Entwicklung der Zahl der Asylsuchenden gibt diese Zahl vor und nicht der Beschluss im Kabinett -, das kann sich jetzt jeder selbst beantworten. Deswegen müssen wir auch, weil es keine kurzfristige Entwicklung ist, über mehrjährige Verträge reden, so schwer das auch ist. Auf mehr will ich heute in dieser Diskussion nicht eingehen.
Ich bleibe beim Haushalt. Erlauben Sie mir an dieser Stelle, Ihnen den wirklich aktuellsten Stand unseres Unterbringungskonzeptes für das kommende halbe Jahr, abgestimmt mit dem Innenminister, darzustellen. Die Zeltunterkünfte in Halberstadt werden bis Ende Oktober 2015 aufgegeben. Ich hoffe, ich rede mich hier nicht um Kopf und Kragen; wir werden die nächsten Tage nutzen.
In Halberstadt und Quedlinburg werden bis Anfang November 2015 zusätzlich zu den schon vorhandenen Bestandsgebäuden weitere insgesamt
1 190 Plätze nutzbar sein. Bis zum Jahresende stehen in Magdeburg an der Breitscheidstraße Unterkünfte für 300 Personen bereit. Als Interimslösung werden bis Mitte November 2015 insgesamt 1 500 Plätze in Halberstadt, Genthin und Bernburg verfügbar sein.
Weitere 500 Plätze können ab dem 1. Dezember 2015 in einer weiteren Liegenschaft in Magdeburg belegt werden. Im Februar 2016 werden 250 Plätze in Merseburg auf dem Gelände der Fachhochschule fertiggestellt. Im ersten Quartal 2016 werden in der Breitscheidstraße in Magdeburg weitere 1 000 Plätze fertiggestellt.
Zur Jahresmitte geht der erste Bauabschnitt der Landesaufnahmeeinrichtung in Halle-Trotha mit 1 000 Plätzen in Betrieb, sofern das Kabinett am nächsten Dienstag dem gemeinsamen Vorschlag von MI und MF zustimmt. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung liegt vor.
Ab Sommer 2016 kann der erste Bauabschnitt der Landesaufnahmeeinrichtung in Stendal mit
500 Plätzen schrittweise bezogen werden, sofern letzte Abstimmungen mit dem Bund erledigt sind. Im Herbst 2016 stehen in Halle-Trotha weitere 1 000 Plätze und in Stendal zusätzliche 500 Plätze zur Verfügung.
Heute Nachmittag werde ich mit dem Innenminister abschließend das aktuelle und derzeit gültige Unterbringungskonzept mit Blick auf die neuen Zahlen abstimmen.
Nur kurz zur Erinnerung, weil manchmal so getan wird, als wenn das alles so nebenbei geht. Im Sommer hieß es noch, dass gut 4 000 Plätze ausreichen würden. Das bitte ich diejenigen zu be-
rücksichtigen, die mich tagelang ständig mit gutgemeinten Ratschlägen begleiten, aber ohne einen Vorschlag zu machen, wie an anderer Stelle vielleicht weitere Kapazitäten entstehen könnten.
Über die aktuellen Entwicklungen und Beschlüsse werde ich den Landtag, speziell den Finanz- und den Innenausschuss, gemeinsam mit dem Innenminister regelmäßig informieren. Denn eines ist richtig: Dieses Recht hat der Landtag und die kritische Begleitung ist auch Aufgabe der Ausschüsse.
Zweitens. Gerade weil die Flüchtlingszahlen so nach oben schnellen, muss zügig geklärt werden, wer bleiben darf. Wo es kein Bleiberecht gibt, muss die schnelle Rückführung in das Heimatland folgen. Darin sind sich alle in der Landesregierung einig.
Deswegen unterstützen wir auch im Bundesrat am Freitag die Entscheidung, dass dort, wo die Abschiebungsentscheidung getroffen ist, die Leistungen eingestellt werden - so wie bei der Konferenz vereinbart. Wir diskutieren in der Landesregierung auch über das Thema „Geld- statt Sachleistungen“. Aber auch hier lohnt es sich, genauer hinzuschauen.
- Was habe ich gesagt?
