Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe eben auf die Schnelle nachgeschaut, wie die Legislative Assembly of Alberta die Verschlüsselung der E-Mail-Kommunikation handhabt. Ich musste feststellen, dass man mit den - ich hoffe, die heißen dort auch so - Abgeordneten dort unverschlüsselt Kontakt aufnehmen kann. Wir müssen zumindest nicht die Sorge haben, dass wir in Sachsen-Anhalt in dieser Hinsicht weit hinter dem globalen Durchschnitt zurückliegen. Es gibt auch anderswo noch die Kommunikation ohne Verschlüsselung.
(Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE: Unser An- spruch ist es, früher aufzustehen! - Herr Borgwardt, CDU: Ja, ja!)
Ganz im Gegenteil: Die Vertraulichkeit der Kommunikation im digitalen Raum ist ein ganz, ganz wichtiges Thema.
Ich bin im Vorfeld von einigen Kollegen gefragt worden: Was macht Ihr da eigentlich? Worum geht es da? - Es geht dabei eben nicht um die Vertraulichkeit der Kommunikation rund um den Domplatz, sondern um die Vertraulichkeit der Kommunikation im Internet.
Es lohnt sich, in diesem Zusammenhang das Grundgesetz anzuschauen. Darin sind die Rechte, über die wir heute sprechen, als Grundrechte niedergelegt, und zwar in Artikel 10, nämlich das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis. Das sind die Rechte, die wir auch im digitalen Raum durchsetzen müssen, die wir anwenden müssen. Es reicht nicht aus, das nur auf die Postdienste zu beschränken; diese Möglichkeiten müssen wir auch im Internet schaffen.
Die Vertraulichkeit ist ein hohes Gut, das durch die Verfassung und durch Gesetze geschützt ist. Es handelt sich hierbei auch um den Schutz der informationellen Selbstbestimmung. Das hat das Bundesverfassungsgericht schon in den 80er-Jahren, damals im Zusammenhang mit dem Gesetz über die Volkszählung, klargestellt.
Das Problem ist, dass manchen dafür die Antenne fehlt. Gerade in der jüngeren Generation geht eine bemerkenswerte Unbekümmertheit mit der Kommunikation im Internet einher.
Vielleicht schaut der eine oder andere von Ihnen noch lineares Fernsehen. Dann wird Ihnen ein Werbespot aufgefallen sein, der seit einiger Zeit läuft, in dem eine Journalistin jungen Menschen, die gerade ihr Handy in der Hand haben, über die Schulter schaut und zu diesen sagt: Ich kann doch da gern mal hineinschauen. Jeder lehnt das natürlich ab; niemand will, dass ihm sein Nachbar ins Handy schaut, wenn er eine Mail schreibt. Wenn das aber auf einem anderen Wege geschieht, ist das kein Problem.
Nur frage ich mich: Wenn wir feststellen, dass bei der Kommunikation eine bemerkenswerte Unbekümmertheit herrscht - hilft es dann überhaupt weiter, wenn wir das von politischer Seite aus anbieten, wenn wir mit gutem Beispiel vorangehen, indem also die Landesregierung und vielleicht auch der Landtag verschlüsselte Kommunikation anbieten?
Was meine Website angeht: Ich biete keine verschlüsselte Kommunikation an. Ich bin froh, wenn sich überhaupt einmal jemand an mich wendet.
- Ja, gut. Ich bin nicht so wahnsinnig wichtig, dass mir reihenweise Anfragen gestellt werden. Dazu stehe ich ganz offen.
Dass ich die wenigen Personen, die sich dafür interessieren, auch noch für verschlüsselte Kommunikation begeistern kann, dem stehe ich, ehrlich gesagt, eher ein bisschen skeptisch gegenüber.
Ich bin froh, dass die Datenschutzbeauftragten das Thema aufgegriffen haben. Ich bin auch der Meinung, dass es hierbei tatsächlich um Menschenrechte geht. Ich habe eben versucht, das darzulegen. Das ist ein Grundrecht. Es sind nicht nur Menschenrechte durch den IS und andere Terrororganisationen gefährdet, sondern tatsächlich auch durch unser eigenes Agieren. Insofern sollten wir ein bisschen aufpassen.
