Protocol of the Session on January 30, 2014

Wir werden den Verfassungsauftrag mit Sicherheit erfüllen. Sie werden uns auch ermahnen, wenn wir es nicht gründlich genug machen. Ich wollte nur sagen, wir werden es - so steht es auch in der Verfassung - nach unseren Möglichkeiten tun. Aufgrund der zeitlichen Vorgabe kann es sein, dass es bei manchen Dingen auch Informationen gibt, die wir in der Kürze der Zeit nicht bekommen können. Aber was wir bekommen können, das werden wir selbstverständlich einarbeiten.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Jetzt hat Herr Kollege Dr. Thiel das Wort. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Minister Bischoff, Sie versuchen sozusagen mit einer Charmeoffensive, der Opposition den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem Sie ganz kühn sagen,

(Herr Scheurell, CDU, lacht)

es wäre durchaus denkbar, dass wir zwei wichtige Punkt aus ihrem Antrag übernehmen und dann lasst uns doch lieber nicht über den dritten Punkt streiten.

Aber so einfach machen wir es Ihnen nicht. Denn das Parlament ist nicht unbedingt dazu da, der Regierung Erleichterungen zu verschaffen. Vielleicht gibt es andere Möglichkeiten, um das zu tun, aber jedenfalls nicht von unserer Seite.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU - Minister Herr Bischoff: Welche?)

Meine Damen und Herren! Meine hochgeschätzte Kollegin Frau Edeltraud Thiel-Rogée hat mir mitgegeben, auf jeden Fall den folgenden Satz hier vorzutragen. Das mache ich gerne. In den Vorbemerkungen des Berichts heißt es:

„Das Land Sachsen-Anhalt veröffentlicht jedes Jahr einen Berufsbildungsbericht, um alle an der Berufsbildung Beteiligten und Interessierten mit Informationen und Daten zur Situation auf dem Ausbildungs- und Weiterbildungsmarkt in Sachsen-Anhalt auszustatten.“

Jetzt kommt der Satz: Dann müssen wir es auch einmal tun. Der Berufsbildungsbericht, der uns vorgelegt worden ist, stammt aus dem Jahr 2013. Er wurde im Juni 2013 bearbeitet und dem Landtag im Juli 2013 zugestellt. Ich glaube, bis jetzt hat keine Debatte in irgendeinem Ausschuss dazu stattgefunden.

Der Bericht enthält auch sehr interessante Daten und Fakten über die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber, beispielsweise 14 400 Schulabgänger. Es gab 13 950 Bewerberinnen und Bewerber und 13 058 gemeldete Ausbildungsstellen. Das heißt, es gibt also 892 nicht versorgte Bewerberinnen und Bewerber usw.

Wo liegt das Problem? - Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2011/2012. Wir haben das Jahr 2014. Das heißt, wenn man aus dem, was der Berufsbildungsbericht beschreibt, in irgendeiner Art und Weise Schlussfolgerungen ziehen möchte, müssten wir jetzt einmal langsam anfangen, Anregungen für das Ausbildungsjahr 2014/2015 zu geben.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wenn Sie jetzt den Rhythmus um ein weiteres Jahr verlängern - ein Jahr werden Daten gesam

melt; ein Jahr werden sie liegen gelassen; ein Jahr werden sie interpretiert und dann werden sie ein Jahr lang diskutiert -, dann bedeutet das, dass wir in einem Zeitraum von vier Jahren in Verzug kommen. Aber das können wir uns auf diesem wichtigen Gebiet eigentlich überhaupt nicht leisten.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Deswegen unser erster Änderungsantrag: Wir bleiben bei der jährlichen Berichterstattung. Denn es ist wirklich notwendig, gerade wegen der langen Zeiträume, die zu betrachten sind, flexibel und schnell auf die entsprechenden Änderungen zu reagieren. Daran müssten alle in der Berufsausbildung ein Interesse haben, sowohl die Landespolitik als auch die berufsschulischen Einrichtungen und die Unternehmen. Hier gibt es eine breite Fassette. Man muss eben mit den Berichten entsprechend arbeiten können.