- Na ja, Ihr passt auf. - Ich will nur sagen, manche haben jetzt schon einmal hingeschaut und haben festgestellt, dass Sachleistungen teurer sind, als wenn wir das Geld auszahlen.
Deswegen wird sich die Landesregierung das ganz genau überlegen. Es macht keinen Sinn, wenn wir noch zusätzliche Bauten brauchen und viele Leute, die das dann verwalten.
Generell gilt: Asylbewerber bleiben so lange in den Erstaufnahmeeinrichtungen, bis über ihren Antrag entschieden worden ist. In dieser Zeit übernehmen Bund und Land die Kosten. Das ist neu gegenüber irgendwelchen Hochrechnungen aus dem Jahr 2014. Das sollte man bei der Debatte um Hochrechnungen und um Kosten in den Kommunen auch beachten. Das ist übrigens bewusst so gemacht worden bei der Konferenz der MPs mit der Kanzlerin. Erst danach kommen die Asylsuchenden mit Bleiberecht in die Kommunen und können dort weiter integriert werden.
Wie viele das sein werden, die vielleicht überhaupt noch in Sachsen-Anhalt bleiben, das kann zurzeit niemand seriös sagen. Denn es ist eine Wahrheit,
dass viele dorthin ziehen, wo andere schon sind. Das sind vor allem Ballungszentren. Deshalb halte ich nichts davon, schon jetzt darüber zu streiten, ob die Pauschalen in ihrer Gesamtheit oder in ihrer Höhe in den Jahren 2016 und 2017 ausreichen werden, wie viele Plätze wir in den Schulen oder Kitas brauchen oder weitere offene Fragen.
Wir müssen darauf vorbereitet sein. Wir werden - ich sage das noch einmal - nachsteuern. Wir werden schauen, ob die Gesamtsumme der Pauschalen, die Höhe der Pauschalen dann auch ausreicht. Es geht nicht um die Spitzabrechnung, sondern um die Frage, ob die Kosten, die tatsächlich anfallen, in ihrer Höhe anders erstattet werden müssen. Ich bitte aber darum: Lasst uns doch erst einmal das Geld ausgeben. Warten wir erst einmal ab, was dann wirklich vorliegt. Das ist übrigens auch das abgestimmte Verfahren zwischen Bund und Ländern. Alle diese Aufgaben gehen wir gemeinsam mit dem Bund an, der Sachsen-Anhalt dafür in den kommenden zwei Jahren Mittel in Höhe von 170 Millionen € bereitstellt.
Drittens. Die zentrale Aufgabe ist die Integration der Flüchtlinge mit Bleiberecht. Ich denke, darin sind sich alle einig.
Daran wird in den Ministerien längst gearbeitet. Das Sozialministerium klärt zum Beispiel - gestern, glaube ich, stundenlang - mit Kommunalvertretern, wie man den Kommunen bei den sogenannten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingskindern helfen kann. Das Kultusministerium ist dabei, die Programme zum Spracherwerb weiter auszubauen. Die Integrationsbeauftragte arbeitet an Konzepten, wie das Zusammenleben noch besser funktionieren kann. Das Wirtschafts- und Hochschulministerium klärt mit Unternehmen und Hochschulen die Fragen zusätzlicher Arbeits- und Studienplätze.
Denn richtig ist: Wir müssen die Menschen dann so schnell wie möglich in die Lage versetzen, eine Arbeit aufzunehmen, ihren Unterhalt selbst zu bestreiten, ihre Kinder in die Schule oder in die Kita zu schicken. Hierbei muss das Land weiterhin eng mit Bund, Kommunen und Trägern zusammenarbeiten.
Ganz klar ist auch - ich denke, darüber müssen wir uns nicht streiten -: Die Verfahren müssen endlich professionalisiert und verkürzt werden. Das wäre die größte Entlastung.
Ja, ich denke, unstrittig ist auch: In Europa müssen endlich gerechte Lösungen für alle Mitgliedsstaaten gefunden werden. Deutschland kann das auf Dauer nicht allein stemmen.
Aber über diese zwei Punkte entscheiden nicht wir hier in Magdeburg.
