Weitere Nachfragen gibt es nicht. Vielen Dank, Kollege Lüderitz. - Wir fahren in der Aussprache fort. Als Nächster spricht für die Fraktion der CDU Herr Abgeordneter Leimbach.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich die Feststellung voranstellen, dass sich der Landtag seit dem Hochwasser im Juni 2013 nunmehr bereits zum x-ten Mal mit dem Thema befasst. Die damit im Zusammenhang stehenden Fragen und Probleme treiben die Landesregierung und die Landespolitik um und führen zu Lösungen oder zu neuen Fragen.
Unser oberstes Ziel jedoch - das gerät gelegentlich aus dem Blick - ist der Schutz von Menschen, ist der Schutz von Leben und Hab und Gut dieser Menschen. Darum wird es auch in den nachfolgenden Anträgen zum weiteren Tagesordnungspunkt gehen müssen.
Bislang glaubte ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, Große Anfragen im Parlament sollten einen Erkenntnisgewinn bringen, seien ein normales parlamentarisches Mittel der Informationsbeschaffung. Wenn sie diese Erkenntnis dann nicht bringen, dienen sie immer noch - so hat man den Eindruck - als taugliches Mittel, die eigenen politischen Schlussfolgerungen unter bekannte Fakten zu quetschen.
Verräterischerweise, Herr Weihrich, haben Sie den Schwerpunkt Ihrer Ausführungen auf die Verteidigung naturschutzrechtlicher Fragestellungen gelegt, anstatt die Folgen für die Menschen in diesem Land in den Mittelpunkt zu stellen.
Allerdings ist es wahrscheinlich sogar fraglich, meine Damen und Herren, ob diese Große Anfrage einen Erkenntnisgewinn gebracht hat. Darüber hinaus war es auch unangenehm zu verfolgen, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft intensiv und ausdauernd mit der Beantwortung dieser Fragen beschäftigen mussten, während sie gleichzeitig beispielsweise mit der Reparatur der vom Hochwasser verursachten Schäden und der konzeptionellen Überarbeitung unserer Planungen in Sachsen-Anhalt befasst waren.
Es war schon unangenehm, dass diese Ressourcen für die Problematik Ihrer, finde ich, unzureichenden Erkenntnis gebunden wurden. Wahrscheinlich hätten auch einige Kleine Anfragen und die häufigen Ausschussbefassungen im Umweltausschuss gereicht, die auch in Zukunft noch stattfinden werden, um diese Erkenntnisse zu gewinnen.
Sie hätten ja auch den Auswertungsbericht des Innenministeriums abwarten können, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, der jetzt parallel zur Beantwortung der Großen Anfrage vorgelegt wurde. Aber nein, es konnte Ihnen nicht schnell genug gehen. Daran zeigt sich auch, dass von Ihnen Redundanzen produziert werden.
Blickt man darüber hinaus auf die bereits vorhandene Beschlusslage im Landtag - wir haben uns mehrmals bereits mit sehr guten Schlussfolgerungen, übrigens gemeinsamen Schlussfolgerungen auch mit den GRÜNEN zusammen, mit diesem Thema befasst -, dann hätte es nach meiner Auffassung - beispielsweise wenn man sich an unsere Beschlussfassung vom 11. Juli oder vom 10. Oktober 2013 erinnert, wo wir die Landesregierung klar mit Zielen adressiert haben - dieser Großen Anfrage nicht bedurft. Wir werden auch nachher in den weiteren Tagesordnungspunkten noch einmal darauf eingehen.
Gleichwohl: Wenn wir schon dieses Hochwasser, diese Katastrophe von 2013 auswerten, dann kann man wohl nicht anders, als sich zunächst noch einmal die verheerenden Schäden, die dieses Hochwasser verursacht hat, vor Augen zu führen. Man kann nicht lapidar darüber hinweggehen, dass 1 700 Unternehmen in Sachsen-Anhalt betroffen waren, dass 600 landwirtschaftliche Unternehmen betroffen waren, teilweise mit der kompletten Fläche, die sie zur Verfügung hatten, dass es 60 000 evakuierte Menschen gab, die nachts um ihr Hab und Gut bangten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die historische Dimension ist allen klar. Gleichwohl gab es auch singuläre und spektakuläre Verteidigungsmaßnahmen, bei denen wir alle Kräfte konzentriert haben, um das Schlimmste zu verhindern. Ich erinnere nur an die, wie ich finde, sehr gute Kooperation aller Beteiligten bei dem Versuch, den Deichbruch von Fischbeck zu stoppen. Das Schiffeversenken war eine notwendige Maßnahme, um das Schlimmste zu verhindern.
