Protocol of the Session on May 16, 2014

Wenn ich hier schon Vorstellungen höre - zu Bagatellunfällen kommt die Polizei nicht mehr, Schwerlasttransporte begleitet sie nicht mehr; ich kann das ein bisschen einschätzen, wie schwierig das mit den Schwerlasttransporten ist, da kommt die Polizei dann auch nicht mehr -, muss ich sagen, es ist eine sehr interessante Debatte, auf welche Aufgaben dann verzichtet werden soll.

(Herr Striegel, GRÜNE: Darüber müssen wir sprechen!)

Darauf sind wir sehr gespannt. Ich weiß nicht, ob vor der Kommunalwahl dazu wirklich konkrete Vorschläge kommen.

Ich denke, dass es nicht so leicht sein wird zu sagen: Das ist verzichtbar; dazu brauchen wir die Polizei nicht mehr, und es dem Bürger auch zu vermitteln vor dem Hintergrund, dass sich dann natürlich die Frage auftut: Wer macht es denn dann? Wer übernimmt die Kosten? Wer löst die ganzen Folgeprobleme, die sich aus einem Aufgabenverzicht ergeben werden?

Wir sehen in einem massiven Aufgabenentzug bei der Polizei nicht die Lösung für die Zukunft. Dies

wäre die eigentliche Baustelle, wozu es Redebedarf mit Blick auf Mehrheiten gäbe. Deswegen möchte ich uns alle bitten: Zurück zur Sache! Blicken wir nach vorn und setzen wir die beschlossene Reform um. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und von Minister Herrn Dr. Aeikens)

Es gibt noch eine Nachfrage des Abgeordneten Herrn Gallert. Möchten Sie diese beantworten? - Bitte, Kollege Gallert.

Herr Schröder, Sie haben ziemlich umfangreich aus dem Koalitionsvertrag zitiert. Ich will auf eine andere Stelle hinweisen, und zwar darauf, dass im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist, dass bis zum Ende der Legislaturperiode die Zahl der Polizeivollzugsbeamten deutlich über 6 000 € liegen soll.

(Herr Borgwardt, CDU: Eine Zahl!)

- Euro, ja. Wahrscheinlich, weil es immer um Geld geht. - Also: deutlich über 6 000 Polizeivollzugsbeamten liegen soll.

Wann ist Ihnen die Widersprüchlichkeit zwischen dem Personalentwicklungskonzept und dem Neueinstellungskorridor, der im gleichen Koalitionsvertrag übrigens auf 400 beschränkt war, und zwar für die gesamte Landesverwaltung, aufgefallen?

Ich sehe diesen Widerspruch aus folgendem Grund nicht: Erst einmal bin ich froh, dass wir uns in der Koalition darüber einig waren, dass wir eine möglichst hohe Flächenpräsenz unserer Vollzugsbeamten in allen Landesteilen sicherstellen wollen. Das ist gemeinsamer Wille der Koalition. Das fand seinen Ausfluss in dieser Formulierung.

Im Übrigen war genau diese Orientierungszahl von 6 000 Beamtinnen und Beamten im Vollzugsdienst die Grundlage unseres Fraktionsbeschlusses vom 8. April 2013. Wir haben allerdings auch Wert darauf gelegt, dass wir eine belastungsorientierte Personalentwicklung wollen und den Personalbestand zugrunde legen, der tatsächlich auf der Straße Dienst tut. Das wissen Sie.

So differenziert waren die Aussagen im Koalitionsvertrag gar nicht. Das heißt, wie viele Beamtinnen und Beamte im Vollzugsbereich sind auf den Stellen und wie viele davon sind tatsächlich auf der Straße. Das zielt zum Beispiel auf die Passivphase der Altersteilzeit. Da ist niemand mehr unterwegs. Sie sind nicht mehr auf der Straße. Sie werden aber auf den Stellen geführt.

Wir werden Anfang des Jahres 2016, also noch in dieser Wahlperiode, die 6 000 erreichen. Wir haben dann eine leichte Unterschreitung im Verlauf des Jahres 2016, aber nur bei der Zahl der aktiven Bediensteten, die tatsächlich im Vollzugsbereich arbeiten. Deswegen wird sicher in den Folgejahren nach 2016 - das hatte ich aufgelistet - darüber zu befinden sein, wie man mit den Ausbildungskapazitäten und dem Aufgabenbestand umgeht.