Deshalb meine Bitte: Stecken wir die Energie hier vor allen Dingen ins Handeln. Die Integration von Flüchtlingen aus unterschiedlichen Ländern mit unterschiedlichen religiösen Hintergründen und zum Teil traumatischen Erfahrungen ist, wie schon erwähnt, nicht einfach. Dessen sind wir uns bewusst. Und ja, wir sollten zugeben: Damit haben wir hier in Sachsen-Anhalt wenig Erfahrung.
Aber für mich steht fest: Die zu uns kommenden Flüchtlinge sind gerade für Sachsen-Anhalt eine Chance. Deshalb sage ich als Finanzminister ganz bewusst: Wir sollten Asylsuchende auch in dieser Haushaltsdebatte nicht vornehmlich unter Kostenaspekten betrachten.
Die Bevölkerung nimmt sehr genau wahr, wie wir uns in der Politik dieses Themas annehmen. Es geht um eine gesellschaftliche Debatte, um Hilfe, auch um Ängste, aber auch genauso um Chancen und Investitionen. Und es geht auch um die Perspektiven von Sachsen-Anhalt bei diesem Thema.
Wir in Sachsen-Anhalt - das muss uns bewusst sein - brauchen wie kein anderes Land in Deutschland Zuwanderung, ob wir das nun wahrhaben wollen oder nicht. Wir müssen uns stärker als Einwanderungsland verstehen.
In diesem Zusammenhang versteht übrigens keiner im Westen - in den Diskussionen, an denen ich teilnehme -, warum gerade wir im Osten uns mit Flüchtlingen so schwertun. Denn jeder Hinweis, wir hätten doch bisher so wenige, kann und darf als Begründung nicht herhalten. In westdeutschen Regionen gibt es jetzt schon Ausländeranteile von 15 % und weit mehr. Diese Regionen müssen sich den aktuellen Debatten genauso stellen. Ich wünsche mir nicht, dass sich in den nächsten Monaten diese innerdeutsche Diskussion zuspitzt, dass die einen das Gefühl haben, sie müssten nur richtig auftreten und große Sprüche machen, während die anderen das Thema dann immer mehr allein handhaben müssen.
Ich sage Ihnen eines - weil wir hier unter uns sind -: Wenn wir irgendwann einmal über die Abrechnung reden, zum Beispiel der Verteilung der Wohnungsbaumittel, und man stellt dann fest, dass viele Zugewiesene doch woanders, etwa in den Ballungszentren, sind, werden wir die Debatte haben: Wer kriegt eigentlich das Geld? Deswegen gilt bei allem, was wir tun: Vorsicht!
Sachsen-Anhalt steht - das sollten wir uns bewusst machen - selbst bei positiven Wanderungssalden im Vergleich zu anderen neuen Ländern bei der Einwohnerentwicklung immer noch hintan. Nach einer Übersicht des Statistischen Bundesamtes hat die Bevölkerung Deutschlands im Jahr 2014 durch die hohe Zuwanderung um 430 000 Einwohner zugenommen.
Nun denken vielleicht alle, das ist ganz linear und gleich über die Länder, anteilig zu ihrer Bevölkerung. - In Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen war das so. In nur drei Ländern, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Saarland, nahm die Bevölkerung im Jahr 2014 trotzdem ab, und in Sachsen-Anhalt dabei am stärksten. Wir glauben, wir haben zu viel Zuwanderung?
Ihr könnt das doch kritisieren. Ich stehe hier und sage meine Meinung. Wenn ich morgen im Bundesrat in Berlin bin, sehe ich erstaunte Augen aus Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein
Westfalen oder aus Berlin, die sich jetzt Gedanken machen müssen, in dem neuen Flughafen in einem großen Hangar die Leute unterzubringen - und die größten Töne hören sie aus dem Osten. Dass die uns hinterfragen, das ist doch über alle Parteigrenzen hinweg nachvollziehbar.
Zwei Schlussfolgerungen ergeben sich für mich aus diesen Zahlen. Auch ostdeutsche Länder können mithilfe der Zuwanderung den Bevölkerungsverlust stoppen - den sie nicht aktiv herbeireden, der einfach da ist - und zum Teil sogar umkehren. Aber gerade die Länder, die negativ sind, müssen etwas dafür tun. Denn bestimmte Entwicklungen - starke Räume ziehen Menschen an, egal ob deutsch oder zugereist - werden nicht deswegen umgekehrt, nur weil wir es nach dem Königsteiner Schlüssel irgendwie aufteilen.