Ich möchte noch etwas sagen, womit ich mir möglicherweise den Zorn der Internetgemeinde zuziehe, aber damit kann ich leben. Der Artikel 10 des Grundgesetzes geht weiter. Darin ist nicht nur das Post- und Fernmeldegeheimnis niedergelegt. In Absatz 2 heißt es auch: „Beschränkungen dürfen nur aufgrund eines Gesetzes angeordnet werden.“ Das heißt, staatliche Stellen müssen in begründeten Fällen und aufgrund richterlicher Anordnung sowie aufgrund von Gesetzen die Möglichkeit haben, auch vertrauliche Kommunikation einzusehen. Dazu stehe ich an dieser Stelle auch.
Es geht also nicht, dass die Kommunikation in einer Art und Weise verschlüsselt wird, dass staatliche Stellen selbst in begründeten und rechtlich einwandfreien Fällen nicht mehr die Chance haben, da hineinzuschauen. Der amerikanische FBIDirektor hat dies im Zusammenhang mit der neuen Version des Betriebssystems iOS kürzlich im Kongress moniert.
Ich bin sicherlich nicht als innenpolitischer Hardliner in unserer Fraktion verschrien - dafür sind andere zuständig -, aber das muss man zumindest erwähnen. Wir müssen also einen schmalen Grad gehen zwischen der Notwendigkeit, das Grundrecht der vertraulichen Kommunikation auch im Internet anzubieten, und dem Ansinnen, in begründeten Fällen dem Staat und der Justiz die Möglichkeit zu geben, auch in die vertrauliche Kommunikation hineinzuschauen.
Ich muss zum Ende kommen. Noch einige Worte zu dem Antrag. Ich glaube, es reicht, zunächst einmal auf den Internetseiten der Landesregierung auf die Möglichkeit hinzuweisen und dafür zu werben, die verschlüsselte Kommunikation zu nutzen.
Im Gegensatz zu meinen Vorrednern halte ich das De-Mail-Gesetz nicht unbedingt für komplett überholungsbedürftig. Die Koalitionsfraktionen im
Des Weiteren - der Finanzminister hat es bereits erwähnt - ist ein Bericht dazu in Arbeit, der in einiger Zeit vorgestellt werden wird. Dann müssten wir uns des Themas noch einmal annehmen. Ich glaube, die Diskussion über den Schlüssel - das ist mein letzter Punkt, Herr Präsident -, die Sie angedeutet haben, sollten wir im Ausschuss führen; denn dieses Thema ist für eine Diskussion hier im Parlament zu speziell. Ich spreche mich sogar dafür aus, dass das ein öffentlicher Tagesordnungspunkt im Ausschuss ist. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Graner. - Für die Fraktion DIE LINKE hat der Kollege Herr Wagner das Wort. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte heute ganz lieb zur SPD sein, weil sie tatsächlich dafür gesorgt hat, dass es heute einen gar nicht so schlimmen Änderungsantrag gab. Aber, Herr Graner, jetzt haben Sie hier diese Rede gehalten; nun befürchte ich: So lieb wird es dann doch nicht.
- Ich habe ja die Verfassungswidrigkeit des DeMail-Gesetzes überhaupt nicht moniert, weil ich sie tatsächlich nicht sehe. Ich kenne natürlich auch Artikel 10 Abs. 2 des Grundgesetzes; ich halte diese Regelung allerdings für politisch überholt. Das ist - das ist hier allseits bekannt und nichts Neues - das, was uns politisch trennt.
Tatsächlich bin ich erst einmal zufrieden damit, dass die Koalitionsfraktionen einen Änderungsantrag eingereicht haben, der, wenn er am Ende tatsächlich so beschlossen werden sollte, in die richtige Richtung geht und unser Grundanliegen aufnimmt. Ich war geradezu erfreut; ich hatte schon gedacht, Sie wollen mich ärgern. Aber dann habe ich etwas genauer gelesen und habe festgestellt, dass das Schwert doch ziemlich stumpf ist.
Mit dem Änderungsantrag schwächen Sie unsere Forderung lediglich ab, weswegen wir den Änderungsantrag ablehnen werden. In einer etwaigen Beschlussfassung über den geänderten Antrag werden wir uns der Stimme enthalten. Gerade habe ich allerdings gehört, dass Sie im Ausschuss darüber diskutieren wollen.