Haben Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, sich einmal vorgestellt, was bei diesem Hochwasser geschehen wäre, wenn es nicht die Erkenntnisse und die Umsetzungsanstrengungen seit dem Jahr 2002 gegeben hätte? - Es ist doch
so, dass wir alle nach dem Hochwasser im Jahr 2002 gelernt haben und wussten, dass es so nicht mehr weitergehen kann.
Es ist der Ära unter der Verantwortung von Frau Ministerin Wernicke und Herrn Minister Aeikens zu verdanken, die mit politischer, aber auch mit finanzieller Entschlossenheit dafür gesorgt haben, dass viele Menschen in unserem Land vor dem Hochwasser und seinen Gefahren geschützt wurden.
Ich möchte hinzufügen: Alle Menschen in Sachsen-Anhalt haben das Recht, von leistungsfähigen Hochwasserschutzanlagen geschützt zu werden. Derzeit befinden sich erst 50 % der Deiche in einem Zustand, der ein normales hundertjähriges Hochwasser tatsächlich aushalten kann.
Es ist doch klar, dass wir in den nächsten Jahren alle Anstrengungen unternehmen müssen, um auch die restlichen Deiche sicher zu machen. Es darf beim Hochwasserschutz in unserem Land nicht dazu kommen, dass manche Menschen erstklassig und manche zweitklassig geschützt werden.
Ich lasse mich auch nicht damit trösten, meine Damen und Herren, dass die Schadenssummen nach unten korrigiert werden. Ob die Schadenssumme nun 2,7 Milliarden € oder 1,5 Milliarden € beträgt, ist natürlich ein großer Unterschied, aber Schäden in Höhe von 1,5 Milliarden €, die durch dieses Hochwasser angerichtet wurden, sind verheerend. Wir müssen alle Kraftanstrengungen unternehmen, um diese Schäden zu beseitigen. Das ginge nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn es uns nicht gelungen wäre, noch größere Schäden zu verhindern.
Meine Vorredner haben zu Recht denen gedankt, die sich bei dem Hochwasser im Juni 2013 teilweise über ihre Kräfte hinaus eingesetzt haben. Es geht nicht nur um die Profis, die Bundeswehr und das THW, sondern es geht insbesondere um die Ehrenamtlichen, um die Freiwilligen, um die Nachbarn, die gezeigt haben, dass dieses Land zusammenhalten kann, und die uns mit ihrer Solidarität und Hilfeleistung beeindruckt haben.
Wenn wir über die dramatischen Schäden sprechen, dann kommen wir nicht umhin, über die Solidarität in Deutschland zu sprechen. Viele Bundesländer haben erhebliche Beträge für unser Land zur Verfügung gestellt, um die eingetretenen Schäden in einer großen solidarischen Hilfsleistung zu beseitigen. Nach meiner festen Überzeugung haben wir wirklich große Solidarität erfahren. Das zwingt uns zu großer Anstrengung, was die effektive und schnelle Umsetzung dieser Maßnahmen
Ich bin fest davon überzeugt, meine sehr verehrten Damen und Herren, und zwar vor und nach Ihrer Großen Anfrage, dass unser Bundesland seit vielen Jahren auf dem richtigen Weg ist. Wir sind noch nicht fertig, aber wir haben viel erreicht. Dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft ist viel gelungen.
Der Laie unterschätzt, welche Aufgabenkomplexität bei diesem Betrieb angesiedelt ist: Die Unterhaltungspflicht für mehr als 2 000 km Fließgewässer erster Ordnung, 41 Schöpfwerke, 350 Sielanlagen, 670 Wehre und Stauanlagen sowie fünf Hochwasserrückhaltebecken sind bereits jetzt im Aufgabenportfolio eines unserer leistungsfähigsten Landesbetriebe. In Planung befinden sich weitere Schöpfwerke und Anlagen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir waren keineswegs untätig. Und ich glaube, dass unser Bundesland - auch wenn das die Opposition gelegentlich anders sieht, aber das liegt wohl eher an der Oppositionsrolle als an den Fakten - auf eine wirklich erfolgreiche Arbeit verweisen kann. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was ohne diese herausragenden Leistungen beim Juni-Hochwasser 2013 passiert wäre.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle wissen, dass die Erkenntnisse nach dem sogenannten Jahrhunderthochwasser 2002 in eine Hochwasserschutzkonzeption eingearbeitet wurden. In diesem Konzept waren bereits vor Jahren Deichrückverlegungen, Deichneubau und Deichsanierung, der Einsatz mobiler Hochwasserschutzwände, die Festlegung von Überschwemmungsgebieten und die Schaffung von Retentionsräumen vorgesehen.
Das Hochwasserschutzkonzept sah darüber hinaus auch schon vor der Flut 2013 vor, dass alle Deiche auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen sind; denn es waren natürlich die alten Deiche, die bis zum Jahr 2013 noch nicht saniert werden konnten, die uns die Probleme mit den großen Schäden bereitet haben.