Ich denke, genau diese Diskussion ist Aufgabe für die nächste Wahlperiode. Darin bin ich mir ganz sicher. Der Prozess wird nicht haltmachen nach der Wahl im März 2016.
Für diese Frage müssen dann natürlich auch bald langfristige Strategien entwickelt werden - ich glaube, darin sind wir uns alle einig -, die in einem neuen Leitbild für die Entwicklung SachsenAnhalts 2020 münden müssen, unter dem Aspekt dessen, was uns jetzt durch die Flüchtlingswelle neu fordert. Dazu später mehr.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe bei der Einbringung des Nachtragshaushalts bereits darauf hingewiesen, dass wir aufgrund der stetig ansteigenden Flüchtlingszahlen finanziell nach-
steuern mussten und vielleicht weiter müssen. Ich bin dem Parlament dankbar, dass wir diese zweite Lesung um einen Monat verschoben haben. Wenn wir nicht aufpassen würden, können wir das jetzt jeden Monat so machen.
Deswegen bin ich bei mancher Debatte irritiert, wenn mir jemand erklärt: Jens, deine Zahlen stimmen nicht! - Ich bin der, der das am besten weiß. Übrigens wusste Schäuble als Erster, dass das alles nicht stimmt. Aber ich denke, wir waren uns einig, wir müssen irgendwann zum Ende kommen. Deswegen sind gewisse Planungen, gerade bei den Pauschalen, auf die 23 000 ausgerichtet, die schon heute nicht mehr richtig sind.
Wir haben einmal hochgerechnet: Was wäre, wenn wirklich 40 000 kämen? - Dann müssten wir unsere Ansätze inklusive der Pauschalen und allem anderen sicherlich noch einmal um zirka - geschätzt, bitte nicht festnageln! - 200 Millionen € pro Jahr hochschrauben. Das wäre natürlich eine Herausforderung für den Haushalt. Aber das sollten wir bitte dann diskutieren, wenn es stattfindet. Man kann dann nicht sagen: Mensch, Bullerjahn, hättest du einfach 200 Millionen € draufgelegt.
- Ja, deswegen. Das ist ja nicht allein unsere Aufgabe. Und weil es so komplex ist, wie André Schröder sagt, lohnt es nicht, sich dauernd damit zu beschäftigen: Was wäre wenn?
Deswegen: Wir können nicht abwarten und die Entwicklung nur zögerlich begleiten, weil sie vielleicht politisch schwierig ist. Wir müssen jetzt entscheiden. Wir müssen jetzt bauen. Die Kommunen brauchen jetzt und in den nächsten Wochen und Monaten Geld. Wir müssen jetzt das zusätzlich notwendige Personal, auf das alle warten, einstellen. Deswegen der Beschluss des Haushalts heute, und deswegen Dank an Sie, dass das möglich wurde.
Nun zu einigen Zahlen aus dem vorliegenden Nachtrag, was ich eigentlich komplett wegschmeißen könnte; ich mache es aber trotzdem. Wir geben im Jahr 2015 für die Flüchtlingshilfe 216 Millionen € aus. Im Jahr 2016 werden es 471 Millionen € sein. Das ist inklusive allem: Bau, Pauschalen und Ähnliches. Das ist der Bruttobetrag und steht sozusagen dem gegenüber, was wir noch bekommen.
Für die Bewältigung dieser Aufgaben sind mehr als 700 zusätzliche Stellen geplant, davon fast 400 unbefristet. Das sind Sprachlehrer, Polizistinnen und Polizisten sowie Mitarbeiter in den Erstaufnahmeeinrichtungen.
Insgesamt bedeutet dies: Im Jahr 2015 stellen wir mehr als 1 300 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Landesdienst ein - 1 300! Im Jahr 2006 waren es einmal 260. Im Jahr 2016 sind es dann nochmals mehr als 1 000.
Überhaupt - das ergeben jetzt auch die Hochrechnungen - werden in den kommenden Jahren stets mehr - Tendenz steigend - als 1 000 junge Leute in den Landesdienst übernommen werden.