Zu dem Änderungsantrag selbst. Ich bin erst einmal froh darüber, dass beide Koalitionsfraktionen erkennen, dass wir notwendige Schritte gehen
müssen, auch in Verantwortung gegenüber unserer Bevölkerung, die tatsächlich Bedarfe an den Staat und damit auch an das Land formuliert.
Ich bin auch sehr froh darüber, dass in dem Änderungsantrag der Koalition unter Punkt III die Endezu-Ende-Verschlüsselung überlebt hat. Ich hoffe, dass die Regierung das in der Beschlussempfehlung entsprechend umsetzt. Ich bin sehr gespannt auf die Beschlussrealisierung. Ich bin gespannt, wie die Regierung den Punkt III umzusetzen gedenkt, und vor allem, wie die Regierung diesen Punkt III umsetzen möchte, ohne das De-MailGesetz abzulösen.
Ich möchte kurz zu der Debatte und zu dem Maß, das Sie, Herr Barthel, in der Debatte angesprochen haben, sagen: Menschenrechte können wir nicht überhöhen, sie gelten. Dort, wo sie nicht gelten, müssen wir sie einfordern. Das mag pathetisch klingen und das ist es auch.
Ich möchte aber nicht im Raum stehen lassen, dass derjenige, der Menschenrechte einfordert, das Maß überhöht.
Natürlich reden wir über die mündigen Bürger. Aber es sind gerade auch die mündigen Bürger, die hier ein Schutzbegehren gegenüber dem Staat und gegenüber der Gesellschaft formulieren. Zu sagen, es gibt die mündigen Bürger, deswegen haben wir als Staat etwas weniger Verantwortung zu tragen - das ist gerade die Logik, gegen die ich mich verwehre.
Von Herrn Striegel ist die Frage aufgegriffen worden, welcher Abgeordnete Schlüssel für die sogenannte PGP-Verschlüsselung auf den eigenen Websites zur Verfügung stellt. Ich habe keine Übersicht darüber. Ich wäre interessiert zu erfahren, wer der zweite Abgeordnete ist. Ich weiß aber nicht, ob das eine wirklich relevante Frage ist.
Es ist aus meiner fachpolitischen Sicht so, dass jede Abgeordnete und jeder Abgeordnete - dabei sind alle 105 Abgeordneten gleich - PGP-Schlüssel für sich und für die Wahlkreisbüros auf den Websites anbieten sollten. Ich beginne in meiner Fraktion dafür zu werben. Ich vermute, Sie tun das auch in Ihren Fraktionen. Dies war jedoch nicht Gegenstand des heutigen Antrages.
(Herr Striegel, GRÜNE: Sehen Sie mal zu, dass Sie dabei mit gutem Beispiel voran- gehen! - Herr Gallert, DIE LINKE: Was?)
(Herr Gallert, DIE LINKE: Wir schaffen es nur nicht, euch alle mitzunehmen! Das ist euer Problem! - Frau von Angern, DIE LIN- KE: Ja!)
Die Frage, die aus meiner Sicht besteht, ist, mit welchem konkreten System wir Vertraulichkeit tatsächlich herstellen können.
In vielen Debatten von Leuten, die sich vielleicht nicht jeden Tag mit Netzpolitik beschäftigen oder die sich nie damit beschäftigen - aus ganz guten Gründen -, die sich vielleicht auch nicht mit dem konkreten technischen Unterbau des Internets beschäftigen,
ist es teilweise schwierig zu verstehen, warum wir ausgerechnet mit dem PGP-System die Vertraulichkeit herstellen wollen. Denn das alte strukturierte Denken, insbesondere im Hinblick auf den Staat und die öffentliche Verwaltung, lässt die Systeme, wie bei uns die PKI im Land, wahrscheinlich eher dazu taugen, sich gesellschaftlich durchzusetzen. Deswegen haben wir übrigens die Landes-PKI bewusst in diesen Antrag aufgenommen.
Das schließt nicht aus, dass wir unsere Schlüssel überall anbieten. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass die Systeme, die wir haben, ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Akzeptanz erhalten, damit wir prinzipiell unserem eigentlichen Begehren gerecht werden können, weswegen wir hier ebenfalls über die S/MIME-Verschlüsselung reden müssen.