Was das Thema „fünf Jahre“ betrifft: Lieber Herr Kollege Bischoff, Sie werden verstehen, dass ich eine gewisse Ambivalenz zu Fünfjahresplänen habe. Dass Sie das aufs Tapet bringen, wundert mich sehr. Dann können wir das auch gleich sein lassen. In einem solchen Zeitraum brauchen wir keine Berufsbildungsberichte, weil dann die Daten und Fakten völlig daneben sind.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Der zweite Punkt unseres Änderungsantrages: Das Thema duale Ausbildung greifen Sie auf. Es heißt ja nicht, dass in dem Bericht nichts zur dualen Ausbildung steht. Aber uns kommt es darauf an, diesen wichtigen Ausbildungsteil vor allem einmal sehr detailliert zu beschreiben, und zwar mit all seinen Fassetten und Problemen, die dahinter stecken. Das ist eine ganze Menge im Gegensatz zu dem, was der Bericht momentan darlegt. Das reicht von der dualen betrieblichen Ausbildung bis hin zur dualen Ausbildung im Bereich der Hochschulen. Das reicht bis hin zur dualen Ausbildung wie beispielsweise bei den IHK-Stipendien, die jetzt gemacht worden sind. Das ist unser zweiter Änderungsantrag.

Der dritte Änderungsantrag - das haben Sie ja gesagt - betrifft das Thema Inklusion. Auch das, lieber Herr Minister Bischoff, wird momentan im Berufsbildungsbericht behandelt, aber nicht so, wie es der Fall sein müsste. Wir müssen beim Thema Inklusion nicht unbedingt versuchen, die Menschen mit Behinderungen in all ihren Fassetten zu beschreiben. Es geht um Inklusion in die Berufsausbildung und nicht um Sonderwege, die zu beschreiten sind.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Natürlich muss man, gerade was Menschen mit Behinderungen angeht, einen unterschiedlichen Betroffenheitsgrad beachten. Aber das dürfte ja

kein Problem sein. Das verstehen wir unter Inklusion in die Berufsausbildung.

Deswegen haben wir diesen Änderungsantrag eingebracht. Er ist deshalb neu gemacht worden, weil auf dem Wege der Erstellung die Begründung zu Ihrem Antrag übernommen worden ist. Das haben wir einfach übersehen. Deswegen habe ich das hier begründet. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Thiel. - Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Wanzek. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angelehnt an den Erwachsenenbildungsbericht, der alle zwei Jahre vorgelegt wird, beantragen die Koalitionsfraktionen, den Berufsbildungsbericht statt jährlich nunmehr alle zwei Jahre dem Landtag vorzulegen. Um Veränderungen und die Wirksamkeit von Maßnahmen, zum Beispiel bei der Berufsorientierung, besser bewerten und interpretieren zu können, erachten wir einen größeren Beobachtungszeitraum für sinnvoll. Wenn wir ehrlich sind, beinhaltet dieser Bericht auch eine Anzahl von Statistiken, die man zum Teil auch durch die Schuljahresstatistik erhalten könnte.

Die Koalitionsfraktionen wünschen sich einen Bericht, der vom reinen Fakten- und Zahlensammeln noch mehr in die Analyse der Situation an den berufsbildenden Schulen, der Projekte zum besseren Übergang von Schule zu Beruf und des Berufswahlverhaltens der Jugendlichen übergeht, wie es schon der Berufsbildungsbericht des letzten Jahres gemacht hat, der qualitativ wirklich eine Weiterentwicklung war.

Da Kollege Keindorf und Minister Bischoff schon viel zu dem Berufsbildungsbericht gesagt haben, lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, auch einige Ideen und Vorstellungen der SPD zum Bereich der Berufsbildung zu formulieren.

Laut den Berufsbildungsberichten der letzten Jahre ist festzuhalten, dass die zehn am stärksten nachgefragten Berufswünsche der Jugendlichen seit mehreren Jahren relativ konstant geblieben sind. Vielmehr sind die vier am meisten nachgefragten Berufe in den letzten Jahren gleich geblieben. Nach wie vor sind auch immanente geschlechtsbezogene Unterschiede bei der Berufswahl zu verzeichnen.

Diese Situation muss geändert werden. Daher ist die Berufsorientierung für die SPD ein wichtiges Element in der Bildungspolitik. Wir brauchen eine

frühzeitige und weit gefächerte Berufsorientierung in den Curricula aller Schulformen, welche die Sekundarstufe I führen. Hierzu sind auch noch mehr Kooperationen zwischen den Schulen und Betrieben notwendig, als zurzeit schon vorhanden sind.

In Sachsen-Anhalt haben wir mit BRAFO, dem Berufswahlpass und dem Berufswahlsiegel schon gute Projekte zur Berufsorientierung. Aber um diese qualitativ in den Schulen begleiten zu können, brauchen wir auch motivierte und qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer.