Das sind die Stellschrauben, die man hat, wenn man Personal und Aufgaben sieht. Es geht darum, an der Behördenstruktur so zu arbeiten, dass wir die Flächenpräsenz sicherstellen können. Ein Türschild mit dem Wort „Polizeistation“ ist weniger wichtig als die Polizei auf der Straße, die vor Ort Dienst tut und ansprechbar und erlebbar für die Bevölkerung ist.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt eine weitere Nachfrage. Kollegin Thiel-Rogée.

Herr Kollege Schröder, ich habe zwei Fragen. Die erste Frage ist: Sie haben zum Eingang Ihres Referates gesagt, dass Sie die Menschen mitnehmen oder mitgenommen haben. Ich würde gern wissen, wie das aussah. Denn die Polizeigewerkschaften, so will ich sie einmal nennen, waren diejenigen, die über einen offenen Brief eingefordert haben, dass sie beteiligt werden. Das ist die eine Stufe. Die andere Stufe sind ja tatsächlich die Mitarbeiter.

Die zweite Frage ist: Können Sie mir sagen, wie viele Langzeiterkrankte es gibt? Denn auch Polizisten leiden sehr unter Strukturveränderungen, die de facto ihr Leben verändern. Dabei gibt es eine Reihe von Ängsten. Ich würde gern wissen, ob Sie mir sagen können, wie viele Langzeiterkrankte es bei den Polizisten gibt.

Ich fange mit der zweiten Frage an. Das ist für mich relativ schwierig zu beantworten. Ich kenne jetzt nicht die aktuelle Zahl der langzeiterkrankten Polizistinnen und Polizisten. Ich habe sie zwar gehört, will aber keine falsche Zahl nennen. Das ist jederzeit nachreichbar.

Ich weiß sehr wohl, dass das ein Problem ist. Der politische Übersetzungsversuch dieser Sorge war, als Grundlage der Polizeistrukturreform einen Personalbestand anzunehmen, der belastungsorientiert bemessen wird, im Wissen darum, dass entsprechende Belastungen unterschiedlich anfallen und viele erkranken, und das für längere Zeit. Wichtig ist deswegen - das ist die Zielzahl, die wir

diskutieren -, die aktiven Polizistinnen und Polizisten zu bewerten, die sich tatsächlich im Dienst befinden.

Die Einbindung der Vertreter der Polizei und der Polizei selbst habe ich als wichtig beschrieben. Eine solche Reform, die ich nicht als Reförmchen bezeichne, sondern die schon mit deutlichen Veränderungen einhergeht, kann nur mit der Polizei und nicht gegen sie und ihre Vertreter gelingen.

Ich weiß, dass in der Projektgruppe „Polizei 2020“ schon Vertreter mitgewirkt haben. Es gab Informationen. Ich kann mich an mehrere Gespräche erinnern, an denen ich im letzten Jahr als Fraktionsvorsitzender teilgenommen habe. Es gab Workshops, die das Ministerium mit kommunalen Verantwortungsträgern vor Ort veranstaltet hat. Ich habe das ausgeführt. Wir hatten nach dem Brief der Gewerkschaft - ich glaube, es war am 1. April - auf Einladung des Ministerpräsidenten eine Runde mit den Gewerkschaftsvertretern. Insofern fand schon eine Abstimmung statt.

Ich glaube, dieser Prozess vom September 2012 bis zum heutigen Tag ist doch ein längerer Prozess, bei dem man auf dieser Wegstrecke sehr deutlich eine Einbeziehung organisiert hat. Es war nicht leicht, aber ich glaube, es ist am Ende gelungen. Und das zählt.

Danke schön, Kollege Schröder. Weitere Nachfragen gibt es nicht. Dann können wir die Aussprache zum ersten Thema der Aktuellen Debatte abschließen.

Ich rufe das zweite Thema der Aktuellen Debatte auf:

Situation und Zukunft der Hochschulmedizin in Sachsen-Anhalt

Aktuelle Debatte BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/3081

Es wurde folgende Reihenfolge für die Aussprache vereinbart: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, DIE LINKE, CDU. Zunächst hat die Antragstellerin das Wort. Dazu erteile ich dieses Frau Kollegin Professor Dr. Dalbert.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Leider mussten wir letzte Woche wieder Zeuge davon werden, dass die Regierung von Ministerpräsident Haseloff und, allen voran, Finanzminister Bullerjahn auf das Mittel des Schlechtredens gesetzt hat, die Uni-Klinik in Halle schlechtgeredet hat. Wir denken, das schadet der Uni-Medizin in Halle, das schadet unserem Land. Deswegen

haben wir heute diese Aktuelle Debatte beantragt, um die Landesregierung an ihre Aufgabe zu erinnern.