Wer angesichts dieser Zahlen noch immer sagt, es würden viel zu wenige neu eingestellt, der ist etwas fern der Realität.
Die Kommunen erhalten nun über das FAG 2015/2016 dank der Forderungen der Regierungsfraktionen 50 Millionen € zusätzlich. Dazu kommen noch 10 Millionen € an Entflechtungsmitteln.
Da der Vorschlag gekonnterweise im FAG umgesetzt wird, bin ich mir ganz sicher, dass die 50 Millionen € auch in den nächsten Jahren im FAG bleiben werden. Darauf werden wir in der Mipla eingehen. Das führt faktisch dazu, dass der FAGBetrag in der Mipla mindestens fortgeschrieben wird und nicht mehr weiter absinkt. Ich will das heute aber nicht weiter ausführen.
Durch die sogenannten Fallpauschalen erhalten die Kommunen nach dem gegenwärtigen Stand in diesem Jahr 53 Millionen € und im nächsten Jahr 205 Millionen €. Ja, genau an dieser Stelle werden wir nachsteuern, wenn wir wissen, was die Kommunen wirklich ausgeben mussten.
An Erziehungshilfen für unbegleitete Flüchtlingskinder erhalten die Kommunen im Jahr 2015 weitere 3 Millionen € und im Jahr 2016 weitere 18 Millionen €.
Ganz kurz noch im Telegrammstil; was haben wir noch gemacht: Errichtung des Forschungscampus Stimulate in Magdeburg, Sanierung von Sportstätten, Neubau einer Förderschule in Magdeburg, Unterstützung der Moses-Mendelssohn-Akademie in Halberstadt, Ausfinanzierung von Musikerfestivals bis hin zu den Händel-Festspielen, mehr Geld für das Bauhaus-Jubiläum, finanzielle Absicherung des Ausbaus des landwirtschaftlichen Zentrums Iden in der Altmark.
- Schön. - Wenn wir heute über den Nachtrag entscheiden, dann steht Mitte November das Geld bereit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Bitte an die Kommunen von mir: Lasst uns im Gespräch bleiben, aber bitte sachlich. Nachgesteuert wird - ich habe es erwähnt und mache es noch fünfmal, auch wenn man es mir irgendwie nicht glaubt.
Übrigens möchte ich darauf verweisen: Wir gemeinsam als Landtag haben beim Doppelhaushalt
damals schon gesagt, wenn Geld gebraucht wird, dann legen wir es drauf. Deswegen glaube ich schon, dass auch die kommunale Ebene an dieser Stelle mehr Vertrauen in den Landtag und die Landesregierung haben kann.
Alle sind gefordert, ihren Anteil zu leisten. Ich gebe zu - das habe ich schon zweimal sagen müssen, beim Thema Hochwasser und beim Thema Finanzkrise -, wir fahren derzeit bei unserer Haushaltsplanung natürlich etwas auf Sicht. Schon deshalb kann es aus meiner Sicht für niemanden einen Blankoscheck geben.
Auch Grundsatzdebatten über das angeblich stets zu gering ausfallende FAG oder über die KiFöGKosten oder über Schulschließungen gehören aus meiner Sicht nicht in eine Debatte über Asylsuchende.
Ich werde im November die aktualisierte mittelfristige Finanzplanung vorlegen. Darin werde ich aufgrund neuester Zahlen und der Steuerschätzung natürlich auch auf das veränderte Personalkonzept und das FAG eingehen.
Erwähnt werden sollte, dass wir mit dem Nachtragshaushalt ganz nebenbei das Investitionsprogramm Stark V für finanzschwache Kommunen auf den Weg bringen. Es umfasst insgesamt 123 Millionen € an Investitionsmitteln. Der Bund stellt dafür 111 Millionen € bereit. Die erforderliche Kofinanzierung in Höhe von 10 % übernimmt das Land für die Kommunen.
Wir finanzieren die zusätzlichen Aufgaben, wie erwähnt, und werden auch an dem beschlossenen Tilgungsplan festhalten, was mir sehr wichtig ist. Wir werden unsere Schulden im Jahr 2015 um mindestens 75 Millionen € weiter abbauen und im Jahr 2016 um mindestens 100 Millionen €.