Ich empfinde es deshalb als Offenbarung, sehr geehrter Herr Kollege Weihrich, dass nicht einmal 5 % Ihrer Fragen auf die Qualität der Hochwasserschutzkonzeption 2002 bezogen waren. Nicht einmal 5 % Ihrer Fragen! Es waren fünf von 110 Fragen, die sich mit diesem wichtigen Grundlagenpapier unserer Hochwasserschutzarbeit in Sachsen-Anhalt beschäftigten. Hier zeigt sich, dass Politik manchmal wichtiger ist als wasserwirtschaftliche Fachkenntnis.
Aber es kann auch sein - ich habe darüber nachgedacht -, dass Sie ansonsten hätten Fragen stellen müssen, die die Landesregierung in die ange
nehme Position gebracht hätte, die Leistungen der vergangenen zehn Jahre noch eindrucksvoller zu präsentieren. Das mag ein Grund dafür gewesen sein, solche Fragen nicht zu stellen.
Meine Damen und Herren! Eine halbe Milliarde Euro wurde in den vergangenen zehn Jahren bereits investiert. Wir haben uns vorgenommen, bis zum Jahr 2020 alle Deiche in diesem Land auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Dafür werden wir mehr Geld als in den vergangenen zehn Jahren ausgeben müssen, und das - wenn Sie mitrechnen - in einem kürzeren Zeitraum.
Das ist ohne Frage ein sehr ambitioniertes Ziel. Das wird nur funktionieren, wenn wir diejenigen, die damit befasst sind, insbesondere den LHW, auch mit den Ressourcen ausstatten, die er dazu braucht. Ansonsten wäre es ein politisches Programm ohne Ziel und ohne Ressourcen.
Der LHW stand schon bei der Bewältigung des Hochwassers vor unglaublichen Belastungen, erst recht bei der Beseitigung der Schäden, auch bei der Neuorientierung der Hochwasserschutzkonzeption. Und er wird in den nächsten Jahren bei der Bewältigung dieser riesigen Investitionsmaßnahmen all unsere Unterstützung benötigen.
Ich bin mir nicht sicher, ob wir dann immer über das Gleiche reden. Herr Weihrich meint dann immer: noch mehr Transparenz, noch mehr Öffentlichkeitsarbeit und vieles andere mehr. Ich glaube, wir sollten ihnen die Arbeit erleichtern, indem die Verfahren, die sie dazu durchführen müssen, so handhabbar gemacht werden, dass es dann auch schneller geht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind fest davon überzeugt, dass wir, was die Verfahrendauer anbelangt, schlecht sind. Im Jahr 1994, als die Wipper verheerende Schäden verursacht hat, waren wir fest entschlossen, weitere Hochwasserschutzmaßnahmen durchzuführen. Im März 2014 konnten wir uns darüber freuen, dass der Planfeststellungsbeschluss für das grüne Rückhaltebecken im Verlauf der Wipper gefasst wurde. Das hat 20 Jahre - es fehlen nur wenige Tage - gedauert.
Das ist keineswegs eine Ausnahme. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie lange das Hochwasserrückhaltebecken im Verlauf der Selke dauern wird, wenn bereits das unproblematische Rückhaltebecken in Wippra so lange gedauert hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Schluss: Wir werden bei den weiteren Tagesordnungspunkten noch die Betroffenen in den Mittelpunkt stellen können. Ich glaube ganz fest, dass wir die Schlussfolgerungen aus dem damaligen
zeitweiligen Ausschuss Hochwasser, der im Jahr 2004 dem Landtag einen Abschlussbericht vorgelegt hat, berücksichtigen müssen. Wir sagten damals:
„Anlagen des technischen Hochwasserschutzes sind Teil der öffentlichen Infrastruktur. Sie dienen dem Schutz der Bürger und gewährleisten bis zum Bemessungsfall verbesserte Nutzungsmöglichkeiten. Ihre Unterhaltung ist eine permanente Aufgabe, die nicht vernachlässigt werden darf.“
Ich habe das Gefühl, die GRÜNEN hätten vorher vielleicht die Schlussfolgerungen von 2004 lesen sollen, dann hätten sie uns Redundanzen und - nach meiner Einschätzung - 50 Mann-Tage beim LHW für die Beantwortung dieser Fragen erspart. - Herzlichen Dank.
Danke schön, Kollege Leimbach. Sie hatten angekündigt, Fragen der Abgeordneten Striegel und Dr. Köck zu beantworten. - Herr Abgeordneter Striegel, bitte.
Herr Kollege Leimbach, Sie haben ein eindrucksvolles Beispiel dafür geliefert, was es für Sie und Ihre Fraktion heißt, sich als Staatspartei zu verstehen. Ich finde, es ist eine Anmaßung, was Sie hier betrieben haben.