So können wir uns zum Beispiel vorstellen, dass den in den Schulen für die Berufsorientierung zuständigen Lehrerinnen und Lehrern spezielle Fortbildungen in den Betrieben der Umgebung angeboten werden, um auch selbst Einblicke in die verschiedenen Berufe gewinnen zu können, um so ihre Schüler noch besser beraten und auf dem Weg der Berufsorientierung begleiten zu können.

Wir sehen aber auch die Unternehmen in der Pflicht; denn um ihren Bedarf an qualifizierten Fachkräften decken zu können, müssen sie sich noch stärker als bisher öffnen, um auch leistungsschwächere Jugendliche nicht nur in die betriebliche Ausbildung zu integrieren, sondern sie auch auf dem Weg zu einem erfolgreichen Berufsabschluss zu begleiten. Das Land unterstützt solche Bemühungen durch das Programm EQ Plus, das heißt: Einstiegsqualifizierung plus speziell zugeschnittenes berufsschulisches Angebot zum Ausgleich von schulischen Defiziten.

Anstatt sich, wie die Präsidentin der IHK HalleDessau Schaar, über die Abschaffung verbindlicher Schullaufbahnempfehlungen und über eine angeblich zu hohe Zahl von Gymnasiasten zu beschweren, sind meiner Meinung nach die Unternehmen sowie Sozial- und Wirtschaftspartner aufgefordert, Berufsbilder, Ausbildungsbedingungen und Weiterentwicklungsmöglichkeiten in der beruflichen Bildung attraktiver zu gestalten und die Qualität der Ausbildung zu erhöhen, um so auch mehr Abiturientinnen und Abiturienten für eine berufliche Ausbildung zu gewinnen.

(Zustimmung von Frau Bull, DIE LINKE)

Das ist übrigens ein Fazit des Berufsbildungsberichts 2012.

Zu den berufsbildenden Schulen sei gesagt: Die SPD setzt sich für ein regional ausgewogenes, bestandsfähiges und leistungsfähiges Netz von berufsbildenden Schulen ein, um ein flächendeckendes, betriebsorientiertes und wohnortnahes Berufsbildungsangebot vorhalten zu können. Daher halten wir den Betrieb von Außen- und Zweigstellen weiterhin für geeignet.

Wie schon im Koalitionsvertrag vereinbart, sollen sowohl berufsbildende Maßnahmen als auch Weiterbildungsangebote ausgebaut werden. Perspek

tivisch sollen die berufsbildenden Schulen zu Kompetenzzentren ausgebaut werden, die im Sinne des lebenslangen Lernens über die Erstausbildung hinaus zusätzliche Verantwortung übernehmen sollen.

Für eine bessere Absicherung der Unterrichtsversorgung an berufsbildenden Schulen sind einerseits bedarfsorientierte Einstellungskorridore zu schaffen. Andererseits ist eine bedarfsgerechte Ausbildung vorzuhalten. Die Rahmenbedingungen für Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger sind zu verbessern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Gesprächen mit Ausbildern, Prüfern und Lehrlingen ist an mich ein Problem herangetragen worden, über welches wir uns hier auch intensiv unterhalten müssten.

So haben zum Beispiel die Prüflinge im Bereich des metallverarbeitenden Gewerbes nicht immer alle vorausgesetzten praktischen Fertigkeiten erlernt, weil ihre Ausbildungsbetriebe zu klein sind, um bestimmte Gerätschaften wie eine Fräse oder eine Drehbank zu besitzen. In diesem Fall muss den Azubis rechtzeitig und frühzeitig vor praktischen Prüfungen in zentralen größeren Unternehmen oder in den Werkstätten der Schulen die Möglichkeit gegeben werden, diese fehlenden Fertigkeiten zu erwerben. Auch ist zu beobachten, dass die Qualität der von den Ausbildungsbetrieben bereitzuhaltenden Materialien für die Prüfung unterschiedlich ist.

Das darf nicht sein. Wir müssen generell das Thema der Ausbildungsqualität in den Mittelpunkt unserer Diskussionen rücken; denn auch hier liegt ein Ansatzpunkt, um Ausbildungsabbrüche zu vermeiden bzw. deren Zahl zu verringern.

Es liegt in diesem Bereich viel Arbeit für uns vor. Lassen Sie uns die nächsten Monate nutzen, um uns intensiv mit der Berufsbildung in unserem Land zu beschäftigen. Die SPD wird ihren Beitrag dazu leisten. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Wanzek. - Würden Sie eine Frage von Kollegin Hohmann beantworten?

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE, meldet sich zu Wort)