Insgesamt hat der Doppelhaushalt 2015/2016 inklusive Nachtrag ein Volumen von 22 Milliarden €. Das sind, für beide Jahre gerechnet, rund 570 Millionen € mehr als im bisherigen Doppelhaushalt. Ich bin mir sicher, vor zehn Jahren hätten wir unsere Probleme mit neuen Schulden gelöst.
Insofern sage ich Dank an das Parlament. Ich denke, es ist für uns alle richtig und wichtig, dass wir unsere Aufgaben und Ausgaben, die jetzt zusätzlich anfallen, auch selbst klären und nicht nachfolgenden Generationen zuschieben.
Wo kommt das Geld zur Finanzierung unseres Nachtrags her? - Um es auf den Punkt zu bringen: Finanziert werden die zusätzlichen Ausgaben durch höhere Steuereinnahmen, Ausgabenreste, die bereits erwähnte Hilfe des Bundes und einen begrenzten Eingriff in die Steuerschwankungsreserve.
Ich weiß, dass andere Länder angesichts der Flüchtlingswelle über ein Aussetzen der Tilgung oder sogar über neue Schulden nachdenken oder es schon umgesetzt haben. Neun Bundesländer und der Bund haben bereits Nachtragshaushalte verabschiedet oder bereiten diese vor. BadenWürttemberg hat sogar bereits den zweiten Nachtragshaushalt auf dem Tisch liegen.
Ich kann immer wieder nur dafür werben, auch außergewöhnliche Herausforderungen ohne neue Kredite zu finanzieren, solange es irgendwie geht. In meiner Amtszeit habe ich nämlich die Erfahrung gemacht, dass es fast immer außergewöhnliche Herausforderungen gab und gibt. Mal war es die Finanzkrise, mal das Hochwasser, jetzt ist es die Flüchtlingswelle. Ich würde mich nicht darauf verlassen, dass es in den nächsten Jahren anders wird.
Wir setzen alles daran, dass Sachsen-Anhalt die finanzpolitischen Herausforderungen meistern
kann, vor die uns die Flüchtlingswelle stellt. Das war auch das Grundanliegen in der gesamten Landesregierung. Wir haben dafür gute Voraussetzungen, weil wir uns durch unseren eigenen Konsolidierungskurs, der auch hier im Parlament zum Teil sehr kritisch gesehen wurde, finanzielle Gestaltungsspielräume geschaffen haben.
Diese Gestaltungsspielräume sind ein Resultat dieser Konsolidierung. Diese Rendite wird sich in den nächsten Jahren weiter fortschreiben. Gerade deshalb sollte der Landtag auch aus eigenem Verständnis heraus darauf achten, dass diese finanzpolitischen Spielräume nicht wieder leichtfertig aufgegeben werden. Die finanzpolitischen Rahmenbedingungen können und werden sich irgendwann auch wieder verschlechtern. Auf jedes Hoch auf der Steuerseite folgt immer wieder ein Tief. Darauf muss Politik vorbereitet sein.
In diesem Zusammenhang ein kurzer Einwurf. In den Medien war in den vergangenen Tagen aus gegebenem Anlass zu lesen, dass das Land keine neuen Schulden mehr machen, sei ja ganz okay, aber es gehe natürlich nicht an, dass der Bullerjahn mit seinen Kollegen im Kabinett das ganze Land in Aufruhr versetzt.
Zum Thema Aufruhr sage ich jetzt nichts. Aber im Ernst: Wenn man einen Haushalt in Schieflage wie im Jahr 2006 in Ordnung bringen will, dann geht das nicht ohne Konflikte. Es wird immer Einzelne,
Gruppen oder die Solidarisierung ganzer Gruppen geben, die Veränderungen ablehnen, weil sie sich zu Unrecht betroffen fühlen. Soll doch bei anderen gespart werden.
Da hilft auch keine noch so schöne Verpackung durch einen Minister. Konsolidierung, ohne Einschnitte vorzunehmen, das klappt nicht. Das klappt nicht in der Familie; das weiß jeder. Das klappt nicht in Unternehmen. Das klappt nicht in Gewerkschaften und auch nicht in Parteien, die vielleicht ab und zu auch einmal sparen müssen. Selbst in Zeitungsverlagen klappt es nicht, wie man ab und zu liest und hört.