Die Aufgabe der Landesregierung ist es, die Universitätsmedizin in Halle und in Magdeburg so zu begleiten, dass sie erfolgreich den Konsolidierungspfad, den sie beschritten haben, zum Erfolg führen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine Landesregierung, die auf Schlechtrederei setzt, die braucht kein Mensch.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Finanzminister Bullerjahn bestellte beim Staatssekretär a. D. Klaus Teichert eine solche Schwarzmalerei. Herr Teichert hat Zahlen vorgelegt, deren Rechengrundlagen, deren Begründungen nicht bekannt sind, die im Aufsichtsrat auch nicht abschließend beraten wurden. Dennoch haben sie den Weg in die Öffentlichkeit gefunden und die Katastrophe an die Wand gemalt: Das Defizit steigt dramatisch, die Gehaltszahlungen sind gefährdet, alles ist noch schlimmer als gedacht.

Ich sage Ihnen, solche Zahlen sind nicht vertrauenswürdig. Sie helfen uns auch nicht. Eines ist doch klar - das wissen wir seit Jahren -: Es gibt ein strukturelles Defizit in unseren Universitätskliniken. Das wissen wir, das weiß die Landesregierung. Nicht zuletzt sind drei Minister in den Aufsichtsräten beider Uni-Klinika.

(Zuruf von Herrn Lange, DIE LINKE)

Auch die Ursachen sind bekannt. Sie sind den Ministern bekannt. Sie sind auch dem Hohen Hause bekannt; denn wir haben über diese Probleme in diesem Hohen Hause und in den Ausschüssen schon debattiert. Insofern müssen wir endlich dahin kommen, dass die Landesregierung ihre Hausaufgaben macht. Ich bitte herzlich darum, dass diese Schwarzmalerei endlich eingestellt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Erstes Problem: Es gibt in Sachsen-Anhalt und besonders im Süden des Landes ein deutliches Bettenüberangebot. Der Wissenschaftsrat hat in dieser Richtung sehr kritisch formuliert und ausgeführt - ich zitiere -:

„Kritisch zu hinterfragen ist die mangelnde Krankenhausplanung des Landes, die das vorgehaltene Versorgungsangebot der Universitätsklinika zu wenig berücksichtigt und in Oberzentren wie Halle eine sehr hohe Zahl nichtuniversitärer, nicht nachrichtlich ausgewiesener Krankenhausbetten und paralleler Leistungszentren zulässt.“

Das erschwert natürlich die Arbeit der Universitätsklinika. Der Wissenschaftsrat spricht von einem hochkompetitiven Feld, das die nachhaltige Finanzierung der Hochschulmedizin sehr erschwert.

Ich denke, diesbezüglich muss der Gesundheitsminister endlich seiner Verantwortung gerecht werden und eine Krankenhausplanung forcieren, die die landeseigenen Universitätsklinika nicht benachteiligt, sondern sie vielmehr in die Lage versetzt, ihrem Auftrag erfolgreich nachzukommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt zwei strukturelle Ursachen für die Unterfinanzierung, die alle Universitätsklinika in unterschiedlich starkem Maße treffen. Wir haben im Juli 2013 über das eine Problem gesprochen, die Frage des sogenannten Systemzuschlags. Universitätsklinika sind Maximalversorger, die auch besonders seltene und besonders teuer zu versorgende Krankheiten zu behandeln haben. An dieser Stelle setzen wir auf einen Systemzuschlag als Bundesförderung.

Ich freue mich, dass auch die Landesregierung auf diese Lösung setzt. Das begrüßen wir. Wir können jetzt nur hoffen, dass diese Bund-Länder-Arbeitsgruppe endlich einmal anfängt zu arbeiten, damit wir an dieser Baustelle weiterkommen.

Aber die Universitätsklinika sind neben ihrer Funktion als Maximalversorger noch mit einer besonderen Verantwortung versehen, der Weiterbildungsverantwortung. Denn ohne Universitätsklinika hätten wir bald keine Fachärzte mehr. Wenn man allein diesen Teil des Systemzuschlags gegenfinanzieren würde, dann würde sich das Defizit der Universität Halle von 9 Millionen € schon auf 4,5 Millionen € halbieren.